Hintergrundrauschen von Memphis ================================================================================ Kapitel 25: Phänomen der Dunklen Materie ---------------------------------------- „Guten Tag, Johannes, ich wünsch dir ein frohes, neues Jahr.“ Frau Doktor Schwelstein schüttelte mir die Hand mit einem Lächeln. Ich nickte ihr kurz zu und wir setzten uns beide auf unsere Plätze. Sie hinter ihren Schreibtisch und ich auf den Patienetensessel. Ich konnte ein leichtes Lächeln auf ihrem Gesicht erkennen, sie schien gut gelaunt zu sein. „Sie scheinen das Jahr gut überstanden zu haben. Sie sehen wirklich gut aus.“ Und sie meinte es ehrlich. Ich grinste, ja, ich fühlte mich auch besser, als noch im letzten Jahr. „Gibt es einen speziellen Anlass?“ Es klang wieder wie ihre typische Psychologenfragen, aber ich glaube, es war sogar richtiges Interesse dahinter. Ich nickte. Nun ja, der eigentliche Grund war vermutlich Pascal, aber ich hatte jetzt auch endlich mal die Gelegenheit mit ihr über mein Traum zu reden. Ich war in der Hinsicht nämlich immer noch nicht schlauer geworden. ´Ich bin damals ins Wasser gefallen.´, schrieb ich ihr die Quintesenz des Traums auf. Am Rest gab es ja nicht viel zu rätseln. „Wann sind sie ins Wasser gefallen?“, sie wirkte etwas irritiert. Vielleicht hätte ich mich präziser ausdrücken sollen. Ich zog wieder das Blatt Papier zu mir. Ich spürte ihren neugierigen Blick auf mir. ´Damals. Mit Simone.´ „Wissen sie das oder haben sie das geträumt?“, fragte sie. Ha, ich wusste doch, dass das nicht das gleiche war. Aber mittlerweile war ich mir sicher, dass ich tatsächlich ins Wasser gefallen war. Im Freibad. Ich verstand aber immer noch nicht, was das mit meinem Schweigen zu tun hatte. ´Beides.´ Ich sah wie sich etwas auf ihrem Zettel notierte und mich wieder anschaute. Sie schien darauf zu warten, dass ich noch mehr sagte, aber eigentlich wollte ich wissen, was sie dazu zu sagen hatte. Es musste doch irgendwas bedeuten, oder? „Nun, es kommt vor, dass Leute ins Wasser fallen. Sind sie Nicht-Schwimmer?“ Ich schüttelte den Kopf. Ich konnte schwimmen, nicht besonders gut, aber soweit dass ich nicht unter ging auf jeden Fall. Allerdings musste ich zu geben, dass ich mich nicht daran erinnern konnte, wie ich wieder aufgetaucht war. Aber ich konnte ja schwer ertrunken sein, sonst wäre ich ja nicht hier. „Hm... weißt du, dein Fall ist nicht ganz einfach.“ Sie räusperte sich und breitete die Akten über mich vor sich aus. Das hatte sie noch nie gemacht. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. „Uns war der Hergang des Abends durchaus bekannt, aber wir konnten die eigentliche Ursache nicht finden. Eigentlich hatten wir gehofft, dass dadurch das deine Erinnerungen von selbst kommen, du auch auf die Ursache stößt.“ Ich schaute sie perplex an. Wie, sie wussten, was damals passiert war? Sie haben mich über zwei Jahre im Glauben gelassen, sie hätten gar keine Ahnung. Woher wussten sie das überhaupt? Was sollte das alles? „Du denkst, dass das mit dem Wasser wichtig war oder der Auslöser?“ Ich nickte irritiert mit dem Kopf. Nein, eigentlich, hatte ich keine Ahnung. Aber das war das einzige, was mir in meinem Traum völlig komisch vor kam. Sie notierte sich etwas. „Du weißt, dass dein Mutismus vermutlich durch ein Trauma ausgelöst wurde, oder?“ Ich nickte, dass hatte man mir alles schon erklärt. Am Anfang mal, es war anscheinend auch nicht weiter verwunderlich, wie ich mich charakterlich und psychisch entwickelt hatte. Alles Symptome des Mutismus. Es zu wissen, machte es allerdings nicht besser und änderte nichts. „Nun, das Trauma selbst zu wissen, kann natürlich in der Behandlung helfen, aber sie löst nicht sofort das Problem.