Spielzeug von life_is_melody ================================================================================ Kapitel 2: Freundschaft ----------------------- „Wo ist der Kleine nur?“ Reita hatte die Arme um Kai geschlungen und drückte ihn an sich. Solche Momente waren selten und Reita hasste sie. Immerhin waren sie gelogen und falsch und dennoch tat er nichts, um sich dagegen zu wehren. Er ließ es geschehen. Er ließ Kai das tun, was er wollte. Er war sein Spielzeug. So auch jetzt. Beide saßen im Proberaum der Band. Kai auf Reitas Schoß, den Kopf in seiner Halsbeuge vergraben und mit den Fingern sanft Reitas Nacken streichelnd. Reita wusste genau, wie diese Szene für die anderen aussah. Es sah so aus, als wären sie ein glückliches Paar, als wäre Reita der Dominantere von beiden, doch das war gelogen. Kai herrschte, sozusagen, über ihre Beziehung. Auch jetzt…unsichtbar für die anderen, doch durchaus fühlbar für Reita. Auf Aois Frage hin, setzte sich Kai etwas auf und Reita sah auf die Uhr. Ruki war bereits eine halbe Stunde zu spät und das war mehr als untypisch für ihn. Immerhin war Ruki, neben Kai wohl der einzige von ihnen, der die Proben mehr als nur ernst nahm. Ruki und Kai waren normalerweise die ersten, die hier waren und seit Reita mit Kai zusammen war, war auch Reita etwas früher hier und durfte mit ansehen, wie die beiden die Probe planten… ja. So unglaublich es auch klingen mag, die beiden planten wirklich ihre Proben. Nun gut. Ruki war zu spät und das war Grund genug sich Sorgen um den Kleinen zu machen. „Siehst du nach ihm?“, fragte Kai sanft und drückte Reita sofort einen Kuss auf die Lippen. Reita nickte nur, doch Kai erhob sich noch nicht von seinem Schoß. Ruki und Reita. Sie beide waren die besten Freunde. Sie vertrauten sich alles an…fast alles. „Ich fahre sofort zu ihm und hole ihn, okay?“ Kai stand auf und auch Reita erhob sich. Er sah noch einmal zu Aoi und Uruha, doch die beiden waren damit beschäftigt ihr neues Solo einzustudieren. Seufzend machte sich Reita auf den Weg, doch noch bevor er das PSC Gebäude verlassen konnte, hörte er, wie jemand nach ihm rief. Reita blieb stehen, wandte sich nicht um, da er ihn an seiner Stimme sofort erkannte hatte. Kai…wer sonst. Als der Drummer endlich bei Reita angekommen war, drehte er ihn grob herum. „Hör mir gut zu, Reita. Du wirst dafür sorgen, dass Ruki zur Probe kommt, egal wie, kapiert? Und solltest du irgendetwas herausfinden, dann ruf mich sofort an. Ich will wissen, was mit ihm passiert ist. Wenn er krank wäre, hätte er sich bereits bei mir gemeldet. Ich will nicht, dass er meinen Plan gefährdet, verstanden?“ Reita nickte, zu mehr war er einfach nicht fähig. Kaum hatte sich Kai von ihm abgewandt, ohne ihn zu küssen oder ihm irgendeine Form von Zuneigung zu schenken, versank der Bassist in Gedanken. Zum ersten Mal, seit Langem drehten sie sich nicht um Kai und um das Gefühl, benutzt zu werden. Sie drehten sich einzig und alleine um Ruki und Reita spürte sogar, wie gut es ihm tat nicht über Kai nachzudenken. Ruki war wichtiger…im Moment. Reita überlegte, wie er Ruki darauf ansprechen sollte, da er immerhin gar nicht wusste, was mit seinem Freund überhaupt los war. Doch Reita wusste, dass Ruki sehr sensibel war, auf jede Kleinigkeit reagierte und noch heute einen Wutanfall bekam, wenn man das Wort ‚Zwerg’ auch nur in seiner Nähe verwendete. Außerdem war Ruki oft ziemlich hyperaktiv – hasste es jedoch wie die Pest in diesem Fall mit Miyavi verglichen zu werden, was Reita durchaus verstehen konnte. Normalerweise war Ruki auch ziemlich aufgeschlossen. Wenn er also nicht Kai anrief, dann meldete er sich hundertprozentig bei Reita. Doch dieses Mal hatte Ruki niemanden angerufen und das gab Reita Anlass zur Sorge. „Ja?