Erstens kommt es anders.... von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 2: If hope dies... -------------------------- Kapitel 2: If hope dies… Schmerz. Er schien ihn in heißen Wellen zu überlaufen, schwappte zurück. Sammelte sich in seinem Bauch, trieb ihn in den Wahnsinn. Brennende Bahnen zogen sich durch seinen ganzen Körper, an jedem Ende ein greller Blitz. Verzweigten sich, bildeten immer neue Linien und Sammelpunkte. Schmerz jagte ihn, hielt in seinem eigenen Körper gefangen; kein Entkommen. Und er wusste, ihr Ziel war es, ihm den Verstand zu rauben. „Das kann doch nicht sein! Ein kleiner Junge verschwindet doch nicht so mir nichts dir nichts!“ Aufgebracht lief der rundliche Inspektor in seinem Zimmer auf und ab. Takagi, der in der Tür stand, schwieg und sah seinem Chef betreten beim Hin- und Herlaufen zu. Es war aber auch wirklich zum Verrücktwerden. Außer Herrn Arakawa hatte es keine weiteren Zeugen gegeben, niemand hatte ein kleines Kind mit Brille und roter Fliege gesehen. „Suchen sie weiter!“ Megure war stehen geblieben. „Aber Inspektor Megure, wir haben doch schon alles abgesucht. Wir haben jeden gefragt, der auch nur ansatzweise etwas gesehen haben könnte. Es ist aussichtslos.“ Der junge Polizist starrte auf den Boden. Auch ihm tat es in der Seele weh, so wenig ausrichten zu können. **** Ran stand wieder am Fenster und starrte beharrlich auf die Straße. Sie konnte und wollte die Hoffnung nicht aufgeben, so aussichtslos die Sache auch schien. Erst hatte sie Shinichi verloren, und jetzt auch noch Conan? Nein, das würde sie nicht zulassen, notfalls würde sie sich auch selbst auf die Suche machen. Zurzeit hatte sie nur wenig Zeit, Schule, Karate, Freunde und ihr Vater hielten sie auf Trab, doch in wenigen Tagen würden die Ferien beginnen, und wenn Conan bis dahin nicht wieder aufgetaucht war... Natürlich wäre es ihr lieber, wenn er vorher gefunden würde, aber sie wollte realistisch bleiben. Tokio war eine große Stadt, mit ebenso vielen Einwohnern, und niemand konnte mit Sicherheit sagen, dass sich der Junge noch in der Stadt befand. Vielleicht war er mittlerweile ganz woanders, in einer anderen Stadt, vielleicht sogar in einem anderen Land. Sie schauderte. So durfte sie erst gar nicht denken, denn war die Hoffnung erst einmal gestorben, so bestand auch keine Chance mehr auf Rettung. Ran seufzte, drehte sich um und ging in die Küche. Ihr Vater würde bald wieder kommen und dann sollte das Essen fertig sein. Merkwürdig, seit Conan weg war hatten auch Kogoros detektivische Fähigkeiten stark nachgelassen. Sie erinnerte sich, wie Conan oftmals genau zum richtigen Zeitpunkt die richtige Bemerkung machte, scheinbar beiläufig, die dann meist zur Aufklärung des Falles beitrug. Ein gewöhnlicher Grundschüler war er nicht, dessen war sich Ran schon lange sicher. Manchmal hatte sie immer noch das Gefühl, einem verjüngten Shinichi ins Gesicht zu sehen, wenn sie Conan betrachtete. Auch seine traurigen, von Bitterkeit erfüllten Augen ließen sie nicht los. Was konnte ein Kind in seinem Alter schon erlebt haben, dass es so verzweifelt war? Mehrmals hatte sie den Verdacht gehabt, dass Conan und Shinichi ein und dieselbe Person waren, doch zwei bedeutende Fakten sprachen dagegen. Erstens waren sowohl Conan als auch Shinichi bei der Schulaufführung, bei der (wieder mal) ein Mord geschah, anwesend, und zweitens ... war es eine absolut idiotische