“, sprach sie weiter. Ich schüttelte nur den Kopf, mir wurde das damals anders erklärt. Ich verstand nicht, warum sie jetzt was völlig anderes sagte. „Die einzige Möglichkeit dir zu helfen ist unsere Therapie hier. Deswegen haben deine Eltern dich damals hier her geschickt. Es ist nur eine Frage der Zeit. Bei manchen Patienten geht es schneller, als bei anderen. Aber mit den zwei Jahren sind wir noch völlig im Rahmen.“ Ich schluckte. Und warum hatten sie dann alle gelogen? Mir komische Hoffnungen gemacht, um sie dann einfach zu zerschlagen. ´Warum habt ihr das nie gesagt?´ Sie seufzte. Aber sie hatte die Frage erwartet, das merkte man ihr einfach an. „Es war am Anfang nicht einfach mit dir. Wir wusste nicht, wie wir dich dazu bringen sollten in die Therapie zu gehen.“, gab sie überraschend ehrlich zu. Ich schüttelte den Kopf, das war alles total absurd. Sie hatten mich belogen, damit ich zu der Therapie ging? Natürlich, war sicher alles zu meinem Besten. Ich fühlte mich enttäuscht. Mir war schon klar, dass ich in meiner psychischen Verfassung nicht ohne Therapie auskommen würde, zumindest früher. Aber meine Eltern hätten doch nicht lügen müssen. Ich hätte es bestimmt irgendwann von alleine eingesehen. „Aber da du mittlerweile wirklich gute Fortschritte machst, obwohl du im letzten Jahr oft durch deine Abwesenheit glänzt hast, fand ich es an der Zeit mit dir zu reden.“ Danke schön, Frau Schwelstein. Sehr zuvorkommend. Ich ließ mich nach hinten in meinen Sessel fallen. Ich wollte zu Pascal. Ich hatte ihn seit Neujahr nicht mehr gesehen, wegen meines bekloppten Hausarrest, den mein Vater eisern aufrecht erhielt, genau wie das Internetverbot. Gut, wir hatten erst den fünften. Aber ich wollte wieder zu Pascal und weg von der Scheiße hier. „Ich kann verstehen, dass du jetzt enttäuschst bist. Aber freu dich doch, dass du in letzter Zeit soviele Fortschritte machst. Wer weiß, vielleicht kannst du sogar wieder in diesem Jahr sprechen.“ Sie lächelte mich mitfühlend an. Und ich merkte, wie sich meine Frustation wieder etwas dämpfte. Wenn der ganze Scheiß mir half, wieder zu sprechen, würde ich es wohl weiter in Kauf nehmen. Was blieb mir auch anderes übrig?! Ich setzte mich wieder aufrecht in meinen Sessel und versuchte mich mit einem Lächeln. Ich wollte trotzdem noch zu Pascal. Vielleicht konnte ich es organisieren, dass er zu mir kam. Ich wusste zwar noch nicht genau wie, aber das würde sich bestimmt irgendwie lösen. „War der Traum wirklich der Grund, warum es dir zur Zeit besser geht?“ Sie schaute mich forschend an und ich war mir sicher, dass sie wusste, das mehr dahinter steckte. Ich schüttelte den Kopf mit einem leichten Lächeln. ´Ich bin schwul.´, schrieb ich wieder auf, wie vor einigen Monaten. Mit einem Grinsen, man konnte es als einen kleinen Scherz meinerseits sehen. Sie las es durch und runzelte nur die Stirn, blickte mich dann an. „Schon wieder?“ Ich musste grinsen auf Grund ihrer Reaktion. Manchmal, da mochte ich meine Psychologin. Ich nickte aber. Gut, ich wusste, dass ich nicht schwul war, aber ich stand definitiv auf einen Kerl. „Es ist der ... Bekannte von dem du mal erzählt hast, oder?“ Ich nickte, gut, Bekannte traf es wirklich nicht, aber ich hatte ihn damals tatsächlich so bezeichnet. Die Frau hatte ein enormes Gedächtnis und lächelte gerade. So als hätte sie es schon längst gewusst. „Ich dachte eigentlich, es sei ein Mädchen. Aber er hat auf jeden Fall einen guten Einfluss auf dich.