“, kam es verschlafen und ziemlich lustlos aus dem Lautsprecher, nachdem Reita die Klingel zu Rukis Wohnung betätigt hatte. Reita wartete einige Sekunden, bevor er Ruki antwortete. „Ich bin es. Lass mich bitte rein.“ Ruki gab keine Antwort. Doch schon ein paar Minuten später, stand Reita vor Ruki Wohnungstür, als diese geöffnet wurde und ihn Ruki mit verheulten Augen anstarrte. Nein…Ruki blickte zu Boden, doch Reita erkannte genau, dass seine Augen rot waren. Er hatte geweint. Das war nun definitiv untypisch für Ruki. Reita stürmte beinahe in die Wohnung, schmiss die Tür hinter sich zu und umarmte Ruki stürmisch. Sofort klammerte sich der kleine an Reita und begann erneut zu weinen. Reita blieb still, stand einfach nur da und unterdrückte die Tränen. Denn auch ihm war einfach nur zum Heulen zu Mute, doch er wollte nicht, unterdrückte es, für Ruki. Er war wichtiger. „Willst du es mir erzählen?“ Ruki nickte nur und löste sich wieder von Reita. Jedoch packte er Reita sofort an der Hand und schleifte ihn in das Wohnzimmer. Kaum saß Reita auf der Couch, drückte sich Ruki auch schon wieder an ihm und nuschelte etwas. „Was?“, fragte Reita nach, so sanft er nur konnte. „Ich habe mich verliebt.“, meinte Ruki nun, etwas lauter. Reitas Herz schnürte sich zusammen. Es war kurz davor erneut zu brechen. Es war nicht so, dass er Ruki sein Glück nicht gönnte, ganz im Gegenteil. Reita wünschte sich nichts sehnlicher, als, dass Ruki glück wurde, glücklicher als er es war. „Das ist doch kein Grund, um zu weinen.“ „Es ist Miyavi.“ Nun. DAS war definitiv ein Problem. Ein ziemlich großes Problem sogar. Miyavi war eigen. Sehr sogar. Sanft strich Reita über Rukis Rücken und versuchte sich das Problem zu verdeutlichen. Miyavi war nicht schwul und da fuhr, sprichwörtlich, der Zug darüber. Nun gut, er benahm sich oft…beinahe immer, als wäre er schwul, doch im inneren stand Miyavi nur auf Frauen und hatte bisher auch nur mit Frauen geschlafen. Und das größte Problem lag eindeutig darin, dass Miyavi Schwule nicht leiden konnte. Reitas Beziehung mit Kai war für den Solokünstler bereits ein extrem großes Problem gewesen. Drei Monate lang hatte der Solokünstler kein Wort mit Kai oder Reita gewechselt und erst langsam wieder Freundschaft zu ihnen aufgebaut. Warum er so eine große Abneigung gegen Schwule hatte wusste niemand, doch das war Miyavi und da Ruki sich anscheinend in ihn verliebt hatte… „Ich habe versucht ihn zu vergessen, Reita. Schon seit mehr als einem Monat versuche ich mich damit abzufinden, dass Miyavi für mich unerreichbar ist, doch es geht nicht. Immer wenn ich die Augen schließe und allein bin, dann stelle ich mir Dinge vor. Dinge…die mir peinlich sind. Ich…Ich weiß einfach nicht mehr was ich tun soll. Am liebsten würde ich mich hier einsperren und nie wieder rauskommen.“ Reita biss sich auf die Unterlippe. Er verstand Ruki, sehr sogar. Bei ihm und Kai war es nicht anders. Eben deshalb musste Reita ihm helfen. Unbedingt. Er wollte nicht, dass Ruki dasselbe durchmachen musste, wie er. „Nein, Ruki. Du darfst das nicht verdrängen. Ich werde dir helfen, das verspreche ich dir. Zusammen werden wir Miyavi schon zwangsverschwulen.