Hoffnung zu Asche von matvo (Schatten und Licht, Band 2) ================================================================================ Kapitel 14: Brot brechen ------------------------ Als Van und Hitomi Arm in Arm im Esszimmer erschienen, wurden sie bereits von Merle und sämtlichen Gästen erwartet. Die Liste war dank der vielen Absagen überschaubar. Hitomi hatte trotz großer Bedenken ihre Eltern, ihre beste Freundin von der Erde Yukari und, deren Freund und ihren ehemaligen Schwarm Amano eingeladen, und sie von Merle nach Gaia bringen lassen. Ansonsten hatten von den Adligen Gaias nur wenige, Allen, seine Schwester Serena, Sophia und ihr Leibwächter Antigonos, Spross des Drachenvolkes und ehemaliges Opfer von Trias, zugesagt. So war aus dem befürchteten Staatsbankett ein gemütliches Essen unter Freunden geworden, was allen Anwesenden nur allzu Recht war. Das Paar setzte sich in die Mitte einer der langen Seite des Rechteckigen Tisches. Eigentlich hätte ihnen das Kopfende zugestanden, doch vor allem Hitomi wollte keine förmliche Atmosphäre am Tisch und bevorzugte daher die Nähe ihrer Freunde. Ihnen gegenüber saßen Hitomis Eltern. Wehmütig dachte Van an seine eigenen, woraufhin Hitomi und Merle, die ebenfalls neben ihn saß, die Hände drückten und anlächelten. Neben Hitomis Mutter hatten Yukari und Amano Platz genommen. Neben Hitomi war Serenas Platz, dann folgte, soweit weg von Merle, wie nur möglich, Allen. Der adoptierten Prinzessin gegenüber setzten sich Sophia und Antigonos. Merle wunderte sich einen Moment lang über die subtilen Botschaften zwischen den beiden, die, wie sie schwören konnte, nur so vor Zärtlichkeit strotzen, ehe ihre Aufmerksamkeit zum allgemeinen Tischgeschehen zurückkehrte. Die Vorspeise, eine Suppe, wurde serviert. Wieder fing erst jeder an zu essen, nachdem das Braut und Bräutigam es vorgemacht hatten. Während Serena vor lauter Nervosität beinahe zu platzen schien, waren Hitomis Bekannte relativ gelassen, obwohl sie Regeln anwenden mussten, die sie erst vor wenigen Tagen von Merle gelernt hatten. Die Prinzessin schloss daraus, dass Allen nicht nur ihr die Gesellschaft Serenas lange verweigert hatte. Das Mädchen schien generell nicht viel Umgang mit Fremden zu haben. Irgendwie wollte die angespannte Atmosphäre am Tisch nicht auftauen. Merle suchte, während sie geschmeidig löffelte, nach dem Grund und fand ihn in der Dienerschaft, die am Zimmer Rand auf ihren Einsatz wartete. „Fee, Sarina, Caroline, Yara, Isabel, ihr habt für den Rest des Essens frei. Wir bewirten uns selbst.“, verkündete sie freundlich. „Euer Hoheit?“, erwiderte eine der jungen Dienerinnen ungläubig. „Muss ich mich wiederholen?“, sagte Merle streng. „Ihr seid entlassen!“ Eine nach der anderen vollführte jeder der Dienerinnen einen Knicks und verließen das Zimmer. Nachdem die letzte die Tür hinter ihr geschlossen hatte, seufzte Merle theatralisch. „Schon viel besser. Meint ihr nicht auch?“, fragte sie in die Runde rein und erhielt zögerliches Lachen als Antwort. „Ich hätte nie gedacht, dass es so unangenehm sein kann, wenn man beim Essen beobachtet wird. Wie wirst du das nur aushalten, Kind?“ „Bisher speiste Van nur sehr selten in Anwesenheit der Diener.“, beruhigte Hitomi ihre Mutter auffallend diplomatisch. „Ich denke nicht, dass ich daran etwas ändern werde.“ „Es ist niemand mehr da, wegen dem du so geschwollen reden musst.“, klärte Merle sie auf. „Oh, entschuldige.“, bat Hitomi. „Wenn ich einmal in diese Redeweise drin bin, komm ich nur schwer wieder heraus. Aber du hast Recht. Wir sind hier unter Freunden und niemand sollte sich eines Wortes zu Schade sein. Nichts verlässt diesen Raum.