Unlucky Thirteen von Leia_de_Flourite ((Kapitel 9 lädt!)) ================================================================================ Kapitel 3: Unversehrt --------------------- „Waking up at the start of the end of the world, But it’s feeling just like every morning before” (Matchbox Twenty, “How far we’ve come”) „Okay, gehen wir die Symptome durch, die sie angeblich hatte und versuchen wir dabei, so zu tun, als wäre das hier nicht total sinnlos.“ „Sie sagte, sie hätte bis letzte Woche die Grippe gehabt, aber die Leukos sind immer noch erhöht, da sie es nicht hat behandeln lassen, ist die Krankheit vielleicht noch nicht auskuriert,“ schlug Kutner vor, wahrend er an die weiße Tafel blickte, auf der bis jetzt nur das Wort Allesprimatose [1] stand. „Wenn es jemals eine Grippe gewesen war.“, widersprach Taub. „Wir haben es mit einer Siebzehnjährigen zu tun, wahrscheinlich war es nur eine Erkältung oder sie hat gelogen und will einfach Daddys Aufmerksamkeit.“ „Das erklärt aber nicht die Leukozytenzahl.“ „Nein, aber ihr entzündetes linkes Ohrläppchen schon. Sie sagt, sie hätte sich erst gestern neue Ohrringe besorgt und nicht vertragen.“ Während der indische Sportmediziner und der etwas klein geratene Schönheitschirurg sich darüber stritten fügte House „langweilige Ohreninfektion“, „Pseudo-Grippe?“ und „Daddy-Probleme“ hinzu während er halb erstaunt hinzufügte: „Wow, Sie nehmen das ja WIRKLICH ernst! Was noch?“ „Wozu die Eile?“, fragte Foreman, der ebenso wenig an dem Fall interessiert war wie sein Vorgesetzter. „Ich musste Cuddy versprechen, dass wir bis morgen eine ernsthafte Diagnose haben, weil ich die Patientin ohne ihre Zustimmung nach Hause geschickt habe.“ Thirteen, den Blick vertieft in eine verhältnismäßig dünne Krankenakte, meinte, dass die Patientin auch über Unterleibsschmerzen geklagt habe und führte an, es könne eine einfache Blasenentzündung sein. „Oder Menstruationsschmerzen.“, gab House gelangweilt und ein wenig abfällig zum besten, sodass klar war, dass er sowohl ihren als auch seinen eigenen Vorschlag komplett verwarf. Er schien sich wirklich gegen den Gedanken zu sträuben, dass eine tatsächliche Erkrankung vorläge. „Wäre es menstruationsbedingt, hätte sie auch einfach stärkere Tabletten schlucken oder zu ihrem Gynäkologen gehen können.“ Kaum hatte der Nephrologe seinen Satz beendet, nahm sein Gesicht einen fixierten und doch gedankenverlorenen Blick an. Bei jedem anderen würden sich die beiden Attribute widersprechen, aber er war ohnehin ein wandelndes Paradoxon. Aber eines, das auf eine Unstimmigkeit gestoßen war. „Thirteen hat Recht.“, stimmte Kutner zu. „Unterleibsschmerzen können bei einer Reihe von Entzündungen auftreten, zum Beispiel der Eileiter oder der Gebärmutter. Es könnte auch auf Krebs hinweisen. Wir sollten testen ob...“ An dieser Stelle wurde der Inder von seinem Boss unterbrochen. „Wir testen auf gar nichts, solange wir keine Symptome vorzuweisen haben, die die Diagnose stützen. Und da sie zwei…“ – House Stock richtete sich erst auf Taub, dann auf Kutner – „…ja nicht in der Lage sind, eine anständige Anamnese zu erstellen, muss ich es eben selbst machen. Das bedeutet für den Rest von Ihnen Hitzefrei.“ ~*+*~ //Samstag Morgen// Pendler. Sie zählten zu den lästigsten Völkern überhaupt, egal, ob sie nun aus Studenten bestanden, die übers Wochenende ihre Eltern besuchen wollten oder aus Familienvätern – und Müttern, die ein interessantes Jobangebot in einen anderen Bundesstaat trieb, eines hatten sie immer gemeinsam: sie schafften es, die Autobahnen zu den unmöglichsten Zeiten zu verstopfen. Diese nie vom Aussterben bedrohte Spezies Menschen besaß nur einen natürlichen Feind, mit dem Sie an diesem Tag konfrontiert wurden. Bundesagenten. Denn einer der Vorteile, wenn man den Titel „Agent“ besaß, war der, dass man ohne schlechtes Gewissen sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen außer Acht lassen durfte. Kein Wunder also, dass die Mitarbeiter des Mossad nur zu gerne Minis fuhren, ein Auto, das ursprünglich nur für die Rallye gedacht war. Dass Ziva David allerdings den deutlich klobigeren Truck mit derselben halsabschneiderischen Kulanz steuerte, gefiel ihren Arbeitskollegen weniger. „Boss, warum fährt Ziva?