“ Und das war es für sie. Sie war nicht schockiert, nicht wirklich überrascht, sondern einfach zufrieden damit, dass es mir tatsächlich mal besser ging. So einfach konnte das sein? Ich blinzelte und sie lächelte mich immer noch an. Irgendwie fühlte mich etwas erleichtert. Immerhin die erste positive Resonanz auf Pascal und mich. Als ich nach Hause kam, schüttelte ich mir den Schnee von der Mütze und wusste, wie ich Pascal zu mir einladen konnte. Eigentlich war es ja ganz einfach, wenn man erst mal darauf gekommt. Ich schmiss meine Schuhe in die Gaderobe und ging direkt zu Janas Zimmer. Ich wusste nicht, ob sie da war. Aber Victor war noch im Skiurlaub, wie jedes Jahr und die meisten ihrer anderen Freundinnen waren auch unterwegs. Ich klopfte an ihre Zimmertüre und trat dann ein. Sie lag auf ihrem Bett und schaute fernsehen. Die sollte sich wirklich mal sinnvollere Hobbies suchen, als den ganzen Tag vor der Glotze zu hängen. Ich lächelte aber trotzdem und holte meinen Block raus. ´Kannst du mir helfen?´ Sie wirkte etwas überrascht, als sie das Geschriebene gelesen hatte, nickte aber zur Antwort. ´Würdest du bei Pascal anrufen und fragen, ob er bei mir heute vorbei kommt?´ „Bei Pascal?“ Ich nickte. Das war mein genialer Plan gewesen, wenn ich schon nicht sprechen konnte, musste das halt jemand anderes für mich erledigen. Und mein Vater hatte nicht gesagt, dass ich keinen Besuch haben durfte. Außerdem war der schon wieder arbeiten, der würde gar nicht mitbekommen, dass Pascal hier herkam. „Uhm, kann ich machen, denk ich.“ Sie schaute etwas irritiert. Sonst telefonierte sie doch auch mit jedem und stundenlang. Ich notierte ihr noch seine Nummer und ich war nicht weiter verwundert, dass unser schnurloses Telefon direkt auf ihrem Nachttisch lag. Das war typisch Jana. Ich beobachte etwas nervös, wie sie die Nummer tippte. Hoffentlich konnte er kommen. Ich wollte ihn sehen. „Ja, hallo, kann ich den äh... Pascal sprechen? - Ich bin die Schwester vom Johannes.“ Es klang komisch, wie sie meinen Namen voll aussprach. „Hallo, bist du der Pascal? - Ja, der Jo fragt, ob du ihn heute besuchen kommen willst. - Uhm, keine Ahnung. Ich frag mal.“ Sie deckte die Hörmuschel mit ihrer Hand ab und flüsterte mir zu: „Ist es okay, wenn er erst heute abend kommt und übernachtet? Er muss seiner Mutter noch was helfen...“ Ich nickte, klar, Hauptsache er konnte überhaupt kommen. Ich fühlte mich etwas hibbelig. Die letzten Tage waren nicht so schlimm, aber jetzt wollte ich ihn sehen. „Ja, klar, is kein Ding. Wann kommst du dann? - Ja, das ist super. - Er freut sich auch schon.“ Und aufgelegt. Den letzten Satz hätte sie sich sparen dürfen, der klang doof. Aber eigentlich hatte sie recht, ich freute mich richtig. „Er meinte, er würde so gegen Neun, halb Zehn kommen.“ Sie schaute mich forschend an. Ich grinste breit, er kam heute tatsächlich noch vorbei. Extra für mich. Gut, ich hoffte, dass es dann mein Vater nicht mitbekam. Er mochte Pascal aus mir unbekannten Gründen immer noch nicht und zum Glück sind sie sich bis jetzt noch nicht über den Weg gelaufen. Aber wie ich meinen Vater kannte, würde er nach dem Essen sowieso wieder in sein Büro gehen und noch weiter arbeiten. Irgendwoher musste ja das Geld kommen. „Und wie lief es heute bei dir, Johannes?“, fragte mein Vater und er wirkte sogar mal ganz gut gelaunt. Ich schaute erstaunt von meinen Salat hoch. Wollte er etwa mit mir reden? ´Ganz gut.´, antwortete ich ihm und hatte damit nicht gelogen. Wenn man davon absah, dass meine Eltern und meine Psychologin mich über zwei Jahre an der Nase herumgeführt hatten. Zu meinem Besten. Ich hatte keine Lust mit meinem Vater einen Streit anzuzetteln, nicht wenn Pascal heute noch vorbei kommen würde. „Freut micht zu hören.“ Er lächelte mich sogar dabei an, als er das sagte. Er hatte wirklich überraschend gute Laune. Das war etwas ungewohnt. Die letzten Wochen war er wegen seinem Großprojekt und den vielen Überstunden ziemlich gestresst und dementsprechend genervt. ´Ich war heute bei Doktor Schwelstein.