“ „Wenn das so ist, würde ich gern ein Ankündigung machen.“, sagte Sophia und erhob sich. „Auch auf die Gefahr hin, dass ich dir und deinem Gatten jetzt Aufmerksamkeit stehle, die eigentlich euch gebührt. Trotzdem sollt ihr es als erstes erfahren, schließlich hatte die Königin und die Prinzessin dieses Landes maßgeblichen Anteil am Zustandekommen der Neuigkeit.“ Dann machte sie eine dramatische Pause. Abgesehen von der flüsternden Stimme Hitomis Mutter, die für ihren Mann, Yukari und Amano alles Gesagte wiederholte, herrschte gespannte Stille. „Antigonos und ich werden heiraten.“ „Ahhhh!“, rief Hitomi entzückt auf. „Wie kam es dazu? Du musst uns alles erzählen.“ „Nun tu nicht so. Du hast das doch von Anfang an geplant!“, warf Sophia der Königin vor. „Dank dir haben wir auf der Katzenpranke einen fliegenden Start gehabt. Als dann Antigonos schließlich Chuzario kam, um Merle an meiner Seite als Leibwächter zu vertreten,...na ja..., dann ist es halt irgendwie passiert.“ „Was ist passiert?“, hakte Merle mit dem Tonfall eines Ermittlers nach. „Ich werde hier nicht ins Detail gehen.“, weigerte sich Sophia. „Dafür sind mir dann doch zu viele Leute da.“ „Wird er auch König werden?“ „Nein.“, antwortete Antigonos, während Sophia sich setzte. „Wir haben ausgemacht, dass ich sie zwar heirate, aber nicht gekrönt werde. Sie allein wird die Königswürde nach der Hochzeit empfangen.“ Glaubt sie nicht mehr daran, dass ihr Vater noch lebt, fragte sich Merle sofort, wagte es jedoch nicht, die Frage offen zu stellen. „Wenn ich erst einmal schwanger bin, wird er sich als mein persönlicher Gesandter in die alte Hauptstadt begeben, sich dort beim Kampf gegen die Gezeichneten einen Namen machen und erst wieder zurückkommen, wenn ich zum regieren nicht mehr in der Lage bin. Sobald ich unser erstes Kind geboren habe, wird kein potentieller Freier es mehr wagen, meine Herrschaft offen zu hinterfragen und mich gleichzeitig mit Liebesbriefen zu überhäufen.“, erklärte Sophia weiter. „In deiner Haut möchte ich echt nicht stecken.“, sagte Hitomi mitleidig. „Ich auch nicht in deiner.“, meinte Sophia. „Du wirst mehr als genug eigene Schwierigkeiten damit haben, die Anerkennung der internationalen Elite zu erringen. Frag Merle, sie kann ein Lied davon singen.“ „Oh ja!“, brach es aus Merle hervor. „Könige sind nicht gerade scharf drauf, Fremde in ihren Reihen aufzunehmen. Dafür sind sie umso begeisterter bei der Sache, wenn es darum geht, Kollegen abzusetzen.“ Während einer nach dem anderen den beiden Verlobten ihre Glückwünsche aussprachen, hielt es Hitomi nicht mehr auf ihrem Sitz. Sie beugte sich quer über den Tisch und flüsterte Yukari zu: „Wann werdet ihr heiraten?“, wofür sie von ihrer Mutter einen Klaps auf ihren Hinterkopf, von Amano Unverständnis und von Yukari einen giftigen Blick erntete, woraufhin Serena kicherte. Wenigstens eine, die sich amüsiert, dachte Hitomi beschämt. „Seit wann bist du eigentlich eine Heiratsvermittlerin?“, erwiderte ihre Freundin ungehalten. „Ich weiß nicht, was du meinst.“, beteuerte Hitomi ihre Unschuld. „Ach ja, wie viele Projekte hast du denn noch am laufen?“ „Nur eins.“ Sie bedachte Allen mit einem schelmischen Lächeln. „Wobei ich zugeben muss, dass das mein bisher schwerster Fall ist.“ „Was ist mit meinem Bruder?“, fragte Serena verwirrt, die der Unterhaltung leider nicht folgen konnte. Hitomi beugte sich zu ihr herab. „Er soll heiraten!“, flüsterte sie Allens kleine Schwester zu. „Was? Niemals!