Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 123: Was nun? --------------------- Ich kann es noch nicht ganz fassen, aber ja, das hier ist das letzte Kapitel von DS2. Damit neigt sich eine weitere Ära dem Ende zu... apropos Ende, DS3 wird mit dem nächsten Jahr erscheinen. Bis dahin habe ich vor Eisengel zu beenden und eine Kurzgeschichte namens "Verloren" zu veröffentlichen, die auf einen Wettbewerb hin entsteht. SOLDIER wird allerdings noch ein gutes Stück gehen ^.- Und ja, es ist mein Ernst das Buch mit einem Cliffhänger enden zu lassen. Damit wisst ihr auch schon das Thema für DS3, nicht? Ach ja - der Titel: Der Titel von DS3 wird Delusive Society Coming 2011 ^.- Ich wünsche euch damit hier schonmal frohe Weihnacht und einen guten Rutsch ins neue Jahr! _________________________________________________________________________________ Katsuya machte noch ein paar Schritte mit bebenden Beinen, bis er schließlich heftig atmend zum Stehen kam. Mit einer Hand gegen eine Wand gelehnt holte er tief Luft und wappnete sich gegen die Gedanken, die sich ihm wieder aufdrängten. War er denn verrückt geworden? Seto so einen Mist zu sagen, den er gar nicht meinte. Natürlich taten die Worte weh, aber das gab ihm doch kein Recht Seto so... so... nicht einmal zu beleidigen sondern systematisch zu verletzen. Genau das zu sagen, von dem er wusste, dass es am meisten weh tat. Was hatte ihn da bloß geritten? Scheiße... er machte echt alles falsch. Erst das mit Yami, jetzt seine Reaktion... Nach gestern Abend hätte er das doch erwarten können. Hätte sich darauf vorbereiten können, um heute ein wenig gefasster zu sein. Aber nein, er hatte sich wie ein... ach, was auch immer. Man hätte ihn auch gut durch eine frustrierte Hausfrau ersetzen können, deren Mann sie für eine Jüngere verließ. Die Reaktion wäre kaum dramatischer ausgefallen. Er seufzte und ließ die Schultern sinken. Und jetzt? Was sollte er jetzt tun, hm? Eigentlich zurück zu Seto und sich entschuldigen, aber das schaffte er nicht. Schaffte es nicht Seto wieder in die Augen zu sehen... er kniff die Lider zusammen, drückte das Gesicht gegen seine Hand und seine Stirn gegen die Hausmauer. Was sollte denn jetzt werden? Nicht mehr mit Seto zusammen... er spürte die Tränen hinter seinen Lidern brennen. Nicht mehr mit Seto zusammen? Das war... das war schon fast unmöglich. Seto war... war praktisch seine ganze Welt. Sein Ein und Alles. Sein Anfang und Ende. Die Spannung zwischen ihnen war immer da gewesen und jetzt sollte das alles Schall und Rauch sein? Vergessen und vergraben aufgrund eines Fehlers? Es war doch sonst nichts falsch gelaufen zwischen ihnen, nicht wahr? Warum also... warum sollte es jetzt vorbei sein? Konnte man nicht über alles reden? Jedes Problem lösen? Sie hatten doch nie groß Stress gehabt – also, miteinander. Es waren immer nur Einflüsse von außen gewesen. Das hatte sich oft auf ihre Psychen ausgewirkt, natürlich, aber... zwischen ihnen... Katsuya atmete tief durch und schluckte. Doch seine Augen folgten seinem Befehl nicht, sodass Tränen seine Wangen hinab kullerten. Was sollte das? War er nicht ein Mann? Warum war er so nah am Wasser gebaut? Echt ekelhaft. Früher hatte er doch nie geweint. Nicht wegen der Schläge, nicht wegen des Hungers, nicht einmal wegen der Schmerzen, der Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Aber jetzt... weil Seto nicht mehr mit ihm schlafen wollte. Er schnaubte, drehte sich mit dem Rücken zur Wand und glitt diese hinab zu Boden. Wie immer... es war so viel mehr als Sex. Es ging darum, dass Seto ihn ernst genommen und als ebenbürtig betrachtet hatte. Als gleich wert. Dass er ihn geliebt hatte. Dass es wirklich Menschen gab, die seine