Murderer von Kimiko_Grey ================================================================================ Kapitel 6: Ein neues Leben? --------------------------- Mittlerweile war es nach Mitternacht als ich auf meine Armbanduhr sah. Ich hörte jeden kleinen Mucks den die Wohnung von sich gab, sei es das Brummen des Kühlschranks der auch um diese Uhrzeit seinen Dienst tat, oder das gelegentliche Knacken der Holzdielen, mit denen Tohmas gesamte Wohnung ausgelegt war. Schlafen konnte ich ab jetzt vergessen, das war mir durchaus bewusst und klar. Ich stand auf und ging in die Küche um ein Glas Wasser zu trinken. Ich seufzte und sah aus dem Küchenfenster in die dunkle Nacht hinaus die nur durch den leisen Schimmer des Mondes erhellt wurde. Ich trank das Wasser aus und stellte das Glas in die Spüle, dann tapste ich ins Wohnzimmer und nahm mir wieder meinen Block zu Hand. Ich fing wieder an zu schreiben und kämpfte gegen die wieder auftretende Müdigkeit an die mich überfiel. Aber irgendwann schlief ich doch wieder ein und so blieb es bis zum nächsten Morgen. Am nächsten Morgen schlief ich lange ich denke es war ca. Zehn Uhr. Tohma wirbelte schon umher machte aber keine Anstalten mich zu wecken. Ich stand von selbst auf und ging in die Küche. Er saß am Küchentisch mit einer Tasse Tee und kritzelte auf einem Zettel herum. „Morgen“ brummte ich. Er sah auf. „Guten Morgen Eiri, hast du schlafen können?“ Ich schüttelte den Kopf. Ich habe geschrieben weil ich nicht schlafen konnte.“ Ich setzte mich zu ihm, er musterte mich eine Weile und stand dann auf. „Ich hab was für dich.“ Sagte er und verließ die Küche. Ich wartete. Kurz darauf kam er mit einer schwarzen schmalen Tasche wieder, die wohl schwerer war als sie aussah. Er legte sie flach hin und öffnete den Reißverschluss. Dann nahm er einen silbernen Lap Top heraus. Ich kannte sowas nur von Yuki und beobachtete Tohma schweigend. Er suchte und kramte in der Tasche in der er eine Maus, sowie ein Netzteil verstaut hatte, holte alles heraus und stellte die Tasche auf den Stuhl neben sich. Dann versorgte er das Gerät mit Strom, klappte es auf und drückte einen Knopf. Kurz darauf ertönte die Windows Melodie und der Mini PC, wie ich Lap Tops damals nannte war startklar. Er lächelte. „Komm mal zu mir Eiri.“ Sagte er sanft und ich erhob mich und setzte mich neben ihn. Er zeigte mir einige Handgriffe und erklärte mir wie man damit umgeht. Dann öffnete er mir ein leeres Dokument und schob den Lap Top in meine Richtung. Ich sah ihn fragend an. „Und was nun?“ fragte ich. Tohma lächelte. „Nun kannst du deine Romane auf diesem Lap Top schreiben, speichern und wenn du magst auch ausdrucken. Nimm deine Notizen zur Hand und tipp sie ab. Mach dich nach und nach mit der Tastatur, und den Funktionen vertraut. Dann musst du nicht immer alles per Hand auf Zettel schreiben und kannst alles bearbeiten wie du es gerade brauchst, er gehört dir.“ Ich sah ihn an wie vom Blitz getroffen. „A..aber das kann ich nicht annehmen.“ „Wenn du Autor werden willst, musst du deine Manuskripte sauber abgetippt im Verlag abliefern das macht einen besseren Eindruck und die Arbeit fällt leichter.“ Er lächelte wieder. Ich sah ihn ruhig an und bekam nur ein höfliches „Danke“ zustande. Früher wäre ich ihm um den Hals gefallen, aber ich hielt meine Emotionen zurück und er hatte Verständnis dafür. Nachdem ich etwas gegessen hatte machte ich mich nun mit meinem neuen Geschenk daran, meine Notizen abzutippen, ach was sag ich Notizen, ich schrieb einen Roman über ein Waisenkind in New Jersey, dass auf der Straße aufwächst und lernen muss hier zu überleben. Ich hatte eigentlich nicht vorgehabt diesen Schrott ernsthaft an einen Verlag zu schicken aber ich dachte als Übung schreibe ich den mal fertig. Ich brauchte lange um ihn fertig zustellen – allein schon weil ich die Buchstaben auf der Tastatur