Hintergrundrauschen von Memphis ================================================================================ Kapitel 11: Quark-Gluon-Plasma ------------------------------ Wir saßen in dem gemütlichen Wohnzimmer von Pascals Familie. Man konnte hören, wie seine Mutter laut in der Küche werkelte, aber das schien weder Lisa noch Pascal zu stören. Sie waren in einem unsinnigen Gespräch vertieft, bei dem ich mich nicht beteiligen würde, selbst wenn ich es könnte. „Ich find ja, dass WiiFit voll die Inovation ist, wenn die nicht so teuer wäre...“, lamentierte Lisa. Tz.... Wii, was dämlicheres hätten die auch nicht erfinden können. Wenn man sich bewegen möchte, sollte man auch bereit sein dafür rauszugehen. Und die ganzen, fetten Kinder würden sich wegen sowas sicher auch nicht mehr bewegen. Die würden sich das vermutlich nicht mal kaufen. Für was war das Zeug dann überhaupt gut?! „Die Miriam hat die WiiFit.“ Toll für die Miriam. Wer war überhaupt Miriam? In der letzten, halben Stunde, die ich hier gesessen bin, sind mindestens sieben verschiedene Mädchennamen gefallen, kein einziger von einem Typ. Langsam bekam ich Zweifel, dass Pascal überhaupt Kerle kannte, außer mir natürlich. Irgendwie hätte ich es Pascal nicht zu getraut, dass er so einen guten Schlag bei den Mädels hatte. „Glaubst du, die lässt mich auch mal an das Teil ran?“ Große Aufregung seitens Lisa. „Sollte man das nicht regelmäßig machen, damit das Sinn macht?“ „Ich will doch nur mal testen, wie toll sie ist.“ Pascal lachte und Lisa boxte ihn dafür. Irgendwie hatte ich mir das etwas anders vorgestellt heute. Ich fühlte mich etwas außen vor. Es war fast so, als wäre ich überhaupt nicht hier, nicht mal in ihren Gedanken. Als hätte Pascal so einen dämlichen Johannes-Gefühls-Sensor schaute er lachend zu mir rüber. „Was hälst du denn von der WiiFit?“ Das war nicht sein Ernst, oder? Ich steckte mir symbolisch den Finger in den Hals, um meine Meinung dazu zu verdeutlichen und er brach wieder in Gelächter aus. „Was hast du denn gegen die Wii?“ Lisa bekam nur ein abwertendes Schnauben. Die Wii war es nicht mal wert, auf einer meiner kostbaren Zettel geschrieben zu werden. „Ich wusste gar nicht, dass ihr schreibt.“, kam dann ein diplomatischer Themenwechsel von Pascal, der längst fällig war. „Pascal, Donnie ist begnadet! Er schreibt wie ein junger Gott.“, ihre Augen leuchteten richtig, als sie das erzählte und ich kam nich umhin ein bisschen stolz auf mich zu sein. Gut, sie übertrieb maßlos, aber immerhin mochte sie meine Sachen. Anstandshalber wurde ich aufgrund des Lobes etwas rot. Pascal beobachtete uns beide amüsiert. „Über was schreibt denn unser junger Gott so?“ Ich war mir nicht sicher, ob sich Pascal nicht gerade über Lisa und mich lustig machte. ´Endzeit´ kritzelte ich auf meinen Zettel und zeigte ihn den Beiden. Immerhin wollte ich mich nicht schon wieder aus einem Gespräch drängen lassen. „Es ist so genial.“ Langsam wurde es etwas zu viel mit den ganzen Lob. Ich räusperte mich peinlich berührt. Und immer noch hatte unser Optimist der Runde ein amüsiertes Grinsen im Gesicht. „Okay, ich will mich nicht blamieren, aber was soll ich mir unter Endzeit vorstellen?“ Ich dachte an das Bücherregal in seinem Schrank, Pascal laß ganz anderes Zeug. „Ach, sowas postapokalyptisches, unsere Welt nach einer großen Zerstörungen, die auf noch ne größere Zerstörung wartet.“, erklärte Lisa für mich. Ich hätte es vielleicht ein bisschen anders beschrieben, aber prinzipiell traf es das ganz gut. „Das klingt... deprimierend.