Vorstellung. Shinichi war schließlich 17 und um einiges größer als Conan, und sie hatte noch von keinem Wundermittel gehört, dass den Körper um zehn Jahre zurückversetzte. Vollkommen absurd! Und doch ... seine Augen, Körperhaltung, wie er kombinierte und an schwierige Fälle heranging. All das erinnerte sie so sehr an Shinichi, dass es fast wehtat. Es schnürte ihr die Kehle zu, ließ neue Tränen aufsteigen, wenn sie glaubte, sie seien schon längst versiegt. Verärgert über sich selbst schüttelte Ran den Kopf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und konzentrierte sich wieder auf die Zubereitung des Essens. „Shinichi....“ Am nächsten Morgen wurde Ran unsanft von ihrem Vater geweckt. Moment, Stop! Sie wurde von Kogoro geweckt? Soweit sie sich erinnern konnte, war das noch nie vorgekommen. Irgendwas war da doch faul. Normal war sie immer als erstes auf, bereitet das Frühstück vor und weckte ihren Vater und Conan. Conan, der jetzt nicht mehr da war. Die Ereignisse der letzten Tage holten sie wieder ein, und wieder stiegen ihr Tränen in die Augen. Kogoro sah seine Tochter bestürzt an. „Ran, Mausebein ..:“ Etwas hilflos sah er sie an. Doch es waren keine weiteren Worte nötig. Ran selbst missfiel es ja, dass sie in letzter Zeit bei jeder, sich bietenden, Gelegenheit in Tränen ausbrach. Scheinbar hing sie mehr an dem Kleinen, als sie gedacht hatte .Noch leicht verschlafen lief sie ins Bad und schüttete sich rasch ein paar Hände kaltes Wasser ins Gesicht. Als sie wieder aufblickte, fiel ihr Blick unweigerlich auf ihr Spiegelbild. Sie sah fürchterlich aus. Ein bleiches Gesicht, mit dunklen Schatten unter den Augen blickte ihr entgegen. Traurige, sorgenvolle Augen stachen in ihr Ebenbild. War das wirklich sie? Ran seufzte, schüttelte den Kopf über ihre eigenen Gedanken, natürlich war das sie selbst. Sie machte sich fertig, ließ das Frühstück aufgrund Zeitmangels ausfallen, ignorierte den motzenden Kogoro und lief langsam Richtung Schule. Früher war sie immer zusammen mit Shinichi gegangen. Er hatte vor der Detektei abgeholt, oder auch umgekehrt, dann waren sie gemeinsam denn vertrauten Schulweg entlanggelaufen, hatten gelacht, sich gegenseitig ein wenig angeschubst..... Ja, sie vermisste es, vermisste ihn. Trotzdem - oder gerade deswegen - könnte er sich ja langsam mal wieder melden. Schon über einen Monat war es her, dass er das letzte Mal angerufen hatte. Woher sollte sie auch wissen, dass Shinichi Conan war, und Conan zurzeit ja gefangen gehalten wurde, und natürlich kein Telefon zur Hand hatte. Sein Bauch bereitete ihm noch immer höllische Schmerzen, aber es war auszuhalten. Sie hatten ihm sogar einen Verband angelegt. Sollte man bei den Kerlen ja eigentlich vermuten, dass sie sich auch noch so um ihre Gefangenen kümmerten. Aber es spielte eigentlich keine Rolle warum sie das getan hatten. Vermutlich würde er es so oder so bald erfahren. Wie Recht er hatte. Sein Instinkt war noch immer untrüglich. Keine zwei Minuten später wurde die Tür aufgestoßen und krachte gegen die Wand. Shinichi zuckte bei dem Geräusch zusammen. Wie schnell man sich doch an die, im ‚Verließ’ herrschende Stille gewöhnte; wirklich erstaunlich. Irgendein großer, dürrer ‚Schwarzkittel’ stand vor ihm, murmelte irgendwas, das er nicht verstehen konnte und winkte dann jemand anderen, genauso hünenhaften Mann herbei. Gin. Allein bei dem Gedanken an ihn zog sich sein Magen schmerzhaft zusammen - was in seinem momentanen Zustand nicht sehr ratsam war. An Wodka verschwendete er zwar auch nur ungern einen Gedanken, trotzdem war der lange nicht so schlimm wie Gin. Ein eiskalter Killer, skrupellos, ohne Gefühle. So konnte man ihn wohl am treffendsten beschreiben. „He! Kudo! Aufstehen!