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Kosma_Atum 2

(Wie Tai lernte, eine ganze Welt zu zerstören)
von

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Zurückgebliebene Wunden

Zurückgebliebene Wunden
 

Wusch... Schon wieder ein kleiner Luftzug, der ein klein wenig an den vielen braunen Haaren zerrte und sie etwas aus der Form brachte. Aber bei Taichis Frisur war sowieso nie eine Form zu erkennen, scheißegal, ob er da nun mit Haarspray durchgeht oder ob er in die Steckdose fässt. Hätte beides den selben Effekt. Aber so, wie er da saß, war wohl keinerlei lustvolle Reaktion zu erwarten. Er saß völlig fertig in einer Höhle in der Digiwelt, an die Wand gelehnt und mit geschlossenen Augen, als wolle er schlafen. Seine Wangen waren gerötet und seine Kleidung schmutzig und zerknittert.

Wusch... Ein weiterer Luftzug, diesmal etwas stärker. Der Fünfzehnjährige schien ihn dieses Mal zu bemerken, aber mehr als ein leises „ooooohhhhhh.....!”, brachte auch nicht wirklich raus. Mit der linken Hand fuhr er sich kurz über das Gesicht und strich dort ein paar braune Haarsträhnen heraus, die rechte Hand hielt noch immer die halbleere Wiskyflasche umklammert.

„Kosmaaaa... ...hiks...”, stöhne Tai, als hätte er eben noch von ihr geträumt. Aber er hat ja nicht geschlafen. Er war einfach nur geschafft von den ganzen Ereignissen, die vor ein paar Tagen passiert waren. Der Kampf Kosma gegen Myotismon. Ein harter Kampf. Und weder Myotismon noch Kosma haben gesiegt. Malomyotismon wurde von Kosma vernichtet und Kosma wurde von Atum vernichtet. Tais einzige wahre Liebe. Kosma. Die Erinnerung, an die letzten Bilder, die er von Kosmas wunderschönem Gesicht noch bewahren konnte, schmerzten unheimlich. Und jetzt hoffte er, seine Schmerzen im Alkohol ertränken zu können...

„Taichi?”, hörte der Brünette plötzlich eine bekannte Stimme. Eine blonde Mähne tauchte vor ihm auf, die er trotzdem nur schemenhaft erkennen konnte.

„Was wills’ du hier?”, fragte Tai seinen besten Freund mürrisch. „Wenn du ‘ne Toilette suchs’, hier finnes’ du sie nich’...” Matt schüttelte angewidert den Kopf, als ihm Taichis ekelhafter Atem, stinkend nach Wisky, entgegen kam.

„Boah!!! Tai, hast du sie noch alle? Seit wann bist du denn zu den Alkoholikern gewechselt?”, fragte Matt wütend und riss Tai die Flasche aus der Hand.

„Hey, die gehör’ mir, du Aarsch!!!”, brüllte Tai und versuchte sich die Flasche wieder zu holen, doch er war so sturzbetrunken, dass er sofort das Gleichgewicht verlor und seinem besten Freund in die Arme kippte.

„ Wieviele davon hast du denn schon intus?” Tai reagierte nicht, doch als Matt die zwei leeren Einhalb-Liter-Flaschen hinter ihm stehen sah, war seine Frage damit beantwortet. „Ich glaub’, du hast von dem Mist erstmal genug.Was hast du dir denn nur dabei gedacht? Wir bekommen dich alle kaum noch zu Gesicht, du schwänzt die Schule, zum Fußballtrainig kommst du auch nicht mehr und auf meinem letzten Konzert habe ich dich in der vordersten Reihe jubeln vermisst. Du vernachlässigst die Schule und deine Freunde. Und jetzt verfällst du auch noch dem Suff. Ist dir etwa plötzlich die ganze Welt egal?”, fragte Matt, während er Tai half, sich wieder aufrecht hinzusetzen.

„Mir is’ alles egal...”, sagte dieser nur leise.

„Was ist denn aus dem großen, starken Anführer geworden, der niemals aufgibt und für die ganze Gruppe ein meisterhaftes Beispiel ist?”

„Den gib’s nich’ mehr. Den ha’ sich Atum gehold, als sie mir Kosma w-weggenommen hat...”

„Und deswegen lässt du dich jetzt so hängen? Ja, du hast Kosma geliebt, aber deine Sauferei wird sie jetzt sicher auch nicht zurückholen.”, sagte Matt ruhig, denn er wusste, wenn er jetzt in seiner Wut über Taichis Verhalten seine Stimme erhebt, würde das nur dazu führen, dass Tai einen Ausraster kriegt. Und so setzte er sich zu seinem Freund.

„Ich weiß! Das weiß ich doch! Nix wird sie je zurügholen. Sie is’ für immer weg. Das Mädchen, dass ich geliebt habe und noch immer liebe is’ für immer weg. Das is’ -och unfair. Diese verdammte Atum. S-sie ha’ meine wahre Liebe getötet. Ich denk’, sie is’ die Hüterin des Guten. Warum tut sie mir dann so was Grausames an? Warum, Matt!!!”

„Ich weiß es nicht. Aber ich verstehe dich und...”

„NEIN DAS TUST DU NICHT!!!”, schrie Tai plötzlich und Matt wurde damit völlig überrumpelt. „Wie wills’ du mich denn verstehen? Wie wills’ du verstehen, wie’s mir geht? Wie wills’ du verstehen, wie-ch mich fühle? Keiner von euch Idioten weiß auch nur im Ansatz, was für ein beschissener Schmerz das is’, seine Liebe zu ver-lieren.”, und jetzt fing er auch noch an zu weinen. Das war für Matt eine völlig neue Situation. Er hatte seinen besten Freund noch nie zuvor so weinen sehen. Wie sollte er jetzt damit umgehen? „Keiner weiß das...”, Tais Stimme wurde wieder leiser, nachdem sie sich eben fast überschlagen hätte.

„Ach, Tai...”, und der Blonde nahm Taichi in den Arm. War ihm zuerst etwas unangenehm und er fragte sich, ob das nicht ein bisschen zu übertrieben wäre, doch als er merkte, dass sich Tai in seinen Armen etwas beruhigte, wusste er, dass er doch irgendwie das richtige getan haben muss. Aber vielleicht lag das auch nur daran, weil Taichi so betrunken war. „Ja, du hast recht. Ich kann dich wirklich nicht verstehen. Mir wurde Sora ja auch noch nie weggenommen.”

„Sie ha’ sich noch nich’einmal von mir verabschieden können...”, schluchzte Tai.

„...Aber denk doch mal an Ken oder an TK. Sie haben doch auch einmal jemanden sehr wichtiges verloren...”

„Das is’ nich’ dassselbe...”

„Woher willst du das wissen?”

„Ich weiß’s einfach. Der Schmerz, den ich gerade zu ertragen versuche, schein’ mich langsam aufzufressen. Weder Ken noch TK hätten so eine Folter überlebt. Und auch ich glaub’, dass ich mir gleich die Kugel gebe...” Matt riss plötzlich die Augen auf, zerrte Tai von sich weg, holte mit der Hand aus und feuerte ihm eine.

„Das will ich überhört haben!!!”, schrie er den brünetten Jungen an. „Tickst du noch ganz richtig, auch nur im Entferntesten an Selbstmord zu denken?!?”

„Es haddoch sowieso alles keinen Sinn...”, flüsterte Tai.

„Kosmas Tod ist doch dein Tod nicht wert!!!”

„Wie bitte?”, Tai hob seinen Kopf und sah zu Matt auf. „Was hast du gesagt?”, fragte er gereizt. „Sie ist es... NICHT WERT?” Matt stand auf und wusste schon, als er Tai in die wutentbrannten, braunen Augen sah, dass, wenn er jetzt nicht gleich Land gewinnt, ihn Tai zur Schnecke machen wird. „HAST DU SIE NOCH ALLE?!? NATÜRLICH IST KOSMA MEIN TOT WERT!!!”, schrie Tai, ballte seine Hände zu Fäusten und sprang seinen eigentlich besten Freund an. Er fing an auf ihn einzudreschen und Matt musste eine Menge Schläge wegstecken. Doch der Blonde weigerte sich, sich in irgendeiner Form zu wehren. Er hatte wohl noch irgendwie Hoffnung, dass Tai selbst zu Besinnung kommt. „Wie kannst du es nur wagen, zu behaupten, Kosma sei meinen Tod nicht wert. Könnte ich sie wieder sehen, würde ich auch mehr als nur mein Leben geben.”, sagte Tai, während er in seiner Wut nicht einmal bemerkte, wie seinem Freund das Blut aus dem Mundwinkel floss. Matt sah ihn nur immer hilflos mit seinen blauen Augen an.

„Und was ist,... ...wenn es eine Möglichkeit geben würde...?”, fragte er. Tai hörte daraufhin augenblicklich auf, Matt windelweich zu prüglen und starrte ihn an.

„Was meins’ du...?”

„Nichts... Tai, ich kann mir vorstellen, wie weh dir das tut. Glaub mir, seelische Schmerzen sind mir nicht fremd und ausgerechnet du müsstest das am besten wissen. Aber meinst du, dass dein Schmerz durch Saufen und Prügeln besser wird?” Tai schwieg betroffen. „Los komm. Gehen wir nach Hause. Und dann sehen wir zu, dass wir dich wieder nüchtern kriegen...”, Matt half Tai auf die Beine und wollte ihm schon für das anstehende Laufen stützen, doch Tai verweigerte das.

„Nein, is’ schon OK.”, sagte er leise. „Ich bleib noch ‘ne Weile. Geh du ohne mich. Wenn ich wieder auf zwei Beinen stehen kann, komm’ ich nach.”

„Bist du sicher?”

„Sicher bin ich sicher.”, und Tai versuchte ein kleines Lächeln in sein Gesicht zu zwingen.

„Naja, wenn du das sagst. Pass auf dich auf, mein Freund...”, Matt drehte sich um und schritt langsam aus der Höhle. Tai sah ihm hinterher wie er vom Licht des Höhleneingans überstrahlt wurde, bis er ihn nicht mehr erkennen konnte. Dann setzte er sich wieder. Ein kleiner Seufzer wich ihm über die Lippen, als er zu den leeren Wiskyflaschen sah.

„Wie konn’e es nur soweit komm’?”, fragte er sich selbst. „Bin ich denn wirklich so dermaßen unfähig, mir selbst die Liebe meines Lebens nahe zu halten? Das ist nicht fair... Ich hasse dich, Atum...” Ein Windstoß ströhmte erneut durch die Höhle und erweckte Tais Aufmerksamkeit. Er meinte plötzlich in dem dunklen Gang irgendjemanden zu vermuten. Doch er konnte nicht viel erkennen. Ein weiterer Windstoß und Tai wurde langsam nervös. Da hinten ist doch irgendwas.

„Du hasst Atum?”, hörte er plötzlich eine hauchige Stimme. „Sag’, kann ich dir ein Angebot machen...?”
 

...piepsss, piiepss...
 

Hm... Was ist denn... ...hier los? Wo bin ich. Um mich herum war alles dunkel. Ich konnte nicht mal die Hand vor Augen erkennen. Irgendwie roch es hier nach Fitnessdrink. Seltsam. Ich versuchte mich an Vergangenes zu erinnern. Da war ich und das Koromon-Plüschi und die Ausfallstunde und... Äh.... Hm... Mein Kopf tat mir weh. Muss wohl ‘n harter Aufschlag gewesen sein. Wo zum Teufel war ich nur? Und warum roch es hier so sehr nach Fitnessdrink. Ich hasse Fitnessdrinks. Die schmeckten immer so sehr nach Chemie und als Chemieleistungskursler... Naja, egal. Moment irgendwas ist da hinten. Ich versuchte den hellen Fleck in der Dunkelheit näher zu erkennen, aber das wollte mir nicht so recht gelingen. Da hinten ist doch wer.

„Hallo? Wer ist da.”, rief ich, aber eine Antwort erhielt ich nicht. Seltsam. Alles sehr seltsam...

Und noch mehr Sorgen

Und noch mehr Sorgen
 

„Ich glaube, er dreht langsam durch...”

„Meinst du?”, fragte Izzy abwesend zurück, während er wie besessen auf seinem kleinen, gelben Labtop herumhackte.

„Ja, ich meine, zuerst lässt er die Schule sausen, dann lässt er sein Training sausen, dann seine Freunde und jetzt verfällt er dem Alkohol. Und wenn man mit ihm reden will, stellt er sich quer.”

„Und das bringt dich sofort zu der Annahme, er drehe durch?”, Izzy sah ungläubig zu dem blonden Jungen nebem ihm am Tisch auf.

„Wie würdest du’s denn bezeichnen?”

„Ich würde ganz einfach sagen, dass du mal ein bisschen tolleranter sein kannst. Tai hat vor ein paar Tagen ein Mädchen verloren, das ihm die Welt bedeutet hat. Wie würdest du dich da fühlen?” Matt überlegte kurz.

„Ich weiß nicht. Ich würde wohl die Schule sausen lassen, dann meine Bandproben, dann meine Freunde und dann würde ich dem Alkohol verfallen. Und wenn jemand vorhätte mit mir zu reden, würde ich mich quer stellen.” Izzy hob eine Augenbraue.

„Aha, bist ja heute wieder sehr kommunikativ, Matt.”

„Sorry.”, seufzte der Blonde, stieg von seinem Stuhl, lief quer durch den EDV-Raum und stellte sich an der anderen Seite ans Fenster. „Aber das mit Tai geht mir einfach ziemlich nahe.”

„Kann ich mir vorstellen. Er ist ja auch dein bester Freund.”

„Was du nich’ sagst.”, Matt sah ein bisschen traurig aus dem Fenster in den Schulhof des Schulgebäudes. Darin spielten gerade ein paar Jungs der unteren Klassen gegeneinander Fußball. Matt lächelte und verfiel ein wenig der Nostalgie. Tai war ein großartiger Sportler, immer mutig, abenteuerlustig und nie zu bremsen. Warum ließ er sich jetzt nur so hängen? Izzy hingegen wandte sich wieder seinem Labtop zu, nachdem er kurz besorgt zu Matt hinüber gesehen hatte.

„Mach dir doch nicht so große Sorgen, Ishida-Kun.”, sagte er dann, aber irgendwie wusste er, dass er da bei Matt nicht viel ausrichten konnte. Nicht mal mit der höflichen Anrede seines richtigen Namens konnte Izzy Matts Aufmerksamkeit ein bisschen von Tai lenken. Der Versuch war es immerhin wert. „Tai kommt bestimmt wieder in Ordnung. Gib ihm einfach ein bisschen Zeit. Er ist ja kein Idiot. Er ist stark und mutig und ich glaube kaum, dass ihn sowas aus der Bahn werfen würde.”

„...”

„Matt?!?”, Izzy sah wieder von seinem Labtop hoch, weil Matt ihm nicht geantwortet hatte. „Hallo, ist noch jemand anwesend?”

„Was?!? Oh, ja klar. Alles im grünen Bereich...”, antwortet Matt dann unsicher.

„Hm... Du musst es ja wissen. Aber ich geb’ dir den guten Rat; mach dir nich’ so ‘n Kopf, OK?”

„Ja, sicher. Alles wird wieder gut, bla, bla...”

„Du sagts es.”, der Rothaarige hämmerte noch etwas auf seinem Gerät herum, bis es schließlich ein paar seltsame Geräusche, ähnlich einem Huhn, das durch den Fleischwolf gedreht wird, von sich gab. Izzys Gesicht wurde hellauf begeistert. „Ich hab’s geschafft!!!”, rief er glücklich.

„Was hast du geschafft?”, Matt marschierte interessiert zu Izzy an den Tisch.

