Dreaming Society von Gepo (Fortsetzung von Dead Society) ================================================================================ Kapitel 21: Morgengrauen - die geschnittene Fassung --------------------------------------------------- Ein Lemonkapitel? Denkt auch nur ihr XD Es ist nur ein kleiner Apperitif ^.^ Aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem. Die entfernten Teile sind mit [...] gekennzeichnet, aber viel war es auch diesmal nicht. Und ein großes Update: ICH HABE INTERNET *v* Heißt, ich kann wieder ENS beantworten, was ich in nächster Zeit auch alles wieder aufhole. Danke, dass ihr so geduldig mit mir ward! Mein Telefon wird auch im Laufe der Woche kommen, das heißt, bald kann ich endlich die Verlage durchtelefonieren. Es geht voran ^.^ Viel Spaß beim Lesen ^.- P.S.: Zur Frage, welche Quellen ich für Setos Aussagen im letzten Kapitel benutzt habe - Toxic Parents von Dr. Susan Forward und Queer Theory von Annamarie Jagose hauptsächlich. Die Aussagen wachsen nicht auf meinen Mist und entsprechen nicht unbedingt meinen Überzeugungen, aber sie sollen gewollt provokant sein, um zum Denken anzuregen ^.- Ich kann beide Bücher empfehlen! Ersteres ist ein Selbsthilfebuch, Zweiteres eine Abhandlung über Queer-Sexualität (Homo, Bi, Pan etc.). _________________________________________________________________________________ “Seto?”, Katsuya bewegte sich keinen Millimeter, “Bist du wach?” “Ja.”, auch der Größere blieb regungslos, die Decke über ihnen verzog sich nicht, “Hast du überhaupt geschlafen?” “Weiß nicht... du?”, der Blonde versuchte kurz die Lider zu heben, doch sie fielen wieder zurück. “Nein.”, gab der Ältere zu, “Aber mir ist völlig klar, dass ich dich nicht verlieren will.”, es war zwar stockduster im Zimmer, aber er hatte das Gefühl, dass Seto ihm den Kopf zugedreht hatte, “Bitte bleib bei mir.” Pamm. Pamm. Pamm. Überraschungen am Morgen... Katsuya griff an die Stelle, wo er Setos Hand vermutete und fand diese nach kurzen Suchen auch, zog sie an seine Lippen und küsste den kühlen Handrücken, bevor er seine heiße Wange an ihn schmiegte und versprach: “Das werde ich. Die kriegen mich hier nicht weg.” “Wenn du nicht willst, sowieso nicht.”, der größere Körper rückte an ihn heran und zog ihn an sich, “Du bist neunzehn. Da wird Menschen zugetraut über ihr Leben entscheiden zu können. Wenn du sagst, dass du bei mir sein willst, lassen sie dich auch.” “Sicher?”, Setos Wange legte sich auf seine Kopfhaut, was ihn fühlen ließ, dass er mindestens einmal in der Nacht in kalten Schweiß ausgebrochen war, “Die hören auf mich?” “Das sind keine Unmenschen, Katsuya.”, flüsterte der Ältere beruhigend und strich über seinen Rücken, “So sie nicht extreme Bedenken haben, dass ich dich misshandele, darfst du. Nur ob und mit was dein Vater bestraft wird, das kann ich dir nicht sagen.”, ein Kuss wurde auf seine Stirn gesetzt, “Und solche Kleinigkeiten wie Besuchsrechte deiner Eltern, Unterhaltszahlungen... im Pflegerechtsverfahren geht es um den ganzen formellen Kram. Da kannst du dich schon entspannt zurücklehnen. Wir müssen nur vorher den Richter überzeugen, dass dein Vater dich misshandelt hat.” “Wieso sollte man das nicht glauben?”, fragte Katsuya mit einer Spur von Erschrecken in der Stimme, “Das kann man doch wohl sehen.” “Aber es gibt keinen Beweis, dass dein Vater das war.”, die Antwort war ernst und mit festem, ruhigem Ton gemacht, “Außer deiner Aussage. Die einzige Augenzeugin dürfte deine Mutter sein. Oder irre ich da?” Seine Mutter... von ihrer