´ Wenn er mal gut drauf war, sollte man das für ein Gespräch nutzen. Mein Vater und ich „redeten“ äußerst selten, aus unterschiedlichen Gründen. „Stimmt ja, du hast Dienstag immer deinen Termin und was hatte sie gesagt?“ Ich bemerkte, wie jetzt auch meine Mutter aufmerksam wurde und die Unterhaltung mit Jana abgebrochen hatte. Alle schauten sie mich erwartungsvoll an. ´Ich mache gute Fortschritte, vielleicht kann ich dieses Jahr schon wieder sprechen.´ Meine Mutter beugte sich zu meinen Vater, der gerade das Geschriebene las. „Das hast du mir ja noch gar nicht gesagt! Das ist ja fabelhaft!“ Sie strahlte mich an, fast so, als könnte ich schon wieder sprechen. Ich grinste etwas verlegen. Ich war es nicht gewohnt, wenn meine Eltern so überschwänglich waren. „Das sind ja wirklich tolle Nachrichten. Aber wann genau es so weit ist, wusste sie nicht, oder?“ War ja klar, dass mein Vater alles noch detaillierter wissen wollte. Ich schüttelte den Kopf, das war ja schließlich nichts, dass man auf Knopfdruck plötzlich wieder könnte. Schön wärs. Jana hatte den Zettel auch zu sich gezogen und durchgelesen, sagte aber nichts. Vielleicht war sie ja sauer, weil ich ihr das vorhin nicht schon gesagt hatte, als ich sie darum gebeten hatte Pascal anzurufen. Sie schaute mich nur wieder seltsam an. Manchmal waren Mädchen einfach komisch. Das Gespräch lenkte sich aber schnell wieder auf andere Themen. Mein Vater hatte heute wohl die fertigen Pläne an seinen Kunden geschickt. Er musste nur noch darauf warten, dass sie abgesegnet werden. Deswegen die gute Laune. Mir sollte es recht sein. Ich war irgendwie zufrieden. Jetzt musste nur noch Pascal vorbei kommen und alles war super. Ich fühlte mich etwas hibbelig, weil ich nicht genau wusste, wie es jetzt zwischen uns war. Als er mich an Neujahr verabschiedet hatte, hatte er mich nur umarmt. Den letzten Kuss, den ich von ihm bekommen hatte, war der kurz bevor er eingeschlafen war. Ich hoffte, dass es nicht der letzte Kuss überhaupt war. Ich wusste nicht, wie viel ich von Pascal wollte, aber ich war mir definitiv sicher, dass ich noch mehr Küsse wollte. Es klang irgendwie peinlich, aber man sollte auch ehrlich zu sich selbst sein und das waren die Tatsachen. Als ich wieder in meinem Zimmer war, konnte ich meinen Blick kaum von dem Wecker wenden. Warum verging die Zeit nicht schneller? Das müsste doch irgendwie gehen, wenn ich nur lang genug starrte. Pascal würde frühstens in einer Stunde kommen und ohne Internet hatte ich keinen Schimmer, wie ich diese Zeit überbrücken sollte. Außer vielleicht damit, dass ich mich total irre machte und nervös im Zimmer rum lief, wie gerade eben. Ich fand allerdings, dass das eine verflucht schlechte Möglichkeit war, Zeit tot zu schlagen. Ich setzte mich auf mein Bett und schaute mich ratlos in meinem Zimmer um. Ich hatte es gestern schon aus lauter Verzweiflung aufgeräumt, weil mir so langweilig gewesen war. Jetzt war es aufgeräumt, gestaubsaugt, das Bett frisch bezogen, der Aschenbecher geleert und sogar den Monitor hatte ich geputzt. Mir war wirklich verdammt öde gewesen. Hausarrest war wirklich übel. Victors Geschenk hatte ich auch einen Ehrenplatz in meinem frisch aufgeräumten Regal gegeben, genau in Sichthöhe in der gleichen Reihe in dem auch das Gebärdenbuch von Pascal stand. Gebärdenbuch? Hey, ich könnte doch... nein, eigentlich hatte ich keine Lust darauf. Gebärdensprache blieb einfach scheiße. Allerdings könnte ich Zeit damit rumbringen... aber genauso gut könnte ich auch runtergehen und fernsehgucken, war ähnlich zeitverschwenderisch. Wenn ich wirklich noch in diesem Jahr reden könnte, war es wirklich nicht nötig, Gebärdensprache zu lernen. Deswegen beschloss ich nach unten zu gehen. Meine Mutter saß im Wohnzimmer auf der Couch und schaute fernsehen. Ich setzte mich neben sie und bekam dafür ein kurzes Lächeln. Mein Vater arbeitete wohl wieder, anscheinend war das Projekt doch noch nicht so fertig, wie gedacht. Aber das war eigentlich immer so. Kaum hatte er es abgeschickt, bekam er auch schon wieder Anrufe, was man noch alles korrigieren müsste. Dafür bekam er ja auch dementsprechend Geld. „Möchtest du was spezielles sehen?