„Ich hab’ ein weiteres Tor in der Digiwelt ausfindig machen können. Genau genommen ist es sogar ein absolut neues Tor.”

„Moment, ich dachte, seit Myotismon besiegt wurde, wären alle Tore wieder offen.”

„Dann hast du wohl was missverstanden. Myotismon hat die Tore nicht einfach geschlossen. Er hat sie zerstört, damit wir nicht mehr in die Digiwelt kommen.”

„Aber eins verstehe ich dann nicht. Er hat uns doch unsere Digivices weggenommen, um selbst zwischen den Welten reisen zu können. Und dazu braucht es doch auch ein Tor.”

„Offenbar nicht. Hm... Vielleicht hat er sogar gewusst, dass das eine Tor am Stützpunkt noch offen war und wollte uns den Weg einfach ein bisschen schwerer machen. Er konnte jeder Zeit aus der Digiwelt heraus und wir konnte in der Digiwelt nur von diesem einen Punkt aus starten. Damit wusste Myotismon immer, wo wir waren, oder besser, wo er uns finden konnte.”

„Ich hab’ zwar nur Bahnhof verstanden...” Izzy verdrehte die Augen. So’ne Inkompetenz... „Und du sagst, du hast ein neues Tor gefunden?”

„Ja, ich kann’s dir ja mal zeigen.”, Izzy schob seinen Labtop zur Seite und schaltete einen der Schulcomputer ein. Nach ein paar Sekunden war der Computer betriebsbereit und Izzy fing sofort damit an, ein paar Befehle einzugeben und Programme auf den Bildschirm zu rufen. Der Junge arbeitete dabei so schnell und präziese, dass Matt ihm nur mit Mühe folgen konnte. Der Blonde hatte ja so überhaupt keine Ahnung von sowas, zumindest nicht in Izzys Dimensionen. Es schien, als sei Izzy mit seinem Computer verwandt. Als würden Mensch und Bytes in einer Symbiose leben.

„Es ist mir immer noch unklar, wie man in so jungen Jahren ein so extrem umfangreiches Wissen über Computer haben kann.”, meinte Matt kopfschüttelnd. Izzy wurde dabei ganz rot.

„Meine Eltern meinten, ich hätte diese Gabe von meinem richtigen Vater geerbt. Er soll ja ein furchtbar intelligenter Mensch gewesen sein.”

„Aber Intelligenz lässt sich doch in mehreren Bereichen umsetzen. Zum Beispiel in der Kunst oder in der Musik... Hoppla, nichts für Ungut, ...oder im naturwissenschaflichen Bereich. Warum ausgerechnet Computer?”

„Ich... Ich hab’ keine Ahnung. Ich finde sowas nur einfach... Wahnsinnig genial. Es ist doch unglaublich, wie weit es die Menschheit mit ihrem Wissen über Highttechprodukte doch gebracht hat. Hast du mal die Handys von früher gesehen? Die waren so groß wie ein Milchkarton. Und jetzt sind sie so klein, dass man sie problemlos an einer Kette um den Hals tragen kann. Das ist doch faszinierend. Es macht mir einfach Spaß, Dinge zu analysieren, Codes zu knacken und nach harter Arbeit zu einem Ergebnis zu kommen.”

„Stimmt, als wir damals als kleine Kinder in der Digiwelt waren, hast du uns mit deinem Wissen ja auch sehr geholfen.”

„Obwohl nicht jede meiner Theorien ganz korrekt war.”

„Ich finde dein Wissen einfach sehr beeindruckend...”

„Hehe,... Danke...”, Izzy wurde wieder rot. Er hatte nicht wirklich damit gerechnte, dass Matt ihm je mal sowas sagen würde. „So, ich bin drin.” Auf dem Flachbildschirm des Computers öffnete sich nunmehr ein Fenster, auf dem man Teile der Digiwelt erkennen konnte.

„Und wo ist das Tor jetzt?”

„Sekunde... Muss mein Labtop erst mit dem Computer vernetzen, um meine Daten zu übertragen.”

„Geht das mit ‘ner Diskette nicht schneller?”

„Sicher, weil auf eine Diskette auf 0,89 MB drauf passen...”, gab Izzy zurück.

“Und USB-Stick?”

“Woher nehmen und nicht klauen?”

„War ja nur ‘ne Idee.” Es dauerte noch ein paar Minütchen, bis Izzy schließlich: „Alles klar.”, von sich gab. „Das Tor ist genau dort.” Auf dem Bildschirm konnte Matt nun eine dunkle Höhle erkennen. Er grübelte erst, doch dann fiel ihm geistesblitzmäßig wieder ein, dass er diese Höhle schon einmal gesehen hatte.

„Die Höhle kenne ich doch.”

„Im Ernst?”

„Ne, im Horst.”

„Haha...”

„Da hab’ ich Tai gefunden. Er saß dort und nuckelte an einer Flasche Wisky.”

„Oi...”

„Ich frag mich eigentlich noch immer, warum er gerade in dieser Höhle gelandet ist.”

„Ich frag mich, warum er angefangen hat zu saufen.”

„Hm, wer weiß.”

„Was ist?”, Matt setzte sich an einen anderen Computer und schaltete ihn ein. „Soll ich den anderen Bescheid sagen, dass du ein neues Tor gefunden hast? Dein Fund soll ja sicher nicht unter uns bleiben.”

„Sicher. Schreibst wohl ‘ne Mail?”

„Nein, du Genie, ich brülle es aus dem Fenster.”

„War ja nur ‘ne Frage. Du und dein Sarkasmus.”

„Ist angeboren.”

„Ich glaube eigentlich nicht an Horoskope, aber ich wusste schon irgendwie, dass Stiere und Skorpione nicht miteinander auskommen.”

„Aber wir kommen doch miteinander aus, mein kleiner Pumukel.”, und Matt wuschelte Izzy, wie die Oma ihrem Enkel, durch die Haare.

„Lass das, du Spinner! Schreib deine Mail oder brüll was aus dem Fenster.” Matt grinste Izzy blöd an, dann kümmerte er sich darum, dem Rest des Teams Bericht zu erstatten. Izzy hingegen forschte mit seinen gewonnenen Erkenntnissen noch etwas in der Gegend herum. Er betrachtete sich die Höhle etwas genauer und analysierte ein paar fach-chinesische Daten, die er auf seinem Labtop empfing. Doch plötzlich stutzt er. Er schien etwas entdeckt zu haben, konnte es aber nicht wirklich erklären. Entweder lag es an den nicht entschlüsselbaren Daten oder an Izzys schlechtem Gefühl, doch irgendetwas störte ihn.

„Was hast du? Du guckst so komisch.”, Izzys fragender Gesichtsausdruck wurde von Matt bemerkt.

„Ich weiß nicht so recht. Irgendwas ist komisch.”

„Was denn?”

„In der Digiwelt gibt es doch einen Code, der sich mit den Schriftzeichen unserer Sprache deckt.”

„Ja, soweit kann ich noch folgen.”

„Aber diese Zeichen kommen mir ein bisschen spanisch vor.”

„Du meinst, sie sehen seltsam aus?”

„Nein, ich meine, sie sind spanisch.”

„Hä?!?”, Matt blickte ungläubig auf den Bildschirm und tatsächlich waren unter den üblichen Zeichen der Digiwelt ein paar spanische Wörter. Zumindest glaubte Matt, dass es Spanisch war. „Muss ich das verstehen? Was geht da vor?”

„Ich hab’ keine Ahnung. Ich speichere den Mist lieber mal.”

„Wir könnten doch Ken zu Rate ziehen. Der hat von Spanisch ein bisschen mehr Ahnung, als ich.”

„Ein bisschen?!?”, Izzy sah Matt verschroben an.

„OK, OK, absolut und vollkommen. Zufrieden?”

„Schreibst du ihm?”

„Bin schon unterwegs.”

„Zum Fenster?”

„Lass den Scheiß!”, der Blonde drehte sich wieder zu seinem Computer und kam seiner Aufgabe nach. Izzy hingegen versuchte verkrampft irgendetwas aus den Daten herauszulesen. Aber genau wie Matt war auch er kein Sprachgenie. Lass Izzy ein Zehn-Seiten-Syntaxdiagramm in ein Programm übersetzen, aber verlang nicht von ihm, eine andere Sprache als seine Muttersprache zu übersetzen.

...piepsss, piiepss...

„Was war das?”, Matt schickte die Mail ab und horchte auf.

„Was war was?”

...piepsss, piiepss...

„Na, das! Hörst du das nicht?”

...piepsss, piiepss...

„Jetzt hab’ ich’s auch gehört. Woher kommt das? Hört sich an, wie ein Digivice.”

„Ich glaub’, das kommt aus dem Computer.”

„Das muss aus der Höhle kommen. Sehen wir nach?”, Izzy sah zu dem Blonden hoch. Der überlegte kurz.

„Sicher. Warum nicht? Das Tor ist ja offen. Hast du dein Digivice dabei?”

„Ich bin Digiritter. Das ist doch meine heilige Pflicht.”

„Ich lass dir den Vortritt.”

„Danke.”, Izzy hielt sein Digivice dem Computer entgegen. Ein helles Licht erstrahlte und hüllte den Jungen ein. Noch bevor er verschwand, rief ihm Matt hinterher. „Ladys first.”

„DAS HAB’ ICH GEHÖRT...” Matt grinste noch in sich hinein, bevor er Izzy folgte.
 

Was tue ich hier eigentlich? Toll, ich sitze in der Dunkelheit, sehe kaum die Hand vor Augen, da vorne ist irgendwer, aber ich kann ihn nicht erkennen und auf mein Rufen antwortet auch keiner. Das ist doch sowas von ätzend. Normaler Weise müsste ich eigentlich an meinen Hausaufgaben sitzen. ICH BIN SCHÜLERIN, VERDAMMT. Warum bin ich nicht in der Schule? Aber noch viel quälender als die Frage, wo ich hier war und wer das da hinten ist, war die Frage, ob ich hier je wieder rauskomme. Ich will ja nicht mein ganzes Leben hier drin verbringen. Oder habe ich mein Leben schon verbracht? War ich vielleicht tot und das hier ist die Zwischenwartestation vom Himmel? Schreckliche Vorstellung. Ich hatte doch noch so viel mit meinem jungen Leben vor. Mein Abi machen, studieren, Karriere machen, einen netten Jungen treffen... Moment mal. Netter Junge?!? Kam mir irgendwie bekannt vor. Da war doch mal irgendwas. Aber ich konnte mich an keine Beziehung erinnern. Naja, außer die, in der vierten Klasse, aber von Liebe habe ich damals ja noch herzlich wenig verstanden. Aber trotzdem war da jetzt irgendwas in meinem Hinterkopf, das mich nicht in Ruhe lassen wollte.

Ohne Vorwarnung wurde es auf einmal helle. Ich erschrack und schloss schnell die Augen. Plötzlich hörte ich Publikumsgejubel und öffnete meine Augen daraufhin wieder. Als ich das Szenario vor mir sah, war meine Überraschung nicht größer, als meine Verwunderung. Ich saß mitten auf einer Tribüne in einer jubelnden Menschenmenge und vor mir erstreckte sich ein riesiger Fußballplatz, auf dem sich ein paar jugendliche Jungs ein hecktisches Spiel lieferten. Ich wusste nicht ganz, was ich davon halten sollte, bis mir plötzlich einer der Spieler ganz besonders ins Auge stach. Er war groß, fünfzehn oder sechszehn Jahre alt, hatte sonnengebräunte Haut und völlig wirre, braune Haar, die ihn so aussehen ließen, als ob er in die Steckdose gefasst hätte. Dieser Junge kam mir total bekannt vor. Ach, verdammt, warum kann ich mich nur nicht erinnern...

Zweiter Kontakt

Zweiter Kontakt
 

„Es ist eine Höhle. Toll. Man hätte eigentlich früher dran denken können, dass es hier stockfinster ist.”, sagte Matt genervt.

„Gibst du mir jetzt etwa die Schuld, Mister Ladys-first?”, antwortete Izzy ebenfalls genervt. „Hast du nicht ‘n Feuerzeug dabei?”, und sah dabei Matt erwartungsvoll an.

„Sehe ich so aus, als würde ich rauchen?”

„Hätte ich dir auch nicht geraten.”

„Soll das jetzt ‘ne Anspielung sein?”

„Nein, ich mein ja nur, weil dein Dad ja auch raucht und du doch irgendwie der Typ dafür wärst.”

„SAG MAL, SPINNST DU!!?? Ich riskiere schon als Digiritter mein Leben. ‘Ne zusätzliche Verkürzung wäre doch echt bescheuert.”

„Schon gut, reg dich nicht auf.”, Izzy trat vorsichtshalber ein paar Schritte zurück. „Also, was tun wir jetzt?”

„Tja, es ist so dunkel, dass man die Hand nicht mehr vor Augen sehen kann und das Geräusch von vorhin ist auch weg. Wir können uns jetzt also wie das Heinzelmännchen im Kreis drehen oder wieder Richtung reale Welt marschieren.”

„Zweiteres wäre mir sehr angenehm.”

„Ladys first.”

„Würdest du das bitte endlich unterlassen!!”

„Soll ich lieber Alter vor Schönheit sagen?”, grinste Matt und fuhr sich dabei gefällig durchs Haar.

„Darf ich dich daran erinnern, dass du älter bist, als ich?”, der rothaarige Junge zog sein Digivice aus der Hosentasche und machte sich für die Heimreise bereit, doch plötzlich fing es an, zu piepsen. Der Junge erschrack erst, doch dann richtet er sich an den größeren Jungen. „Wieso piebt das Ding aufeinmal?”

„Was fragst du mich das? Ich dachte, du wärst hier das Genie.”

„Ich bin nur Büroausstattung.” Die zwei Jungs sahen fragend auf das kleine Digivice.

„Wenn ich mich recht erinnere, dann hat das Plastikding immer dann angefangen zu piepsen, wenn ein anderes Digivice in der Nähe war.”

„Willst du damit sagen...”

„Dass Tai hier irgendwo ist. Aber er hat mir doch vorhin gesagt, dass er nach Hause gehen wollte. Was macht dann sein Digivice hier?” Die zwei Jungs folgten dem Piepsen des Digivices und vertrauten voll und ganz darauf, dass es sie nicht gänzlich in die Irre führte. Die Höhle war tatsächlich stockdunkel und mehr als das schwach leuchtende Display des digitalen Gerätes konnten die zwei auch nicht erkennen.

„Sieh mal, da vorn.”, rief Matt plötzlich, als er in der Dunkelheit ein ähnlich leuchtenden Fleck entdeckte. Er und Izzy steuerten direkt darauf zu, ohne zu wissen, was sie erwartete. Doch das hätten sie sich lieber vorher fragen sollen, denn unertwarte schoss ein Feuerball aus dieser Richtung und erleuchtete die Höhle schlagartig. Der Fünfzehnjährige und der Vierzehnjährige erschraken daraufhin und als sie vor sich blickten, wurde der Schock auch nicht wirklich gelindert.

„Das nächste Mal treffe ich.”, sagte die Gestalt, die vor den zwei Jungs stand. Was heißt, Gestalt? Zumindest sah diese Gestalt nicht anders menschlich aus, als Matt oder Izzy. Es war ein Junge, etwa im Alter von achtzehn oder neunzehn, war sehr groß gebaut und hatte weißgraue Haare. Doch sein Gesicht war gezeichent durch eine schwarze Spur, die sich über seine rechte Wange zog und unter den Haaren, die ihm auf der linken Seite über das Auge fielen, verschwand. Und in dieses Gesicht zu sehen, zwang Izzy und Matt eine Gänsehaut über den Rücken. Der fremde Junge hatte zwar die Gestalt eines Menschen, doch sein höhnisch breites Grinsen, das nicht von dieser oder jeglicher anderer Welt zu kommen schien, ließ vermuten, dass hinter diesen purpurnen Augen mehr steckt, als ein Junge, der sich in die Digiwelt verirrt hat und dort mit Feuerbällen um sich schmeißt.