immer suchen musste - fast vier Monate hatte ich daran geschrieben und mir fiel nichts mehr ein, also beendete ich den Roman nicht mit einem Happy End sondern mit dem Tod des Protagonisten. Ich muss voller Hass gewesen sein, denn ich ließ ihn einen sehr qualvollen Erstickungstod sterben. Als ich nun endlich fertig war, war es bereits Herbst. Die Blätter vor meinem Fenster an den Bäumen waren schon bunt gefärbt aber ich schenkte ihnen keine weitere Beachtung. Ich ging zu Tohma der sich in seinem Wohnzimmer an sein Klavier gesetzt hatte und eine sehr schöne Melodie spielte. Ich hörte eine Weile zu und beobachtete das lächelnde, fast träumende Gesicht, das viel jünger zu sein schien. Tohma hatte bald Geburtstag und ich überlegte was ich ihm schenken könnte aber mir wollte nichts einfallen. Ich seufzte und machte mich bemerkbar. Er hörte auf zu spielen und sah mich lächelnd an. „Na wie weit bist du?“ „Fertig.“ Sagte ich leise. Sein Lächeln verwandelte sich in ein Strahlen und er sagte: „Darf ich lesen?“ Ich nickte nur und er stand auf und folgte mir in mein Zimmer das er mir inzwischen eingerichtet hatte. Dann setzte er sich an meinen Platz und las den Roman durch. Er sog ihn praktisch in sich auf, nickte ein paar Mal, und ab und zu hatte sein Gesicht auch einen besorgten Ausdruck. Ich fragte ihn ob was daran nicht okay sei, aber er verneinte meine Frage mit einer abwinkenden Handbewegung. Er las ihn zu ende während ich ihm einen Tee kochte. Ich brachte ihm die dampfende Tasse und sah dass er bereits etwas im Internet recherchierte. Ich wusste nicht was er suchte bis ich mich neben ihn setzte. Er suchte in der Websuche nach Literaturverlagen hier in Tokio und Umgebung. „Tohma-san, ich hatte nicht vor…“ Tohma schnitt mir das Wort ab. „Wer nicht wagt der nicht gewinnt, du willst Schriftsteller werden, also musst du deine Manuskripte an Verlage schicken sonst wissen sie nichts von deinem Talent.“ Ich wusste darauf nichts zu erwidern und dachte nur: „Er hat Recht, ich will Autor werden, also muss ich es auch versuchen.“ Keine fünf Minuten später hatte er mehrere Adressen ausgedruckt und reichte mir den Zettel. Dann druckte er den Roman aus, was etwas dauerte. „Komm zieh dich an wie fahren gleich zu den Verlagen.“ Ich tat was er mir sagte und spürte dass ich einen Kloß im Hals hatte. Dann packte ich meinen Roman und ging raus aus der Tür. Es war ein grauer aber trockener und nicht allzu kühler Herbsttag gewesen und während ich mit zu seinem Wagen ging war ich unruhig und besorgt aber ich ließ es mir nicht anmerken. Der Weg in die Innenstadt dauerte wegen des ewigen Staus in der Tokioter Innenstadt fast eine halbe Stunde. Immer wieder sah ich auf die Uhr an meinem Handgelenk die Tohma mir damals geschenkt hatte, damit ich den Unterricht bei Yuki nicht verpasste. Yuki. Wieder sah ich das Gesicht meines ermordeten Lehrers vor mir und ich schloss die Augen in der Hoffnung dass es dann weg sein würde aber das war Fehlanzeige. Als ich die Augen wieder öffnete sprang die Ampel an der wir standen gerade auf grün und Tohma schaltete in den ersten Gang. „Ich möchte auch nen Führerschein machen wenn ich Geld verdiene.“ Sagte ich beiläufig. Tohma nickte. „Das schaffst du auch Eiri-san“ Kurz darauf waren wir an der ersten Adresse angekommen und Tohma suchte nach einem Parkplatz, es dauerte etwas bis er einen gefunden hatte und als der Wagen stand, stieg ich aus. Wir gingen eine kleine Straße an der Ginza entlang und bald sah ich ein Schild mit der Aufschrift „Hon Verlag Tokio“ „Hier muss es sein.“ Dachte ich. Tatsächlich betraten wir den Verlag und wurden freundlich begrüßt. Tohma übernahm die Angelegenheit. „Dieser junge Mann hier möchte Schriftsteller werden und hat einen hervorragenden Debütroman geschrieben. Wir würden Sie bitten sich das einmal anzusehen und ihm die Möglichkeit zu geben sich zu bewerben.