Hintergrundrauschen von Memphis ================================================================================ Kapitel 17: Pentaquarks ----------------------- Ich hatte einen Plan, zumindest irgendwie. Vielleicht sollte man es eher als Trotzverhalten bezeichnen, aber das klang zu sehr nach Kleinkind. Deswegen nannte ich es Plan. Der Plan hatte etwas mit Pascal und indirekt mit meinen Eltern zu tun. „Du hast ja heute viel Gepäck dabei“, stellte Pascal lachend fest. Ich grinste ihn an, stellte meine Sporttasche vor ihm ab. Ich hatte ihn am Parkplatz der Schule abgefangen, Teil meines Plans. Ich kramte meinen Block raus. `Ich bin das Wochenende über bei dir.´ Er wusste zwar noch nichts davon, aber deswegen hatte ich es ihm ja jetzt geschrieben. „Bist du?“, fragte Pascal verwundert. Ich nickte und grinste ihn breit an. Als ich heute Morgen aufgestanden war, nach dem ich noch drei Stunden geschlafen hatte, hatte ich beschlossen, dass ich das Wochenende nicht daheim verbringen wollte. Pascal war vielleicht schwul, aber wenigstens nervte er mich nicht mit komischen Anschuldigungen oder irgendeinem anderen Schwachsinn. „Aber ich mach ganz unspannende Dinge“, wurde ich aufgeklärt. Ich winkte mit der Hand ab. Es war mir egal, was Pascal machte, solange ich zu ihm kommen konnte. Ich war mir mittlerweile ziemlich sicher, dass er sich nicht an mir vergreifen wollte. Immerhin hatte er ja genug Gelegenheiten dazu gehabt und verstreichen lassen. „Bist du sicher? Ich werde an meinem Referat arbeiten“, stellte Pascal klar. Ich nickte nochmals. Ich hatte nicht vor, ihn von der Arbeit abzuhalten. Immerhin musste ich selbst ein bisschen was für die Schule machen. Gerade weil ich nicht sprechen konnte, sollte ich zumindest in den Klassenarbeiten einigermaßen gut abschneiden. Und da sich Schulstoff nicht alleine lernte, wollte ich dieses Wochenende damit verbringen, mich zumindest etwas mit dem Stoff der nächsten Chemie-Klausur zu beschäftigen. Ich hoffte nur, ich konnte mich irgendwie auf sowas langweiliges konzentrieren. Derzeit fiel es mir ziemlich schwer, mich mit etwas anderem zu befassen, als mit meinem total bekloppten Leben. „Na dann, bist du herzlich willkommen, denk ich.“ Pascal hatte die Stirn gerunzelt und wirkte einfach immer noch etwas überrumpelt. Er hatte nicht Nein gesagt, aber manchmal war ich mir nicht mal sicher, ob Pascal überhaupt wusste, wie man Nein sagte. Ich lächelte ihn an und wuschelte ihm aus einem Impuls heraus durch seine Haare. Ich wusste, dass es an mir war, auf Pascal zuzugehen, wenn ich wirklich wollte, dass unsere Freundschaft wieder normal wurde. Er boxte mir gegen meinen Oberarm. Ich rieb mir den Arm und war zufrieden. Im Moment schienen alle Probleme so weit weg. Möglicherweise hatte meine Psyche auch auf den Verdrängungsmodus umgeschaltet. Egal was es war, ich war froh darüber. Der Schulgong störte mich im Moment, aber man konnte nicht alles haben. „Ich würde sagen, dann packen wir dein Zeug mal in mein Auto und wir treffen uns nach der Sechsten hier.“ Ich nickte, zufrieden darüber, dass mein Plan funktioniert hatte. Auf Pascal war eben Verlass. „Hi, Donnie!“ Doro winkte mir zu und kam näher. Ich lächelte nur kurz zur Begrüßung. „Passi is noch nicht da?“, fragte sie und ich schüttelte den Kopf. Wenn Pascal hier gewesen wäre, würde ich sicher nicht in der Kälte stehen, sondern in seinem Auto sitzen. Doro schaute sich suchend um, als erwarte sie, dass Pascal plötzlich hinter einem Busch hervorgesprungen kam. „Mah, wetten der baggert gerade noch den Typ aus seinem Bio-LK an und lässt uns deswegen in der Kälte warten.