“, fragte McGee, dessen Gesicht schon eine ziemlich wächserne Farbe angenommen hatte. Gibbs pflegte zwar dasselbe Tempo, aber der Senior Agent fuhr wenigstens nicht solch einen selbstmörderischen Zick-Zack-Kurs. „Wir haben es eilig, Tim!“, kam die Antwort aus der Freisprechanlage des Wagens – Gibbs saß am Steuer des nachtblauen Dienstwagens, der dem Truck mit einigem Abstand folgte und DiNozzo hatte das unbestreitbare Glück, dort auf dem Beifahrersitz zu weilen. „Es wäre besser den Tatort zu erreichen bevor die Presse davon Wind bekommt und ich habe keine Lust, dass die hiesige Polizei den Tatort noch mehr zerstört, als sie es wahrscheinlich schon getan hat.“ „Erwarten wir denn Revierstreitigkeiten?“ „Wir erwarten IMMER Revierstreitigkeiten, Timothy“, entgegnete Dr. Donald „Ducky“ Mallard, der auf dem Vordersitz zwischen den beiden jüngeren Agenten saß. Der Schotte pflegte normalerweise mit seinem Assistenten separat zu fahren, aber Director Shepard hatte die Andeutung gemacht, es könne ein ziemlich langer Aufenthalt werden und obwohl eine Vertretung für Ducky angeheuert werden würde, war es doch beruhigend zu wissen, dass noch jemand aus dem eigenen Hause über die Behandlung der Leichen wachen würde. Für McGee war es jedoch weniger beruhigend zu wissen, dass über 320 Kilometer zwischen Waschington D.C. und dem Herz von New Jersey lagen, sodass er noch mindestens zwei Stunden lang Zivas Fahrstil würde aushalten müssen. ~*+*~ „Ist es etwa was Ernstes?“, war die panische Frage zwischen zwei Chlorophyllgrünen Kaugummiblasen [2]. „Wie kommen Sie darauf?“ „Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Sie der Boss von dem Team, das mich gestern untersucht hat und die Tatsache, dass sie mich so schnell wieder her zitieren und auch noch persönlich erscheinen, lässt nichts gutes vermuten, nicht wahr?“ „Wenn wir eine konkrete Diagnose hätten schon, aber glücklicherweise für Sie ist mein Team eine Bande sehr ungeschickter Arbeitsbienchen, die nicht wissen, wie man an den Nektar kommt und ich spreche hier nicht von dem billigen Zeug, das man überall findet, sondern von dem richtig guten Kram.“ „Bitte?“ Man konnte dem Mädchen ansehen, dass sie die Metapher nicht verstand, hinter der House seinen Missmut versteckte. Dieser richtete sich allerdings nicht wie behauptet gegen seine Untergebenen sondern gegen die Patientin selbst. Entgegen aller Erwartungen machte sie einen verständigen, intelligenten und ernsthaft besorgten Eindruck, der nichts Hypochondrisches an sich hatte. Auch hatte sie nichts mit dem üblichen Bild einer aufgestylten reichen Tochter gemein: schwarzbraune ungefärbte Haare, die zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst waren und fast dieselbe Farbe wie die ungezupften Augenbrauen hatten. Zusammen mit den abgekauten Fingernägeln und dem Eyeliner, den sie wahrscheinlich schon seit 2 Tagen trug und der den einzigen Hauch von Schminke in ihrem Gesicht darstellte, sprachen diese Zeichen von körperlicher Vernachlässigung. Nun, nicht ganz, sie roch nicht nach Schweiß aber auch nicht nach Deo oder Parfum, also badete oder duschte sie wohl jeden Tag. Keine Handtasche, dafür einen kompakten Rucksack, so wie Studenten sie trugen und die Füße steckten in Zimtlatschen. Halb durchgetragene Jeans und Tunika perfektionierten das Bild des Anti-Glamours; das einzig strahlende an Miss Hippie war die auffallend große Kreole, die schon fast auf den schmalen Schultern des Mädchens aufsaß (das entzündete Ohr hatte sie Einsichtigerweise ringlos gelassen und eingecremt) und der silberne Verlobungsring, der mindestens eine Nummer zu klein war. Noch immer keine Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung ihrerseits. „Okay, wie geht es Ihnen?