Aussage würde es wahrscheinlich abhängen... er atmete tief durch. Yami wusste von den Misshandlungen aus seinen Erzählungen und der Versorgung seiner Wunden und Male. Der Schularzt der Mittelschule hatte ihn nur versorgt, erst Isis hatte er einige Hinweise gegeben, woher er die Verletzungen hatte. Und sonst? Gab es noch jemanden, der im Entferntesten von der Misshandlung wusste? “Nein... mein Nachbar hat meine Schreie gehört.”, Katsuya schluckte, “Zählt das?” “Sollte der Richter nicht überzeugt sein, können wir ihn als weiteren Zeugen vorschlagen.”, die Umarmung um ihn festigte sich kurz, bevor Seto ein wenig von ihm ab rückte, “Was hältst du davon, wenn wir uns fertig machen gehen?” Der Blonde seufzte und erhob sich. Zeit, sich seinen inneren und äußeren Dämonen zu stellen. Katsuyas Blick war starr auf seine Hände gerichtet, die anspannungslos in seinem Schoß lagen und wie unter Schüttelfrost zitterten. Doch er fixierte sie nicht wirklich. Sein Blick schien durch sie hindurch zu gehen, sich irgendwo zwischen seinen Knien und der schwarzen Fußmatte des Beifahrersitzes in Setos Auto zu verlieren. Sein mittlerweile relativ langer, normalerweise zur Seite gekämmter Pony fiel ihm ins Gesicht und verdeckte seine Augen vor den besorgten Blicken des Fahrers, der seinen Blick so oft wie möglich von der Fahrbahn nahm. “Katsuya?”, sein Name... “Gib doch bitte mal ein Lebenszeichen von dir.”, Lebens... zeichen... “Ich kann nicht einmal mehr sehen, ob du atmest.” Der Blonde zog einmal tief die Luft ein. “Kannst du noch sprechen?”, fragte Seto wenige Momente später. Klick. Ein Schalter in seinem Kopf war umgeschlagen. Er war angesprochen worden. Er war gebeten worden zu sprechen. Er hatte zu sprechen. Aber es war, als wären seine Lippen zusammengeklebt, als wäre seine Zunge betäubt, als wären die Lider zu schlapp um die Augen unter ihnen weiter freizugeben, um seinen Blick auf den Sprechenden wenden zu können. Seine Hände hatten aufgehört zu zittern. Das Geräusch des Blinkers. Rückwärtsgang. Antworten. Er wollte antworten. Das Surren des Motors erlosch. Der Arm, den Seto beim Rückwärtsfahren um die Lehne des Beifahrersitzes gelegt hatte, blieb dort, während der Fahrer sich in seine Richtung lehnte und mit dem Rücken seines linkes Zeigefingers an Katsuyas neuer Jeansjacke zu seinem Hals fuhr, bevor er mit der Rückseite seiner ganzen Hand über dessen Wange strich. Die Kuppe seines zweiten Fingers umfuhr sanft den Mund des Jüngeren, während Seto mit einem Seufzen in der Stimme fragte: “Was soll ich mit dir machen, hm?” Der Blonde öffnete die Lippen ein Stück, was den neckenden Finger zwischen sie rutschen ließ, wodurch er ihn im Vorlehnen in seinen Mund aufnehmen konnte. Wenn er seine Zunge schon nicht zum Sprechen nutzen konnte, konnte er mit ihr zeigen, was er haben wollte. Hier und jetzt: Das Vergessen. “Du... willst... ?”, Seto leckte sich über die Oberlippe, “Prinzipiell haben wir genug Zeit... aber du musst schon ein bisschen mithelfen, ja? Mit einem völlig Dissoziativen zu schlafen ist wie mit einer Leiche zu schlafen und... das will ich wirklich nicht.”, er griff an ihm vorbei zu der kleinen Tastatur in der Beifahrertür, um die Lehne des Sitzes zurück zu fahren, “Ich meine, es ist verlockend, wenn du praktisch alles mit dir machen lässt, aber... eigentlich ist das nicht das, was ich will. Eigentlich... möchte ich, dass du sagst, was du magst und was nicht und dass du maulst, wenn ich etwas nicht gut mache und keuchst und stöhnst, wenn du zufrieden bist. Und dass... deine