verkümmerte Seele so sehr mochten, dass sie bei ihm sein wollten. In Setos Fall sogar das Leben mit ihm teilen wollten. Er hob seine Linke und küsste den Ring, der sich kühl um seinen Finger rankte. Sie waren so viel mehr als Freunde. Sogar mehr als Geliebte. Sie waren... das konnte man gar nicht beschreiben. Auf einer Wellenlänge. Da war einfach so ein unausgesprochenes Verständnis zwischen ihnen. Sie nahmen einander an mit jeder Macke und jedem Fehler. Sie liebten einander, obwohl keiner von ihnen auch nur annähernd perfekt war. Sie liebten die Unebenheiten. Sie liebten sich. Nun abgelehnt zu werden... das war wie ein kleiner Tod. Da war dieses gierige, alles fressende Loch in ihm, das die Eingeweide aufsaugte und alle guten Gedanken stahl. Es war wirklich, als würde ein Teil von ihm sterben. Der Seto-Teil. Der, der fast wie blind Vertrauen geschenkt, Gefühle zugelassen und ihn ihnen gebadet hatte. Der Teil, den ihre Verbindung, ihre Liebe in ihm geöffnet und hervor gebracht hatte. Alles vorbei. Wegen ihm. Wegen seiner Fehleinschätzung. Weil er genau diesen Teil in Seto zerstört hatte. Diesen ganz kleinen Teil seiner gespaltenen Seele, die es gewagt hatte zu vertrauen... und die bitterböse enttäuscht worden war. Er zog die Beine an, legte die Arme darum und drückte sein Gesicht dagegen, während ihn ein Schluchzen durchfuhr. Wie hatte er Seto das antun können? Wie hatte er diesen Keimling des Glaubens, dass es in der Welt doch etwas Gutes für ihn gab, in Seto zerstören können? Sie alle würden ihn hassen. Kleiner Mörder. Mokuba hatte er mit seinen Taten getötet. Seto tötete er mit Taten. Yami ebenso, wenn er so weiter machte. All die, deren Leben in seine Hände gelegt wurde, verloren es, weil er so ein Versager war. Jemand, der ohne es zu wollen immer wieder Leute verletzte. Er war ein Monster. Ohne es zu wollen – ein Monster. Er war abschreckend für die Menschheit. Ein Dämon. Ein Kind Satans, ausgesandt um zu verletzen. Ein Kind Satans... so hatte ihn seine Mutter auch schon genannt. Sie hatte er auch verletzt durch seine Existenz. So wie seinen Vater. So wie all die Menschen, die er angegriffen, überfallen und ausgeraubt hatte. So viele mussten leiden wegen ihm. Besser, er wäre tot. Besser, er würde einschlafen und nie mehr aufwachen. Besser, er... nein. Falsche Gedanken. Das war eine Spirale, die stets immer tiefer ging. Er durfte sich nicht darin verlieren. Durfte sich dem nicht hingeben. Aber es war so verführerisch... für was sollte er denn nun noch kämpfen? Wer brauchte ihn? Wer war für ihn da? Er hatte alle Bande gesprengt, schwebte frei durch das All, ab von all der Welt. Er war ein Vogel, für den Landen wie Sterben war. Er war ein Meteorit, der ziellos umherstreifte. „Junger Mann?“, jemand griff an seine Schulter, was ihn reflexartig zusammen zucken und zur Seite ausweichen ließ. Er stolperte rückwärts auf den Bordstein, brachte einen Arm zwischen sich und die fremde Person und warf über diesen einen giftigen Blick hinweg. „Mei, so ein hübscher Bub.“, vor ihm stand eine ältere Dame mit Buckel, die sich an ihren Gehstock festhielt, „Aber schreckhaft wie ein junges Kitz. Dabei hast du den Krieg doch gar nicht miterlebt, eh?“ „N... nein...“, Katsuya blinzelte verwirrt und ließ den Arm sinken. „Und wie heißt du, junger Mann?“, ihr Lächeln zeigte, dass sie keine Zähne mehr besaß, was wohl die leicht verwaschene Sprache erklärte. „Katsuya-“, was? Kaiba? Jonouchi? Nemo? „Einfach nur Katsuya...“ „Hat deine Familie dir Ärger gemacht?“, sie legte den Kopf zur Seite. „So was in der Art.“, wich er aus und wandte das Gesicht ab, während er sich erhob. „Sag, magst du mir nicht meine Tasche tragen? Ich wohne nur ein paar Schritte von hier. Dann kann ich dir einen Kakao machen.