“ Sie mummelte sich mehr in ihre Jacke ein und starrte missmutig Richtung Schuleingang. Irgendwie löste der Satz ein unangenehmes Gefühl in meinem Magen aus. Vielleicht kam ich doch noch nicht so gut damit zurecht, dass Pascal schwul war und... Typen anbaggerte. Es klang so absurd. Aber anbaggern gehörte wohl dazu, oder? Doro und ich froren noch etwas im Schweigen, bis Pascal dann tatsächlich mal auftauchte, mit Martin im Schlepptau. Martin hatte aber nicht Bio-LK, oder? Ich runzelte die Stirn. „Ey, Passi, weißt du, wie kalt es hier draußen ist?“, rief Doro ihnen entgegen. Wir bekamen irgendeine lauwarme Erklärung für deren Verspätung und quetschen uns währenddessen in den Dreitürer. Ich hatte sogar die große Ehre vorne sitzen zu dürfen. Auf der Rückbank unterhielten sich Doro und Martin über irgendwas Belangloses. Ich schielte skeptisch nach hinten zu Martin. Ich fragte mich, warum er mitfuhr. „Wir holen unterwegs noch die Babsi ab, für die Bandprobe“, erklärte mir Pascal, der gerade irgendwo durch die Stadt fuhr. Ich schüttelte irritiert den Kopf. Ich fühlte mich etwas überfordert mit den ganzen Namen und ich war überrascht, dass das Auto so voll gepackt werden sollte. „Die haben am Freitag bei uns immer Bandprobe. Wenn du willst, kannst du zu gucken. Aber wenn ich das richtig verstanden hab, bestehen die Proben daraus viel Bier zu trinken und sich zu sagen, wie toll sie sind.“ „Hey, wir sind toll!“, kam es von der Rückbank. „Ruhe auf den billigen Plätzen.“ Pascal lachte und Martin bewarf ihn von hinten mit einem kleinen Papierkügelchen. Kaum zu glauben, dass die beiden laut Gesetz schon erwachsen waren. Ich beobachtete sie skeptisch. „Lass das, ich muss mich auf die Straße konzentrieren.“ Pascal bog in eine kleine Seitengasse ein und hielt an. Als sich Babsi zu uns ins Auto quetschte, erinnerte ich mich auch wieder grob an sie. Sie war die Drummerin. Kein Wunder, dass ich erst nicht wusste, wer sie war, Drummer waren immer so im Hintergrund. „´N Neuer?“, fragte Babsi mit einem Kopfnicken zu mir vor. Wenigstens beruhte das Nicht-erinnern auf Gegenseitigkeit. „Das is Donnie“, kam es knapp von Doro, als wäre damit alles gesagt. „Ach der.“ Babsi schien mich also doch zu kennen. Aber wenigstens war ich somit als Gesprächsthema erledigt. Bloß weil ich nicht sprechen konnte, hieß das nicht, dass ich es mochte, wenn man von mir in der dritten Person sprach, während ich anwesend war. Auf der Rückbank lachten sie, knufften sich und schienen sich einfach zu verstehen. Ich fühlte mich ein bisschen neidisch. Die Drei hatten irgendwie alles, was ich in letzter Zeit verloren hatte. Ich fühlte mich fremd und mir wäre es lieber gewesen, wenn nur ich mit Pascal im Auto gewesen wäre. Ich war recht erleichtert, als wir endlich bei Pascal angekommen waren. Ich kletterte aus dem kleinen Auto und klappte für die anderen meinen Sitz vor. Doro lächelte mich dankend an. Pascal hatte währenddessen meine Tasche, in dem auch seine Klamotten von gestern drin waren, aus dem Kofferraum geholt. „Kommt Lars heute eigentlich?“, fragte Pascal ganz nebenbei Martin, der den Kopf schüttelte und was davon meinte, dass Lars schon wieder unterwegs war. Ich war erleichtert, wenn dieser Lars nämlich hier gewesen wäre, hätte Pascal sicher nur Augen für ihn gehabt. Bestimmt. Jonas begrüßte seine Band und sie verschwanden irgendwo in den Keller. Ich hatte ja eigentlich erwartet, dass wir ihnen Gesellschaft leisten würden, aber stattdessen gingen wir in die Küche. „Meine Mutter hat gerade noch ihren Töpferkurs, aber sie hat bestimmt schon was zu essen gemacht.