„Wer bist du?”, traute sich Matt endlich zu fragen, nach dem er aus seinem schockähnlichen Zustand wieder erwacht war. Der fremde Junge hingegen grinste nur noch breiter und das ließ ihn nur noch unheimlicher aussehen. Er trat von dem kleinen Felsvorsprung, auf dem er bis eben noch stand, herunter und kam auf Matt zu. Dieser hingegen bekam plötzlich so viel Angst, dass er gar nicht wusste, was er jetzt tun sollte. Doch der fremde Junge eröffente das Spiel selbst, indem er Matt die Hand auf die Schulter legte.

„Das willst du doch gar nicht wissen...”, er grinste Matt an und der Blonde wurde dadurch nur total verunsichert.

„D-doch, sonst hätte ich ja nicht gefragt.”, sagte er schließlich fest, zumindest soweit es seine Angst zuließ.

„Nein, willst du nicht!!!”, rief der Junge, ergriff unvorhergesehener weise Matts Hals und drückte zu. Er war stärker, als er aussah und doch ließ er Matt noch immer etwas Platz zum atmen, oder besser, zum weiterleben.

„Hey, was soll der Scheiß denn?!!”, schrie Izzy und versucht seinen Freund aus den Fängen des großen Jungen zu befreien. Doch der benutzte seine noch freie Hand, um gegen Izzy einen weiteren Feuerball zu schleudern. Dieser traf sein Ziel perfekt und Izzy blieb bewusstlos an der Höhlenwand liegen.

„Was... ...soll... ...das?”, röchelte Matt mit der ihm noch verbleibenden Kraft.

„Ach, Matt, alter Freund. Weißt du, du hast mir so oft aus der Patsche geholfen und jetzt könnte ich dich einfach so umbringen. Irgendwie waren doch die letzten vier Jahre für den Arsch, oder?”

„Tai...?”

„Hmm... Tai? Taaaiii? Ach so, dieser miese, kleine, schwache, feige Spinner. Ich erinnere mich. Tja, den kannst du dir wohl sonst wohin stecken.”

„Was... ...hast du mit ihm... ...gemacht?”

„Ich weiß nicht. Bin nur einer Ahnung nachgegangen. Warum fragst du es ihn nicht selbst?”

„Lass mich... ...los...”

„Würde ich ja gerne. Aber ich wäre doch echt nicht so blöd und würde mir einen Dornen, den ich gerade so gut in der Hand habe, wieder ins Auge stecken. Oder wie siehst du das?” Von wegen sehen. Matt pfiff bereits auf dem letzten Loch. Würde der fremde Junge ihn nicht so furchtbar großzügig würgen, hätte er schon längst ins Gras gebissen. „Ach, jetzt sieh mich doch nicht so verzweifelt an. Ich werde dich schon nicht töten. Zumindest nicht offiziell. Will ja selbst auch noch ein bisschen Spaß an deiner Hilflosigkeit haben.” Izzy erlange endlich wieder das Bewusstsein, war aber nicht wirklich fähig, sich zu bewegen, da ihm fast alles, was er seit seiner Geburt an sich hatte, schmerzte. „Also, um nicht noch weiter Kraft zu verschwenden... Sag’ deinem kleinen beschissenen Leben winke winke... Winke Winke!!!” Ein grelles Licht fand plötzlich den Weg in die Höhle und die Erde begann zu beben. Das Licht erreichte schließlich Matt und drang in seinen Körper ein. Das schien dem Jungen große Schmerzen zu breiten, da er aus vollem Halse schrie. Und in der nächsten Sekunde war er einfach weg, das Licht verschwand und das Beben hörte auf. Der fremde Junge grinste, als er sich das leere Fleckchen ansah, an dem Matt bis noch eben um sein Leben fürchtete. Dann drehte er den Kopf zu Izzy. Dieser schrack zusammen, machte sich aber mehr Gedanken um Matt, als um sein eigenes Leben.

„Wo ist Matt hin?”, fragte er.

„Ihr seid alle sowas von naiv.”, sagte der Junge und kniete sich zu Izzy hinunter, dann griff er an dessen Shirt und zog ihn zu sich heran. „Ihr seid nicht nur naiv, ihr seid auch noch kleinlich, engstirnig und dumm. Du hättest schon längst vor mich flüchten können und trotzdem fragst du zuerst nach deinem Freund, wohl wissend, dass du ihn nie wieder sehen wirst.” Izzy rutschte augenblicklich die Farbe aus dem Gesicht.

„Nie wieder...?”, sein plötzlicher verzweifelter Gesichtsausdruck schien den großen Jungen redlich zu amüsieren.

„Gott, seid ihr erbärmlich. Ich könnte dich jetzt sofort töten.”

„Warum tust du’s nicht?”

„Der Tod ist eine Befreiung, ein Privileg, eine Belohnung. Jemandem Leid zuzufügen ist doch um einiges spaßiger.”

„Was... ...was hast du vor...?”, fragte der Rothaarige mit zitternder Stimme.

„Du siehst so süß aus, wenn du Angst um dein Leben hast. Weißt du das eigentlich?”, der Junge kam Izzy mit dem Gesicht immer näher, als ob er ihn küssen wolle. Doch dann ließ er ihn unerwartet los. „Mach das du wegkommst und sag’ den anderen einen schönen Gruß von Tai...”, mit diesem Worten ließ er ihn einfach da sitzen und verschwand in der Dunkelheit. Mit ihm wurde es auch im Rest der Höhle wieder dunkel. Izzy blieb nur vollkommen verstöhrt zurück, bis er endlich wieder realisiert, dass er Beine zum weggrennen hatte und machte sich auf dem schnellsten Weg nach Hause. Unterwegs drängten sich viele Fragen in seinen Kopf. Wer war dieser Junge? Was hatte er vor? Und wo waren Matt und Tai?
 

Das Fußballspiel war nun vorbei. Die Mannschaft von dem Jungen, den ich zu kennen gedachte, hatte gewonnen. Er und sein Team feierten ihren Sieg und zogen überglücklich vom Platz. Ich fragte mich noch immer, was das hier alles soll und warum ich hier war. Vielleicht träume ich ja auch nur. Wäre doch möglich. Ich kniebste mir in den Arm, durch den Schmerz zuckte ich kurz zusammen und stellte fest, dass, wenn es ein Traum war, er wirklich tierisch realistisch war. OK, es war also kein Traum, aber was war es dann?

Ich stieg von meinem Platz auf der Tribüne runter und suchte den Ausgang aus dem Fußballstation, aber wie ich das von anderen Stadien so gewohnt war, ließ sich der Ausgang nur sehr schwer finden, wenn man nicht wusste, wo man reingekommen ist. Die Suche war ganz schön zeitaufwendig.

„Hi!!!”, jemand knallte mir plötzlich von hinten die Hand auf die Schulter. „Suchst du irgendwas?”

STUMUFHWPIT

STUMUFHWPIT
 

Die Situation ließ sich schlecht beschönigen. Sie war quasi dementsprechend beschissen und genauso beschissen ging es auch Izzy, als er völlig fertig aus der Digiwelt in die reale Welt wieder eintrat und sofort seine Freunde aufsuchte, um ihnen in einer Art Digiritter-Konferenz von den erlebten Geschehnissen zu berichten. Ganz aufgelöst erzählte der Rothaarige seinen Kollegen von Matt und Tai und von diesem neuen Jungen. Alle hörten gebannt zu und wussten nicht recht, was sie davon halten sollten. Am besorgtesten sah wohl Sora aus, die sich aber sicher mehr Sorgen um Matt als um die gesamte Situation machte. Kosma würde sich jetzt hundertprozentig darüber aufregen.... Wenn sie noch da wäre. Doch genau dieser Gedanke brachte Izzy plötzlich auf die Idee, dass Tai noch vor seinem deprimierenden Saufanfall den anderen von Atenetamon berichtet hat. Er wusste nicht, wo sie lebte, oder wie sie aussah, doch er wusste, dass man von diesem Digimon sicher die ein oder andere Antwort bekommen könnte. Es wurde auch nicht lang gefackelt und ein Such-Tai-und-Matt-und-finde-heraus-was-passiert-ist-Trupp zusammengestellt, bestehend aus Davis, Izzy, Joey und Kari. Davis, weil der Trupp einen kampflustigen Spinner braucht und der bereit wäre, sich selbst zu verdreschen, nur um Tai zu helfen. Izzy, weil er gerade von allem die meiste Ahnung hatte. Joey musste mit, weil die anderen drei jemanden brauchten, der sie auf dem Boden der Tatsachen hielt. Und Kari sollte eigentlich gar nicht mit, aber da sie noch mehr Theater gemacht hat, als Sora, wurde zwischen den beiden Mädchen ausgeknobelt, wer mit kommt und wer zu Hause bleibt und Tee kocht. Und da Sora einfach mehr Verstand als Glück hat, verschwand sie im nächsten Supermarkt, um für die restlichen Dageblieben, die sich um Informationsanschaffung bemühten, Tee zu kochen. Welch Ironie.

Der Such-Tai-und-Matt-und-finde-heraus-was-passiert-ist-Trupp, kurz STUMUFHWPIT (?!?), war nunmehr wieder in dieser finsteren Höhle angelangt. Von dort aus riefen sie ihre Digimon, Veemon, Tentomon, Gomamon und Gatomon, die sich kurze Zeit später auch zeigten. Soweit so gut, dachten sich alle, doch hatte keiner auch nur die leiseste Ahnung, wo sie mit der Suche nach Ateneta anfangen sollten. Das beste war also, wie auch früher immer, einfach durch die Gegend latschen und hoffen, dass man aus Zufall auf etwas stößt.

Der Weg führt die vier Digiritter und ihre Digimon quer über den ganzen Kontinent Server, ohne auch nur den Hauch einer Spur und den kleinsten Hinweis auf ein altes, altes Digimon. Die Hoffnung war im Keller, die Gedult auch und Davis ging den anderen bereits seit etwa einer Stunde auf die Nerven. Sein bisher schlimmster Vorwurf war der, dass nicht einmal Ken mitkommen konnte. Die anderen drei schüttelten auf diesen Kommentar hin nur den Kopf und glaubten langsam wirklich, dass Davis und Ken nicht nur in Welten von anderen Kindern ein Paar waren. Wäre doch zu köstlich gewesen. Davis stritt das selbstverständlich so gut, wie er nur konnte ab. Aber die Sticheleien, die die vier miteinander austauschten und aus denen sich die Digimon großzügig heraushielten, brachten Ateneta auch nicht gerade näher.

„Es muss doch, verdammt nochmal, irgendeine Möglichkeit geben, dieses Digimon ausfindig zu machen.”, beteuerte Kari, deren Füße bereits weh taten.

„Ich hätte ja wenigstens gehofft, dass mein Digivice irgendwie auf sie reagiert. Wie man sich doch irren kann.”, meinte Izzy enttäuscht.

„Tja, nur Kosma kannte den Weg zu ihr...”, auf Joes Kommentar hin hielten plötzlich alle an und schwiegen. „Oh, entschuldigt, das war nicht sehr taktovll. Möge sie in Frieden ruhen...”

„Is’ schon OK, Joe. Du hast ja recht. Sie kannte den Weg. Wäre besser, wenn sie jetzt hier wäre und uns den Weg sagen könnte.”, grinste Davis beläufig und wie auf Kommando fing plötzlich dessen Digivice an zu piepen. „Spinn ich jetzt?”

„Du spinnst immer...”, sagte Izzy. Matt schien auf ihn abgefärbt zu haben. „Hey, meins piepst jetzt auch.” Und tatsächlich zog Izzy das Geräusche von sich gebendes Digivice aus der Hosentasche. Karis und Joes fingen nun auch an zu leuchten und zu piepen. Die vier Digiritter schauten glücklich in ihre Runde und folgen dem Digivice in die Richtung, in der das Piepsen immer lauter wurde.

Nicht lange und die acht fanden sich vor einer kleinen, mit vielen Pflanzen verwachsenen Höhle wieder. Die Höhle war nicht minder dunkel als die, durch die sie die Digiwelt betreten hatten.

„Gehen wir jetzt rein, oder was?”, fragte Davis genervt und wollte schon in die Höhle stürzten, als sie plötzlich eine alte, zittrige Stimmer hörten.

„Ah, sie hat ihnen also den Weg gewiesen. Braves Mädchen. Sie können eintreten, doch ich empfange nur einen von ihnen. Die anderen werden wohl die Höflichkeit und die Gedult haben, zu warten...” Die Digiritter sahen sich fragend an.

„Was soll denn das heißen?”, fragte Davis nunmehr blöd.

„Es heißt, dass da nur einer rein gehen soll und mit dem Digimon reden soll.”, antwortete ihm Kari.

„Aber wer geht denn nun?”

„Immer der, der fragt!”

„WAS?!? Ich soll mit dem Dings da drin reden?”

„Warum denn nicht?”

„Darf ich beteueren, dass ich mich ziemlich dämlich stelle, soziale Kontakte mit alten Digimon zu knüpfen...”

„Du stellst dich auch sonst dämlich.”, gab Izzy zurück, stellte sich hinter Davis und schubbste ihn in den Höhleneingang. „Und jetzt hör auf zu diskutieren und beweg deinen Arsch da rein.”

„Ihr seid eine Bande von Feiglingen!!!”, brüllte Davis die anderen an.

„Wer besitzt denn von uns das Wappen des Mutes?”

„Ach, verdammt. Treffer. Warum musste ich auch unbedingt Tais Erbe sein? Wenn wenigstens Ken hier wäre...”, maulte Davis drehte sich dann um und marschierte in die Höhle hinein. Die anderen machten es sich der Weil vor dem Höhleeingang bequem.
 

Es war der Junge, der mir auf dem Fußballfeld so sehr ins Auge gestochen war. Seine wilden Haare sahen aus der Nähe noch viel wilder aus.

„Äh, ja... Ich suche... ...äh, den Ausgang.”, verdammt, irgendwo her kannte ich diesen Jungen. Es lag mir förmlich auf der Zunge, aber ich kam einfach nicht drauf. Wie ich so in seine schoko-braunen Augen schaute, wurde mir ganz warm und ich fühlte mich irgendwie wie zu Hause.

„Sag’ mal... Kennen wir uns nicht?”, fragte mich der Junge.

„Is’ ja verrückt. Ich habe genau das selbe gedacht.”

„Tja, es ist mir, als hätte ich ein Deja-vu.”

„Geht mir auch so.” Der Junge lächelte mich an und es war mir, als würde ich ihn schon eine Ewigkeit kennen.

„Mein Name ist Taichi. Taichi Yagami.”, der Junge gab mir die Hand. Taichi? Taichi... Etwas in mir wurde plötzlich wach, so als ob ein Gedanke in mir geschlafen hatte und jetzt plötzlich der Wecker klingelte. Aber dieser Gedanke muss wohl ein Morgenmuffel sein, da ich ihn noch nicht wirklich fassen konnte. Naja, abwarten und Tee trinken. Ich werd schon noch drauf kommen, dachte ich mir und griff nach Taichis Hand.

„Tag! Mein Name ist Kosma...”