“, bot sie an und deutete auf den Beutel, der neben ihren von einem Rock halb überdeckten Beinen stand, deren Stützstrümpfe matt glänzten. „Ich...“, sollte zur Schule, wo Seto war? Ganz sicher nicht. „Klar. Haben sie noch mehr Gepäck?“ „Nur die Last des Alters.“, sie nickte lächelnd und ging los, „Dann lass uns aufbrechen, junger Katsuya.“ „Magst du ein Wässerchen zu deinem Kakao?“, fragte sie, nachdem sie aus ihren Schuhen geschlüpft war und sich langsam Richtung Küche bewegte. „Uhm... ja, wenn ich darf. Danke.“, er stieg aus seinen Sneakern, die er nicht einmal geschlossen hatte und holte auf, „Wo soll ich die Einkäufe hinbringen?“ „Dort, bitte.“, sie deutete auf den Tisch ihrer sehr spärlich eingerichteten Küche – sie schien vor allem japanisch zu kochen, „Ein sehr manierliches Jüngelchen bist du. Das trifft man nicht oft. Hast du eine gute Erziehung genossen?“, fuhr sie fort, während sie einen Topf aus einem Schrank hob und Milch und Schokolade aus dem Kühlschrank holte. Nein, hatte er nicht. Seine Erziehung war beschissen gewesen. Aber Seto hatte ihn in nur wenigen Wochen so stark verändert, dass er auch aus einer liebevollen Akademikerfamilie stammen könnte. Wahrscheinlich hörte man den Unterschied nur noch, wenn er mit alten Bekannten oder Jugendlichen sprach. Diese gehobene, höfliche Sprache war ihm irgendwie schon in Fleisch und Blut übergegangen, obwohl er sie noch nicht so lange kannte. Aber Seto prägte... aus jedem Verhalten, jedem Wort, jedem Gedanken war seine Handschrift heraus zu lesen. Seto hatte ihn völlig umgekrempelt, verändert, hatte mit jeder Berührung seine Spuren in Katsuyas Haut hinterlassen. „Keine, eh?“, die Alte kochte Milch auf, wobei sie ihm den Rücken zugewandt hatte, da er immer noch mitten im Raum am Tisch stand, „Wer hat dir dann Höflichkeit beigebracht?“ „Mein... Vormund.“, ja... so war das wohl ab jetzt. Sein Vormund. Nicht sein Freund, nicht sein Geliebter, nicht einmal sein Lehrer. Sein Vormund. „Kümmert er sich gut um dich?“, die Dame rührte die Milch mit einem Schneebesen und gab stetig Teile der Tafel hinzu. „Ja... kümmern tut er sich gut...“, man konnte ja kaum sagen, dass er da vernachlässigt wurde. Er bekam zu Essen, Kleidung, ein sicheres Heim. Er bekam sogar Aufmerksamkeit und Zuneigung. Wie hatte er das alles aufs Spiel setzen können? Wie hatte er all diese Annehmlichkeiten für selbstverständlich nehmen können? „Was lässt dich dann weinen, junger Katsuya?“ „Nun...“, sollte er ihr das sagen? Die ganze Geschichte war kaum etwas für eine alte Frau, auch wenn sie nett war. „Es geht um meine Verlobte. Ich... ich habe sie schrecklich enttäuscht und nun hat sie sich von mir getrennt.“, er kniete sich auf ein Zabuton, „Ich... ich will sie nicht verlieren. Ich habe nicht gewusst, dass ihr das so wehtun würde. Ich wollte nie... ich weiß nicht, was ich machen soll.“ „Verstehst du denn, warum du sie enttäuscht hast?“, fragte die Dame, während sie das Gekochte auf zwei Becher umfüllte und den ersten zu ihm trug. „Lassen sie mich doch helfen.“, er sprang auf, nahm ihr das Gefäß ab, griff das zweite, trug beide zum Tisch und schüttelte ein Zabuton auf, damit sie darauf Platz nehmen konnte. „Danke, mein lieber Junge.“, sie lächelte breit, was ihr Gesicht in tiefe Falten legte, während er sich wieder setzte. Sie schwiegen einen Moment, bevor der Blonde antwortete: „Ich verstehe es vollkommen. Im Nachhinein ist es so klar, warum sie denkt, ich hätte sie betrogen, obwohl ich nur... es ist doch nicht so, als wäre es wegen ihr gewesen. Oder wegen sonst wem. Ich wollte nur helfen.“ „Eine betrogene Frau, die darunter leidet, hat es am schwersten.