Bloodmoon von Jelly_Bell ================================================================================ Kapitel 1: Verwischte Fährten ----------------------------- Verwischte Fährten „Wie hast du das gemacht?“ Ungläubig musterte ich die dunklen Umrisse meines Lebensretters. Ethan trug mich erst seit wenigen Minuten auf seinen muskulösen Armen, doch wir mussten bereits eine enorm große Strecke zurückgelegt haben. Auch die Wolkendecke war längst nicht mehr so dicht wie zuvor. Immer größere Risse bahnten sich den Weg durch den finsteren Umhang, der jedes Sehen unmöglich zu machen schien. Nun brachen die ersten hellen Mondstrahlen zwischen den bedrohlichen Wolken hervor und tauchten die Bäume um uns herum in ein seltsames Licht. Alles schien so unwirklich. Wie in einem nächtlichen Traum. Der beißende eisige Zugwind peitschte mir nun nicht mehr ganz so stark ins Gesicht und ich wagte einen Blick in das Gesicht meines Beschützers, der mir immer noch keine Antwort auf die eben gestellte Frage gegeben hatte, zu riskieren. Erst jetzt sah ich diesen schmerzhaften Ausdruck der darin lag. Ethans Haut war sogar noch blasser als meine eigene und schimmerte auf eine wunderschöne seltsame Art und Weise unter dem geheimnissvollen Licht des Mondes. Sein Antlitz war so makellos schön, das ich mich ernsthaft fragen musste, ob ich nicht doch alles nur träumte, oder vielleicht sogar schon Tod war. Er hatte den Blick starr nach vorn gerichtet und in seinen dunkelroten Augen schien ab und an etwas aufzublitzen. Noch nie hatte ich einen Mensch mit so atemberaubend schönen Augen gesehen. Sein Kiefer war, genau wie alle anderen seiner Gesichtszüge, äußerst angespannt. Sein glänzendes kurzes dunkles rotes Haar wurde vom Wind nach hinten getrieben. Nur ab und zu peitschte ihm eine Strähne ins Gesicht. Doch er schien es nicht einmal zu bemerken. Ethan wirkte wie ersteinert. Während ich meinen Blick weiter über sein perfektes Gesicht wandern lies und seine gerade makellose Nase betrachtete, fiel mir auf, das er überhaupt nicht zu atmen schien. Die Nasenflügel bewegten sich kein einziges Mal, während auch seine wohlgeformten Lippen geschlossen blieben. Aber wie war das möglich? Er bewegte sich elegant und blitzschnell mit mir auf seinen, ebenfalls stark angespannten Armen, über den gefährlich rutschigen Waldboden und verbrauchte dabei keinen einzigen Atemzug. Einfach unmöglich, dachte ich abermals. Dabei lies ich erneut meine Augen von seinem unergründlich zauberhaften Gesicht über seinen Körper gleiten. Er war, soweit ich es durch seine Kleidung erkennen konnte, nahezu völlig unbewegt. Einzig und allein seine langen Beine schnellten über den nassen Waldboden. Sein Tempo war schlichtweg übermenschlich. Aber wie konnte das sein? Wer zum Teufel war dieser Mann? Oder sollte ich mich lieber fragen Was er war? Nur wenige Minuten waren vergangen, als wir plötzlich stehen blieben. Ich sah mich, mit angestrengtem Blick um und versuchte zu erkennen wo wir waren, aber außer einer dichten Wand aus Bäumen konnte ich nichts erkennen. „Zieh das Kleid aus.”, befahl mir eine melodische Stimme in strengem Ton. „Ich soll was tun?”, entgegnete ich empört. Wie unverschämt. Dachte dieser Kerl ernsthaft ich sei so leicht zu haben!? „Du sollst es ausziehen!.” - „Ich denk ja gar nicht dran!” Ein leises klagendes Seufzen verließ Ethans Kehle und ehe ich mich versah, stand er auch schon ohne jede Vorwarnung hinter mir, zog seinen langen dunklen Mantel aus und legte ihn mir um. Wie aufmerksam von ihm, dachte ich noch im ersten Moment, doch dann begriff ich was er eigentlich vor hatte. Ohne ein weiteres Wort glitten seine schmalen kalten Finger bereits kaum wahrnehmbar unter den Mantel und begannen damit, die einst weißen Stofffetzen, die noch von meinem Brautkleid übrig geblieben waren, von meinem Körper zu lösen, während ich regungslos in meiner Position verharrte. Selbst wenn ich es gewollt hätte, wäre ich einfach nicht im Stande gewesen mich auch nur einen Millimeter vom Fleck zu rühren. Mein gesamter Körper war wie erstarrt. Alles was ich spürte, war die Kälte die von seiner Haut ausging, jedoch berührte er die meinige kein einziges Mal. In Sekundenschnelle waren auch die letzten Stoffreste zu Boden gefallen. Mein Gesicht hingegen benötigte noch weniger Zeit, um sich in Windeseile um einige Nuancen zu verdunkeln. Ethan jedoch lies bereits wieder von mir ab und begann damit die Überreste meines Kleides aufzusammeln. Da stand ich nun. Halbnackt, nur mit einem Mantel bedeckt, gedemütigt, in Mitten eines bedrohlichen Waldes, mitten in der tiefsten Nacht, von zwei, oder sogar noch mehr Typen verfolgt, die mich Tod sehen wollten, zusammen mit einem eindeutig nicht menschlichen Wesen, welches mir aus einem unerklärlichen Grund das Leben gerettet hatte, mir aber dennoch immer neue Rätsel aufgab. Während ich meinen Gedanken nachhing, war der fremde Rothaarige bereits damit beschäftigt, meine zum Teil blutigen Stofffetzen an den verschiedensten Stellen im Wald großräumig zu verteilen. Was bei seiner Geschwindigkeit ein Leichtes für ihn war. „Was um alles in der Welt wird das nun schon wieder?”, fragte ich blauäugig. „Ich lege falsche Fährten für unsere Verfolger, um von unserer eigentlichen Spur abzulenken.”, gab Ethan fast tonlos zur Antwort. Immerhin hatte er offenbar seine Sprache wiedergefunden. Aber wieso unsere Verfolger? Diese Killer waren doch offensichtlich nur hinter einem von uns her, und zwar hinter mir. Wieso begab er sich meinetwegen, wegen einer völlig Fremden Frau in solche Gefahr? Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt für Ethan gewesen mich meinem Schicksal zu überlassen. Er hatte mich aus meiner misslichen Lage gerettet und hätte sich jetzt wohlwollend aus dem Staub machen können, um wenigsens noch seine eigene Haut zu retten. Warum tat er es aber nicht? Was veranlasste ihn dazu, mich weiterhin zu beschützen und sein eigenes Leben für mich zu riskieren? Hätte er ein schlechtes Gewissen gehabt, eine verletzte hilflose Frau hier in der eisigen Kälte zurückzulassen? Und selbst wenn, was war schon dabei!? Immerhin kannten wir uns ja nicht einmal. Wieso also, hatte er so ein Verantwortungsbewusstsein mir gegenüber? Es mußte einen Grund für sein heldenhaftes Verhalten geben und ich würde ihn herrausfinden, um jeden Preis. Stumm ließ er nun seinen Blick über meinen zitternden Körper wandern, was mich erneut zum Erröten brachte. „Soll ich noch irgendwas ausziehen!?”, fragte ich schnippisch um meine Unsicherheit zu überspielen. Keine Ahnung warum, aber etwas an meiner Reaktion brachte ihn zum Lächeln. Als ob er nicht schon ohnehin so verflucht atemberaubend schön ausgesehen hätte. Musste er jetzt auch noch zu allem Überfluss so verführerisch lächeln? Es war auch ohne diese zuckersüße Bewegung seiner Lippen schwer genug ihm böse zu sein. Als der letzte zerrissene blutig verdreckte Kleiderfetzen, geschickt plaziert war, umschlangen erneut Ethans starke Arme meinen geschwächten Körper und trugen mich wieder einmal viel zu schnell, durch den immer noch von der Nacht umhüllten, düsteren Wald. Ich presste mich so fest es ging an ihn um mich vor dem eiskalten Wind zu schützen. Und dennoch fror ich und mein gesamter Körper zitterte wie Espenlaub. Von Ethan ging keinerlei Wärme aus, er war genauso kalt wie die heutige Nacht. Einfach zu seltsam. Ich hätte schwören können, das er diesmal ab und zu verstohlen zu mir hinuntersah und dann jedes mal erneut ein schelmisches Lächeln über seine bezaubernden Lippen huschte, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Es dauerte nicht mehr lang, bis mich die Müdigkeit schließlich übermannte, mein Kopf an Ethans Brust sank und meine schweren Lider sich endlich schlossen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)