“, wurde er aus seinen Gedanken gerissen. Taumelnd kam er auf die Beine, hielt sich den Bauch, als ihn ein stechender Schmerz durchfuhr. Was war da noch mal passiert? Ach ja, irgend so ein Arzt hatte ihm den Bauch aufgeschlitzt, warum auch immer. Wieder liefen sie durch den gleichen Gang wie am Tag zuvor. Seine Augen gewöhnten sich auch diesmal nur langsam an die komplett gegensätzlichen Lichtverhältnisse. Von stockfinster zu strahlend hell zu wechseln, und das in nur etwa einer Sekunde war nicht unbedingt ein Vergnügen. Der Gang schien kein Ende zu nehmen, und als er es dennoch tat, in Form einer breiten Glastür, wurde er durch einen weiteren, ebenso langen Gang geführt. Eine Treppe hinauf, ein weiterer Gang folgte. Seine Schmerzen wurden schlimmer, immer wieder knickten seine Beine ein, seine Sicht verschwamm. Da, endlich! Sie hielten an. Shinichi hob den Kopf. Sie standen vor einer schlichten, dunkelbraunen Holztür. Einzig und allein der goldene Türgriff stach etwas hervor. Mit seiner glänzenden Farbe und den blitzenden Diamanten wirkte er, zugegeben, recht protzig. Teilnahmslos starrte er das kleine Schild neben der Tür an. ‚Shochu’. Shochu? Shinichi zog, halb belustigt, halb fragend die Augenbraue hoch, wagte es aber nicht, etwas zu sagen. Auch seine beiden Begleiter verloren kein Wort, sondern klopften an die Tür. „Herein“, knurrte jemand. Klang ja sehr freundlich. Gin stieß den jungen Detektiv grob in den Raum. „Hier ist er“ Shinichi, der durch den Stoß zu Boden gegangen war, blickte langsam auf. Sein Blick wanderte über zwei schwarze Hosenbeine, erblickte ein ebenso schwarzes Hemd und sah schließlich in zwei eiskalte, graue Augen. Ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken. Mit dem Typ sollte man sich definitiv nicht anlegen. Shochu sah ihn nur kurz an, mit einer Mischung aus berechnender Neugier und blankem Hass, dann wandte er sich ab und stapfte zu seinem Schreibtisch. Dort angekommen riss er eine der Schubladen auf, holte eine kleine Schachtel heraus um kam wieder zurück. Währenddessen hatte niemand auch nur das leiseste Geräusch von sich gegeben. Selbst Gin, den sonst nichts so schnell einschüchterte, zeigte hier Respekt. Zum ersten Mal richtig aufmerksam, besah sich Shinichi den Mann. War das vielleicht ihr Boss? Wer weiß, man konnte nie wissen. Doch als er den Inhalt der Schachtel erblickte, waren alle Gedanken wie weggeblasen. Er erblasste, war es wirklich das, wofür er es hielt? Wenn ja, warum sollten sie es ihm geben? Als kleines Kind war er viel schneller zu überwältigen. Wenn es allerdings nicht das war, was er dachte, dann ... wollte er es gar nicht so genau wissen. Möglicherweise war es ihnen ja mittlerweile gelungen, ein Gift herzustellen, dass zuverlässiger wirkte, als das Alte. „Was glaubst du, was das ist?“, fragte ihn der hochgewachsene Mann hämisch. Dabei hielt er ihm eine der rot-weißen Kapseln direkt vors Gesicht. Shinichi schluckte. Jetzt nur nichts Falsches sagen. „Er hat dich was gefragt!