Mosaik von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Dreist ----------------- Hey Ho :-)! Dies ist meine erste Story, bei der ich den Mut gefunden habe, sie hochzuladen (und das auch nur auf Drängen meiner besten Freundin - danke, Dir^^!). Ich hoffe, Ihr mögt meine Jungs und amüsiert Euch gut :-). Liebe Grüße, BlueMoon ___________________________________________________________________ Es begann an einem Sonntag, dem 30. September des Jahres 2007 um sechzehn Minuten nach Elf. David Spandau steckte gerade bis zu den Ellbogen in einem Fass mit Taubenfutter und versuchte sich die letzten Noten seiner letzten Komposition in Erinnerung zu rufen, als ein befehlsgewohnter Ruf durch die Scheune wehte: „David?! Ah, da bist du ja. Komm raus und hilf mal beim Abladen!“ Der Angesprochene hob den Kopf und strich sich eine blondgelockte Haarsträhne aus den Augen. Im Scheuneneingang, gleich neben der Tierannahme, stand seine Chefin Bettina Eschenbach und sah zu ihm hinüber. Ihr ergrautes Haar ging ihr fast bis zu den Schultern, um den Hals hatte sie ein buntes Tuch geschlungen. „Der neue Zivi ist mit seinen Umzugssachen da,“ erklärte sie, „Die Anderen sind schon bei der Arbeit.“ Ah ja, der neue Zivi. David wusste, dass er aus Hamburg kam und daher ebenfalls im Zentrum wohnen würde, genauso wie er selbst. Er würde also einen Nachbarn bekommen. Was der Neue wohl für ein Typ war? „Ich komme,“ erwiderte David, ließ die Box, die er mit Taubenfutter hatte füllen wollen, in dem Fass liegen und erhob sich. Er folgte seiner Chefin nach draußen, wo ein großer Umzugswagen auf dem kleinen, gepflasterten Hof stand und sich beinahe gegen die hohe Eiche lehnte, die sich in der Mitte des Hofes dem blauen Himmel entgegen reckte. Auf dem Hof herrschte reger Betrieb. Alle Mitarbeiter des Zentrums, die für den Wochenenddienst eingeteilt waren, hatten ihre normale Arbeit unterbrochen, um Möbel zu schleppen. Eric und Ben zwängten soeben einen relativ großes Regal durch die Tür schräg gegenüber, auf der ein gelbes Schild mit der Aufschrift Betreten verboten prangte und die in den Wohnbereich der Zivildienstleistenden führte. Miriam und Freddy wuchteten Umzugskartons von der Ladefläche des Umzugswagens. „David, komm her!“, befahl Freddy rau von der Ladefläche hinunter, sobald David aus der Scheune getreten war, und wischte sich über die schweißnasse Stirn, „Schnapp dir mit Miriam den Teppich, der muss hoch.“ Er deutete auf einen eingerollten, grünen Teppich, der auf zwei nebeneinander stehenden Kisten lag und annähernd drei Meter lang war. „Alles klar,“ erwiderte David und Miriam sprang von dem Wagen hinunter. Sie packten den Teppich, an seinen beiden Enden – David hinten – und setzten sich in Bewegung. Gemeinsam trugen sie den Teppich durch die Tür und die enge Treppe hoch, die zu den drei Zimmern hinaufführte, in denen die Zivis schliefen. Oben am Treppenabsatz angekommen, wollte David sich automatisch nach rechts wenden, zu den beiden leeren Zimmern und den Teppich in einem von ihnen ablegen. Doch Miriam führte ihn zielgerichtet nach links – in Davids eigenes Zimmer. „Äh, Moment mal...,“ japste er, folgte ihr aber. Ihm blieb ja auch gar nichts Anderes übrig. So passierte er nach Miriam und dem Teppich die Türschwelle und – traute seinen Augen nicht. Alle seine Möbel waren verschwunden, der Kleiderschrank, sein Tisch, sein Stuhl und auch die drei Matratzen, auf denen er schlief. Nur noch seine beiden Ärzteposter hingen an den sonnengelben Wänden. Stattdessen befanden sich nun das Regal, ein riesiges Doppelbett und ein teurer Schreibtisch im Zimmer und dazwischen stand ein großer, junger Mann, den David noch nie gesehen hatte. Offenbar der Neue. „Das Regal noch etwas weiter nach links...,“ sagte er gerade zu Eric und Ben, die mit missmutigen und verschwitzten Gesichtern besagtes Regal an einer der Wände hin und her schoben, „Ja, so ist es gut, denke ich...,“ er wandte sich zu David und Miriam um, die das Zimmer soeben betreten hatten, „Ah, da ist ja mein–,“ „Was ist mit meinem Zimmer passiert?!“, fragte David fassungslos und ließ sein Teppichende auf den Boden fallen. „Ah, dann bist du wohl David!