“, erklärte die Alte, „Sie hat vertraut und es nicht erwartet. Darum trifft es sie so tief. Es erschüttert sie in ihrem Glauben.“ „Das habe ich zu gut gemerkt.“, Katsuya seufzte und ließ den Kopf hängen, „Aber da war halt diese andere Frau, die sich selbst hasst und für wertlos hält. Ich dachte, ich könnte ihr helfen, wenn ich... es ging nie um meine Verlobte.“ „Aber nun ist sie unsicher.“, die Dame nickte, „Bisher hatte sie das Gefühl die Einzige zu sein. Etwas ganz Besonderes. Jede Frau ist in ihrem Inneren unsicher und will geliebt werden, um sich stark zu fühlen.“ Unsicher? Nicht enttäuscht? Katsuya sah auf und blinzelte. Traf so etwas auch auf Seto zu? Dass es gar nicht darum ging, dass er mit Yami geschlafen hatte sondern darum, dass es Seto das Gefühl gab wertlos zu sein? Oder nur einer von vielen? So wie er selbst zu Anfang gedacht hatte möglicherweise nur einer von vielen zu sein... nur eine weitere junge, heißblütige Eroberung, die ein paar Tage als Spielzeug diente, bevor man sie in der Ecke liegen ließ. Hatte er Seto das Gefühl gegeben nur ein Gebrauchsgegenstand zu sein? Welch ein irrer Gedanke... Seto war doch erwachsen. Er hatte die Autorität, war der wegweisende Part der Beziehung. Er lag meistens oben. Wie konnte man da das Gefühl haben benutzt zu werden? Aber jetzt, wenn man so darüber nachdachte... Katsuya lebte von Setos Geld, in Setos Haus und spielte zur Zeit mit Setos Gefühlen. Er bekam von Seto alles und gab kaum etwas zurück. Seto sagte, alles, was er brauchte, war Katsuyas Zuneigung. Weil Katsuya seine Sonne war. Wie schwer wäre es das darauf zu deuten, dass Katsuya ihm das Gefühl gab besonders zu sein? Geliebt zu sein? Gebraucht zu werden? Einen Wert zu haben? Und dann wäre auch die Intention bezüglich Yami egal, er hatte einen Stein ins Rollen gebracht, der eh wackelig befestigt war. Weil Seto sich selbst hasste. Weil er sich für wertlos hielt. Weil er sich als unausstehlich ansah. Weit schlimmer noch als Yami. Warum hatte er das nicht bedacht? Seto brauchte ihn viel dringender als sein bester Freund. Aber er wirkte stets so stark und selbstsicher... Masken. Es waren alles nur Masken. Setos war nur die beste von allen. Wenn er schon sowas vergaß... war er es wirklich wert an Setos Seite zu sein? Dieser hatte jemanden verdient, der ihn besser verstand, der besser mit ihm umgehen konnte... „An was denkst du?“, riss ihn die alte Dame aus seinen Gedanken. „Hu? Ähm... ob... nun, ob ich sie überhaupt wert bin. Vielleicht ist es ja besser so... sie hat etwas Besseres als mich verdient.“ „Das hätte sie sich auch überlegen können, bevor sie einer Verlobung zugestimmt hat. Wenn sie so etwas tut, muss ihr ja etwas an dir liegen.“, erst recht, da „sie“ den Antrag ja gestellt hatte, „Sie scheint sich nur sehr unsicher zu fühlen. Vielleicht noch mehr als du selbst. Vielleicht denkt sie genau dasselbe – dass du möglicherweise mit dieser anderen viel besser dran bist.“ Oh ja, das könnte original von Seto kommen... vielleicht war die Situation gar nicht so verzweifelt wie Katsuya gedacht hatte. Was, wenn das wirklich Setos Meinung war? Dann musste er ihn nur irgendwie überzeugen, dass Seto wirklich sein Ein und Alles war. Na ja, auch das war leichter gesagt als getan. „Wie überzeuge ich sie denn, dass sie mir wirklich alles bedeutet?“ „Geduld und Zeit. So lange sie lebt, hast du auch eine Chance.“, die Alte nickte, „Wie gut, dass kein Krieg ist. Da hat man Zeit für die Liebe.“, sie nahm einen Schluck Kakao und sah aus dem Fenster, „Wie gut, dass kein Krieg ist...“ Katsuya ballte die Hand zur Faust. Das hieß dann wohl, dass er Seto zurückerobern musste. Mit Überzeugung, Engelszungen und sehr viel Geduld. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)