“ Reita lächelte leicht. Diese Vorstellung war doch ziemlich amüsant. „Du musst kämpfen, musst Miyavi erobern. Zeig ihn einfach, was ihm bei dir entgeht, zeig ihm, dass sein Leben ohne dich nichts wert ist. Ich werde dir dabei helfen, Ruki. Das verspreche ich. Wir geben erst auf, wenn Miyavi dir verfallen ist.“ „Und du glaubst tatsächlich, dass das funktionieren wird.“ „Natürlich.“ Reita hoffe außerdem, dass es auch ihn ablenken würde. Ablenken von dem Leben, das er führte. Vielleicht könnte er somit etwas weniger Zeit bei Kai verbringen. Vielleicht würde Kai nicht mehr so sehr beanspruchen. Reita schmunzelte verächtlich. Dass er Kai auch für sich gewinnen würde, bezweifelte er jedoch… „Reita?“ „Was ist denn?“ „Erzähl mir von dir und Kai. Bitte.“ Reita verkrampfte sich kurz. Er hoffte und flehte sich verhört zu haben. „Was meinst du, Ruki?“ „Erzähl mir, wie es zwischen dir und Kai läuft, wie sehr ihr einander liebst, bitte. Ich will wissen wie das ist, unendlich verliebt zu sein, wenn die Leibe erwidert wird.“ Reita schloss kurz die Augen, zwang sich selbst zur Ruhe. Nur allzu gerne würde er Ruki anbrüllen, ihn fragen wie er es nur wagen könnte, das von ihm zu verlangen. Ergötze er sich nun auch daran Reitas Herz brechen zu hören. War es für ihn auch ein Genuss? Doch Reita kannte die Antworten auf diese Fragen bereits. Er kannte sie genau. Ruki würde ihm niemals etwas Böses wollen, ganz im Gegenteil. Ruki war es schließlich gewesen, der Reita den entscheidenden Stoß gegeben hatte, der ihn dazu gebracht hatte Kai seine Liebe zu gesehen. Ruki wäre der letzte Mensch auf Erden, der Reita Schaden zufügen würde, das wusste Reita. „Du weißt doch, wie es ist, verliebt zu sein.“ Somit versuchte sich Reita aus der ganzen Situation zu ziehen. Er versuchte es zu umgehen. „Nein. Das weiß ich nicht. All diese Frauen und Männer, mit denen ich bisher geschlafen habe…das war keine Liebe. Das war nicht so, wie bei Miyavi. Ich will ihn nicht einfach flachlegen. Ich will mit ihm kuscheln, einfach nur seine Nähe genießen, ihn bei mir wissen. Bitte, Reita. Erzähle es mir, wie es ist glücklich zu sein.“ Das weiß ich doch gar nicht, antwortete Reita in Gedanken. Doch letztendlich seufzte er nur und begann leise zu erzählen. „Es ist wunderschön, Ruki, glaub mir. Ich genieße jede Minute, die ich bei Kai bin, einfach nur in seiner Nähe sein kann und er genauso. Wir …“ Tränen bildeten sich in Reitas Augen, als sein Herz zersprang, doch er hielt sie zurück, wagte es nicht auf nur eine von ihnen zu vergießen. Sonst würde es Ruki doch bemerken und das konnte und wollte er dem kleinen Sänger nicht antun. So erzählte er stumm von einem Traum. Er erzählte von dem Traum, der niemals Wirklichkeit werden würde…von dem Traum, indem Kai ihn ebenfalls liebte und alles in Ordnung wäre, der Traum, der immer nur Traum bleiben würde. ~ „Moshi, moshi.“ „Kai? Ich bin es, Reita.“ „Hat sich der Zwerg wieder gefangen?.“ Kein ‚Was ist passiert?’, kein ‚Alles okay?’, kein ‚Wie geht es euch?’ Nichts, was auch nur im Entferntesten daran denken ließ, dass Kai und Reita zusammen waren. Kai fragte nur nach Ruki und das streng und bestimmt. „Ruki geht es schlecht. Er hat Liebeskummer, aber er schläft jetzt. Ich … Kann ich über Nacht hier bleiben?