“, stellte der Fremde fest und nahm seine dunkle Sonnenbrille ab. Sein Gesicht war markant und gutaussehend, seine Augen braun wie Eichenholz. Interessiert besah er sich sein Gegenüber genauer. „Mhm... Nicht übel...,“ entschied er, David starrte ihn an, „Man hat mir schon gesagt, dass dies dein Zimmer war. Es ist größer als die anderen beiden, daher habe ich es bezogen. Deine Sachen stehen jetzt im ersten Zimmer rechts. Das stört dich doch nicht, oder?“ David setzte zu einer zornigen Antwort an, doch der neue Zivi schnitt ihm das Wort ab: „Cool von dir!“, er ging zu der Wand hinüber, an dem noch Davids Poster hingen und riss sie mit einer fließenden Bewegung ab, „Hier...,“ er reichte sie David, „Die kannst du drüben wieder aufhängen. So, was fehlt jetzt noch? Ah ja, meine Kraftstation und alle Kisten.“ David konnte es nicht fassen. Wer war dieser Lackaffe überhaupt, der wie aus dem Nichts auftauchte und mal eben beschloss, ihn auszuquartieren? Er drehte sich auf dem Absatz um und stapfte in das erste Zimmer auf der rechten Seite. Dieser Raum war wesentlich kleiner als der links, die Wände waren vergilbt und in den Ecken spannten sich Spinnennetze. Überall verteilt standen und lagen seine Eigentümer, der Schrank, der Tisch, dazwischen Bücher, CDs und Klamotten. Seine Matratzen waren nachlässig in einer Ecke aufeinander gestapelt worden. Fluchend klatschte David die beiden Poster auf den kleinen Tisch und sah sich sprachlos um. „Ich glaub’s nicht...,“ presste er durch seine Zähne hindurch. Als er hinter sich Schritte hörte, wirbelte er herum. Miriam hatte das Zimmer betreten und blickte sich ebenfalls um. „Schöne Scheiße...,“ murmelte sie, fuhr mit dem Zeigefinger über eine der Wände und beäugte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen. Ihre Fingerkuppe war dunkel und staubig. „Das ist hier ein einziges Loch!“, fauchte David ungehalten über das Poltern hinweg, mit dem Ben und Eric die Treppen wieder hinunter hasteten, um Mr. Obercools Kraftstation zu holen, „Das war mein Zimmer und jetzt kommt dieser...Typ...und... Wer, zum Teufel, ist das überhaupt?“ „Der neue Zivi,“ sagte die FÖJlerin schlicht. „Und seit wann können die machen, was sie wollen?!“ „Seit sie Neffen der Chefin sind...,“ David verschlug es die Sprache. „Er...er ist der Neffe von Bettina?“ „Ja, leider...,“ seufzte Miriam, „Daher durfte er dir auch das Zimmer abnehmen. Ich hab gehört, wie er zu Bettina sagte, dass sein Kram unmöglich in das Zimmer hier passt und da meinte sie, dass er deins haben könnte, weil du nicht soviel Platz brauchst.“ „Aber...,“ David schluckte, „Das ist nicht fair. Ich habe voll viel Arbeit in das Scheißzimmer gesteckt, habe es frisch gestrichen und alles und sie kann doch nicht einfach über meinen Kopf entscheiden...,“ Ihm versagte die Stimme. Gerade in diesem Augenblick hatte er seinen wertvollsten Besitz hinter seinem Kleiderschrank liegen sehen. „Alter...,“ stieß er hervor, bahnte sich hastig einen Weg durch sein Eigentum und hob sein Cello vom mäßig sauberen Fußboden auf, „Wie kann der Scheißkerl es wagen?!“ „Wie bitte?“, vernahm er eine gedehnte Stimme von der Tür. David drehte sich um. Der Scheißkerl lehnte sich lässig gegen den Türrahmen. „Hör mal zu!“, brauste David auf, zwängte sich an seinem Tisch vorbei, sodass die beiden Poster hinunter rutschten, und reichte der verdutzten Miriam wortlos das Cello. Dann baute er sich vor dem Neuen auf, was allerdings nur wenig Eindruck machte, da er einige Zentimeter kleiner war, „Über das Zimmer hätten wir reden können, auch wenn ich es total kackendreist finde, dass du mich noch nicht mal gefragt hast, aber dass du mein Cello einfach auf dem Boden ablegst–,“ „Wo hätte ich es denn bitte sonst ablegen sollen?“, fragte der Neue grinsend. „NA, IN DEN KOFFER VIELLEICHT?!“, brüllte David ihn an, dieses überhebliche Grinsen brachte ihn in Rage, „Ich schwör dir, wenn da auch nur ein Kratzer drin ist, dann bezahlst du mir die Neulackierung!“ „Warum schreist du hier so herum, David?