“ Pascal runzelte leicht skeptisch die Augenbrauen. Er würde mein Zeug nicht mögen, stellte ich in dem Moment fest. „Ach was, so wie er es schreibt, ist es voll faszinierend.“ Lisa schaute mich entzückt an und irgendwie fand ich sie im Moment auch kein Stück nerdig. Ich lächelte sie an. „Oh Gott, er ist so niedlich.“ Und plötzlich hing sie mir um den Hals. Ihre weichen Brüste drückten leicht gegen meinen Körper und ich wusste nicht, wie ich auf den überraschenden Körperkontakt reagieren sollte. Ich wurde allerdings auch gleich wieder losgelassen und breit angelächelt. Lisa stand auf mich. Irgendwie ungewohnt, dass mich mal wieder ein Mädchen toll fand. Ich mein, das letzte Mal war das der Fall bei Simone und danach hatte ich keine Stimme mehr. Aber Lisa war ja nicht Simone, zu dem konnte ich ja nicht nochmal stumm werden. „Sag mal...“ Lisa wurde von einem Handyklingen unterbrochen. Sie verdrehte genervt die Augen und kramte das Handy aus ihrer Hosentasche. „Hi, Dad.“, meldete sie sich mit wenig Begeisterung. „Bei Passi – Muss das denn jetzt sein? - Nein. - Ach, komm schon. - Frag doch Bobby, ob er dir hilft! - Egal, vergiss es, ich komm ja schon.“ Sie legte wieder auf und seufzte. „Jungs, ich muss euch schon wieder alleine lassen. Eric will irgendeine Überraschung für seinen Ehegatten machen und ist zu unfähig.“ Lisa schüttelte verärgert den Kopf und erhob sich. „Will er wieder Reizwäsche kaufen und du musst beraten?“ Pascal lachte und bekam dafür einen Hieb auf den Kopf. Ich war etwas irritiert, aber beschloss es einfach zu ignorieren. Das hatte bestimmt alles seine Richtigkeit so. „Naja, ich muss jedenfalls los.“ Sie umarmte kurz Pascal und gab mir dann einen Kuss auf die Wange. „Vermisst mich, ihr Süßen.“ Sie winkte noch und war dann weg samt ihren Brüsten. Irgendwie Schade. „Ihre Väter sind total cool, aber komisch.“ Pascal ließ sich weiter in das Sofa sinken und streckte sich. Okay, jetzt hatte ich wenigstens seine ganze Aufmerksamkeit, war auch nicht schlecht. Mit ihm zusammen rumhängen war nämlich ganz okay, wenn er nicht totalen Unsinn redete. „Ich find die Zwei ja furchtbar putzig, aber manchmal startet Eric total die verrückten Aktionen, weil er denkt, so ihr Eheleben aufzupeppen. Keine Ahnung... Eric is eigenwillig, aber cool.“ Lisa hatte also tatsächlich zwei Väter. Das erklärte zumindest, warum sie so komisch war. Unter solchen Umständen konnte man doch nur spleenig werden, oder? „Naja, egal...“ Pascal hatte wohl bemerkt, dass ich mit dem Thema nicht viel anfangen konnte. Er schaute kurz zu mir, brach aber sofort den entstanden Blickkontakt ab. Pascal fuhr sich durch seine Haare. Ich verstand nicht genau, was mit ihm los war. Aber gerade war er komisch. „Uhm... und... hm...“, stammelte er vor sich hin. Er schien verzweifelt nach einem neuem Gesprächsthema zu suchen. So kannte ich Pascal gar nicht. „Zoggst du?“ Ich blinzelte verwirrt. Zoggen? Ich? Ich, der nicht mal in Minesweeper gewinnen konnte? Ich schüttelte den Kopf. „Oh, hm... Echt nicht? Du bist der erste Kerl, den ich kenne, der nicht zoggt.“ Pascal wirkte ehrlich überrascht und ich fühlte mich verarscht. Wollte er mir damit sagen, ich wäre nicht normal, bloss weil ich keinen Bock auf Computerspiele oder Konsolen hatte?! „Also... also es ist voll okay, wenn du nicht zoggst. Ich mein, dafür schreibst du ja, dass ist sowieso viel cooler.“ Ich zog eine Augenbraue nach oben und schaute skeptisch. Schreiben war cool? Seit wann das denn? Wenn Victor wüsste, dass ich Geschichten schreiben würde, würde er mich einfach auslachen. Pascal seufzte. „Sorry, du bringst mich gerade voll aus dem Konzept.