Augen sollen strahlen. Sie sind immer so voll von Gefühlen und manchmal sogar von Tränen, wenn du mich nach deinem Orgasmus ansiehst und...”, Katsuya hob unter Anstrengung die Arme, damit Seto ihm sein T-Shirt ausziehen konnte, “Meine Güte, das hört sich echt pathetisch an. Ich bin wirklich nicht gut darin Gefühle auszudrücken. Verstehst du, was ich dir sagen wollte?” Die braunen Augenbrauen hatten sich über den blauen Augen zusammen gezogen und bildeten kleine Fältchen zwischen ihnen, während der Blick sich auf Katsuyas Bernsteine legte. Sie unterbrachen ihren Blickkontakt nicht, während Seto sein Jackett auf die Rückbank warf und seine Krawatte sowie sein eigentlich frisch gebügeltes Hemd folgen ließ. Katsuya zwinkerte schließlich zweimal, um ihm zu bedeuten, dass er verstand. Seto kümmerte sich auch um seine Bedürfnisse. Er konnte nicht glücklich mit ihrem Sex sein, wenn er es nicht auch war. Und er wollte wenigstens ein bisschen, dass dieser Körperkontakt ihre Gefühle spiegelte. Er wollte Emotionen spüren... das war schon echt eine Leistung so etwas zu erkennen und auszudrücken, wenn man nicht in der Lage war seine Gefühle wahrzunehmen. Seto bemühte sich wirklich verdammt um ihn. Und er würde nie in der Lage sein ihm das wiederzugeben. Er würde nie so für Seto da sein können, wie er es für ihn war. Auch wenn sie gleichberechtigte Individuen waren, Seto war der Ältere, der Erfahrenere, der Klügere. Er konnte Rat geben, Probleme lösen, konnte einen wieder aufbauen, wenn man mit der Welt am Ende war, er analysierte sich selbst und konnte seine schädlichen Auswüchse wie Aggression eindämmen, er war selbst noch stark, wenn es ihm schlecht ging. Er baute einen auf und lies einen gut fühlen, selbst und gerade wenn er ein Kind war, er konnte seine Anfälle sogar mit einer gewissen Art von Humor nehmen und er kannte seine Grenzen. Er wusste so oft, was man tun musste, was man sagen musste, er konnte andere verstehen und sich in sie einfühlen, er... er war der, den Katsuya für sich brauchte. Weil er schwach war. Weil er dumm war. Weil er unsicher war. Weil er Angst hatte, die ihn lähmte. Weil er Aggressionen hatte, die er nicht kontrollieren konnte. Weil er noch weit schlimmer als sein Vater war. “Katsuya...”, Seto küsste die Träne hinfort, die über die Wange des Blonden lief, “Ich wünschte, du würdest mir sagen, was du denkst. Du machst dich doch nicht selbst fertig, oder?” Doch, genau das tat er. Katsuya schluckte und presste die Lippen zusammen. Diese verdammten Gedanken. Er war nicht so schlimm. Er war aushaltbar, das hatte Seto ihm doch bewiesen. Er machte sich nur wieder fertig. Und wenn es nun doch stimmte? Wenn Seto sich irrte? Wenn er recht hatte damit, dass er in Wirklichkeit nur abhängig war? Schließlich konnte er Gefühle nur schwer empfinden. Er hatte selbst gesagt, dass er nicht einmal wusste, ob er Katsuya überhaupt mochte. Was, wenn er sich nur selbst belog und das stimmte, was seine Mutter und sein Vater ihm mit ihrem Verhalten gezeigt hatten? Dass er nichts weiter war als ein Straßenköter. Ein Hund, ein Tier, eine Bestie, die nur ihren niederen Instinkten folgte und ausgemerzt gehörte zum Wohle aller. Aber... es gab selbst Menschen, die Straßenköter aufnahmen und pflegten. Die sich erbarmten um die, die kein gutes Los gezogen hatten, um andere vor diesem Schicksal zu bewahren. Durfte er leben? War es ihm erlaubt zu leben, obwohl er nur ein niederes, gefährliches, unterentwickeltes Wesen war? Obwohl seine Seele verkrüppelt und verdorben war? Durfte er... durfte