“ Allein, dass er diese Frage stellte, zeigte, wie verzweifelt House schon war – kein Wunder also, dass er keinen seiner Schützlinge in der Nähe haben wollte. Er erinnerte sich nur zu gut auf Wilsons Reaktion, als er eine Patientin gefragt hatte, ob sie okay sei. „Gut, denke ich. Ein wenig müde.“ „Fieber?“ „Nicht mehr, nein. Aber ich habe hier eine Art Tagebuch... Beim letzten Mal hatte ich es vergessen.“ Mit diesen Worten kramte Hippie Girl in ihrem Rucksack, bis sie eine A5-Kladde gefunden hatte und sie ihrem Arzt überreichte. Die Einträge waren aufs peinlichste genau datiert, jeden Tag um dieselbe Uhrzeit hatte sie ihre Temperatur und Symptome nieder geschrieben und da der erste Eintrag 2 Monate zurück lag, war das Heftchen auch schon fast voll. Er fand die typischen Symptome eines grippalen Infekts zu der Zeit, die sie auch dem Team gegenüber angegeben hatte: Schluckbeschwerden, Kopf- und Halsschmerzen, Brustschmerzen beim Husten, Schnupfen, Atembeschwerden, Müdigkeit und Fieber, die sich innerhalb weniger Tage stark besserten. Aber danach tauchten Übelkeit und Unterleibsschmerzen hin und wieder mal auf. „Haben sie irgendwelche Medikamente dagegen genommen?“ „Nein, ich mag keine Präparate, deshalb nehme ich auch die Pille nicht. Nur Schmerztabletten während meiner Periode.“ Er glaubte ihr nicht, auch wenn es zu ihrem äußeren Erscheinungsbild passte. Dazu war sie zu vernünftig und auskunftsbereit, außerdem würde ein unbehandelter Grippeinfekt nie so schnell auskurieren. Das mit der Pille stimmte allerdings, das ging aus den Unterlagen ihres Frauenarztes hervor, die der Nephrologe seit der gestrigen Diskussion hinzugezogen hatte. Ihr letzter Besuch bei ihrer Gynäkologin lag schon 20 Wochen zurück. Eine andere Taktik war fällig. „Hübscher Ring, sieht ja ganz schön teuer aus.“ Wie es sich für eine frisch Verliebte/Verlobte gehörte, strahlten ihre Augen sofort auf bei der Bemerkung. „Ja, nicht wahr? Drake musste monatelang sparen, um ihn sich leisten zu können und dabei hatte ich ihm gesagt, dass mir materielle Werte nichts bedeuten, aber ihm war das egal. Sagte, das Beste sei nur gut genug für mich.“ House hielt Drake für einen Idioten. Bei dem Grad der Verknalltheit, den dieses Mädchen empfand wäre ihr sogar ein Ring aus dem Kaugummiautomaten gut genug gewesen. „Wie stürmisch ist er im Bett?“ Sie sah aus wie vom Schlag getroffen und lief sofort gleichzeitig knallrot an. „Was hat das mit meiner Erkrankung zu tun?“ „Einiges. Beantworten Sie die Frage.“ „Na ja, er ist Fünfundzwanzig, in dem Alter sind Männer nun mal noch etwas stürmischer, nicht wahr?“ Spätestens jetzt war klar, dass Drake von allen guten Geistern verlassen sein musste, wenn er absichtlich wegen Verführung Minderjähriger geschnappt werden wollte. Der Verlobungsring war so unauffällig wie die Neonreklame einer Tittenbar. Die Patientin schien das allerdings nicht sonderlich zu kümmern, sie redete in einem fort weiter über ihr Liebesglück: „Eigentlich ist es ein Wunder, dass er mich überhaupt bemerkt hat und wenn er nicht für Dad arbeiten würde, wäre ich ihm vielleicht nie begegnet...“ ’Richtig, ein Typ mit schlecht bezahltem Job, der alles tut um sich die emotional leicht manipulierbare Teenagertochter seines reichen Bosses zu angeln... das nenne ich die Magie der Liebe!’ So ergiebig dieses Gespräch auch war, nichts davon beantwortete die Frage, warum sie mit den Unterleibsschmerzen nicht zum Frauenarzt gegangen war. House starrte auf die Uhr – bereits 15 Minuten, das war das längste Gespräch, das er je mit einem Patienten geführt hatte. Er würde es wohl bald abbrechen müssen, damit es nicht seinen Ruf ruinieren konnte. „Werden Ihre Unterleibsschmerzen von Druckempfindlichkeit und verlängerten schmerzhaften Menstruationsblutungen begleitet?“ „...nein...?“ Zögerlich. Aber eine definitive Aussage. Also eher keine Endometritis [3]. „Treten Sie auch bei Anstrengungen oder sportlichen Betätigung und nach dem Sex auf?“ „Nein.“ Adieu Eileiter- und Eierstockentzündung. Kutner hatte sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert, als er mit seiner Diagnose Thirteen Recht gab, auch wenn das die Übelkeit erklärt hätte. „Harndrang und Brennen oder ähnliche Störungen beim Wasserlassen?“ „Ja und Nein. Ich muss schon ziemlich häufig in letzter Zeit, aber es brennt nicht.“ „Tritt manchmal ein unwillkürlicher Harnabgang auf?“ „Fragen Sie mich etwa gerade, ob ich noch ins Bett mache?“ „Würde ich nie tun. Ich rede von ein, zwei Tropfen, die sich nicht verhindern lassen.“ Sie lief wieder rot an und gestand dann: „Ich benutze extra Slipeinlagen deswegen.“ Der Nephrologe verdrehte die Augen. „Warum sagen Sie so was nicht gleich? Sie verschwenden die Zeit meines ganzen Teams wegen einer einfachen Blasenentzündung. Ich werde Ihnen Antibiotika dagegen verschreiben und dann können sie nach Hause.“ Sein Kuli raste über den Rezeptblock. „Ich dachte nur, der Harndrang würde eher zusammenhängen mit... was anderem.“ „Versuchen Sie nicht sich zu rechtfertigen, das dreht die Zeit auch nicht zurück. Das Rezept können Sie gleich hier im Erdgeschoss einlösen, neben dem Wartebereich.“ Das Rezept riss mit einem lauten Ratschen vom Block und er überreichte es dem beschämten Mädchen. „Und lassen Sie sich bloß nicht so schnell wieder hier blicken.“ ~*+*~ „Die Leiche lag ganz in der Nähe des Campus in einer Seitengasse, unauffällig genug, als dass man sie erst nach Wochen hätte finden können, aber wir hatten Glück. Eine Joggerin ist auf sie gestoßen, als ihr Hund anfing zu Bellen und plötzlich davon rannte. Sie hat ausgesagt, sie würde jeden morgen dieselbe Strecke laufen, also muss das Opfer innerhalb der letzten 48 Stunden gestorben sein und die letzten Nächte hat es nicht geregnet, weshalb die Verwesung noch nicht eingesetzt hatte. Es ist ein weißer, Anfang bis Mitte sechzig, blaue Augen. Keine äußerlich erkennbare Todesursache, aber wir sind im Moment unterbesetzt und haben daher mit der Autopsie gewartet, bis Sie eintreffen. Abgesehen davon fehlt die Brieftasche, vermutlich hat er nur einen Herzinfarkt infolge eines Raubüberfalls erlitten. Seine Fingerabdrücke waren in der Datenbank der Marines und daraufhin haben wir Sie verständigt. Gibt es noch irgendetwas, was Sie wissen möchten?“ Ein junger Deputy hatte das Team des NCIS herum geführt und war nun vor der Tür eines kleinen Büros mit Milchglasscheibe stehen geblieben. „Wurde das Opfer bereits von einem Verwandten identifiziert?“, fragte Gibbs kurz angebunden. „Ja, seine Frau hat heute morgen eine Vermisstenanzeige aufgegeben, die auf die Beschreibung passte und der leitende Detective hat ihr daraufhin Tatortfotos gezeigt. Die arme Frau war am Boden zerstört, im Moment wird sie von uns betreut, aber ihre Schwester ist schon auf dem Weg hierher. Die beiden haben noch einen Sohn, aber er wurde bis jetzt noch nicht informiert.“ „Wieso?“ „Das müssen sie Detective Tritter schon selbst fragen, Sir.“ --- [1] siehe House 3x16; auch wenn ich den Ausdruck Nothingwrongatosis besser finde ^^ [2] Ich glaube, die Marke hieß Manhattan oder so, ich habe sie in Italien entdeckt und sie sind nicht nur grün, sondern enthalten tatsächlich Chlorophyll. Es gibt auch dunkelblaue. [3] Gebärmutterschleimhautentzündung Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)