“, er lächelte entschuldigend. Ich wusste allerdings nicht, was ich getan hatte, dass es Pascal irritieren würde. Gerade Pascal konnte doch nichts erschüttern. Aber gerade schien genau das der Fall zu sein. Er machte nervös irgendwelche Figuren mit seinen Fingern, seufzte schließlich nochmal und schaute mich wieder an. „Okay, also... es... ich... Es wäre doof, wenn du es irgendwie hinten rum erfährst, vor allem weil ich so etwas nicht ab kann. Jedenfalls, ich bin schwul...“ Ich wurde abwartend angeblickt. Einmal Blinzeln, zweimal Blinzeln. Miguel hatte Recht gehabt?! Oh mein Gott! Irgendwas schrie nach Weglaufen, aber ich blieb nur sitzen und starrte Pascal an. „Also, keine Sorge, ich weiß, dass du hetero bist. Ich werd mich nicht an dich ranmachen, oder so. Ich wollte einfach nur, dass du es weißt... Also ich mag es nicht, wenn zwischen Freundschaften unnötige Geheimnisse stehen, du verstehst doch sicher was ich meine, oder?“ Pascal schaute mich flehend an. Wie sollte ich denn jetzt reagieren? Ich kramte nach meinem Block. `Is okay, ich komm damit klar.´, kritzelte ich so unleserlich wie möglich auf das Blatt. Es war gelogen. Klar, man sollte immer tolerant sein. Aber es war doch irgendwie komisch, wenn es jemand in unmittelbarer Nähe war. Pascal hatte die Augen leicht zusammen gekniffen, als er versuchte das Geschrieben zu lesen. Schien aber tatsächlich zu erkennen, was ich geschrieben hatte. Prüfend schaute er mich noch mal an. Vermutlich glaubte er mir das nicht ganz. Pascal durchschaute so etwas bestimmt. Mist, Pascal war ehrlich und ich log ihn an. ´Willst du ne Story von mir lesen?´, schrieb ich leserlicher unter das Vorige, auch um seinen Blick auszuweichen. Vielleicht schlug ich es vor, um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen. Aber Pascal hatte es vermutlich wirklich nicht verdient, dass ich die Flucht ergriff, oder? Immerhin meinte er ja, dass er mich nicht anbaggern würde. „Uhm... klar, warum nicht?!“ Pascal versuchte zu grinsen, aber ich merkte, dass er immer noch unsicher war. Okay, verständlich irgendwo. ´www.inba.de´, schrieb ich ihm auf. Die Seite auf der ich eigentlich alles hochlied. Ich war dort schon mehrmals ´Lieblingsgeschichte der Woche´, worauf ich ziemlich stolz war. Immerhin gab es dort an die 20 000 Geschichten und auch viele begabte Autoren, allerdings noch mehr unbegabte. Trotzdem, ich mochte die Seite. „Klar, du hast ja das Zeug online. Dann müssen wir hoch, also zu meinem PC, wegen dem Internet. Also...“ Pascal brach ab. Es war ihm wohl selbst aufgefallen, dass er dummes Zeug redete, einfach nur um was zu sagen. Er hatte Angst. Ich glaubte, er wartete darauf, dass ich jeden Moment weg lief. Womit er gar nicht so unrecht hatte. Anderseits, wenn ich jetzt gehen würde, war ich der Einsamkeit komplett ausgeliefert. Immerhin war Pascal momentan der Einzige, der wirklich Kontakt mit mir suchte. Und wenn er mich wirklich in Ruhe lassen würde mit seinem Homo-Kram war doch alles in Ordnung, oder? Ich brauchte eine Zigarette. Ich hatte mir auch eine Packung in die Hosentasche gesteckt, da ich eigentlich nie das Haus ohne Kippen verließ. Ich stand auf, um an die Zigarettenpackung ranzukommen. Pascal hatte sich auch rasch erhoben. Vielleicht, um mich vom Gehen abzuhalten. Als er die Zigaretten in meiner Hand sah, entspannte er sich ein bisschen. „Ach, du willst eine rauchen? Meine Mutter mag das im Wohnzimmer nicht, aber auf den Zimmern ist das okay. Jonas muss auch immer in sein Zimmer, um zu rauchen.