Atenetamon II

Atenetamon II
 

Davis musste nicht lange laufen, bis der Gang aufhörte und er in einem kleinen Raum ankam. Die Decke hing ziemlich tief, sodass der Junge sich beim Eintreten bücken musste. Die Wände waren über und über mit Efeuranken bedeckt und die braune Höhlenwand darunter konnte man dadurch kaum noch erkennen. Davis sah sich in dem Raum um. Er entdeckte einen kleinen Tisch, ein paar kleine Hocker, ein kleines Bett, zwei kleine Schränke und einen kleinen Kamin, in dem ein kleines Feuer loderte. In der ihm gegenüberliegenden Raumhälfte bemerkte er eine kleine Gestalt, die anscheinend gerade ein paar kleine Becher holte.

„Hallo, Daisuke. Schön, ihn zu sehen.” Davis sah die Gestalt fragend an, als sie sich zu ihm umdrehte.

„Woher kennst du meinen bürgerlichen Namen?” Die Gestalt, die wie ein grünes, faltiges, klumpiges und unförmiges Agumon aussah, grinste den Jungen an.

„So ein Allerweltsname.”

„Aha...”

„Setze er sich.” Davis war sich nicht sicher, ob dieses Wesen tatsächlich ihn meinte, da es mit einem seltsamen Dialekt redete, aber er setzte sich einfach und wartete ab. „Nicht so schüchtern. Ich dachte immer, er sei ein Draufgänger.”

„Ach, da hast du wohl was missverstanden...”, der Junge lächelte verlegen und griff sich an den Hinterkopf.

„Um seine Frage gleich zu beantworten, ja ich bin Atenetamon. Aber er kann mich Ateneta nennen. Das ist so viel kürzer.”

„Ateneta. Aha.”

„Hier, will er was trinken?”, das Digimon reichte Davis den Becher.

„Was ist das?”, fragte der Zwölfjährige skeptisch.

„Ach, Herr Gott, warum fragt eigentlich jeder, was das ist?”, regte sich Ateneta auf. „Warum kann er nicht einfach nur trinken. Es wird ihn schon nicht umbringen.” Davis sah das Digimon noch einmal an, dann zuckte er mit den Schultern und trank. Als der Becher leer war, sah er wieder zu Ateneta, aber jetzt hatte er einen ganz anderen Blick, als noch eben. Er sah verwirrt und unsicher drein, als ob er nicht ganz wusste, was von dem Getränk zu halten war. Ateneta schmunzelte. „Ha, so hat das Mädchen auch geguckt, als sie meinen Tee das erste Mal getrunken hat.” Davis wurde hellhörig.

„Was denn für ein Mädchen. Meinst du Kosma?”

„Ja, ganz richtig. Kosma. Ein wirklich nettes Mädchen. Zu dumm, dass sie nicht mehr da ist.” Jetzt blickte Davis ganz traurig zum Boden.

„Ja, es ist tragisch, dass sie jetzt tot ist.”

„Von tot hat doch keiner was gesagt.” Mit einem Mal hatte der Junge wieder sein geschockt naives Gesicht aufgesetzt und sah Ateneta entgeistert an.

„Meinst du etwa, sie lebt noch?!?”, rief er aufgebracht.

„Hey, hey, er soll sich beruhigen und meine schöne Wohnung nicht zusammen schreien.”

„Sag schon, das ist wichtig. Wenn Kosma noch lebt und wir sie finden, dann kriegen wir Tai auch sicher zurück.”

„Ach, haben sie etwa Probleme?”

„Das kannst du aber laut sagen. Tai, ein ziemlich guter Freund von mir, er hat Kosma geliebt und als Atum sie getötet... ...sie beseitig hatte, wurde Tai total depressiv und dann war er plötzlich verschwunden. Und dann taucht plötzlich dieser neue Junge hier in der Digiwelt auf und greift Matt an und bringt ihn fast um und dann lässt er ihn auch noch verschwinden. Und jetzt sind wir alle hier und wollen Antworten.” Davis hatte so extrem schnell gesprochen, dass Atenetamon fast nur Bahnhof verstanden hatte.

„Na na, nicht so hastig. Ich verstehe ja kein Wort. Aber, ja, ich kenne diesen Taichi. Er ist ein netter Junge. Aber dass er sich in Kosma verliebt, war wohl unvorhersehbar. Achja, die Liebe...”

„Aber was sollen wir denn jetzt tun? Wer ist dieser Junge und wo ist Matt? Er ist doch nicht etwa tot?”

„Er ist genauso tot, wie es Kosma ist.”

„Das verstehe ich nicht.”

„Weiß er überhaupt, wo Kosma ist?”

„Woher soll ich das denn wissen. Ich dachte noch bis eben, sie sei tot.”

„Ich sagte bereits, dass sie nicht tot ist.”

„Aber wo ist sie dann?”, Davis erhob voller Erwartung seine Stimme.

„Sie ist da, wo Tai sie sehen kann.”

„Und wo ist das? Wo ist Tai?”

„Junge, er stelle ziemlich viele Fragen, auf die er genau weiß, dass ich ihm keine Antwort geben kann.”

„Du verwirrst mich. Weißt du nun etwas, was uns weiterhelfen kann, oder nicht? Sonst verschwende ich hier nur meine Zeit.”

„Dann lass uns über diesen fremden Jungen reden.”

„Du meinst den, der Matt hat verschwinden lassen.”

„Sehr richtig. Also, ich kann mich noch ganz genau an ihn erinnern, als er hier das erste Mal aufgetaucht ist.”

„Wann war denn das?”

„Hm... Vor etwa einem Tag. Er heißt Okeanomon.”

„WAS?!? Dieser Junge ist ein Digimon?”, Davis sprang überrascht auf, stieß sich aber sofort mit dem Kopf an der Decke und fiel daraufhin geplättet um.

„Hat er sich sehr weh getan?”, fragte Ateneta besorgt.

„Nein..., alles klar...”, jammerte Davis. Doch dann riss er sich zusammen und setzte sich wieder auf. „Also, was weißt du noch über dieses Okeanomon.”

„Naja, eigentlich nicht viel. Außer, dass er sehr friedlich und ruhig gewirkt hat, so als ob er keiner Fliege was zu leide tun könnte.” Von wegen, dachte sich Davis, als er sich daran erinnernte, wie Izzy von Okeanomons Angriff auf ihn und Matt berichtet hatte. „Was will er denn von ihm?”

„Er hat einen meiner besten Freunde verschwinden lassen oder vielleicht sogar getötet. Ich hatte gehofft, dass du mir irgendwie weiterhelfen könntest.”

„Hm...”, Ateneta überlegte kurz, aber das schien eher so, als ob sie Zeit gewinnen wollte. „Kann er sich denn noch an die Prophezeiung über Atum und Khepri erinnern?”

„Ja, sicher. Die kann ich sogar auswenndig:

Wenn die Sonne wird verschlungen

Von den schwarzen Flügeln, doch

Wenn die weißen Flügel schlafen

Und sich ihre Hoffnung verkroch.

Der letzte Weg ist nur der eine,

Den die Liebe des Schoens erhört.

Lasst weiße Flügel nicht länger schlafen

Sonst die Sonne wird zerstört.”, sagte Davis stolz. Und er konnte mit Recht stolz darauf sein, denn wenn sich Davis mal so VIEL merken kann, dann ist das ein halbes Weltwunder.

„Ja, aber weiß er denn auch, dass das nur die Hälfte der Prophezeiung ist.”

„Wie bitte? Es geht noch weiter?!?”

„Oh, ja. Es gibt zwei voneinenander abhängige Teile. Die zwei Prophezeiungen sind eigentlich eine einzige, verhalten sich aber wie Khepri und Atum. Und ich glaube, dass dieser zweite Teil für sie sehr wichtig sein wird.”

„Und wie lautet dieser zweite Teil?”

„KARI!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!”, hörte Davis plötzlich von draußen Gatomon schreien.

„Oh, nein, irgendwas muss passiert sein. Ich muss los. Danke für den Tee.”, rief Davis hecktisch, stellte den Becher auf den Boden und hetzte gebückt - er wollte sich ja nicht noch einmal die Birne stoßen - zum Ausgang des kleinen Raumes.

„Ich kenne den zweiten Teil der Prophezeiung nicht. Verzeihe er mir. Aber ich bin sicher, dass sie so schlau sein werden und sie schon bald finden. Passe er auf sich auf.”, das alte Digimon lächelte hinter Davis her, der nun im Dunkel der Höhle verschwand.
 

Taichi und ich verstanden uns von der ersten Sekunde an hervorragend. Er wollte noch, dass ich mit in die Umkleidekabine mitkomme. Er wollte mich den anderen Jungs vorstellen, aber einen nach Schweiß stinkenden Raum voller pubertierender Volltrottel wollte ich mir beim besten Willen nicht antun. Also wartete ich vor der Tür und dachte darüber nach, woher ich diesen Jungen nur kannte. Taichi Yagami. Ich war mir sicher diesen Namen vorher noch nie gehört zu haben und trotzdem war ich mir genauso sicher, ihn zu kennen. War ‘n seltsames Gefühl.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als die Tür aufgeschlagen wurde und Taichi herauspaziert kam.

„Was ist? Hast du Lust, mit mir noch ein Eis essen zu gehen.”, er lächelte mich lieb an und ich konnte diesem Charme in den Schoko-Augen einfach nicht wiederstehen.

„Ich muss zwar auf meine schlanke Linie achten, aber von mir aus.”

Wir mussten nicht einmal sehr weit laufen. Das Caffee, in das Taichi so unbedingt mit mir wollte, war praktisch gleich um die Ecke vom Stadion. Wir setzen uns an einen freien Tisch, der Kellner kam wie auf’s Stichwort und reichte uns die Eiskarte. Ich schlug die erste Seite auf und stutzte verwundert. In jeder Zeile stand das selbe: Drei Kugeln Schokoladeneis mit heißer Schokoladensoße. Auch auf der nächten Seite standen immer wieder nur diese Wort. Es gab kein anderes Angebot. Und hinter diesen Worten, war der Preis angegeben: 0 Yen.

„Schokoldadeneis.”, hörte ich Taichi mir gegenüber am Tisch quietschen, wie ein kleines, ungehaltenes Kind. „Ich liebe Schokoladeneis...”

Alle weg...

Alle weg...
 

„Hey! Lass Kari gefälligst los!!!”, brüllte Davis wütend und sprintete auf Okeanomon zu, um ihn davon abzuhalten, Kari zu erwürgen. Doch der grauhaarige Junge ließ sich von so einem naiven Hampelmann nicht kleinkriegen. Er stieß ihn ganz einfach mit einem gekonnten Handschlag von sich weg. „Okeanomon, ich warne dich!”, rief Daivs trotzdem mutig.

„Okeanomon... Wie schön, dass du endlich meinen Namen weißt. Aber sag’ lieber Okeanos. Okeanomon klingt so förmlich.”, Okeanomon grinste Davis lange und breit an.

„Was, Okeanomon?”, rief Joe. „Ich verstehe kein Wort.”

„Das da...”, Davis sah Okeanomon noch immer böse an. „...ist kein Mensch. Das ist ein Digimon!!!” Okeanos erhob eine Augenbraue. „Und jetzt lass Kari endlich los oder es passiert was!!!”

„Ach, jetz hab’ ich aber Angst.”, lachte das menschliche Digimon und drückte seine Hände noch fester um Karis Hals. Das Mädchen rührte sich bereits nicht mehr, war aber noch immer, wenn auch völlig entkräftet, am Leben. „Ich würde nicht zulassen, dass du stirbst, Kleines.”

„Was willst du von Kari?”, rief Izzy wütend und doch voller Angst, dass Okeanos das selbe mit ihr macht, wie mit Matt.

„Ich will so gesehen eigentlich nichts von ihr. Ich will nur Tai und dazu ist dieses Mädchen leider nötig.”

„Was hast du mit ihr vor? Wo ist Tai?”

„Meine Güte, ihr seid vielleicht nervig. Könnt ihr nichts anderes, als mir Löcher in den Bauch fragen?”, rief Okeanomon und schleuderte einen seiner Feuerbälle gegen die Digiritter und die Digimon. „Und nun zu dir, meine Kleine. Tut mir leid, aber du wirst deinen geliebten Bruder gleich wieder sehen und das ist ja gerade die Ironie an der Sache.” Wieder erschien ein helles Licht, Izzy schrack auf, rannte auf Kari zu und versuchte zu verhindern, was er ahnte, aber es war zu spät. Die Erde begann erneut zu beben und das Licht, das aus allen Himmelsrichtungen zu kommen schien, drang in Kari ein. Doch ihr Körper war bereits so sehr geschwächt, dass sie nicht einmal schreien konnte. Und schließlich war sie verschwunden.

„DU WIDERLICHER SCHEISSKERL!!!”, schrie Davis und sprang Okeanos an. Der war davon schon etwas überrascht, da er mit so einer Kraft eines solch kleinen Bübchens nicht gerechnet hatte. Er knallte auf den Rücken und Davis nagelte ihn am Boden fest.

„Was wird das? ‘Ne Vergewaltigung?”, grinste Okeanomon dennoch.

„Hol’ Kari zurück!”, sagte Davis scharf. „Sonst poliere ich dir dermaßen die Fresse, dass du dir wünschst, nie in dieser Welt erschienen zu sein.”

„Oho, große Reden kann der Kleine schwingen. Aber es wäre egal. Selbst, wenn ich nie in dieser Welt erschienen wäre. Eine andere hätte auch ihren Zweck erfüllt. Also schlag ruhig zu. Los, lass deinen Frust an mir aus!”, er zeigte dem auf ihm Sitzenden die Wange. Davis holte mit der Faust aus und ließ sie auch gleich in Okeanos Gesicht schnellen. Doch kurz vor dem Schlag stoppte Davis abrubt. Er spürte plötzlich einen kräftigen Schmerz in der Seite und als er an sich hinunter sah, entdeckt er, wie sich Okeanos Finger in die rechte Seite seine Bauches krallten und Blut an ihnen hinab lief. „Aber vorher solltest du dich fragen, mit welchen Jungs du spielen willst und welche du besser in Ruhe lässt. Du bist auch nicht jedem gewachsen, Träger des Wappens des Mutes...”, grinste Okeanomon und stieß dann Davis von sich runter. „Jetzt habe ich alle vier in meiner Gewalt. Tais Partner, Tais besten Freund, Tais Schwester und Tais große Liebe. Jetzt gehört er ganz allein mir und ihr könnt euch für immer von ihm verabschieden.”, Okeanos lachte und zog dann davon. Er hinterließ eine niedergeschlagene Gruppe von Digirittern und Digimon.

„Kosma ...Tai ...Matt ...Kari ...und jetzt auch noch Agumon. Sie sind alle weg.”, Davis war den Tränen nah. „Und was zum Teufel machen wir jetzt?”
 

Mir tat der Bauch weh. Durch meine Innereien quälten sich gerade bestimmt an die tausen Kilo Schokoladeneis. Jetzt kann ich meine Figur auch gleich vergessen. Taichi hingegen sah ganz zufrieden aus. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und entspannte sich.

„Und? Hat’s geschmeckt?”, fragte er mich.

„Ja...”, antwortete ich ihm knapp. Ich habe ihn nicht darauf angesprochen, dass auf der Speisekarte immer nur ein und das selbe stand und es dazu auch noch nicht einmal etwas kostete. Taichi schien das für völlig normal zu halten und wunderte sich nicht im Ansatz darüber. Wenn’s ihn nicht stört, stört es mich auch nicht. Das war anscheinend auch der Grund, warum er hier so gerne hinging. Ich würde hier auch gerne hingehen, wenn es das, was ich am liebsten mag in rauen Mengen gibt und auch noch umsonst. Dazu liegt dieses Caffee auch noch gleich neben dem Fußballplatz, auf dem Taichi immer spielt. Bequemer kann man es doch gar nicht mehr haben. Das hier scheint irgendwie alles, wie auf Taichi zugeschnitten...