“ Pascal hob einen Deckel von einem der Töpfe auf dem Herd hoch und es dampfte heraus. „Magst du Reis?“, wurde ich gefragt. Ich nickte nur. Reis war okay. „Ah, es gibt Geschnetzeltes dazu. Ein echter Mann braucht Fleisch, findest du nicht auch?“ Die Frage schien eher rhetorisch. Er war schon dabei, Teller aus einem der Küchenschränke zu holen und uns aufzuschöpfen. Das Essen war zu meiner Freude auch noch warm. Wir setzten uns damit ins Wohnzimmer auf die Couch und aßen es, während der Fernseher lief. Meine Mutter hätte mich dafür getötet, aber sowas von. Da schmeckte das Essen gleich nochmal ein bisschen besser. Der Tag hatte echt totales Potential zum besten Tag dieser Woche zu werden, wobei man ja sagen musste, dass die Konkurrenz nicht allzu stark war. Von unten hörte man dumpf das Schlagzeug, was aber eher nach wenig Motivation klang. „Die feiern heute nochmal ihren tollen Auftritt, normal proben die etwas intensiver.“ Anscheinend war es Pascal aufgefallen, dass ich versucht hatte, dem Schlagzeug zu lauschen. Was voraussetzen würde, dass er mich ständig beobachtete. Irgendwie beunruhigend, dieses vermehrte Interesse an mir. „So ...“ Pascal stellte seinen Teller auf den Couchtisch und streckte sich. „Ich weiß nicht, was du jetzt machen willst, aber ich muss mich an mein Referat setzen.“ Ich nickte. Schließlich hatte ich auch Zeug zu lernen, nicht mal wenig. Ich hatte in den letzten Wochen aus verständlichen Gründe, die Schule etwas schleifen lassen. Vielleicht waren meine Eltern deswegen auch angepisst. Normal war ich nämlich etwas besser, was schulische Leistungen anging. Wir gingen nach oben in Pascals Zimmer. Auf dem Schreibtisch stand noch das Notebook von Jonas. Praktisch. Pascal saß schon vor seinem PC und wartete ungeduldig darauf, dass er sich hochfuhr. Das Teil brauchte auch wirklich lang. Ich grinste und tippte ihm auf die Schulter. Er drehte sich zu mir um und ich nickte Richtung Notebook. „Ach so, klar, bedien dich.“ Pascal wirkte heute etwas zerstreut. Ich wusste nicht warum, er war lässig wie immer, aber gedanklich schien er nicht ganz da zu sein, zumindest nicht bei mir. Ich nahm mir den Laptop und legte mich damit auf Pascals Bett. Und ich war mir mittlerweile sicher, dass Pascal die Finger von mir lassen würde. Ich war vermutlich nicht mal sein Typ. Ich kramte aus meinem Rucksack mein Schulzeug raus, während das Notebook hochfuhr. Ich hatte nämlich wirklich vor zu lernen. „Sollen wir schreiben?“, fragte Pascal, während sein Blick immer noch am Monitor klebte. Er war verzweifelt dabei, irgendwelche Programme zu schließen und andere zu öffnen. Ich hätte jetzt nicken können, aber das hätte er nicht gesehen. Ich loggte mich stattdessen einfach ein. ´Frank´ war noch nicht online. Ich zog meine Chemiemitschriften, die als lose Blätter in meinem Block rumflogen, zu mir. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es noch etwas dauern würde, bis Pascal es geschafft hatte, seinen PC dazu zu bewegen, irgendwas für ihn zu tun. [14:47] Frank: willst du was über Mendelsohn wissen? [14:47] Donnie: ich denke eher nicht... [14:47] Frank: XD [14:47] Frank: was machst du? [14:47] Donnie: Chemie, schreib nächste woche ne arbeit [14:48] Frank: du lernst?! [14:48] Donnie: kommt manchmal vor Der Nachmittag verging einfach mit belanglosem Reden und mehr oder minder fleißigem Lernen. Es war richtig angenehm. Ich konnte mich auf meinen Stoff konzentrieren und mich auch irgendwie mitteilen. Ich hatte fast das Gefühl, als könnte ich wieder sprechen. So entspannt hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Es war eine gute Idee gewesen, mich bei Pascal einzunisten und mal weg von meiner Familie zu kommen. Pascals Familie war auch bedeutend angenehmer. Ich konnte nicht den Finger darauf legen, aber ich würde sagen, sie waren im Umgang einfach herzlicher. Und hier belästigte mich auch niemand mit besorgten Blicken, oder vorwurfsvollen.. „Johannes, ich wusste gar nicht, dass du heute auch da bist!