“ Er verneigte sich lächelnd. Die Verlegerin lächelte und nahm den Umschlag den ich ihr reichte. „In Ordnung, wir geben jedem Nachwuchsautor die Chance zu einer Bewerbung. Aber unsere Anforderungen sind groß“. Ich sah sie an. „Ich erfülle sie.“ Ich war entschlossen. Ich wollte es schaffen. Ich wollte beweisen dass ich nicht nutzlos bin. Die Verlegerin lächelte. „Gut dann füllen Sie bitte einen Bewerberbogen aus, den Roman habe ich ja schon. Wenn Sie mir bitte folgen wollen.“ Wir folgten ihr und mein anfangs flaues Gefühl verwandelte sich nun in Hoffnung und das Gefühl dass ich es schaffen würde. Wir betraten hinter ihr ein Büro und sie bat uns Platz zu nehmen, was wir taten. Dann reichte sie mir einen dieser Bewerberbögen und bat mich um meinen Personalausweis während sie schon ein wenig in meinem Roman las. Ich reichte ihn ihr und füllte dann den Bogen aus. Da stand ein Feld mit „gewünschtes Pseudonym“ Ich fragte Tohma was das bedeutete und nachdem er es mir erklärt hatte schrieb ich in dieses Feld „Eiri Yuki“. Tohma sah dies und sein erschrockener Gesichtsausdruck war genau das was ich erwartet hatte. Ich sagte nichts, sah aber in seinen Augen die Frage, weswegen ich ausgerechnet dieses Pseudonym angegeben hatte. Ich beantwortete sie ihm nicht. Bis heute nicht aber ich denke er weiß es. Die Verlegerin die sich mir mit Kanna Mizuki vorgestellt hatte, fragte ob ich wirklich sechzehn sei und äußerte ihre Verwunderung über diesen hervorragenden Debütroman. Ich nickte zur Altersfrage und dann erklärte sie Tohma dass ich als Minderjähriger nur mit Zustimmung eines Erziehungsberechtigten den Vertrag unterschreiben dürfte. Bis zu meiner Volljährigkeit waren es noch fünf Jahre aber ich wollte nicht warten, bis ich einundzwanzig war um meine Karriere zu beginnen. Ich sah Tohma an, er wusste was ich dachte und sagte. „Ich bin sein Vormund und unterschreibe den Vertrag nach Prüfung. Ich würde ihn gerne lesen, bitte. Gibt es so etwas wie einen Vertragsentwurf?“ Tohma hatte Ahnung vom Geschäft, das merkte man. Ich war mir sicher er würde zu einem der erfolgreichsten Geschäftsmänner in Tokio aufsteigen, wenn er es wollte denn Tohma Seguchi erreichte alles was er wollte. Kanna Mizuki gab Tohma einen Vertragsentwurf den er aufmerksam durchlas. Dann gab er mir das Schriftstück und sagte. „Die Arbeitszeiten für einen sechzehnjährigen Teenager sind inakzeptabel. Acht Stunden höchstens. Ändern Sie das bitte entsprechend da wir beide ja keinen Ärger mit dem Jungendamt wollen, oder Miss Mizuki?“ Er lächelte. Sie tat es ihm gleich. „Natürlich. Es gilt auch freie Zeiteinteilung in den Verträgen der Autoren das ist nur eine Richtlinie. In der Regel kann es sich der Autor selbst einteilen, da er ja als freier Autor selbst einteilen kann. Wichtig ist nur dass sie gesetzten Abgabetermine zur Veröffentlichung des Buches eingehalten werden.“ „Richten Sie seine Abgabe- und Veröffentlichungstermine so. dass er sich nicht überarbeitet. Wenn er Volljährig ist kann er selbst entscheiden.“ Miss Mizuki lächelte und nickte. „Einen Augenblick bitte.“ Sie verschwand und ich hatte nicht wirklich begriffen, dass ich nun tatsächlich für einen Verlag schreiben würde, dass sich mein sehnlichster Wunsch erfüllte. Mit einem Schlag aber wurde mir Angst und Bange. Was war wenn ich die Lust am Schreiben verlor? Oder mir nichts einfiel? Oder wenn der Roman sich nicht verkaufte? Oder, oder , oder. In meinem Kopf überschlugen sich meine Gedanken. Ich hatte plötzlich Angst zu versagen. Tohma sah mich an und lächelte. „Du schaffst das Eiri. Alles neue macht Angst.“ Ich seufzte und kurz darauf setzte ich meine Unterschrift unter meinen ersten Verlagsvertrag. Tohma musste ihn auch unterschreiben und tat dies. Nun war ich offiziell Schriftsteller. Und ich war glücklich darüber. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)