Warum immer wir?

Warum immer wir?
 

OK, die Situation sah noch mieser aus, als vorhin. Da hatten die Digiritter wenigstens noch den Hauch einer Hoffnung, ihre Freunde irgendwie zurückholen zu können. Aber jetzt sind nicht nur Matt und Kari weg, jetzt wissen die niedergeschlagenen Digiritter, dass Okeanos auch mit Agumon das selbe getan haben musste. Und Kosma? Sie schien auch in seiner Gewalt zu sein.

„Und darüber hinaus steht Davis kurz vor dem Verrecken.”, jammerte Izzy, der völlig fertig in einer kleinen Gruppe anwesender Digiritter stand und von den eben erlebten Ereignissen erzählte. Davis lag im Nebenzimmer und wurde von Ken so gut es ging provisorisch versorgt. Wenn man das überhaupt so nennen kann. Dem Jungen ging es momentan noch schlechter als Davis selbst. Am liebsten würde er für ihn verletzt da liegen. Er konnte einem fast leid tun.

„Und was soll wir jetzt tun?”, fragte Sora besorgt und sie war nicht die einzige, die sich diese ratlose Frage stellte.

„Tja, an für sich sieht es ziemlich scheiße aus.”, fing Izzy an zu erklären. „Davis war vorhin noch bei Atenetamon, doch als er zurück kam, wurden wir bereits angegriff und er hatte noch keine Zeit, uns irgendwas zu erzählen. Und ich glaube nicht, dass wir, jetzt wo er bewusstlos ist, noch irgendwas aus ihm herauskriegen.”

„Wir müssen ihn also wieder wach bekommen?”

„Ja, aber dazu müssen wir ihn erstmal wieder gesund bekommen und ein Arzt bin ich nun wirklich nicht...”
 

War da oben nicht gerade was? Ich starrte aus dem Fenster des Caffees, weil irgendein Lichtblitz am Himmel gerade mein Aufmerksamkeit erweckt hatte.

„Was hast du?”, Taichi richtete sich auf, da er meinen fragenden Blick bemerkt hatte. Ich, weiterhin aus dem Fenster sehend, konnte jedoch nichts mehr am Himmel erkennen.

„Nichts... Gar nichts...”, sagte ich deshalb. „Hab’ mich wohl nur getäuscht.”
 

„Hallo Digiritter...”, wurden die verblüfft dreinschauenden Kinder von dem großen Mädchen in dem weißen Kleid begrüßt, das wie aus heiterem Himmel vor ihnen stand.

„Atum?!?”, fragte Joe ungläubig.

„Richtig.”

„Aber, was machst du hier. Is’ ja ‘n Ding. Hätte nicht gedacht, dass wir dich so schnell wieder sehen. Was hast du denn in der Zwischenzeit gemacht? Wie geht’s Khepri? Macht er schon wieder Unsinn? Aus welchem Grund bist du hier? Weißt du etwa von den Ereignissen, die hier statt gefunden haben?...”, jetzt musste Joe erstmal Luft holen. Die anderen waren sichtlich überrascht, dass Joe auf einmal so redsam war.

„Tja, also, um deine Fragen zu beantworten: Ich weiß, dass es hier Ärger gibt. Es ist ja auch meine Aufgabe, das zu wissen, nicht wahr? Bis jetzt habe ich so einige Gute Mächte in anderen Welten vertreten und Khepri so gut es ging zum Teufel gejagt. Jetzt ist er wahrscheinlich beleidigt, weil ich ihn seit gestern nicht mehr gesehen habe. Und, ja, natürlich weiß ich von den Dingen, die ihr erlebt habt. Dass aber Kephri mal einfach so verschwindet, ist mir neu. Tratsche ich zu viel? Tut mir leid.” Die anderen freuten sich, dass sie Atum wieder sehen konnte. Auch, wenn ihre Anwesenheit ein paar traurige Erinnerungen hervorrief. Doch nichts desto trotz wussten sie auch, dass, wenn Atum hier war, es nicht lange zu fackeln gilt und sie gleich auf den Punkt kommen mussten.

„Dann weißt du das mit Tai und Matt und den anderen?”, fragte Izzy.

„Sicher. Aber ich bin nicht gekommen, um euer Problem zu lösen. Ich bin nur hier, um Davis zu heilen. Wo ist er?”

Izzy wies Atum den Weg ins Nebenzimmer, in dem Davis auf einem Bett lag. Ken war nicht wirklich überrascht, als das blasse Mädchen das Zimmer betrat. Er sah sie nur traurig an und fragte leise: „Kannst du ihm helfen?”, aber es hörte sich eher wie ein Flehen an. Er hielt noch immer tapfer seine Tränen zurück, die er nur zu gerne beim Anblick des bewusstlosen und stark blutenden Davis vergossen hätte. Atum trat an das Bett heran und streichelte Ken dann kurz über den Kopf.

„Natürlich kann ich ihm helfen.”, sie lächelte. Izzy, der rücksichtsvoll in der Tür stehen geblieben war und Ken schon mehr als nur bemitleidete, wohlwissend, dass es ihm auch nicht gerade gut ging, war froh, dass Ken wieder ein etwas glücklicheres Gesicht macht. Dann drehte er sich um und ging zu den anderen zurück. Er setzte sich auf das Sofa und starrte den neben ihm stehenden Computer an.

„Was hast du?”, wurde er von Sora gefragt. Daraufhin seufzte der Rothaarige nur lang und ausgibig, als ob er so seine ganzen Sorgen auspusten könnte. Aber sie wüteten nach wie vor in ihm. Das machte ihn schon halb wahnsinnig. Es ist eine Qual für ihn, nicht zu wissen, wie es seinen Freunden geht, ob sie überhaupt noch leben und ob er sie je wieder sehen wird. Und es tat genauso weh, nur da zu sitzen und abzuwarten, nichts tun zu können. Er schien sich so derart hilflos, dass es ihm fast die Tränen in die Augen trieb.

„Warum immer wir?”, fragte er dann leise, wobei es nicht ganz klar war, ob er damit auf Soras Frage antworten wollte oder sich nur selbst diese Frage stellte. „Was haben wir verbrochen, dass es immer uns trifft? Es ist unfair. Es gibt ein paar millarden Menschen in dieser Welt und ich glaube, nicht mal ein Bruchteil davon muss das durchmachen, was wir durchmachen mussten.”

„Aber Izzy...”

„Und außerdem sind wir noch Kinder. KINDER!!! Als wir das erste Mal in der Digiwelt waren, da war ich zehn Jahre alt. Ein Viertklässler. Als Erwachsene hätten wir wenigstens ein bisschen Erfahrung und Reife, um mit den gegebenen Umständen dort klar zu kommen. Warum setzt man immer Kinder solchen Lebensgefahren aus und nicht Erwachsene?...”, Izzy vergrub sein Gesicht in seinen Armen.

„Ach, Izzy...”, sagte Sora leise, setzte sich neben ihn und legte ihm ihren Arm um die Schulter. „Ich weiß, dass die Situation momentan ziemlich scheiße aussieht, aber sieh mal; früher da haben wir immer zusammengehalten und haben so jedes Problem meistern können. Zuerst Devimon, dann Etemon und Myotismon, drei Mal sogar, und die Meister der Dunkelheit, und natürlich Apokalymon. Selbst später wurden wir noch in die Kämpfe von den Digirittern der zweiten Generation verwickelt. Wir wussten immer irgendeinen Ausweg und das wird jetzt nicht anders sein. OK?” Izzy sah Sora dankbar an. „Dafür sind wir doch ein Team. Keiner ist allein.” Auch wenn sie ihm das schreckliche Gefühl der Sorge nicht nehmen konnte, fühlte er sich verstanden. Sora hatte schon früher immer die Mutterrolle in der Gruppe übernommen und das, seines Erachtens nach, prima hingekriegt. Aber manchmal sollte sie vielleicht auch nicht vergessen, dass es auch noch eine Sora gibt, auf die man aufpassen muss.

„GENNAI!!!!!!!”, brüllte plötzlich jemand aus dem Flur.

„Warte! Nicht so schnell. Du bist doch noch viel zu schwach.”

„Das kann nicht warten.” Davis stand plötzlich in der Tür; an ihm dran hing Ken, der anscheinend versucht hatte, Davis davon abzuhalten, aufzustehen.

„Was ist denn mit Gennai?”, fragte Joe.
 

Das war’n Problem. Mir war doch tatsächlich eingefallen, dass ich gar nicht weiß, wo ich wohne. Ich sah mich vor der Tür des Caffees um und wusste überhaupt nicht, wo ich war.

„Taichi? Wo bin ich überhaupt?”, fragte ich daher.

„Na, in Nerima.”

„Hä, wo’s’n das?”

„Weißt du, wo Tokyo liegt?!?”, fragte mich der Brünette daraufhin, als wäre ich Miss-bin-zu-blöd.

„Ich bin in Tokyo?!?”, ich riss geschockt die Augen auf. „Aber wie komme ich hier her?”

„Keine Ahnung. Wenn du nicht weißt, wo du wohnst, kannst du doch bei mir wohnen.”, Taichi grinste mich an. Das nenne ich spontan.

„Geht das denn?”, wollte ich deswegen wissen, da mir diese Entscheidung nicht ganz keimfrei erschien.

„Warum sollte es nicht gehen? Du wohnst einfach bei mir. Basta!”

„Wenn du das sagst.”, ich fragte mich noch immer, warum ich hier war. Mir kam das alles ziemlich merkwürdig vor. Wortlos folgte ich dem Jungen. Und noch immer war ich das Gefühl nicht los, ihn doch irgendwoher zu kennen und jede Sekunde, die ich weiter in seine schokobraunen Augen schaute, mit denen er mich so kindlich anlächelte, wurde das Gefühl nur stärker.

Prophezeiung II

Prophezeiung II
 

„Bist du dir sicher?”

„Nein, ich scheuche dich nur hier raus, weil ich das witzig finde.”, antwortete Davis genervt.

„Und dann ruinieren wir Gennais Einrichtung.”, sagte Joe.

„Du bist ja nur ‘n Angsthase.”

„Ich bin kein Angsthase.”

„BUHH!!!!”, Davis drehte sich blitzschnell zu dem Jungen um, der hinter ihm stand. Dieser zuckte zusammen. „Was hab’ ich gesagt?”

„Gennai hat uns erlaubt, uns hier umzusehen, aber nicht, alles auseinanderzunehmen.”

„Wenn du mir noch weiter mit deinem Höflichkeitsmist in den Ohren liegst, kannst du was erleben.”, drohte der Zwölfjährige dem Sechzehnjährigen, der sofort seine Klappe hielt. „Atenetamon hat gesagt, dass es noch einen zweiten Teil der Prophezeiung gibt und der muss hier irgendwo sein. Damit hätten wir vielleicht eine Chance, Tai und die anderen zurückzuholen. Also entweder, du hilfst mir jetzt suchen, oder du setzt dich irgendwo hin und hällst dein Maul.”, ja, Davis war, genau wie Tai, der geborene Anführer. Er durchwühlte gerade eine Schublade, in der Gewissheit, dass Gennai nicht allzu böse sein wird, wenn er wieder zurückkommt. Als die zwei Jungs hier angekommen waren und dem alten Mann erzählt hatten, wie die Dinge gerade standen, sagte der, dass sie sich in seiner Wohnung umsehen könnten, wenn es ihnen hilft. Er hingegen höre sich ein bisschen in der Digiwelt um. Atum war den beiden Jungs trotz allem hinterher geschlichen, um Davis im Auge zu behalten, falls er wieder Dummheiten anstellt, was bei einem Typ wie Davis ja nix Neues wäre. Doch selbst die Hüterin des Guten machte sich ernsthafte Sorgen, wie es weiter geht. Denn an Tais Gefühlen war sie, so jedenfalls könnte sie es sich erklären, im gewissen Sinne mitverantwortlich und das machte auch ihr zu schaffen. Jedenfalls beruhigte sie die Tatsache nicht wirklich, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt wurden, um Tai wieder zu finden. Denn was ist, wenn Tai gar nicht gefunden werden wollte?

„Sag’ mal, kann nicht dieses Bild irgendwie weiterhelfen?”, rief Joe aus einem der vielen Zimmer, sodass Davis es nur mit Mühe verstand.

„Was denn für ein Bild?”, er folgte Joes Ruf und gelangte schließlich wieder in den unmöbilierten Raum, in dem das Gemälde von dem Hüter, dem Wächter und des Schoens hing. Doch seltsamer Weise hatte es seine ursprüngliche Schönheit und Perfektion wieder erlangt. Eigentlich müsste es nach Myotismons Verunstaltung noch immer wie eine blutige Kollage aussehen. Doch da Davis davon nichts wusste, interessierte ihn das auch nicht gerade die Welt. Eher betrachtete er die Prophezeiung am unteren Rand des Gemäldes.

„Hm... Das ist ja leider nur der eine Teil.”, murmelte er in seinen nicht vorhandenen Bart. „Wenn die eine Hälfte hier ist, wo ist dann nur die andere?”, er überlegte fieberhaft. Er dachte schon daran, das Bild abzunehmen, um einen Blick auf die Rückseite zu werfen. Da das Gemälde aber etwa drei oder vier Meter hoch war und zwei Meter breit, inklusive einem mächtigen Holzrahmen, konnte sich Davis schon ausmalen, dass, wenn er auch nur den Versuch starten wolle, es anzuheben, er von dem Gewicht sicher erdrückt würde. Mieser Plan. Joe hingegen sah sich derweil im Raum um, ob er nicht vielleicht einen Hinweis finden könnte. Immerhin war ihm das Wiederfinden seiner Freunde genauso wichtig, wie Davis. Aber anstatt gleich alles auseinander zu nehmen, bemühte er sich lieber, nachzudenken und zu forschen. Plötzlich fiel sein Blick auf etwas. Er stutzte zuerst, rieb sich die Augen, drehte sich zu dem Gemälde um und stutzte wieder.

„Äh,... Davis?”, sagte er leise und verunsichert.

„Sei still, ich denke nach.”

„Davis, ich glaube, dass du dir das ansehen solltest.”

„Ach, Herr Gott, was ist de-....”, der Junge drehte sich genervt um, doch was er dann sah, ließ ihn seine Kinnlade runterklappen. Er erblickte vor sich, dem Gemälde genau gegenüber an der Wand, das Gemälde nocheinmal. Doch dieses war spiegelverkehrt und stand auf dem Kopf. „A-also, ich bin mir hunderprozentig sicher, dass das da noch nicht hing, als ich das erste Mal hier war.”, stotterte Davis, weil er nicht wirklich fasste, was er da sah. Er trat näher an das Gemälde heran.

„Aber warum steht es auf dem Kopf?”, fragte sich Joe.

„Ich habe keine Ahnung.”

„Und die Prohezeiung?”, er hob seinen Kopf. Sie stand, wie auch bei dem Originalbild am unteren Rand. Naja, eigentlich am oberen Rand und wirklich erkennen konnte man sie nicht, weil sie doch ziemlich weit oben stand.

„Kannst du lesen, was da steht?”

„Ich bin zwar eins-achtzig groß, aber die Schrift ist so weit oben, dass es selbst für mich nicht reicht.”

„Und was machen wir jetzt?”

Die Lösung für das Problem wurde schnell gefunden und schließlich trohnte Davis auf einem Stapel drei zusammengesuchter kleiner Schränke, die die zwei Jungs mühsam übereinander gestapelt hatten und Davis nun so weit oben war, dass er sich schon fast den Kopf an der Decke stieß.

