Hoffnung zu Asche von matvo (Schatten und Licht, Band 2) ================================================================================ Epilog: Gemeinsamen Schritt --------------------------- Es war an einem Sommertag, da Hitomi endgültig ihr eigenes Schicksal besiegelte. An diesem Tag, als die Sonne ihren Zenit vor wenigen Stunden passiert hatte, saß sie auf einer roten Gondel, verziert mit goldenen Mustern und Kanten. Auf der Stuhllehne über ihr prangte ein Drache mit offenen Flügeln, das Wappentier Farnellias. Begleitet wurde sie nur von einem Gondoliere, der sie sicher durch einen der engen Kanäle von Pallas steuerte. Ihr jetziges Kleid war viel schwerer, als das vor einem Jahr. Es bedeckte ihren Körper züchtig bis zum Hals, zeigte sich in einem cremefarbenen Weiß und war mit filigranen Goldnähten geschmückt. Das Edelmetall zierte auch den schweren, blauen Umhang auf ihren Schultern und verschmolz ebenfalls zu dem Reif, an dem die Haube und der Schleier auf ihrem Kopf befestigt waren. Darunter lugte ihr langes Haar hervor und schmiegte sich eng an ihren Rücken. Etwas fehlte jedoch an Gewicht. Sie widerstand dem Drang ihren Bauch zu erfühlen. Selbst Monate nach der Entbindung erdrückte sie die Abwesenheit ihrer Babys. Sie vermisste ihren Schatz so sehr! Jeden Tag hartes Training hatten die Spuren der Schwangerschaft an ihr fast vollständig eliminiert. Nur Erinnerung an das wachsende Wesen unter ihrem Herzen und an die Schreie bei der Geburt waren ihr geblieben. Nicht einmal das Gesicht des Kindes hatte sie sehen können. Wenn Merle endlich...Mit Gewalt richtete Hitomi ihre Gedanken auf die Wasserstraße vor ihr. Sie durfte jetzt nicht weinen! Die harte Arbeit der Dienerinnen wäre umsonst. Auf den Brücken und den angrenzenden Wegen drängten sich die Bürger der Stadt, jeder mit einer Blume in der Hand. Die helle Masse europäisch geprägte Gesichter vermischten sich mit Kreuzungen aus Mensch und Tieren verschiedenster Arten, wie Katzen, Delphine, Pferde und Echsen. Nirgendwo sonst auf Gaia hatte sie je eine so große Vielfalt an Tiermenschen gesehen. Die ihr jedoch so vertrauten asiatischen Züge, wie auch Van sie gehabt hatte, konnte sie bei niemanden ausmachen. Überhaupt schienen unter den Menschen Astorias dunklere Hautfarben äußerst rar zu sein. Ob die Menschen wohl gelächelt hatten, als Millerna vor vier Jahren hier vorbei gefahren war? Die Frage stellte sich Hitomi von selbst, da das Publikum statt fröhliche Mienen voll von Zuversicht, Stolz und Willkommen verkümmerte Züge aus Entrüstung, Misstrauen und Sorge zur Schau trugen. Noch immer, selbst nach der offiziellen Entlastung durch ihren König, hielt sich in Astoria hartnäckig das Gerücht, die zukünftige Königin sie eine Hexe und Hure, die die Zaibacher Kriege angezettelt hatte und sich nun durch die Königreiche schlief. Aston war töricht gewesen, als er sich auf ihren Handel eingelassen hatte. Seit den Zaibacher Kriegen war sein Ansehen in der Bevölkerung gesunken, da er den späteren Feind bei der Eroberung Fraids unterstützt hatte, und der Adel griff bereits nach Macht und Krone. Aber solange seine Torheit Farnellia vor Gefahren schützte, war Hitomi nur all zu bereit sie zu auszunutzen. Dann war sie eben die Hure, für die sie alle hielten. Wenn man vom Teufel sprach... Neben ihr erschien das Boot mit Aston auf der Spitze. Sie musterte seine bemitleidenswerte Gestalt aus ihren Augenwinkeln. Er saß zusammengesackt in seinem breiten Thron mit tiefen Falten in seinem Gesicht. Im scharfen Gegensatz dazu standen die Enden seines eleganten Schnurrbart stolz von seinem fallenden Mundwinkeln ab. Selbst der passend zu ihren Kleid in blau gehaltene, lange Mantel, sein hoher Hut und der polierte Drachenkopf vor seinen Füßen vermochten ihm nicht mehr Größe zu verleihen. Er war über die Hauptstraße der Wasserwege von Pallas gekommen. Ihr Kanal floss mit diesem vor dem schneeweißen Palast zusammen und so kamen sich die beiden kleinen Bote immer näher. Schließlich hielten sie parallel zueinander auf die Straße zu, die in den prächtigen Herrschaftssitz führte. Die Tore über den Kanal waren mit goldenen Reliefs geschmückt und hielten über ihrer Mitte das Wappen Astorias, ein Kreuz, das wohl ein Schwert darstellte, mit zwei Wasserdrachen, die die Klinge inmitten des blauen Grund umkreisten. Am Ende des Weges erkannte Hitomi die offenen Tore und die Treppen zwischen diesen, die Zugang zum inneren Ring des Palastes gewährten. Unaufhaltsam kamen sie der Wassersackgasse näher. Ein Wimpernschlag und schon dockten die beiden Boote an. Hitomi ließ sich wie auch Aston von den bereits wartenden Dienerinnen an Land helfen. Würdevoll schritt sie auf ihn zu, nahm den Arm, den er ihr anbot, um dann Seite an Seite mit ihm die Treppen hinauf zu steigen. An deren Ende standen hinter dem letzten Tor sechs haushohe Guymelefs an einem roten Teppich Spalier. Sie hielten ihre blitzenden Klingen vor sich senkrecht mit der Spitze zum Boden. Vor den riesigen Kampfmaschinen standen deren Piloten, die Himmelsritter, in ihren blau-weißen Uniformen stramm. Als das Paar mit dem Tross an Bediensteten näher kam, traten sie vor, zogen ihre Schwert und hielten sie hoch. Hitomi trat zusammen mit Aston auf den Teppich und passierte die tödliche Allee. Sie fragte sich, ob einen der Ritter bei einer solchen Gelegenheit schon mal die Klinge ausgerutscht war. Nach den Kampfmaschinen flankierten zwei Tribünen voller Publikum auf den Schlosshof den roten Weg. Hitomi heftete ihren Blick auf das zur Statue gegossene Wappen Astorias, sie kam jedoch nicht herum um ihre Erinnerungen aus der Zeit, als sie selbst Teil der Schaulustigen gewesen war und Millerna Glück gewünscht hatte. Was für ein schlechter Witz! Gemeinsam nahmen Aston und sie die letzte Stufen hinter dem Hof zum Fuß des Symbols Astorias hinauf. Dort standen sie Auge in Auge mit der versammelten Priesterschaft in ihren schwarzen Gewändern und roten Mänteln. Noch immer ineinander gehakt, knieten sie vor den drei Geistlichen im Zentrum der Gruppe, woraufhin der Priester in der Mitte seinem Stab zwischen die Schulter der beiden senkte. Am Ende seiner Insigne war die Sonne im Zentrum einer Mondsichel eingelassen. Von ihr gingen spitze Strahlen aus. Ob ihm der Stab schon mal ausgerutscht war? „Die Sonne und der Mond,“, verkündete der Priester feierlich. „umarmt von dem Land, reich an Wind und Wasser. Ihr, die einflussreichen Kinder von Astoria und Farnellia. An diesem heiligen Tag werdet ihr einen neuen gemeinsamen Schritt...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)