“, rief sie empört, woraufhin Hitomi ihren Kopf noch weiter zu ihr hin streckte. „Leise! Er muss davon nichts wissen!“ „Ich lass nicht zu, dass mir jemand meinen Bruder wegnimmt.“, erwiderte Serena nun ebenso geheimtuerisch. „Er wird dir doch nicht weggenommen. Ganz im Gegenteil, du bekommst sogar noch eine kleine Schwester hinzu.“, beruhigte Hitomi. Allen räusperte sich, doch keiner der beiden beachtete ihn. „Wen denn?“ „Die Prinzessin von Farnelia!“ „Nein!“, quiekte Serena. „Ist mein Bruder so wichtig?“ „Oh, der hat noch ganz andere Sachen drauf! Sein Stand interessiert ihn dabei nicht die Bohne.“, behauptete sie. „Er hat sich an fast jede Prinzessin in ganz Astoria ran gemacht.“ „Ist das wahr?!“, staunte Serena. „War er auch erfolgreich?“ „Ich glaube...“, antwortete Hitomi zögernd und musterte Allens vor Unbehagen angeschwollenes Gesicht. „ , dass musst du ihn selbst fragen. Ich war ja nicht dabei.“ „Stimmt.“, kicherte sie und wandte sich wieder Allen zu. „Da wir schon mal bei dem Thema sind...“, wandte Sophia sich an das Brautpaar. „Wie werdet ihr die Machtverhältnisse zwischen euch verteilen?“ „Darüber haben wir noch gar gesprochen.“, gab Hitomi zögernd zu. „Traditionell hat nur der König in Farnelia etwas zu sagen, während die Königin höchstens repräsentativen Aufgaben nachkommt.“, erklärte Van, sah sich dann aber den missmutigen Blick von Merle ausgesetzt, dem er ein Lächeln entgegen setzte. „Aber meine Schwester hat mit ihrem Treueschwur alle Traditionen über den Haufen geworfen. Wir werden in Fraid genug Zeit haben darüber nachzudenken. Warum hast du mir den Schwur eigentlich nie geleistet?“ „Weil ich zu deiner Krönung nicht eingeladen war.“, antwortete Merle schelmisch. „Flitterwochen sind nicht dazu da, um über den Beruf zu sprechen, Schatz.“, widersprach Hitomi ihren Mann heiter. „Es wird sich aber auch nicht ganz vermeiden lassen, Schatz.“, konterte Van. „Oder glaubst du, wir fliegen einfach so hin ohne bei Cid unsere Aufwartung zu machen.“ „Ich dachte eher an einen Freundschaftsbesuch.“ „Es wird wohl auf beides hinauslaufen. Allerdings kommt erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ „Wenn ihr übereinander herfallen wollt, hebt euch das bitte für die Nacht auf.“, unterbrach Merle. „Noch haben wir Gäste hier.“ „Entschuldigung.“, bat Hitomi, während in ihr und Van Zweifel wuchsen. „Wer hilft mir den nächsten Gang zu servieren?“, fragte Hitomis Mutter betont unbekümmert in die Runde. „Du hast ihnen nichts gesagt?“, fragte Sophia Merle, während alle Gäste der Kutsche, die unter dem roten Abendhimmel mit dem Brautpaar dem Stadtrand entgegen fuhr, hinterher sahen und winkten. „Nein. Wenn die beiden schon keine Flitterwochen bekommen können, sollen sie wenigstens ein paar sorglose Nächte über den Wolken an Bord der Katzenpranke verbringen dürfen. Wir sind mit dem Rasenden Falken sehr viel schneller in Fraid als sie. Wir fangen sie dort ab und fliegen dann sofort nach Palas. Dann sind wir immer noch rechtzeitig zur Versammlung der Allianz da.“ „Krieg kennt keinen Urlaub.“, philosophierte Sophia. „Wissen die anderen Bescheid?“ „Wieso sollten sie? Sie machen sich nur unnötig Sorgen. Hitomis Familie soll davon ausgehen, dass es ihr hier gut geht. Bis auf deinen Verlobten ist sowieso niemand in Palas eingeladen.“ „Wahrscheinlich hast du Recht.“ „Ich bringe jetzt Hitomis Eltern und ihre Freunde zurück auf den Mond der Illusionen.“, verkündete Merle. „Antigonos kann ja schon mal Serena untersuchen. Wenn ich zurück bin, sprechen wir darüber, was Farnelia für sie tun kann.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)