„Was ist nun? Was steht da?”, rief Joe von unten. Davis las die Schrift. Doch das erwies sich als schwieriger, als angenommen, da sie, genau wie das Bild, auf dem Kopf stand und Davis nicht gerade ein Genie im Lesen von umgekehrter und darüber hinaus gespiegelter Schrift war. Es dauerte einige Zeit, bis Davis dann endlich enttäuscht von oben rief: „Das ist genau die gleiche Prophezeiung, wie auch auf dem anderen Bild.”, dann sprang er von dem Schrankstapel.

„Na, das war ja mal echt ‘ne Pleite.”, seufzte Joe und lehte sich gegen das Originalbild. Als Davis dann wieder zu dem Gemälde, das auf dem Kopf stand blickte, rief er freudig: „Moment, da untern steht doch was!!!”, er rannte darauf zu und Joe folgte ihm. Doch im selben Moment war die Schrift wieder verschwunden. „Oh, falscher Allarm. Hab’ mich wohl nur getäuscht.”, sagte der Junge traurig und auch Joe lehte sich wieder gegen das richtige Bild. Doch plötzlich erschien die Schrift wieder am anderen Gemälde. Davis fragte sich langsam, ob er bescheuert sei.

„Das ist sie doch wieder! Worauf wartest du?”, rief Joe glücklich und sprang auf. Und die Schrift war wieder verschwunden. „Hä, was soll denn das? Ist das sowas, wie ‘ne Verasche?!” Davis hingegen überlegte angestrengt. Obwohl man auch sagen muss, dass ihm das gar nicht ähnlich sah. Er schaute Joe kritisch an.

„Lehn dich bitte nochmal gegen das Bild.”, forderte er Joe auf.

„Wieso denn?”

„Mach’s einfach!” Und Joe tat wie ihm befohlen. Wieder erschien die Schrift am anderen Bild. „Hm... Joe ich glaube, du verdeckst die Prophezeiung.”

„Was mach’ ich?!?”

„Ateneta hat gesagt, dass beide Prophezeiungen eigentlich eine sind, die sich aber wie Khepri und Atum verhällt. Was hat sie damit gemeint?” Man könnte fast meinen, dass Davis’ Kopf langsam anfing zu rauchen, so angestrengt dachte der Junge über Atenetas Worte nach. „Khepri ist das Böse und Atum das Gute und wo das eine ist kann niemals das andere sein... DAS IS’ ES!!!”

„Was ist was?”

„Verstehst du’s denn nicht?”, rief Davis freudig. „Beide Teile der Prophezeiung sind voneinander abhängig. Sie können niemals, wie auch das Gute und das Böse, gleichzeitig existieren. Es gibt kein Zwischending. Aber genauso können sie auch nicht beide gleichzeitig NICHT existieren. Einer von beiden muss immer da sein.”

„Und was heißt das jetzt?”

„Das heißt, dass, wenn du hier den einen Teil der Prophezeiung verdeckst, sodass sie keiner von uns beiden mehr lesen kann, wird der andere Teil auf dem anderen Bild zu sehen sein.”

„Davis, du bist ein Genie!!!”

„Versuch nur weiter die Schrift zu verdecken, ich lese den anderen Teil.”

„Alles klar.” Davis rannte zu dem auf dem Kopf stehenden Gemälde. Die Prophezeiung war nun, wie auch bei dem anderen Bild am unteren Rand deutlich zu lesen:

„Und ist die Sonne doch zerstört

Durch Liebe, sei sie nur verband

Fügt ihre Teile heil zusammen

Aus der Einheit, aus der sie einst entstand

In vier Splitter sei die Sonne zerbirst

Verdunkelt sei ihr Firmament

Verwart die Splitter in vier Welten

Die einzig nur die Sonne kennt...”, las Davis.
 

„AAAAAAAAAAAAAHHHH!!!”, schrie ich plötzlich auf, als hätte mich was in den Allerwertesten gestochen.

„Was ist? Was hast du? Fehlt dir irgendwas?”, Taichi ließ das Bettzeug fallen, mit dem er gerade in sein Zimmer kam und kniete sich zu mir auf den Boden. War mir wohl entgangen, dass ich kurz zusammengebrochen war. „Kosma...?” Ich öffnete schwerfällig die Augen und fühlte mich so, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mir. Ich sah in Taichis braune Augen und auf einmal wurde mir ganz warm. Da war ein Bild in meinem Kopf. Ein verschwommenes Bild. Ich schloss wieder meine Augen und versuchte das Bild, an das ich mich offensichtlich erinnerte, besser zu erkennen. Aber mehr als eine braune Fläche mit einem grauen Fleck vermochte ich auch nicht wirklich zu sehen. Ich öffnete meine Augen wieder und schaute in das erleichterte Gesicht Taichis. „Na, alles OK mit dir?” Gott, wie konnte man nur so niedlich lächeln. Ein solches Lächeln gehört doch verboten.

„Mir geht’s gut. Ehrlich.”, ich lächelte zurück.

„Was ist denn eben passiert?”, Taichi half mir auf die Beine.

„Ich hab’ keine Ahnung. Mir tat plötzlich etwas weh und dann.... Tja, ich weiß auch nicht.”

„Hm, seltsam.”, der Brünette zuckte mir den Schultern. „Was ist, hilfst du mir mit dem Bett?”

Die Analyse

Die Analyse
 

„Darf ich reklamieren, dass ich nur Bahnhof verstanden habe.”, sagte Davis und legte die Stirn in Falten. Mehr Denkleistung brachte sein Hirn heute anscheinend nicht mehr.

„Naja, du kannst ja auch nicht erwarten, dass eine Prophezeiung dir sagt, das und das ist zu tun und da und dort musst du hingehen. Du musst das ganze schon interpretieren können.”, sagte Joe ruhig und fing, ohne es selbst zu merken, schon mit dem Nachdenken an.

„Ich bin aber eine Niete im Interpretieren.”, jammerte Davis.

„Vielleicht kann ich ja helfen.”, Atum kam nunmehr auch endlich in den Raum.

„Ich dachte, du wolltest draußen bleiben.”

„Wäre sicher auch besser gewesen. Wenn ich das Gemälde von mir und Khepri betrachte, bekomme ich eine Gänsehaut.”, das schlanke Mädchen wandte sich zu der Prophezeiung, die noch immer zu lesen war. „Und ist die Sonne doch zerstört

Durch Liebe, sei sie nur verband.

Fügt ihre Teile heil zusammen

Aus der Einheit, aus der sie einst entstand.

In vier Splitter sei die Sonne zerbirst,

Verdunkelt sei ihr Firmament,

Verwart die Splitter in vier Welten,

Die einzig nur die Sonne kennt.”, las sie. „Das ist also der zweite Teil.”

„Sag bloß, du hast nichts von ihm gewusst.”, meinte Davis ungläubig.

„Ich habe auch nichts vom ersten gewusst. Erst durch Kosma erfuhr ich davon.”

„Und? Kannst du mit diesem Gedichtchen was anfangen?”

„Ich weiß nicht. Wie lautete nochmal der erste Teil?”

„Wenn die Sonne wird verschlungen

Von den schwarzen Flügeln, doch

Wenn die weißen Flügel schlafen

Und sich ihre Hoffnung verkroch.

Der letzte Weg ist nur der eine,

Den die Liebe des Schoens erhört.

Lasst weiße Flügel nicht länger schlafen

Sonst die Sonne wird zerstört.”, verkündete Davis ganz stolz. Atum dachte nach, genauso, wie auch Joe.

„Hm, die Sonne wird mehrmals erwähnt. Sie scheint sehr wichtig zu sein. Ein wichtiger Gegenstand oder eine wichtige Person.”

„Tai?”, sagte Joe fragend.

„Aber warum wird Tai von den schwarzen Flügeln verschlungen?”, gab Davis von sich. „Das passt doch gar nicht zusammen.”

„Wartet mal, als wir die Prophezeiung das erste Mal lasen, was war da so wichtig, dass es von den schwarzen Flügeln...?”

„Was sind denn die schwarzen Flügel?”, wurde Atum von Davis unterbrochen.

„Die schwarzen Flügel stehen für Khepri. Hast du’s denn immer noch nicht begriffen?”, gab Joe genervt von sich.

„Also gut, um nochmal darauf zurück zu kommen. Was war Khepri so wichtig, dass er es unbedingt für sich haben wollte?”

„Atum. Aber davor warst du doch noch deine Wiedergeburt. Kosma.”

„Richtig. Also, bezieht sich die Sonne auf eine wichtige Person, um die es zu kämpfen gilt. Außerdem steht da ja auch, - den die Liebe das Schoens erhört -, und Liebe war ja auch das Hauptproblem.”

„Und du meinst, Liebe ist auch jetzt das Problem?”

„Ja, sonst würde doch die Prophezeiung nicht mit im Spiel sein.”

„Aber warum spricht der zweite Teil dann wieder von der Sonne? Kosma ist doch tot.” Davis sah Joe böse an und der korrigierte sich sofort: „Oder zumindest nicht mehr hier.”

„Die Sonne spricht doch nicht ausschließlich von Kosma, sondern von einer wichtigen Person.”

„Also doch Tai. Wenn wir quasi von Tai ausgehen. Es heißt - Und ist die Sonne doch zerstört. Bedeutet dass, dass Tai tot ist?”

„Ich glaube nicht.”, brachte sich Davis nun mit ein. „Okeanomon hat doch gesagt, dass Tai nun ihm gehöre und ich bin mir sicher, dass er ihn noch lebend braucht.”

„Aber es heißt - fügt ihre Teile heil zusammen, aus der Einheit, aus der sie einst entstand. In vier Teile sei die Sonne zerbirst-. Okeanos wird doch Tai nicht viergeteil haben.”

„Nein, ich bin der Meinung, dass eher Tais Seele damit gemeint ist.”

„Moment, Okeanos hat doch gesagt, dass er Tais Digimon, seinen besten Freund, seine Schwester und seine große Liebe in seiner Gewalt hat. Das sind Agumon, Matt, Kari und Kosma. Das sind genau vier Personen, an denen Tai besonders viel liegt. Stellt eucht vor, diese vier Personen ergeben diese Einheit, also Tai selbst.”, dachte Davis laut. „Dann bedeutet das, dass, wenn Okeanomon diese vier von einander trennt, dass auch Tai nicht mehr als er selbst in der realen Welt existieren kann. Das is’ ja schrecklich.”, der Zwölfjährige machte ein betroffenes Gesicht. „Dann ist sicher mit - verdunkelt sei ihr Firmament - Okeanomon gemeint.”

„Dann ist die Aufgabe ja klar. Wir müssen Tais Teile wieder finden, um ihn wieder zusammensetzen zu können.”, meinte Joe trocken.

„Aber wie sollen wir die anderen finden?”

„Steht doch da - verwart die Splitter in vier Welten, die einzig nur die Sonne kennt. Das heißt, dass die anderen in vier verschiedenen Welten sind und nur Tai weiß, wo. ... Sackgasse. Es gibt ja eine paar millarden Welten.”, sagte Joe enttäuscht, nachdem er doch eben einen so genialen Einfall gehabt hat.

„Ja, stimmt. Nur Tai weiß wo, aber so viele Welten kennt Tai nun auch wieder nicht.”, sagte Atum leise, weil sie sich nicht wirklich sicher war, ob sie auch das richtige sagte.

„Was meinst du damit?”

„Naja, überlegt doch mal. In wievielen Welten ist Tai bis jetzt denn schon gewesen?” Joe und Davis sahen sich an.

„Also auf jeden Fall in der Digiwelt.”, Plötzlich erschien vor Davis’s Nase ein Pergament. Der Junge erschrack sich schrecklich, kam aber schnell wieder zur Besinnung. Er starrte fasziniert das vor im schwebende schmutzige braune Papier an, auf dem ein Wort in Großbuchstaben stand.

“Liebe”, las Davis vor. “Was hat das zu bedeuten?”

“Das ist das Pergament, das Atenetamon Kosma einst gab, um ihr das einzige zu zeigen, das eine ganze Welt zerstören kann.”

“Aha... aber, hier steht nicht nur das eine Wort drauf.”, Davis blickte mit großen Augen auf das Papier, aber dem plötzlich ein Wort in gelber Tinte erschien: „Kaverne”. „Was ist das?” Atum griff das Pergament aus Davis' Hand, sah es sich kritisch an und sagte dann: „Das ist der Ort, an dem Agumon jetzt ist. In der Kaverne hier in der Digiwelt.”

„Echt?!?”, riefen Joe und Davis wie im Chor.

„Aber wie geht’s jetzt weiter? OK, Tai war in der Digiwelt. Und da hört’s auch schon auf.”

„Es gibt aber noch mehr Welten, in denen Tai war.”

„Zum Beispiel?”

„Was ist denn mit der realen Welt?”

„Stimmt. Hätten wir schon zwei.”, sagte Davis. Atum sah auf das Pergament, auf dem nun ein zweites Wort „Zisterne” mit blauer Tinte geschrieben stand.

„Kari ist in der realen Welt.”, sagte sie daraufhin.

„Da fällt mir ein, als wir alle um Tais Leben gebangt haben, war er doch durch Demidevimons Gift in der Realität gefangen, im Körper von Kosmas Freundin.” Wieder erschien auf dem Pergament ein Wort in grüner Schrift „Zitadelle”.

„Matt müsst ihr in der Realiät suchen.”

„Woher weißt du, dass Matt in der Realität ist und nicht Kari?”, fragte Davis.

„Ich bin bereits durch mehrere Welten gereist und habe für sowas eine gewisse Intuition entwickelt.”

„Aha...” Joe verdrehte daraufhin nur die Augen: “Nich' die Diskussion schon wieder.”

„OK, drei Welten haben wir. Aber wo ist jetzt die vierte? In dieser muss ja dann Kosma sein.”, sagte Joe und runzelte die Stirn. Alle überlegten.

„Ich hab’ da so ‘nen Verdacht, aber ich bezweifle, dass das möglich ist.”

„Spuck’s aus, Davis.”

„Naja, es wurde doch gesagt, dass es so viele Welten gibt, weil sich jeder Mensch eine eigene Welt wünscht. Und ich glaube, dass sich Kosma...” Das letzte Wort in roter Farbe erschien auf dem Pergament. „Mastaba”. „Ich glaube, Kosma ist in...”
 

...Taichis Welt. So kam es mir vor. Es kam mir vor, wie eine Welt, in der Taichi der Mittelpunkt zu sein scheint und sich alles nur auf ihn konzentriert. Zuerst der haushohe Sieg über die gegnerische Mannschaft beim Fußball, das Caffee förmlich gleich um die Ecke, die merkwürdige Speisekarte, das kostenlose Essen, die Tatsache, dass mich Taichi bei sich wohnen lässt, ohne seinen Eltern bescheid zu sagen und dass die das auch einfach so tollerieren und hinnehmen, als sei es alltäglich. Und jetzt das. Als ich ihn beim Abendbrot - ürbigens bestehend aus Schokoladenkuchen - fragte, was die Schule so mache und wie denn seine Noten seien, lächelte er nur müde und sagte, er gehe nicht zur Schule. Seine Einser-Zeugnisse bekommt er immer frei Haus geliefert. Spätestens jetzt wusste ich, dass hier was absolut nicht stimmen kann. Ich kann’s auch nicht anders erklären, wie eine Welt, die nur Taichi gehört, in der alles so läuft, wie er es gerne hätte. Aber was mache ich dann hier drin?!?

Alle verhalten sich gerade nicht so, wie sie sollen

Alle verhalten sich gerade nicht so, wie sie sollen
 

„Wir wissen, wo Agumon ist.”

„Wir auch.”