“ Wie idiotisch das doch war. Er musste um Erlaubnis fragen, ob er hier bleiben könnte. So, als wäre Kai nicht sein Freund, sondern ein Gefängnisaufseher. „Ruki braucht mich wirklich. Ich habe ihm versprochen ihm zu helfen, mit seinen Gefühlen wieder ins Reine zu kommen. Aber morgen Abend komme ich wieder nach Hause.“ Stille. Reita wartete. „Gut. Ich will, dass bei Ruki alles wieder in Ordnung kommt, so schnell es nur geht. Heute kann ich darauf verzichten, aber morgen will ich dich im Bett haben, klar? Mir egal, wie du es Ruki beibringst, ich will dich morgen unter mir haben.“ Reita antwortete nicht und deshalb sprach Kai weiter. „Was ist mit Ruki los?“ „Er hat sich unglücklich verliebt. Er hat sich in jemanden verliebt, der seine Liebe nicht erwidert und ich will ihm helfen, ihnen beiden. Wenn… Wenn sie zusammenkommen, dann können wir Ruki wahrscheinlich gar nicht mehr stoppen. Ich…“ „Reita?“ Reita verstummte. „Wage es ja nicht Ruki von mir zu erzählen. Du weißt genau, was ich damit meine. Ihr seid in ähnlichen Situationen, aber nicht dieselbe Person, vergiss das nicht. Wir sehen uns morgen!“ … Kai hatte aufgelegt. Reita seufzte schwer und verstaute das Handy wieder in seiner Hosentasche. Er hatte zwei Möglichkeiten. Entweder er legte sich auf die Couch, oder… Nein. Er hatte gar keine Möglichkeiten. Er legte sich auf die Couch und aus! Stumm suchte er sich eine Decke und zog sich bis auf die Shorts aus. Reita schmunzelte leicht. Irgendwie erinnerte es ihn an früher, als er noch hier, bei Ruki gewohnt hatte. Er hatte damals auch auf der Couch geschlafen. Meistens, jedenfalls. Und das nur, weil der Sturkopf sich eingebildet hatte, das Bett würde seine Stimme besser schonen. Reita wollte es sich gerade auf der Couch bequem machen, als er Rukis Stimme hörte. „Reita? Komm ins Bett…bitte.“ Reita wandte sich um. „Soll ich wirklich? Ich…“ „Bitte.“, unterbrach Ruki ihn. „Außer…Kai. Ich meine…“ „Schon okay.“ Reita trat zu Ruki und gemeinsam gingen sie ins Schlafzimmer. Für einen Augenblick glaubte Reita tatsächlich, dass es wieder so wie früher war. Oft hatte er zusammen mit Ruki im Bett gekuschelt. Manchmal, weil einer von ihnen einfach das Bedürfnis nach Nähe verspürt hatte, oder um den anderen Sicherheit zu geben. Sie waren beste Freunde. Reita kuschelte sich neben Ruki in das Bett und genoss die Wärme. Er genoss die bedingungslose Freundschaft, die zwischen ihm und Ruki herrschte, er konnte Ruki gar nicht sagen, wie dankbar er Ruki war, dafür, dass er einfach nur da war und Reita Halt gab und ihn manchmal ablenkte, wenn er Ablenkung brauchte. Das war in Reitas Augen die wahre Bedeutung von Freundschaft und nun wollte er auch Ruki endlich beweisen, dass er ein Freund war. Er wollte alles nur Erdenkliche tun, damit Ruki glücklich wurde und nicht an der Liebe verzweifelte. „Alles wird gut, Ruki. Keine Angst.“ „Danke.“ Ohne Ruki hätte Reita sich selbst wahrscheinlich schon aufgegeben, als Kai ihm gestanden hatte wer er wirklich war. Damals schon war Ruki da gewesen, hatte keine unnötigen Fragen gestellt, sondern war einfach nur da gewesen… In bedingungsloser Freundschaft. _________________________________ So. Das war das zweite Kapitel. Ano… ich weiß, das es alles ziemlich depri aussieht, aber so bleibt es nicht… also nicht für immer, jedenfalls…hoffe ich. ôO neo Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)