“, herrschte Gin ihn an und schlug ihm mit voller Wucht ins Gesicht. Er spürte, wie seine Nase brach, warmes Blut lief über sein Gesicht, tropfte auf den Boden. Shochu grinste. „Nicht doch Gin. Sieh nur was du angerichtet hast, jetzt habe ich Blut auf meinem Teppich“ Seine Stimme schien nur so vor Sarkasmus zu tropfen. „Na, ist eigentlich auch egal ob du die Antwort kennst, denn du wirst gleich Versuchskaninchen spielen. Das kennst du ja schon, nicht wahr?“ Er machte eine kleine Pause. Dann fügte er spöttisch hinzu: „Herr Meisterdetektiv.“ Wieder sah er Shinichi einfach nur an, und der hatte das unangenehme Gefühl, geröntgt zu werden. Gedankenverloren sah Ran aus dem Fenster. An die Matheaufgaben, die sie eigentlich lösen sollte, verschwendete sie keinen Gedanken. Viel zu groß war die Sorge um ihre beiden Freunde, Conan und Shinichi. Sie seufzte. Sonoko sah sie von der Seite an. Ran benahm sich in letzter Zeit merkwürdig. Genau genommen, seit das kleine Nervenbündel mit Namen Conan Edogawa verschwunden war. Ging ihr das so nah? Trotzdem sollten ihre Noten nicht noch mehr darunter leiden, als sie es sowieso schon taten. „Was ist los mit dir?“, flüsterte sie leise. „Hm?“ Irritiert drehte Ran den Kopf und sah Sonoko an. Für einen Moment hatte sie tatsächlich vergessen, wo sie war. Sonoko schüttelte jedoch nur den Kopf und beugte sich wieder über ihr Heft. Schlimm genug, dass sie immer noch an diesem Krimispinner hing, aber jetzt auch noch das.... Ein paar Stunden später, Ran kam es vor, wie eine Ewigkeit, konnten sie endlich ihre Sachen zusammenpacken. Hastig verabschiedete sie sich von ihren Freunden und rannte auf dem schnellsten Weg zum Polizeipräsidium. Vielleicht gab es ja was Neues... „Hallo Ran.“, wurde sie von Inspektor Megure begrüßt, als sie, etwas außer Atem, in seinem Büro ankam. „Guten Tag, Inspektor. Haben sie schon eine Spur?“ Das freundliche Lächeln, dass ich bei ihrem Erscheinen auf Megures Gesicht ausgebreitet hatte, verblasste. Resigniert schüttelte er den Kopf. „Nein. Es tut mir Leid, aber der Park ist weiterhin unser einziger Anhaltspunkt.“ Geknickt setzte Ran sich auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch. Die Minuten verstrichen, doch niemand sagte etwas. Ran starrte weiterhin zu Boden und versuchte krampfhaft die Tränen zurückzuhalten. Als wieder zehn Minuten vergangen waren, stand Ran auf. Sie musste noch für eine anstehende Prüfung lernen, und sie sah ein, dass sie im Moment nichts für Conan tun konnte. „Rufen sie mich bitte an, wenn ... wenn sie etwas wissen.“, sagte sie stockend und lief dann ohne ein weiteres Wort nach draußen. Ohne Pause rannte sie den ganzen Weg bis zur Detektei, und kam dort, total erschöpft, an. Als sie die Tür aufschloss, rief ihr Vater direkt: „Wo warst du so lange?“ „Im Polizeipräsidium“, antwortete Ran und betrat das Wohnzimmer, in dem es von leeren Bierdosen nur so wimmelte. Sie seufzte und sah sich um. „Ach Paps, musst du dich immer so einmüllen?“ Ohne eine Antwort abzuwarten schnappte sie sich einen großen Müllsack und begann den herumliegenden Müll einzusammeln. Kogoro sah ihr wortlos zu; waren doch nur ein paar Bierdosen. Kein Weltuntergang also. „Hast du keine Arbeit?“, fragte Ran schnippisch, als sie fertig war. Schnaufend stand sie mitten im Raum und sah sich erneut um. Jetzt ging es einigermaßen. Aber vorher ... unter aller Sau. Um es freundlich auszudrücken. „Paps?“, fragte sie, als keine Antwort kam. Lautes Schnarchen. Der schlafende Kogoro war am Schreibtisch eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)