„Echt?!?”, fragte Izzy völlig verwirrt den vor sich sitzenden Jungen, der soeben aus dem Computer geschossen kam. „Woher wisst ihr das?”

„Wir haben bei Gennai herumgeschnüffelt.”

„Aha.” Davis stand von Joe auf, da der Computer die beiden Jungs beim Eintritt in die reale Welt sorgfälltig übereinander gestapelt hat.

„Und woher wisst ihr, wo Agumon ist?” Izzy half Davis auf die Beine und drehte ihn dann wieder zum Computer hin. Er öffnete ein Programm. Davis sah dem Rothaarigen gespannt zu.

„Kurz bevor ich mich mit Matt das erste Mal in der Höhle umsah, in der Tai das letzte Mal gesehen wurde, habe ich auf dem Computer im EDV-Raum ein paar Daten empfangen, die sich meinem Wissensradius stark entzogen haben.”

„Und das heißt was?”, Davis blickte die unzähligen Zeichen auf dem Bildschirm blöd an.

„Unter dem uns bekannten Schriftcode der Digiwelt tauchten plötzlich spanische Wörter auf. Ich wusste damit nicht viel anzufangen, da ich noch nie Spanisch gesprochen hatte, also bad ich, Matts kleinem Insidertipp nachgehend, Ken um Hilfe.”

„Klar, unser Spanisch-Genie.”

„Als er die einzelnen Wörter übersetzt hatte, machten wir uns Gedanken, woher sie kamen und was sie bedeuteten.”

„Was bedeuten sie denn nun?” Izzy rieb sich kurz am Kopf und versuchte sich an das zu erinnern, was ihm Ken übersetzt hatte, um Davis auch ja keinen Mist zu erzählen. Aber so ganz bekam er das Bild nicht detailgenau hin.

„Tja, ich bin mir nicht mehr ganz sicher. Scheine die Hälfte schon wieder vergessen zu haben.”

„Das erste Wort bedeutet Hilfe.”, Ken kam plötzlich ins Zimmer rein.

„Ich dachte, du wolltest ‘ne Runde schlafen.”, Izzy drehte sich zu dem dürren Jungen um.

„Ja, aber nur so lange Davis weg ist.”, damit ich mir nicht so viele Sorgen machen muss. Aber das dachte Ken nur, sonst würde ihm Davis nur wieder ins Gesicht springen, weil er ja gesagt hat, dass es sich bemühe, sich so wenig wie nur irgendmöglich Sorgen um Davis zu machen. Das schien ihm aber nicht wirklich zu gelingen. Steinbock eben...

„Hilfe?!? Wer braucht denn Hilfe?”, Joe war nun endlich auch vom Boden aufgestanden und rieb sich den Rücken, auf dem Davis gelandet war.

„Das wissen wir nicht genau. Aber wir denken, dass Agumon Hilfe braucht. Die nächsten Wörter, die wir gefunden haben, waren - gelbes Digimon -, - Digiwelt - und - Kaverne -. Mehr Text gab es bisher noch nicht zu übersetzen. Also glauben wir, dass Agumon in der Kaverne in der Digiwelt ist.”

„Was ist denn eine Kaverne?!?”, stellte sich Davis weiterhin blöd.

„Eine Kaverne ist das veraltete, lateinische Wort für Höhle.”, brachte sich nun Sora in das Gespräch mit ein.

„Und warum haben die dann nicht einfach Höhle geschrieben statt Kaverne? Da kommt man ja voll durcheinander...” Alle verdrehten die Augen.

„Wie dem auch sei. Wir haben aber noch etwas mehr herausgefunden. Wir wissen auch, wo sich die anderen aufhalten. Naja, bis auf Tai.”, Joe zog das Pergament hervor, dass Atum ihm überlassen hat. „Wir haben den zweiten Teil der Prophezeiung auf einem gespiegelten und auf dem Kopf stehenden Bild entdeckt, gelesen und gemeinsam mit Atum interpretiert. Dann erschien plötzlich dieser Wisch und alles war klar.”

„Was steht denn drauf?”, Sora stellte sich interessiert neben Joe, um einen Blick auf das Pergament zu werfen. Joe hingegen wurde dabei ganz rot.

„D-da steht drauf, wo sich Matt, Kari, Kosma und Agumon aufhalten. Agumon ist ganz richtig in der Digiwelt in der Kaverne. Matt ist in der Zitadelle, die in der Realiät stehen soll. Das ist die Welt, aus der Kosma kommt. Kari ist in der Zisterne in der realen Welt, quasi hier ganz in der Nähe und Kosma ist in der Mastaba in der... Naja, wirklich erklären können wir uns das selber nicht. Davis hatte nur so den Gedanken, dass sie wahrscheinlich in Tais Welt ist.”

„In Tais Welt?”, murmelte Sora in sich hinein.

„Brüllt mich bitte nicht an, wenn ich schon wieder fragen muss, aber ich habe leider keinen blassen Schimmer, was eine Zisterne, Zitadelle oder Mastaba ist.”, meinte Davis kleinlaut.

„Ich sag’s dir. Eine Zisterne ist die lateinische Bezeichnung für einen in die Erde eingetieften Auffangbehälter für Regenwasser oder ein unterirdisches Rinnensytem für Trinkwasser. Eine Zitadelle ist ein besonders festes Verteidigungswerk innerhalb einer Festung oder einer befestigten Stadt. Und eine Mastaba ist eine altägyptische Grabbkammer. Sie besteht aus einem rechteckigen Bau mit geböschten Seitenwänden, aus Ziegeln oder Kalksteinblöcken. An der Ostseite gibt es eine Kultstelle, dahinter ist eine unzugängliche Kammer mit der Statue des Toten und die unterirdische Sargkammer.” Alle starrte Sora verblüfft an.

„Woher weißt du denn das alles?” Das Mädchen wurde auf Joes Frage genauso rot, wie er eben noch und sagte dann verlegen: „Naja, ich hab’ mir so viel Sorgen um die anderen gemacht, dass ich plötzlich angefangen habe, die Bücher zu lesen, die hier rumliegen.”

„Tja, dann ist der Fall doch klar.”, rief Izzy. „Jetzt wissen wir, wo die anderen sind. Wir müssen sie nur noch suchen, finden, Okeanomon vernichten und die früheren Bedingungen in den Welten wieder herstellen. Ich sag den anderen Bescheid. Wir bilden Teams und suchen getrennt nach unserern Freunden. Wenn jemand gefunden wurde, werden sämtliche andere benachrichtigt. Alles klar? Also los!!!”, Izzy stiefelt zum Computer und machte sich daran, den anderen Digirittern Mails zu schreiben, dass sich die Siutation wieder in Richtung Hoffnung verschoben hat. Die im Raum Stehenden griffen sich an den Kopf und fragten sich, warum Izzy auf einmal vom Computerfreak zum Anführer mutiert sei. Tai verliert den Mut am Kämpfen, Davis fängt an logisch zu denken, Sora wird zur Allwissenden und Izzy entpuppt sich als Drillmaster. Wo soll das nur hinführen?!?
 

„Taichi, jetzt hör’ mir doch nur zu. Merkst du denn nicht, dass hier eine Menge seltsamer Dinge vor sich gehen?”, versuchte ich den Jungen, der gelangweilt von seinem Bett auf mich hinab sah, von meiner Unsicherheit zu überzeugen.

„Welche Dinge denn?”, fragte er abwesend, als ob es ihn nicht interessiere.

„Erstmal die Speisekarte, auf der nur ein und das selbe stand und wir mussten dafür nicht mal was bezahlen. Du lässt mich bei dir wohnen, ohne dass du deine Eltern fragst und ohne, dass es sie stört. Du gehst nicht zur Schule und bekommst trotzdem Spitzenzeugnisse. Fällt dir da nicht irgendwas dran auf?!?” Taichi überlegte gespielt.

„Nö...”, sagte er knapp. „Du solltest dich mal entspannen. Ist doch schön, dass wir nix bezahlen mussten für so ein super Essen. Außerdem findest du es denn nicht auch in Ordnung, wenn du bei mir wohnst, jetzt, wo du nicht mal weißt, woher du kommst?”

„Das ist noch so ein Punkt. Ich habe dir gesagt, dass ich nicht weiß, woher ich komme, aber das scheint dich nicht wirklich zu interessieren. Es ist, als ob du gerade darauf aus wärst, dass ich bei dir wohne.”

„Und? Ist das etwa nicht OK?”, fragte Taichi plötzlich in einer anderen Stimmlage. Er grinste mich plötzlich lustvoll wie der Wolf das Rotkäppchen an. „Ich find’s prima, dass du bei mir bist.”, er stieg von dem Doppelstockbett zu mir runter und stellte sich ganz nah vor mich. „Du etwa nicht?”

„Taichi, was soll das?”, fragte ich verunsichert. Hoffentlich hatte er, seinem Blick und seinen Worten zu Folge, nicht das vor, was ich gerade dachte.

„In dieser Welt ist doch alles perfekt. Genau, wie du.”

„Was... Was meinst du damit. Du machst mir, glaube ich, Angst.”, ich trat einen Schritt zurück, doch Taichi kam mir wie die Katze auf der Lauer hinterher.

„Weißt du, Kosma. Da gibt es nämlich etwas, das ich dir sagen muss.”

„Und was ist das?”, ich wollte gar nicht, dass meine Stimmer zitterte, aber versucht mal bei dem Blick in solche braunen Augen ruhig zu bleiben.

„Ich habe mich in dich verliebt.” Ich riss die Augen auf.

„Was?!”

„Schon seit ich dich das erst Mal sah.”, Taichis Gesicht näherte sich meinem.

„Das erste Mal?”, ich schluckte.

„Ja, weißt du noch? Das erste Mal, am Computer...”

So sind sie

So sind sie
 

Naja, vielleicht war die Situation auch komplizierter, als sich Izzy das vorgestellt hatte. Darum und weil es sowieso schon recht spät war, beschlossen er, Sora, Joe, Ken und der andere Typ -alias Davis; hab’ nur keinen Bock mehr, ihn als solchen zu bezeichnen, weil mir der Name auf die Eier fällt- ersteinmal eine Nacht darüber zu schlafen. Sie waren alle ziemlich fertig, obwohl der andere Typ am liebsten jetzt schon losgespackt wäre, um Tai zu finden. Doch Ken konnte ihn mit ein paar liebevollen Worten und dem Angebot, bei ihm Schrägstich mit ihm heute Nacht zu schlafen. Da konnte der andere Typ selbstverständlich nicht wiederstehen.

Am nächsten Tag versammelte sich die Digirittertruppe - abzüglich drei Mitgliedern, die sich leider Gottes in den Fängen Okeanomons befanden und abzüglich Ken und dem anderen Typen, die beide wohl nur körperlich anwesend waren und geistig noch im Bett miteinander lagen - im EDV-Raum des Gymnasiums - woher auch immer sie die Genehmigung dafür hatten - und disputiereten, wer mit wem nach wem in welcher Welt zu suchen beginnt. Es wurde nicht lange gefackelt und die Aufteilung war folgender Maßen geregelt: Sora, Joe und Cody hatten wohl vom Ort-des-Geschehens-Finden die wenigsten Schwierigkeiten. Sie hatten den Auftrag nach Agumon zu suchen und da sie bereits wussten, wo die Kaverne beziehungsweise die Höhle war, war das mit dem Suchen auch schon gegessen. TK und Mimi, aber besonders TK, erklärten sich bereit, in der realen Welt die Zisterne zu suchen, in der Kari sein soll. War eigentlich auch nicht sonderlich schwer im Gegensatz zu dem, was Izzy und Yolei zu finden hatten. Sie mussten Matt in der Realität suchen und sie wussten nicht recht, wie sie dort hinkommen sollten. Doch glücklicher Weise war die Lösung schnell gefunden, nachdem sie Atum drei-, viertausend mal anbetteln mussten, die Regeln zu brechen, um irgendeinen Weg zu finden, die zwei in die Realität zu schleußen. Mit Rückfahrkarte versteht sich. Es ging ja immerhin um einen Freund, den man nicht im Stich lassen darf. Aber die wohl schwierigste Aufgabe hatten wohl Ken und der andere Typ. Sie mussten Kosma finden undzwar in Tais Welt. Aber wie kommen nun zwei Sterbliche in eine Welt von einem Typen, von dem sie nicht einmal wussten, wo er war. Nichtmal Atum konnten den zweien helfen, da sie sich nur in Welten transportieren kann, die Gut und Böse beherbergen und so lange in Tais Welt keine Dämonen auftauchen oder sich in seiner Welt irgendjemand verletzt, ist wohl in diesem Fall tote Hose. Das war ein Problem. Doch der andere Typ meinte noch:

„Jetzt macht euch doch keinen Kopf drum. Ich und Ken, wir kriegen das schon irgendwie hin. Macht ihr euch auf die Suche nach den anderen. Vielleicht wird’s ja einfacherer, wenn ihr die anderen gefunden habt. Und sagt mir bescheid, wenn sich was ergibt.” Die Digiritter vertrauten einfach mal den naiven Schwachkopf, dass er und Ken, naja eigentlich hauptsächlich Ken, eine Lösung finden würden. Und mehr als hoffen konnte im Moment keiner. Niemand wusste, was als nächstes passieren würde, was mit ihren Freunden geschehen war, was Okeanomon wirklich vor hatte und ob sie es schaffen würden, ihre Freunde je wieder zu sehen. Aber sie wussten ganz genau, dass sie nicht kneifen werden, dass sie alles in ihrer Macht stehende tun werden und nicht aufhören zu kämpfen, bis auch das letzte Bisschen Hoffnung erstickt wurde. Das sind die Digiritter. Sag ihnen, auf der Straße liegt ein verletzter, kleiner Junge und sie würden sich gar nicht erst die Mühe machen, den Krankenwagen zu rufen. Sie würden den Jungen auch selbst auf offener Straße operieren, wenn es die Umstände erfordern. Diese zwölf Kinder haben in ihrem jungen Leben so unendlich viel durchmachen müssen, dass es für jeden Erwachsenen unfassbar wäre, in welchen Gefahren sie schwebten, gegen welche Digimon sie kämpfen mussten, wieviel sie leiden und erdulden mussten, nur um ihrer Aufgabe, die Welt zu retten, nachzugehen. Es ist direkt schade, dass es sowas nicht auch... ...in der Realiät geben kann.

Vermeintliche Rückkehr

Vermeintliche Rückkehr
 

Nicht nur sein unglaublicher Kuss von eben hatte mich so sehr umgehaun, dass ich dachte, der Boden unter mir würde schwanken. Er hatte mir auch noch dreister Weise ein Bein gestellt - frag mich nicht, wie er das angestellt hat - und ich bin rücklinks in das Bett hinter mir gestolpert, hätte mich dabei fast am oberen Bett gestoßen. Nun lag ich volle Breitseite auf der Decke und Taichi über mir. Was er vor hatte, konnte ich mir in etwa denken, obwohl noch immer die Worte, dass er mich liebt, in meinem Kopf herumgeistern und meinen Verstand vollkommen benebeln. Vielleicht war es aber auch dieser unsagbar fantastische Kuss, der mich völlig aus der Bahn schmiss und mir weis machte, dass alles in Ordnung wäre. Aber das war es nicht im Geringsten. Besonders jetzt nicht, wo Taichi langsam aber sicher anfing, mir unter mein Shirt zu fassen und an meinem Sport-BH zu zerren.