“ Natürlich. Jetzt musste auch noch die Chefin auftauchen. Mühsam wandte David den Blick von dem arroganten Neuling ab, der ihn unablässig grinsend beobachtete, und schaute zu Bettina Eschenbach hinüber, die am Treppenabsatz erschienen war. Er war zornig und fühlte sich ungerecht behandelt, doch es lag weder in seiner Natur, andere aus dem Team – auch wenn sie noch nicht richtig zum Team gehörten – bei der Chefin anzuschwärzen, noch vor der Chefin herum zu jammern. Also schloss er den Mund, schluckte seine Wut hinunter und sagte: „Es ist nichts, ich...habe mich nur über den...plötzlichen Zimmerwechsel etwas...erschrocken...,“ Das war maßlos untertrieben und alle, die im Raum standen, wussten das. „Ah ja, das hatte ich vergessen, dir zu sagen,“ meinte Bettina sorglos und trat nun ebenfalls in das Zimmer, während Freddy, Eric und Ben hinter ihr Umzugskartons die Treppe hoch schleppten, „Aber für deine Sachen reicht es ja aus und wir haben auch noch was von der Wandfarbe im Keller. Dann kannst du ja hier auch noch mal streichen,“ sie wandte sich an ihren Neffen, „Am besten wir regeln das gleich mit deinem Vertrag. Gehn wir ins Büro, deine Sachen kannst du danach in aller Ruhe einräumen.“ „Ich komme,“ meinte der Neue, grinste David an und zwinkerte ihm tatsächlich zu. Dann folgte er Bettina aus dem Zimmer und die Treppe hinunter. David starrte ihm mit offenem Mund nach. „Dieser Kerl hat sie doch nicht mehr alle...,“ zischte er. „Da bin ich ganz deiner Meinung...,“ seufzte Miriam und trat neben ihn, sein Cello noch immer in den Armen, „Der wird bestimmt eine tolle Bereicherung für unser Team.“ David stöhnte auf und ließ die Schultern hängen. „Ja, richtig... Der bleibt ja jetzt...,“ Missmutig schaute er sich in seinem neuen Zimmer um. Sein Blick fiel auf das einzige Fenster, wo das Sonnenlicht matt durch die verschmierte Glasscheibe schien. Im Gegensatz zu den beiden großen Fenster in seinem alten Refugium hatte es keine Vorhänge. „Mach dir keine Sorgen,“ sagte die FÖJlerin tröstend, legte sein Cello auf den Matratzen ab und ihre Hand auf seine Schulter, „Ich helfe dir beim Einräumen deiner Sachen und beim Streichen auch.“ Er sah sie an. „Echt, das würdest du machen?“ „Klar,“ sie lächelte, einige honigblonde Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und fielen ihr in die grünbraunen, von langen dunklen Wimpern umrahmten Augen, „Wir können gleich nach Feierabend anfangen, wenn du magst.“ „Oh ja, das wär super. Danke, Miri!“ „Kein Problem!“ Sie sahen Eric und Ben dabei zu, wie sie schimpfend ein sperriges Fitnessgerät die Treppe hoch hievten und gingen dann wieder zurück auf den Hof. Der Umzugswagen war verschwunden und Freddy saß allein auf dem letzten Umzugskarton und rauchte. Als David und Miriam durch die Tür den Hof betraten, sah er auf. Der Tierpfleger war schlank und kräftig gebaut und sein Haar so kurz, dass man die Farbe unmöglich feststellen konnte. „Na...?“, sagte er mit seiner tiefen, rauen Stimme und zog gierig an seiner Zigarette, „Hast du dich mit deinem neuen Zimmer angefreundet?“ David schnaubte grimmig und verschränkte die Arme. „Ich pack’s immer noch nicht richtig.“ „Glaub ich dir. Ich sag’s euch, mit dem Typen werden wir noch ne Menge Ärger haben,“ prophezeite Freddy und schnippte Asche auf den mit Natursteinen gepflasterten Hof, „Solche Typen kenne ich...,“ David seufzte. „Soll ich die Kiste noch hoch schleppen?“, fragte Miriam den Tierpfleger. „Nee, danke, das mach ich gleich noch,“ brummte Freddy und zertrat den Glimmstängel auf dem Boden, „Du kannst dich wieder um die Papageien kümmern.“ „Okay,“ sie wandte sich an David, „Wir treffen uns nach Feierabend in der Zivi-Küche?“ „Ja, gut.“ Sie lächelte ein letztes Mal und verschwand dann wieder in der Scheune. Freddy und David sahen sich nachdenklich an. „Tja... Nicht jeder kann Neffe der Chefin sein,“ sagte Freddy schließlich und grinste schief. „Aber warum unbedingt so einer?“ „Keine Ahnung,“ er hob die zertretene Zigarette vom Boden auf und erhob sich, „Ich schlepp den letzten Karton jetzt noch hoch und dann mach ich mich auch wieder an die Arbeit. Ich will die Nord noch vor der Mittagspause fertig kriegen.“ David nickte. „Dann bis später, ich muss auch.“ Während der Tierpfleger seine Zigarette in den Aschenbecher warf, der auf dem Fensterbrett neben der Tür stand, ging David wieder in die Scheune, zurück zu seinem Fass mit Taubenfutter. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)