“ Er lächelte nochmal und ich hatte das Gefühl, als wollte er unbedingt mit mir auf sein Zimmer. Ich schaute auf die Zigarette in meiner Hand und dann wieder zu Pascal. Gott, ich machte mich unnötig verrückt. Er würde jetzt sicher nicht, einfach über mich herfallen, oder so was. Ich machte eine Geste, das er den Vortritt hatte. Ich wollte endlich eine rauchen und von sich aus schien Pascal nicht nach oben zu gehen. Dumme Situation. Oben zündete ich mir gleich meine Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. Pascal hatte währenddessen seinen PC eingeschaltet, der sich nun laut brummend hochfuhr. Dagegen schnurrte mein PC wie ein Kätzchen. Er starrte auf seinen Monitor und vermied es in meine Richtung zu schauen. Ich saß auf dem Fensterbrett und rauchte zum offen Fenster hinaus. Pascal war Nichtraucher, ich musste sein Zimmer nicht total voll qualmen, auch wenn er es mir erlaubt hatte. Die Zigarette beruhigte mich aber in jedem Fall etwas. Ich mein, was hatte sich nun geändert? Eigentlich nichts, oder? Ich blickte zu ihm rüber. Er war gerade dabei irgendwelche total unsinnigen Programme weg zu klicken, die vermutlich nur Arbeitspeicher frassen und sonst nichts taten. Plötzlich wurde der Monitor schwarz, der PC piepte kurz und Pascal fluchte leise. Ich konnte nicht anders, ich musste einfach grinsen. Pascal hatte es wirklich nicht so mit Technik. „Hat der PC öfter, weiß nich an was es liegt.“, erklärte er kurz und startete das Teil wieder neu. Ich kniff die Lippen zusammen, um mir das Grinsen zu verkneifen und nickte wissend. Sollte ihm zumindest das Gefühl vermitteln, dass ich solche Probleme kannte. Aber nur von der Zeit, als ich gar keine Ahnung von PCs hatte und mir die immer nach und nach wegen mangelender Pflege verreckt sind. „Du lachst über mich! Ich sehs doch!“ Pascal schaut mich anklagend an, schien das aber nicht ernst zu meinen. Ich grinste ihn an und bekam ein leichtes Lächeln zurück. Langsam entspannte sich die Situation. Was sehr angenehm war, ich kam mit einem unsicheren Pascal nicht klar. „Wie hieß die Seite nochmal? Imba.de?“ Er hatte sich wieder ganz seinem PC zu gewandt und tippte die falsche Internetaddresse ein. Ich schüttelte nur den Kopf, schnippte die aufgerauchte Zigarette aus dem Fenster und ging zu ihm rüber. Ich blieb auf Abstand, nicht das er sich irgendwelche komische Vorstellungen mit uns machte, oder sowas. Aber als er bemerkte, dass er die falsche Addresse eingegeben hatte, überließ er mir bereitwillig die Tastatur. Ich ging schnell auf die richtige Seite und loggte mich dort auch gleich ein. So fand man nämlich die eigenen Geschichten am schnellsten. Pascal schaute interessiert auf den Monitor. Ich bemerkte, wie sein Blick kurz auf meinem Profilbild hängen geblieben war. Peinlich, das Foto war schon ein paar Jahre alt, damals hatte ich noch feuerrote Haare, ein vermehrtes Interesse an Palis und eine Stimme. Ich sah auf dem Foto aus wie ein verkappter Punk. Allerdings hatte ich auch keine aktuelleren Bilder von mir. Seit ich nicht mehr reden konnte, gab es auch keine Fotos von mir. Von dieser Zeit wollte ich nichts dokumentiert haben. Ich klickte schnell auf meine Storys, so dass er das Bild nicht allzulange anschauen konnte. Fremden Leuten aus dem Internet eine frühere Persönlichkeit von sich selbst zu zeigen, war okay, aber man wollte es niemand zeigen, den man wirklich kannte. Jemand, der wusste, dass man diese Person in Internet nicht war, sondern nur ein trauriger Abklatsch davon. „Uff, du hast ja ne ganze Menge geschrieben.“, stellte Pascal fest, als sich die Liste meiner Geschichten vor ihm aufreihten. Es waren vielleicht an die zwanzig, aber viele waren recht kurz. Meine längste Geschichte umfasste momentan vielleicht hundert Seiten und an der schrieb ich schon an die drei Jahre. Ich zuckte nur mit den Schultern. Es gab viele Leute, die bedeutend mehr geschrieben hatten, als ich. „Kannst du mir denn eine empfehlen?“ Ich konnte sehen, wie er ein paar Titel las und nichts damit anfangen konnte. Ich schrieb definitiv nicht das, was Pascal sonst las. Aber immerhin schien er prinzipiell Interesse an einer Geschichte zu haben, deswegen klickte ich auf eine Kurzgeschichte, die ich besonders mochte, da sie mein erster „Liebling der Woche“ war. „Jenseits von Eden?“, las er den Titel vor. „Hey, ich kenn ein Lied, das heißt so!“ Ich schüttelte leicht den Kopf, was ihm sagen sollte, dass ich den Titel nicht von einem Lied hatte. „Was bedeutet denn das Sternchen da oben in der Ecke?“ Er schien wohl das Lesen noch hinauszögern zu wollen. Ich klickte das Sternchen für ihn an und ihm wurde mitgeteilt, dass er sich nun im Archiv der „Liebling der Woche“ befand. „Ah, du wurdest sogar schon ausgezeichnet? Und ich dachte Lisa übertreibt nur in ihrer Schwärmerei. Naja, wenigstens lohnt sich ja dann das Lesen. Eigentlich les ich ja total ungern Texte am PC...“ Er griff nach der Maus, auf der noch meine Hand lag und ich zuckte zurück. Ich wollte auf keinen Fall, dass er mich berührte. Ich bemerkte seinen verletzten Blick und ignorierte ihn. Er klickte den Text an und ich setzte mich auf sein Bett. Die einzig andere Sitzmöglichkeit, außer dem Schreibtischstuhl und dem verdammten unbequemen Fensterbrett. Pascal sagte nichts zu meinem Rückzug und fing einfach an die Geschichte zu lesen. Vielleicht wollte er sich auch einfach von mir und meinem Verhalten ablenken. Ich verhielt mich jetzt nicht super nett, aber immerhin war ich auch nicht einfach abgehaut. Ich fand, dass sollte man honorieren. Pascal las stattdessen. Es war komisch jemand dabei zu beobachten, wenn er eine Geschichte las, die man selbst geschrieben hatte. Die Regungen im Gesicht, die Reaktionen. Er hatte die meiste Zeit die Stirn gerunzelt und wirkte hoch konzentriert. Aber ob ihm die Geschichte gefiel, konnte ich nicht sagen. Ich schaute zu seinem Bücherregal und entschied, dass ich das Buch von gestern weiterlesen würde. Es war nämlich ganz lustig gewesen und ich wollte Pascal nicht beim Lesen beobachten. Ich stand kurz auf, was Pascal dazu veranlasste sich zu mir umzudrehen. Als würde er immer merken, wenn ich irgendetwas tat. Ich zeigte auf sein Bücherregal. „Nimm dir ruhig was...“ Das hatte ich auch vor, ich zog das Buch von heute Morgen raus. Erst im Licht konnte ich sehen, was für ein absurd komisches Cover es hatte. Bücher mit solchen Covern würde ich nie kaufen, immerhin war ein fliegender Elefant darauf. Aber wie gesagt, eigentlich war es ganz lustig. „Ah, das ist klasse! Einer meiner Lieblinge von Pratchett.“ Ich setzte mich auf das Bett und suchte die Seite, an der ich stehen geblieben war. Stellte aber schnell fest, dass ich lesen im Sitzen verdammt unbequem fand. Würde es komisch kommen, wenn ich mich jetzt auf Pascals Bett legte? Gut, ich hatte sogar darin geschlafen, aber da wusste ich noch nicht, dass er schwul war. Ich hätte nie und nimmer mit ihm in einem Bett geschlafen, wenn ich das gewusst hätte. Auch wenn ich nicht mit bekommen hatte, dass er mich irgendwie begrabscht hatte, oder was ähnliches... Ich tat es schon wieder, ich machte mich mit dem Thema total kirre. Ich würde mich jetzt auf das Bett legen und lesen und Pascal würde jetzt nicht plötzlich auf die Idee kommen, dass er mich nun nageln will. Basta. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)