„Taichi, was soll das? Lass das gefälligst.”, versuchte ich mich noch leise gegen ihn zu wehren, aber wirklich Erfolg hatte ich damit nicht. Ich brachte es ja noch nicht einmal ferig, mich selbst damit zu überzeugen, weil ich irgendwie dummer Weise der Auffassung war, dass mir das Spielchen gefiel, was der Brünette da mit mir trieb. Ist doch irgendwie krank... Oder? Hoppla, seit wann hab’ ich denn kein Shirt mehr an?!? Und meine Hose war auch plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Das war jetzt überhaupt nicht mehr witzig. Konnte er das mit mir machen? „Taichi, bitte...”, flehte ich leise.

„Halt den Mund...”, gab Taichi hart aber irgendwie auch liebevoll zurück. Das irritierte mich. Aber noch viel mehr irritierte es mich, dass Taichi jetzt plötzlich auch nichts mehr anhatte. Spinn ich jetzt? Ich war mir ganz sicher, dass er eben in der Sekunde noch sein Hemd anhatte. Aber wo war’s jetzt hin?

Durch das Fenster schien das helle Mondlich und brachte Taichis sonnengebräunte Haut zum glänzen. Schwitzte er etwa? Jetzt merkte ich, dass ich das ja auch tat. Herr Gott, warum fiel es mir nur so unendlich schwer, mich gegen ihn und seine ... Berührungen zu wehren? Es war mir direkt unangenehm. Aber mit siebzehn Sex zu haben ist doch kein Verbrechen? Naja, das vielleicht nicht, aber mit einem Fünfzehnjährigen?!? Ich weiß ja nich’. Moment mal; woher wusste ich, dass Taichi fünfzehn war?!? Aber meine Überlegungen waren sowieso für die Katz. Taichi erledigte schon das Denken und meine Entscheidungen für mich. Aber es war nicht nur sein starker Körper, den ich so fasziniert anstarrte und die Küsse, die er mir in rauen Mengen zusteckte, was plötzlich ein tiefes Vertrauen in mir zu ihm weckte. Es war auch dieses Gefühl, ihn doch irgendwo her zu kennen. Es war noch nie so stark, wie jetzt und es schien meinen Kopf explodieren lassen zu wollen. Ja, es fing sogar langsam an, richtig weh zu tun. Es ist, als ob man die Frage gestellt bekommt, was eins und eins ist und man weiß die Antwort hundert prozentig, aber man kriegt es einfach nicht auf die Reihe, sie auszusprechen. Das Gefühl war einfach schrecklich. Es zerriss mich innerlich. Und die ganzen Dinge, die sich an diesem Tag abgespielt hatte, steigerten dieses Gefühl noch ins Extreme. Die Speisekarte, das kostenlose Essen, das Wohnen, die Schule, die Zensuren. Diese Welt. Diese riesengroße Welt. Wie groß war sie wirklich? Im Moment schien sie mir nicht größer, als dieses Zimmer. Was war hier los? Was passierte mit mir? Was wurde hier gespiel? Wer ist dafür verantwortlich? Was würde ich nicht alles dafür geben, um dieses schreckliche Gefühl, das unerträglich wurde, endlich loszusein. Ich brauche eine Antwort. ICH BRAUCHE ENDLICH EINE ANTWORT!!!

...

Tomamos algo?

...

Gerade in der Sekunde eines einzige, schmerzhaften Stoßes, den ich ganz tief in meinem Inneren spüren konnte, schlug die Antwort ein, wie ein Blitz. Taichi Yagami. Nein, Tai!
 

...piepsss, piiepss...
 

Hä? Was ‘n jetzt los? Boah... Warum is’ es denn auf einmal so hell. Is’ ja ätzend. Wo zum Donnerwetter bin ich denn eigentlich?!?

Ich öffente wieder meine Augen, nachdem ich sie erstmal schließen musste, weil mich plötzlich so ein fieser greller Lichtstrahl geblendet hat, den ich nur zu gut kenne, wenn ich am Montag Morgen vom dunklen Schulflur in den hellen Klassenraum komme und ich am liebsten wieder gehen würde, weil dieses beschissene Klolicht einen fast um den Verstand scheint.

„So’n Pech, dass du erwacht bist. Natürlich Pech für dich...”, hörte ich eine männliche Stimme unmittelbar in meiner Nähe. „Du hattest doch gerade so viel Spaß und ausgerechnte jetzt musstest du dich aus seiner Welt katapultieren. Tisk, tisk, wie dumm die Menschen doch sind.”

„Wer bist du?”, quälte ich mir diese Frage heraus, aber genauso wie das Sehen fiel mir das Sprechen auch nicht viel leichter.

„Irgendwie fragt immer jeder zuerst, wer ich bin. Warum interessiert euch das denn nur so brennend?”

„Sagst du mir jetzt nun, wer du bist oder nicht? Ich hab’ noch weiß Gott andere Dinge zu tun und du verschwendest meine Zeit.”

„Du hast also noch andere Dinge zu tun. Aha, wie interessant. Und wie gedenkst du, diese anderen Dinge zu tun, wenn du dich nicht von der Stelle bewegen kannst?”

„Wie bitte?!?”, doch als ich an mir hinunter sah, beantwortet das meine Frage von ganz allein. Wer auch immer da mit mir gerdet hatte, hatte recht. Mit bewegen war im Moment nicht viel. Ich hing doch tatsächlich in sowas, wie einem riesigen Spinnenetz fest. Zumindest sah es danach aus. War ‘ne konfuse Situation, würde ich sagen. „O-OK, dann kann ich also meine Dinge doch nicht erledigen.”, stotterte ich verunsichert.

„Hab’ ich’s dir nicht gesagt?”

„Nein, aber wäre nett, wenn du mir mal sagst, wer du bist und was ich hier mache.”

„Also, schön.”, in den hellen Lichtstrahl, der nerviger Weise genau auf mich fiel, trat plötzlich ein erwachsen aussehender Junge. Er war ziemlich groß, hatte fast farblose Haut, weißgraue Haar und purpurfarbene Augen. Außerdem zierte noch ein breiter, verschmierter, schwarzer Streifen sein Gesicht. „Meine Name ist Okeanos, wertes Fräulein.”, er grinste mich breit an. „Und du bist meine Gefangene. Naja, besser ausgedrückt, du bist Tais Gefangene.”

Strip Pocker

Strip Pocker
 

„Tais Gefangene? Wie soll ich das verstehen?”

„Es ist doch immer wieder schön, wenn solch junge Leute Fragen stellen. Immer auf Wissen aus. Wie lobenswert.”

„Gott, kannst du auch mal Klartext sprechen?”, mir ging diese hochtragend arrogante Weise, in der Okeanos mit mir sprach, tierisch auf die Nerven. Schön, dass er sich so groß fühlen konnte. Ich konnte mich schlecht wehren.

„Gott?!? Ein tolles Wort, nicht wahr? Man könnte Tai auch fast so bezeichnen.”

„Ich glaube, ich gebe es lieber auf, zu erreichen, dass du mal mit der Sprache rausrückst.”, ich grinste höhnisch und hoffte, dass ich mit umgekehrter Psychologie aus Okeanos was herausbekam.

„Warum machen wir’s nicht einfach so. Für jede Frage, die ich dir beantworte, zahlst du mir etwas.”

„Hä? Was soll ich dir denn zahlen? Ich hab’ doch nichst. Ich weiß nicht mal, wo ich hier bin und was ich hier tue.”

„Du kannst mir das zahlen, was du bei dir hast.”

„Und das wäre?”

„Deine Klamotten...”

„WIE BITTE?!?!”, schrie ich den Jungen an. „Was erlaubst du dir? Ich soll mich hier ausziehen?”

„Ganz genau. Und da das schon die erste Frage war...”, Okeanos kam schwebend auf mich zu - was mich schließen ließ, dass er irgendwie nicht wirklich ein Mensch sein konnte - fasste mir an mein Shirt und riss es mir vom Körper.

„Sag’ mal, spinnst du?!? Hör auf damit.”

„Ich würde lieber meine Fragen bedacht wählen. Wirklich viel hast du ja nicht an.”

„Um Himmels Willen. Da halte ich lieber meine Klappe.”

„Wie du willst. Die anderen werden es dir sicher nicht danken, wenn sie sterben.”, Okeanos drehte sich von mir weg.

„Was? Hey, warte!!!”, rief ich ihm auf seinen wohl nicht ganz unabsichtlich über die Schulter geschmissenen Kommentar hin hinterher. Jetzt hatte er mich. Er drehte sich grinstend wieder zu mir um. „Also schön. Ein paar Klamotten werde ich wohl noch opfern können.”

„Wie lautet deine Frage?”

„Wo bin ich und was tue ich hier und wo sind Tai und meine Freunde.”

„Oh, das wird teuer.”

„Sagst du’s mir jetzt oder nicht?”

„Na, schön. Du bist in der Matsaba, eingeschlossen in Tais Welt und du bist hier, weil er dich unbedingt hier haben wollte. In Tais Welt geschieht alles nur nach seinem Willen. Ich habe dich aus seiner Welt herausgefischt, um dich und damit auch Tai unter Kontrolle zu halten. Wie du es geschafft hast, zu entkommen, ist mir nicht ganz klar, aber ich werde dich ganz schnell wieder von Tais Gedankenwelt abhängig machen.” Ich konnte nicht wirklich fassen, was mir Okeanos da erzählte, aber hauptsache, er redete erstmal. Zum darüber Nachdenken hatte ich später auch noch Zeit. „Und deine jämmerlichen Freunde? Tja, drei davon hab’ ich mir auch unter den Nagel gerissen. Matt, Agumon und Kari, wie du sie nennst. Und die anderen suchen sie wie verzweifelt. Es ist echt zum schießen, wie sie sich Sorgen machen. Ich habe die drei Unglücklichen an drei verschiedenen, weit voneinander entferneten Orten eingesperrt und da werden sie wohl bis ans Ende ihrer Tage ihr Leben fristen. Genau wie du es tun wirst.”, Okeanos grinste mich zufrieden an. Ich musste erstmal das gesamte Gehörte verarbeiten. Warum in Tais Welt und warum sind die anderen verschwunden und warum suchen sie nach ihnen und warum dies uns warum das? In meinem Kopf waren an die tausend Fragen, doch als mir der Junge meine Schuhe und Socken auszog, merkte ich, dass ich mit meinen tausend Fragen vorsichtig umgehen musste. Ich war diesem Typen hilflos ausgeliefert und mehr als ihm gehorchen konnte ich leider auch nicht. „Und, hast du noch irgendwelche Fragen? Hoffentlich ja. Ich steh auf deinen Körper.”

„Nur in deinen Träumen, du Arsch. Wer bist du und was hast du vor?”

„Jippi. Ich bin Okeanomon.”

„Ein Digimon?!?”

„Hm... Darüber habe ich noch nie nachgedacht.”

„Was willst du? Die Weltherrschaft? Dann stellst du dich aber ganz schön dumm an. Es gibt doch unkomplizierte Wege dahin.”

„Die Weltherrschaft?!? HAHAHAHAHAHAA!!!! Soll ich mich totlachen? Was soll ich denn mit der Weltherrschaft? Es gibt Milliarden von Welten und alle gründen sich auf nichts weiter, als Ignoranz, Egoismus und Engstirnigkeit. Jeder bastelt sich seine eigene Welt, nur weil er damit Problemen davon laufen kann. Die Menschen sind ein verwöhntes, spießiges Völkchen. Solbald etwas schwierig wird, flüchten sie sich in eine Welt, wo alles genau ihr Gewicht hat, wo sie tun und lassen können, was ihnen Spaß macht, wo sie Herr über sich selbst sind, wo sie, wie sagt ihr Menschen es doch immer so treffend, frei sein können. Was soll ich denn mit einer Herrschaft über etwas, dass auf der Feigheit eines Menschen gegründet wurde. Es gib gerade mal eine Sache, die wesentlich interessanter ist und auch nur den Hauch eines Sinns in die sonst so trostlose und leblose Menschenwelt bringt.”

„Und die wäre?”

„Rate doch.”, Okeanomon schwebte wieder auf mich zu, vergrub dann seine Hände unter meiner Hose, um sie mir anschließen herrunterzureißen. Dann kam er ganz nah an mein Gesicht heran. „Rate einfach. Die Lösung ist so einfach, wie ironisch.” Er fuhr mir mit seinen eisigen Händen an meinen nackten Oberschenkeln entlang. „Mmmm...” Nicht nur, dass mir irgendwie tierisch kalt wurde, aber irgendwie auch brennend heiß, mir wurde die Situation langsam so dermaßen unangenehm, dass ich die Kontrolle, die Okeanos über mich hatte, nicht mehr fassen konnte. Aber ich wusste natürlich die Antwort auf sein Ratespielchen. Es war offensichtlich, aber ich wollte ihm nicht die Genugtuung geben und es aussprechen, da ich mir sicher war, dass er wusste, dass es das einzige war, um das ich je gekämpft hatte und für das es mir wehrt war, zu leben. Und für genau diese Sache sollte ich jetzt bluten, sollten meine Freunde bluten. Das war doch alles nicht wahr... „Hm... Anscheinend bist du viel zu stur, als dass du mir eine Antwort gibst. Aber wenn es dir ein Anreiz ist; wenn du mir sagst, was ich hören will, kannst du mir ja meine Klamotten ausziehen.”

„Buärgs...”, ich neigte meinen Kopf angewidert von Okeanos weg.

„Wie du willst. Ich könnte dich natürlich auch zwingen.”, er griff mir an den Hinterkopf und zog fest an meinen Haaren, sodass ich ihm in die Augen schauen musste. „Willst du das?” Ich sah ihn auf diese Bemerkung hin nur finster an. „Wie ich solche Augen doch vergöttere. Ein Jammer, dass dich Tai vor mir entdeckt hat. So einen Körper, wie du ihn hast, sollte nicht an so einen Versager verschwendet werden.”

„Halt die Klappe!!!”, schrie ich das Digimon vor mir an. Zu meiner Befriedigung zuckte es auch noch zusammen. „Halt endlich deine miese, beschissene, verkommene Klappe, sonst krieg ich ‘n Anfall. Hol meine Freunde zurück und befreie mich aus diesem Ding, dann werde ich dir versprechen, dass ich dich laufen lasse.”

„Du tust ja fast so, als säßest du am längeren Hebel.”, Okeanos fuhr mir über mein Gesicht, an meinem Hals entlang, über die Schultern, bis er schließlich meine Brüste erreichte. „Darf ich dich dann an etwas erinnern?” Ich grinste ihn an.

„Freu dich nur nicht zu früh. Es mag sein, dass du mehr Macht hast, als ich, aber ich habe etwas, dass du nie haben wirst.”

„Ich höre...”, Okeanomon kam ein Stück näher.

„Freunde...”

„Was?!?”

„Paildramon. ANGRIFF!!! Und lass kein gutes Haar an ihm.” Ein riesiges Digimon schoss wie ein Blitz aus der Versenkung, raste auf Okeanomon zu und erwischte ihn mit einem kräftigen Hieb volle Breitseite. Okeanomon war dadurch mehr als nur überrascht und verwirrt, das es gar nicht wusste, wohin es zuerst schauen sollte. Der Weil kamen Davis und Ken auf mich zu, um mich aus diesem Spinnenetz-Dingsbums zu befreien.

„Sag mal, kannst du denn überhaupt nicht selbst auf dich aufpassen?”, grinste mich Davis an. „Immerhin ist es jetzt schon das zweite Mal, dass wir dich befreien müssen.”

„Ach, halt den Mund.”, grinste ich zurück.

Ich bekam von dem Ritt auf Paildramon nicht viel mit. Ich war noch immer etwas mitgenommen, doch als ich einen Blick zurück warf, erkannte ich nur noch schemenhaft ein großes, rotes, steineres Gebäude. Die Mastaba.

Vier Splitter

Vier Splitter
 

„Hier. Ich weiß nicht, ob dir die Sachen passen, aber probier sie mal an.”, