Hewitt # 1 von abgemeldet (Defeat the evil inside) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Tja, was soll ich sagen? Ein Werk das mir sehr am Herzen liegt, besonders die Charaktere gefallen mir, wobei Charles' düsteres Wesen mein heiteres sehr aufzuheitern vermag :) In den späteren Kapiteln (Das ist ja nur #1) wird das ganze dann noch sehr blutrünstig und Horror spielt mit. Hat in meinem Ort schon eine große Fangemeinde, wollte mal wissen was die Mexxler so davon halten. Viel Spaß :) ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ HEWITT # 1 Fälle chronologisch geordnet Überliefert von den detaillierten Aktenaufzeichnungen, Briefen und Tagebucheinträgen Ann-Marie Kuttners, ergänzt von den Notizen Charles Hewitts selbst. Charles Hewitt Ann-Marie Kuttner Trimmer Es war ein grauer Novembermorgen im Jahre 1908. Es lag bereits Schnee auf den hohen Dä-chern der Semperoper in Dresden, die ganze Stadt schien in weiß-grauer Farbe getränkt zu sein. Es war eines dieser verschlafenen Dörfer nahe der schönsten Stadt Deutschlands, mit Kühen und Schafen und einer Landwirtschaft, welche in diesen Wintermonaten brach lag. Rauch stieg von den kleinen Häusern auf in denen zu dieser Morgenstunde die Menschen aus einem tiefen Schlaf erwachten. Weiter außerhalb dieses Dorfes größeren Ausmaßes stand ein altes massiges Anwesen, durch den Schnee waren die dazugehörigen Felder, der verwahrloste Gar-ten, der angrenzende Wald und die Grundstücke weiss und trostlos geworden. Ein Licht brannte in einem der vielen Fenster in der unheimlichen kahlen Fassade des großen stoischen Herrenhauses das sich auf einer kleinen Anhöhe inmitten dieses Schneemeeres erhob. Wütend schnaubte Ann-Marie Kuttner aus, sie stand in dem Raum, der ihr als Büro vorge-stellt wurde. Überall lagen die Akten durcheinander auf dem Tisch, auf dem Boden, in den Regalen, leere Flaschen lagen auf dem Parkett und auf dem kleinen Tisch vor der roten Couch... eine Ordnung war nicht zu erkennen – nicht annähernd. Und sie sollte das jetzt aufräumen. Das würde nicht einmal reichen, der Staub und die Spinn-weben sollten entfernt und die Böden und Fenster geputzt werden und so war es überall in diesem alten Haus. Doch war das Fräulein Kuttner nicht etwa die Hausfrau oder die Putzfrau, sie war die Sekretä-rin des Hausherrn und einzigem Bewohner dieser Residenz, von ihr mal abgesehen. Und dies seit zwei Tagen. Seit sie von Bayern hierher gefahren war um sich für die Stelle zu bewerben, die in der Zeitung ausgeschrieben war. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr Arbeitgeber, trotz großzügiger Bezahlung und hervorragender Unterbringung so exzentrisch war. Sie sammelte die Papiere vom Boden auf, stapelte sie ordentlich auf dem Schreibtisch, sortier-te nicht wichtige Dokumente in den Müll, fegte den Bretterboden, wischte die Staubschicht von den Regalen, klopfte die Couch und die Polster aus und putzte die Fenster. Sie brauchte zwei Stunden bis der Raum einigermaßen geschäftlich aussah, also war es mitt-lerweile neun Uhr geworden - Zeit zum Frühstücken. „Mr. Hewitt?“ fragte Ann-Marie während sie an die Speichertüre klopfte hinter der ihr Chef schlief. Sie klopfte nochmals „Mr. Hewitt es ist neun Uhr. Zeit zum Frühstücken, wollen sie nicht runter kommen?“ fragte sie etwas lauter. Keine Antwort. Verwundert drehte sie sich um und wollte sich tief seufzend auf den Weg in die Küche machen als sie Schritte hörte und dann doch noch die Tür aufging. Vor ihr stand Mr. Charles Hewitt, ein großer, dünner Mann mit dunklen Augen, schmalem Gesicht und schwarzem Haar das ihm etwas in die Augen hing. Sehr unordentlich sah er aus und er trug die verrutschte Kleidung vom Vortag, sie glaubte nicht, dass er sie zum Schlafen ausgezogen hatte, müde blickte er auf seine Sekretärin „Wie spät ist es Ann?“ fragte er mit dieser merkwürdigen Stimme - fast regungslos in der Tonlage „Neun Uhr“ antwortete sie, sie hatte sich noch immer nicht daran gewöhnt dass er „Ann“ zu ihr sagte, eigentlich nannte man sie „Anna“ „Morgens oder Abends?“ fragte Mr. Hewitt weiter, wobei der englische Akzent das „R“ etwas überschlagen ließ. „Morgens natür-lich.“ antwortete die junge Frau verständnislos, Mr. Hewitt sah sie verwirrt an „Welcher Tag ist heute?“ fragte er „Es ist Montag der 29. November“ antwortete Ann zögerlich „Geht es ihnen nicht gut?“ setzte sie vorsichtshalber an. Ihr Chef blickte nur etwas vernebelt zu ihr „Sind sie sich sicher?“ fragte er müde, Ann nickte leicht „Dann lassen sie mich weiter schla-fen so lange es nichts zu tun gibt.“ brummte er mürrisch und schlurfte wieder zurück in das Zimmer. Solch ein Verhalten war nicht das einzig ungewöhnliche an diesem Mann und sei-nem Haus. Trotz dass er in der Nähe Dresdens wohnte hatte er die Stellenanzeige in einer Münchner Zeitung inseriert, in seinem Zimmer - welches eigentlich der Dachstuhl sein sollte und das größte im ganzen Hause war - stand nur ein einziges Möbelstück, nämlich das Bett und in seinem Wohnsitz, obwohl so riesig und Pflegebedürftig, war kein Personal eingestellt. Ann hatte erfahren, dass er einst aus England gekommen war und dieses Haus geerbt hatte. Mehr wusste sie nicht über ihn, nur noch die Tatsache dass er ein erfolgreicher und vermö-gender Detektiv sein musste. Ann machte sich ein kleines Frühstück und wunderte sich über die Lethargie ihres Arbeitge-bers und darüber dass er nicht zu Frühstücken gedachte. Sie war gespannt welche Arten von Fällen sie erwarten würde, doch mehr als diese Fälle abzuheften und Mr. Hewitt Kaffee zu kochen sah sie nicht in ihrem Aufgabenbereich. Mr. Hewitt kam erst um vier Uhr des heutigen Nachmittages herunter. Auch um diese Zeit wirkte er müde und abgezehrt, die typische englische Blässe seiner Haut unterstrich dieses Erscheinungsbild noch. Er ging in sein Büro und sah sich in der überraschenden Ordnung um, Ann saß an dem Schreibtisch und blätterte einige Formulare durch um sie dem Alphabet nach abzulegen. „Was haben sie mit meinem Büro gemacht?“ fragte er verblüfft „Aufgeräumt“ antwortete Ann stolz „Warum?“ fragte ihr Chef begriffsstutzig „Es war unordentlich. Das verschreckt die Kunden“ antwortete die Sekretärin unsicher, lag das nicht auf der Hand? „Wenn es den Kunden nicht passt wie es hier aussieht dann sollen sie eben woanders hinge-hen“ sagte Mr. Hewitt feindselig. „Das ist aber nicht die richtige Einstellung ein Geschäft zu leiten“ meinte Ann vorsichtig, sie wollte es sich mit ihm lieber nicht sofort verscherzen. „Es scheint mir wohl die richtige Einstellung um die Persönlichkeit zu behalten und den Cha-rakter zu bewahren“ entgegnete Mr. Hewitt affektiert „Das ist doch Unsinn Mr. Hewitt, in solch einem Chaos wird man doch krank“ schalte Ann hartnäckig „Schwachsinn! Man wird nur krank wenn man sich in seinen Angelegenheiten nicht mehr auskennt, ich jedoch hatte dieses Problem nicht“ sagte Mr. Hewitt unfreundlich. Ann schwieg, sie wollte ihre Arbeit nicht verlieren; Und wenn sie diesen Mann ertragen müsste, sie brauchte das Geld dringend, noch dazu in dieser kalten Jahreszeit. Mr. Hewitt ließ sich unmotiviert auf die Couch fallen die in dem Raum an der Wand stand. „Waren sie einkaufen?“ fragte er langsam „Nein, gestern war Sonntag“ antwortete Ann und Mr. Hewitt blickte sie überrascht an „Wirklich?“ fragte er erstaunt „Es ist also immer noch Montag?“ Ann wunderte sich über diese Frage, wie konnte man nur so ein schlechtes Zeitge-fühl haben? Wie kam er überhaupt darauf, dass Ann für ihn einkaufen ging? Sie war doch nur seine Sekretärin… andererseits war sie auch die einzige Frau in diesem Haus. „Ja natürlich“ bestätigte Ann „Hm…“ meinte Hewitt behäbig „Brauchen sie etwas wichtiges aus dem Dorf?“ fragte Ann „Nein“ antwortete er kurz angebunden. Ann glaubte immer mehr dass ihr Arbeitgeber eine merkwürdige Schlafkrankheit hatte, denn er war seit dem sie ihn kannte immer müde gewesen oder hatte geschlafen. „Da fiele mir doch etwas ein was sie mir mitbringen könnten Ann“ sagte Hewitt mit geschlos-senen Augen „Gerne, um was handelt es sich?“ fragte Ann, es würde wohl um irgendwelche Lebensmittel gehen, da im ganzen Haus fast nichts Essbares zu finden war. „Wodka, Whiskey und ein wenig Scotch“ antwortete der Mann. Ann sah ihn verwundert an „Wollen sie denn keine Lebensmittel kaufen?“ fragte sie, wobei sie ironisch bei sich dachte dass dies die bisher längste Unterhaltung – wenn man das so nennen konnte - war die sie mit ihm geführt hatte, natürlich nach dem Einstellungsgespräch. „Wenn sie Lebensmittel brauchen dann gebe ich ihnen Geld dafür“ meinte Mr. Hewitt desin-teressiert. „Aber sie müssen doch auch etwas essen“ meinte Ann kopfschüttelnd, gerade zu dieser Außentemperatur war es sehr schädlich für die Gesundheit zu wenig zu essen, Todes-fälle durch zu wenig Nahrung waren für sie die ersichtliche Folge auch wenn sie dies sehr überängstlich betrachtete. So wie es aussah musste sie dafür sorgen dass Mr. Hewitt genug aß damit er nicht einfach sterben und sie ihre Stelle verlieren würde. Plötzlich klopfte es an der Tür, was ihren Gedankengang augenblicklich unterbrach. Das Haus war so aufgebaut dass man in jedem Zimmer das Klopfen an der Tür hören konnte, auch wenn der Besucher nicht allzuviel Kraft aufzuwenden vermochte - es klopfte ein zweites Mal „Wollen sie nicht nachsehen wer an der Tür ist?“ fragte Mr. Hewitt genervt. Seine Position veränderte sich dabei nicht, er blieb ruhig auf der Couch liegen und auch seine Augen blieben verschlossen. Ann stand kommentarlos auf und ging durch den großen Büroraum hindurch, den Gang ent-lang zur Tür. „Guten Tag, was wünschen sie?“ fragte sie freundlich als sie diese öffnete. Vor ihr stand ein dicker kleiner Mann im vornehmen Anzug und einem buschigem Backenbart. Seine Pupillen hafteten sich nervös auf die junge blonde Frau mit den gütigen grünen Augen welche sich hinter der runden Lesebrille verbargen. Sein ganzes Tun spiegelte eine gewisse Unruhe wieder, die sich leicht auf Ann übertragen ließ. „Ich suche einen Charles Hewitt!“ sagte er mit harter, deutscher Aussprache „Hewitt“ verbes-serte ihn Ann mit sanfter Betonung, denn Mr. Hewitt mochte die deutsche Sprechweise seines Namens nicht „Verzeihung, wo finde ich ihn?“ fragte der Mann, seine Augen blickten sich angespannt um „Bitte folgen sie mir“ sagte Ann höflich und geleitete den Mann in das Büro, Mr. Hewitt´s Position hatte sich nicht verändert. „Mr. Hewitt sie haben Besuch“ sagte Ann zu ihm gerichtet. Er öffnete ein Auge und musterte den Fremden mit demselben stechenden Blick mit dem er Ann das erste Mal angesehen hatte als sie in dem Vorstellungsgespräch gesessen hatte. „Wer sind sie und was wollen sie?“ fragte er barsch – das zweite Auge öffnete sich gnädiger Weise. „Mein Name ist Heinrich Trimmer, ich wollte sie in einer Angelegenheit um ihren Rat bitten“ sagte der Mann mit seiner dunklen Stimme „Ich lasse sie dann allein“ sagte Ann und ging in Richtung Tür an der Couch vorbei. Doch bevor sie diese erreichen konnte packte Mr. Hewitt sie grob am Arm und sah sie fragend von unten herauf an „Warum bleiben sie nicht, ich wür-de nur ungern auf ihre Anwesenheit verzichten“ sagte er, was Ann sehr verwunderte. Sie hatte eigentlich immer das Gefühl gehabt, Mr. Hewitt hätte sie nicht gern um sich. „Wenn sie wünschen“ sagte sie gehorsam und setzte sich auf den Stuhl am Schreibtisch „Set-zen sie sich und erzählen sie was sie bedrückt“ meinte Hewitt behäbig und er klang sehr groß-zügig dabei. Herr Trimmer setzte sich wie angeboten auf den freien Sessel, welcher sich vor dem Tisch befand „Ich komme zu ihnen, weil ich ein Problem habe welches sich schlicht und einfach als merk-würdig und krank beschreiben lässt“ fing er seine Erzählung an „Vor einem Monat verstarb meine Mutter in hohem Alter und wir legten ihren Leichnam in unsere Familiengruft. Bis vor drei Tagen geschah nichts ungewöhnliches, doch als ich und meine Frau am Samstag das Grab wieder besuchten um Blumen zu bringen und zu beten war der Steinsarg aufgerissen, und die Leiche meiner armen Mutter furchtbar zugerichtet“ sagte er mit belegter Stimme. Ann schauderte. „Wie genau zugerichtet?“ fragte Hewitt gelassen „Es fehlten sowohl der linke Arm als auch das linke Bein, obwohl der Körper sich schon zersetze konnten diese Gliedma-ßen unmöglich so schnell fort sein“ antwortete der Mann angespannt „Ist dies die einzige Lei-che in dem Friedhof mit der das passierte?“ fragte Hewitt „So weit ich weiß ja“ antwortete Herr Trimmer weiter „Die Polizei vermutete das Werk eines verrückten, ein Beamter sagte mir sogar im Vertrauen er glaube an okkultem Hintergrund“ „Sie glauben das nicht?“ unter-brach Hewitt ungerührt „Ich bekam gestern einen Brief, lesen sie selbst“ Trimmer suchte aus seiner Jackentasche einen Brief heraus und reichte diesen Mr. Hewitt. Noch immer auf der Couch liegend las er was auf dem Blatt Papier stand: „Wenn ihre Mutter in Frieden ruhen soll, geben sie noch heute Abend das alte Diadem wel-ches sich in dem Besitz ihrer Familie befindet an den rechtmäßigen Besitzer zurück“ las er langsam vor „Und?“ fragte er „Dieses Diadem ist seit langer Zeit in dem Besitz meiner Vorfahren. Mein Ururgroßvater war ein Sammler welcher sich auf teuren Schmuck spezialisierte hatte. Rechtmäßig gehört das Schmuckstück also mir und meiner Frau. Ich wusste nicht wem ich es überhaupt geben sollte und so beließ ich es dabei“ erklärte Trimmer verzweifelt. „Was geschah dann?“ fragte Hewitt, Ann und Herr Trimmer blickten ihn überrascht an „Wie kommen sie darauf das etwas geschehen ist?