“ Ich wurde von Pascals Mutter begeistert angestrahlt. Ich lächelte leicht irritiert. Ich war es nicht gewohnt, dass man sich so über meine Anwesenheit freute. Wir waren zum Essen gerufen worden und hatten seit Stunden das erste Mal das Zimmer verlassen. Lernen konnte einnehmend sein. „Warte, ich deck dir noch auf.“ Die Frau des Hauses verschwand in der Küche und holte Teller und Besteck für mich. Sehr zuvorkommend. Ich setzte mich neben Pascal an den Tisch, sein Vater nickte mir kurz zu, während er in einer Zeitschrift was las und Jonas saß noch nicht am Tisch. Sein Vater wirkte auch nicht allzu gesprächig, das machte ihn sympathisch. „Ich hoffe, du magst chinesisch.“ Pascals Mutter stellte einen riesigen, schwarzen Wok auf den Tisch, aus dem es fleißig dampfte. Ich lugte hinein. Irgendwelche Nudeln mit irgendwelchem komischen Gemüse. Meine Mutter kochte eigentlich nie chinesisch, aber bis jetzt hatte mir hier noch alles geschmeckt, also wollte ich dem Essen mal eine Chance geben. Ich nickte kurz. „Sehr schön.“ Sie lächelte mich an. „Ich dachte, du wolltest Lasagne machen...“ Pascal sah weniger begeistert aus. Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass er jemand war, der an seinem Essen nörgelte. Ich war leicht überrascht. „Die hatten kein Hackfleisch mehr da“, wurde ihm erklärt und Essen verteilt. „Hrm...“ Pascal schaute etwas unzufrieden auf sein Essen in der Schale und ich grinste. Wenn man Pascal mit seiner Familie erlebte, wirkte er gleich nochmal anders. Heute war ein guter Tag, wenn ich die vorigen völlig ignorierte. Was im Moment super lief. Ich fühlte mich wohl hier, Pascal und seine Mutter bezogen mich sogar immer wieder in die Gespräche ein und ich kam mir mal nicht so unzulänglich vor, wie sonst. Ich brauchte nicht mal meinen Block. Schien eine besondere Gabe, dieser Familie zu sein. Aber wenn ich mir Pascals Vater anschaute, er hatte auch kaum mehr gesagt, als ich. Und das hieß ja wirklich mal was. Vielleicht wussten sie ja einfach mit schweigsamen Leuten um zu gehen. „Mah, ich hab keinen Bock mehr auf Schulkram.“ Wir saßen wieder oben in Pascals Zimmer und er hatte gerade seinen PC ausgeschaltet. Ich hatte schon nach dem Essen beschlossen, heute nichts mehr für die Schule zu machen und Pascal hatte mir erlaubt, dass ich den Fernseher, der in seinem Zimmer stand, anzuschalten. Es lief zwar nichts Anspruchsvolles, aber das erwartete man ja auch nicht, wenn man das Teil anschaltete. Außerdem wollte ich mein Hirn etwas ausdampfen lassen von der ganzen Lernerei. Pascal ließ sich neben mich auf das Bett fallen. Es war immer noch ein beruhigender Abstand zwischen uns, also war es okay, wenn wir auf dem gleichen Bett lagen. War ja nichts dabei, oder? Ich schaute kurz zu ihm rüber, er bemerkte wohl meinen Blick und grinste in meine Richtung. Fühlte sich kurz komisch an, aber das Gefühl verflüchtigte sich schnell wieder. Wir konzentrierten uns beide auf irgendeinen Film, der lief und ich pennte einfach irgendwann weg. Ich bekam nicht einmal mehr das Ende des Films mit. Am nächsten Morgen wurde ich von Pascal geweckt, der schon voll angezogen war und wohl gerade frisch geduscht hatte, da seine Haare nass waren. Ein Blick auf den Wecker sagte mir, dass es jetzt elf war. Solange hatte ich sicher seit Monaten