er auch ein ganz kleines bisschen Glück haben? Durfte er? Bitte? “Katsuya...”, Seto kam nicht nach die nassen Spuren auf seinem Gesicht wieder zu trocknen, “Bitte sag doch was, Kleiner... was ist denn los?” “Bitte...”, die Stimme war nur ein Hauchen, ein Krächzen, ein gebrochener Laut, ein schlecht gesetzter Ton auf einer verzogenen Violine. “Bitte was? Was kann ich tun?”, der Größere legte einen Arm um den auf dem Beifahrersitz Liegenden und zog ihn ein Stück in die Höhe an seine heiße Brust. “Bitte... zeig mir... dass ich... was ich... wert bin... bitte...”, die Luft wich aus dem Körper Katsuyas, der sich angespannt hatte, um die Worte hervor zu bringen, “Lieb mich...”, es war nur noch ein Flüstern. “Bitte lass dich lieben.”, entgegnete der Obere mit fester, ruhiger Stimme, die voller Verständnis war, bevor Lippen die seinen belegten und in einem langen, warmen, sehnsuchtsvollen Kuss die Tränen zu Tränen der Freude werden ließen. Seto verstand. Er konnte ihn verstehen. Ihn plagten dieselben Gedanken, derselbe Hass, dieselbe Selbstabwertung. Auch er war nervös und hatte Angst, auch er wusste nicht, mit welcher Art von Schmerz der heutige Tag enden würde, mit welchen Trennungen und mit welchen Erleichterungen. Und er war für ihn da. Er war für ihn da und kämpfte an seiner Seite. Mehr zählte nicht. [...] “Uh... urgh...”, ein Laut zwischen Knurren und Schnurren rollte durch Katsuyas Rachen seinen Oberkiefer entlang, da er die Luft durch den Mund einsog, “Tu’s...” “Jetzt schon?”, in Setos Stimme schwang ein Hauch von Überraschung und Entsetzen, “Aber-” Der Liegende schlug nur die Lider auf und durchbohrte ihn mit einem kalten, herrischen Blick. Der Adamsapfel des Oberen hob und senkte sich, die Augenbrauen verzogen sich noch weiter, [...]. “Ich spüre nichts.”, erwiderte Katsuya trocken. “Und ich möchte, dass du nachher noch normal laufen kannst.” Er senkte den Kopf ein wenig, um Seto kurz unter seinen Oberlidern hindurch beobachten zu können. “Kats... ich fühle mich hierbei echt nicht gut.”, der warme Körper entfernte sich ein Stück von ihm, “Das kann sogar ich spüren. Alles in mir lehnt Sex gerade ab.” Warum musste er gerade jetzt auf seine unsinnigen, sowieso andauernd widersprüchlichen Gefühle hören, verdammte Scheiße? Der Jüngere verzog das Gesicht. Was für ein... “Okay, okay...”, Setos Stirn lag mittlerweile tief in Falten, “Kompromiss, okay? Ich mach’ es dir...” Tz... als hätte er irgendeine Wahl. Sein Blick wandte sich zur Seite. Schönes Wetter. Sonnenschein, hübsche Bäume, ein verlassener Parkplatz... und er lag praktisch nackt vor einem Typen, der ihn nicht vögeln wollte. Na ganz toll. Einige Engelsküsse wurden auf seine pulsierende Haut gesetzt und schon der erste Zungenschlag verwischte auch die Gedanken, die wild durch seine Bewusstsein rasten – ebenso die Wut. Dieses Gefühl, als würde es tief in ihm brodeln, als würde Lava unter seiner Kopfhaut hindurch nach oben fließen, als würde ein Biest in ihm kämpfen, um auszubrechen. Das alles konnten Setos Lippen ausradieren. Ob es das war, was Seto empfand? Diese innerliche Leere von dem, was sonst da war und dem Ausgefülltsein von etwas anderem, etwas noch Fremden, aber Aufregenden, Schönen und im Endeffekt zutiefst Beruhigendem? An und in sich war es... fantastisch. Aber dieses Fremde blieb fremd. Es wollte Katsuya nicht zu eigen werden. Er spürte es, hier und jetzt, [...] – aber auch das Gefühl würde wieder schwinden. Verschwinden mit dem warmen Körper. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)