“ fragte Ann verblüfft „Wäre nichts weiter pas-siert wären sie doch nicht gekommen nicht wahr? Außer sie sind die Unfähigkeit der Polizei leid“ meinte Hewitt schulternzuckend „Beides. In derselben Gruft befanden sich auch die sterblichen Überreste meiner Tante. Diese wurden ebenfalls so zugerichtet wie die meiner armen Mutter!“ antwortete Trimmer leicht ängstlich. „Gab es sexuelle Übergriffe an den beiden Leichen?“ fragte Hewitt. Trimmer sah den Detek-tiv empört an „Was erlauben sie sich?“ fragte er wütend „Mr. Hewitt!“ wies ihn Ann streng zurecht „Das wurde sicher nicht überprüft, wie stümperhaft.“ sagte Hewitt noch immer see-lenruhig, er stand auf „Ich werde ihren Fall übernehmen Herr Trimmer“ sagte er und streckte sich leicht „Wenn sie mir bitte die Gruft zeigen würden in der die Tat geschah“ „Sicherlich!“ meinte Trimmer sofort, er war offensichtlich froh den Detektiv für sich gewonnen zu haben. „Ich habe draußen eine Kutsche stehen“ sagte der Klient und Ann stand auf um die beiden nach draußen zu begleiten „Sie werden doch wohl mitkommen Ann, nicht wahr?“ fragte He-witt ohne die junge Frau dabei anzusehen „Ich denke ich hätte wenig nutzen für sie“ verwehr-te Ann erschrocken, sie wollte somit bewirken im Haus bleiben zu können und nicht zu gruse-ligen Leichen zu müssen. „Ganz im Gegenteil Ann“ sagte Hewitt jedoch zu ihrem Leidwesen. „Aber sollte ich nicht noch irgendwas mitnehmen?“ fragte sie, völlig perplex „Alles was wir brauchen kaufen wir uns dann dort“ meinte Hewitt abwinkend „Glauben sie wirklich ein Friedhof wäre der richtige Platz für eine junge Dame?“ fragte Trimmer zweifelnd „Ich pflege eine außergewöhnliche Methodik an den Tag zu legen wenn ich an einem Fall arbeite. Fräulein Kuttner wird mir sicherlich sehr nützlich sein“ meinte Hewitt mit gefühlskarger Stimme und betrachtete sich die Kutsche mit den zwei Pferden. „Wenn sie nichts dagegen haben würde ich mich gerne zu dem Kutscher setzen, ich brauche ein wenig frische Luft“ sagte er und setzte sich ohne eine Antwort abzuwarten auf den Kutschbock. „Sie werden krank werden!“ sagte Trimmer verwundert, Mr. Hewitt lächelte arrogant „Bei weitem nicht. Frische Luft hat mir noch nie geschadet“ sagte er. Ann wunderte sich über diese Einstellung, es ging ja nicht um die frische Luft, welche unbe-strittener Weise eine Wohltat für die Gesundheit sein konnte. Es ging um den eisigen Winter-wind der um die Kutsche sauste als sie in Fahrt kam. Trotz dem dicken Mantel den Mr. He-witt trug musste es unwahrscheinlich kalt sein, dennoch verweigerte er es strickt in die Kut-sche zu steigen. Allein die Vorstellung auf einen Friedhof gehen zu müssen ließ Ann schaudern. Sie mochte solch düstere Orte nicht, auch wollte sie unter keinen Umständen irgendwelche Leichenteile untersuchen müssen, dies war eindeutig die Aufgabe Mr. Hewitt´s und sie hoffte er wisse das auch. Sie fuhren eine gute Stunde bis sie in Dresden ankamen. Dort brauchten sie bei dem typischen Montagsverkehr eine halbe Stunde um zu dem gewünschten Friedhof zu gelangen. Es stimmte Ann ein wenig traurig, dass das erste was sie von dieser Stadt sah der Friedhof sein würde, vom Bahnhof einmal abgesehen. Sie stiegen aus und gingen stumm die grauen Gräberreihen entlang. Einige Ruhestätten waren vom Schnee bedeckt, von anderen war er säuberlich weggefegt worden. Hin und wieder wa-ren frische Gräber zu sehen, Kerzen brannten und ihr Licht konkurrierte mit dem des altern-den Tages. Die grauen Weiden die in einer Allee angelegt waren verbreiteten eine gespensti-sche Atmosphäre, die Ann durch Mark und Bein ging. „Hier ist es“ sagte Trimmer und zeigte auf die kleine begehbare Familiengruft. Ein Seil ver-sperrte das Hineingehen, die Tür war aufgebrochen. Mr. Hewitt würdigte das Grabmahl zu-nächst keines Blickes, er sah sich in der unmittelbaren Umgebung um. „Zu schade, dass der Schnee weggeräumt wurde, sicherlich eine Maßnahme der Polizei. Und was ist mit den Spuren?“ fragte er mit überheblicher Stimme „Es gab Spuren von hier bis zum Tor natürlich“ antwortete Trimmer „Schwachsinn, diese Antwort hätte ich mir auch selbst geben können! Waren die Abdrücke groß, klein, schmal, breit? Waren sie vorne tiefer einge-sunken oder hinten? In welchem Abstand lagen die Schritte auseinander? In welchem Winkel standen die Spuren zueinander? Welche Art von Schuhen wurde getragen? Wie tief gingen sie allgemein in den Schnee herunter? Waren die Abdrücke weiss oder war Schmutz unter den Sohlen zu finden? Das sind die Fragen die bei Spuren Interessieren“ meinte Hewitt unfreund-lich. Ann staunte nicht schlecht wie viel man über einfache Fußabdrücke wissen musste… sie staunte auch nicht schlecht wie unfreundlich dieser Mann zu seiner Kundschaft war. Mr. Hewitt sah sich das aufgebrochene Schloß an und blickte dann in die Gruft. Die Leichen der beiden zersetzten Frauen lagen unberührt da. Es stank nach Tod, Verwesung und Lei-chenbalsam. Das was einst lebendig und Mensch war hatte sich in totes hässliches Fleisch gewandelt welches nach dem Aussehen her die menschliche Existenz beleidigte. Ann quietschte leise bei diesem Anblick und drehte sich erschrocken um, damit sie es nicht weiter zu sehen brauchte. Wie würdelos diese Körper behandelt wurden machte sie traurig, von diesem Szenario würde sie noch Nächte lang träumen müssen. Hewitt blickte unberührt eine lange Zeit auf die Leichen, er besah sich alles was von der Tür aus zu erkennen war mit scharfen Augen. Die toten Körper lagen nebeneinander, die besagten Körperteile unauffindbar, wie es schien waren sie mit größter Gewalt ausgerissen worden, die Anziehsachen waren durchgewühlt worden, die Sargdeckel unachtsam heruntergeworfen. Eine Leiche war noch einigermaßen als Mensch zu erkennen, die andere war beinahe nur noch Gebein. Keine einzige Miene regte sich auf seinem streng wirkenden Gesicht. „Warum wurden die Leichen so belassen? Haben sie das der Polizei aufgetragen?“ fragte der Detektiv und Herr Trimmer nickte „Natürlich wurde meine Mutter wieder in den Sarg gelegt nachdem er am Samstag aufgebrochen worden war. Nun jedoch lag sie wieder… heraußen“ antwortete der Klient betroffen. Mr. Hewitt schien das alles kein Bisschen zu berühren. „Wollen sie nicht hineingehen?“ fragte Trimmer ungeduldig. Hewitt atmete tief durch, duckte sich unter dem Seil durch und stand nun in der einigermaßen engen Gruft. Nervös sah er zu den Wänden, Ann blickte ihn verwundert an. Machte es ihm also doch etwas aus. Jedoch warf sie diese Vermutung gleich wieder über den Haufen, als sie sah wie er ungeniert mit der bloßen Hand der Leiche der linken Frau zwischen die Beine griff. „Mr. Hewitt, neh-men sie gefälligst ihre sündigen Finger von meiner Mutter!“ schimpfte Trimmer aufgebracht „Lassen sie mich gefälligst meine Arbeit tun, Ann wenn es ihnen nichts ausmachen würde könnten sie Herrn Trimmer zur Kutsche begleiten und dann wieder herkommen?“ fragte Hewitt mit einem merkwürdigen Zittern in der Stimme, als ob er furchtbar angestrengt war. „Natürlich nicht, kommen sie Herr Trimmer“ sagte Ann froh von hier weg zu kommen und bugsierte Herrn Trimmer in Richtung Kutsche, welche außerhalb des Friedhofes stand. Als sie wieder kam war Hewitt gerade mit dem zweiten Körper beschäftigt. Bei dieser Kälte stand ihm der Schweiß auf der Stirn und seine Pupillen waren geweitet… „Interessant, Ann! Beide Leichen zeigen Merkmale eines sexuellen Mißbrauches auf, auch wenn es schwer ist das genau zu interpretieren bei diesem fortschreitenden Verfall“ sagte er und blickte wieder unentwegt zu den Wänden des Grabes. „Sie haben sie doch nicht etwa.... überall untersucht?“ fragte Ann schockiert „Noch nicht ü-berall“ meinte Hewitt und knöpfte das Kleid der Frau auf, die noch mehr Intakt war, um den Brustbereich zu untersuchen. „Haben sie denn keinen Anstand gelernt?“ fragte Ann angewidert. Hewitt antwortete nicht und blickte konzentriert auf das faulige Fleisch. Wieder sah er auf die Wände und atmete tief durch. „Sind sie in Ordnung? Sie wirken angespannt“ meinte Ann behutsam „Es ist nicht ihre Angelegenheit sich um mein Wohlergehen zu sorgen“ sagte Hewitt ein we-nig abwertend, worauf Ann ihn beleidigt ansah „Es ist auch nicht meine Angelegenheit mit ihnen zu irgendwelchen Tatorten zu kommen, für sie zu putzen oder einzukaufen“ sagte sie empört. Wie war sie überhaupt dazu gekommen sich um diesen unhöflichen Menschen Sor-gen zu machen? „Dafür bezahle ich sie doch!“ schimpfte Hewitt „Sie sind ein unhöflicher Trampel wissen sie das?“ fuhr Ann ihn wütend an. „Unhöflich vielleicht, den Trampel verbit-te ich mir!“ meinte Hewitt arrogant lächelnd. Er genoß es sichtlich sich mit ihr zu streiten, was Ann noch ärgerlicher machte, Bezahlung und Arbeit hin oder her. „Sie sind unmöglich!“ schimpfte sie aufgebracht und stieß wütend die Tür des Grabes zu und kehrte ihm temperamentvoll den Rücken zu. Hewitt klopfte heftig an die Grufttür „Ann! Machen sie sofort wieder auf! ANN!!!“ rief er laut „Das gehört ebenfalls nicht zu mei-nen Aufgaben!“ meinte Ann allerdings trotzig. „VERDAMMT!“ fluchte Hewitt „ÖFFNEN SIE DIE TÜR, ICH KOMME NICHT MEHR RAUS!“ Ann drehte sich um „Versuchen sie es doch einfach mal selbst!“ sagte sie genugtuend. Hewitt rüttelte kräftig an dem Griff. „KLEMMT!“ rief er wütend und Ann versuchte es jetzt ebenfalls - es ging tatsächlich nicht… Ihr erster Arbeitstag und sie hatte es fertig gebracht ihren Chef in ein Grab zu sperren. „Sie geht wirklich nicht auf“ stellte Ann fest. Hewitt schlug heftig gegen die Tür „ICH WILL RAUS!“ donnerte er mit gebrochener Stimme. „Keine Panik!“ mahnte Ann ruhig, sie würde es auch nicht sonderlich prickelnd finden in einer Totenstätte eingeschlossen zu sein. Hewitt antwortete ihr nicht mehr. „Mr. Hewitt?“ fragte Ann „Hallo?“ Keine Reaktion. „Verdammt!“ dachte sie sich, die Arbeit konnte sie sich schon jetzt in die Haare schmieren und sie wäre so gut bezahlt gewesen. Sie versuchte weiter in das Grab zu gelangen, jedoch vergeblich. Leise legte sie ihren Kopf an die Tür um zu lauschen, aber mehr als unregelmäßiges Atmen war nicht zu vernehmen. Ein ungutes Gefühl machte sich in ihr breit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)