“, fragte meine Mutter unvermittelt. Gerade hatte die Nachrichten angefangen und berichteten wieder über irgendwelchen brutalen Dinge, die in der Welt statt fanden. Ich schüttelte den Kopf, ich wollte einfach nur, dass die Zeit vorbei ging und Pascal hier war. Ich deckte mich unseren blauen Wohnzimmerdecke zu und versuchte mich etwas auf den Film zu konzentrieren. Pascal müsste doch bald kommen. Meine Mutter bot mir Erdnüsse an, aber ich schüttelte nur den Kopf. Ich hatte keinen Hunger, ich war ehrlich gesagt etwas nervös. Wie sollte ich mich verhalten, wenn er hier war? Würden wir hoch in mein Zimmer gehen? Was dann? Au Mann. Ich ruckelte etwas hin und her. So schlimm war das damals mit Simone nicht gewesen, oder? Ich wusste es ehrlich gesagt nicht mehr. Es war etwas peinlich, dass ich zusammen zuckte, als ich die Klingel hörte. Ich sprang aber sofort vom Sofa auf, schmiss dabei die Decke auf den Boden und stürmte zur Türe. Ich konnten den irrierten Blick meiner Mutter schon förmlich im Rücken spüren. Aber das war mir egal. Pascal war endlich da. Ich riss die Türe auf und strahlte Pascal an, der etwas verlegen lächelte. „Hi, du!“ Er umarmte mich kurz und unbeholfen und ich fühlte mich wie ein glücklicher Idiot. Okay, ich war entgültig und total in ihn verschossen. Schon krass irgendwie, also das sowas so schnell gehen konnte. „Hannes?“, rief meine Mutter in den Flur. Sie schien wohl wissen zu wollen, wer mein spätabendlicher Besuch war. Ich beobachtete Pascal, wie er seine Schuhe auszog und seine Jacke an der Gaderrobe aufhing. Er war noch nicht sehr oft hier gewesen. Ich habe es in der Regel vermieden ihn in Kontakt mit meiner Familie treten zu lassen. Irgendwie hatte ich die Befürchtung, dass es komplizierter werden könnte mit meiner Familie und ihm. „Ich werd mal Hallo sagen.“ Er lächelte mich auf seine typische Pascal-Art an und ich nickte nur. Ich fühlte mich gerade außer Stande überhaupt etwas sinnvolles zu tun, außer ihn anzustarren. Fuck. Ich hatte total verdrängt, wie bescheuert man sein konnte, wenn man verliebt war. Das Schlimme war ja, es fiel einem selbst schon auf, aber man konnte einfach nichts dagegen tun. Pascal ging einfach in unser Wohnzimmer und begrüßte meine Mutter. Er setzte sich sogar in den Sessel neben der Couch und unterhielt sich mit ihr. Ich stand erst etwas irritiert in der Tür. Eigentlich wäre ich gerne gleich mit ihm nach oben gegangen. Anderseits, meine Mutter schien sich gut mit Pascal zu verstehen und vielleicht war es ganz gut, wenn sie sich mal besser kennen lernen würden. Ich setzte mich wieder auf das Sofa zu meiner Mutter und beobachtete die Beiden etwas. Meine Mutter saß zwischen mir und Pascal und ich fühlte mich verdammt weit weg von ihm. Aber vielleicht war das auch besser so. Ich wusste immer noch nicht so recht, was jetzt eigentlich war. Gut, er hatte mich umarmt, aber das hatte er früher auch schon gemacht. Ich versuchte mich etwas abzulenken, in dem ich den Film weiter guckte. Jetzt war Pascal hier und wir kamen immer noch nicht weiter. Irgendwie saßen wir hier sogar fest. Aber er hatte selbst vorgeschlagen, dass wir noch den Film mit meiner Mutter schauen könnten. Warum tat er sowas? Wollter nicht mit mir alleine sein? Hatte er auch Panik? Fuck. Ich hasste Fragen, die man nicht stellen konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)