nicht mehr geschlafen. Ich fühlte mich richtig ausgeruht. Ein seltenes Gefühl. „Es gibt Frühstück“, erklärte mir Pascal. Deswegen hatte er mich wohl geweckt. Ich rappelte mich im Bett auf und stellte fest, dass ich in meinen Klamotten geschlafen hatte und das die jetzt ziemlich knittrig aussahen. Naja, damit konnte ich leben. Ich fragte mich, ob Pascal im selben Bett geschlafen hatte. Ich schaute auf die andere Seite des Bettes, zerwühlt sah es schon aus. Allerdings sah mein großes Bett daheim auch immer so aus, als würde nicht nur ich darin schlafen. Ich schlief nämlich sehr unruhig. Pascal stand schon in der Tür und wartete, dass ich ihm folgte. Ich gab ihm Bescheid, dass ich noch ins Bad wollte und ich alleine runter finden würde. Der Blick in den Spiegel war mal nicht so niederschmetternd wie gewohnt. Ich hatte etwas mehr Farbe im Gesicht als sonst, zumindest kam es mir so vor. Ich grinste mein Spiegelbild an und es grinste zufrieden zurück. Wir hingen den Samstag eigentlich nur rum. Ich hatte mich gegen Mittag mal dazu aufgerafft, noch mal den Stoff von gestern anzugucken und Pascal hatte mal probeweise was von seinem Referat vorgetragen. Klang alles noch etwas unausgereift, aber er hatte noch bis Montag Zeit. Naja, vielleicht sollte er sich etwas ranhalten. Irgendwann saßen wir beide unten im Wohnzimmer auf dem Sofa, ich mit Zetteln auf meinem Schoß, die ich seit einer halben Stunde nicht mehr angerührt hatte und Pascal, der irgendwelche Sachen aus Büchern raus schrieb. Plötzlich hielt er inne und schaute mich an. Ich bemerkte seinen Blick erst nicht, da ich auf die Terrasse gestarrt hatte, auf der sich gerade eine Katze an einen Vogel ran schlich. Sowas war wie eine Tierdoku nur ohne diese Erklärbärstimme. „Einen Cent für deine Gedanken.“ Pascal grinste bei dem Satz. Ich schaute ihn verwirrt an, er hatte mich gerade in dem Moment, als die Katze zum Sprung angesetzt hatte, aus meiner Beobachtung gerissen. „Ist es nicht komisch, dass du nicht einfach sagen kannst, was du denkst?“ Er schaute mich so an, als würde er zum ersten Mal bemerken, dass ich ein Problem hatte. Ich runzelte missgelaunt meine Stirn. Es war verdammt scheiße, nicht sagen zu können, was man dachte. Es nicht direkt sagen zu können, allerhöchstens aufzuschreiben. Besonders beschissen war es, wenn man irgendwelchen Anschuldigungen ausgesetzt war und man sich gegen sie nicht wehren konnte. Gerade eben war es auch total bekloppt, dass ich das alles nicht zu ihm sagen konnte. Machte er den Scheiß mit Absicht? „Ich mein, das ist hart, oder?“ Pascal hatte meinen Blick bemerkt und versuchte nun zu retten, was noch zu retten war. Aber bei dem Satz fühlte ich mich noch mieser. Ich nickte aber. Das traf es, es war hart, ungerecht, anstrengend und total zum Kotzen. Ich fühlte mich etwas deprimiert, aber anders als bei Doktor Schwelstein. Mir kam es so vor, als würde Pascal das eigentliche Problem viel deutlicher sehen, als es die Frau je getan hatte. Vielleicht war es für sie auch schwerer, weil sie mich isolierter von meiner Umwelt wahrnahm und ich irgendwie nie ganz freiwillig zu den Sitzungen gegangen war. Pascal schwieg jetzt aber auch wieder und hing wohl etwas seinen Gedanken nach, ich war mir sicher, dass sie mich betrafen. Mich und mein Schweigen. Dann lächelte er mich offen an. „Wenn alles schief läuft, zwing ich dich dazu, Zeichensprache zu lernen und dann reden wir so!“ Ich schlug ihm auf den Hinterkopf und wusste nicht, ob ich beleidigt, verärgert oder amüsiert sein sollte. Aber vielleicht war es ja wirklich so einfach... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)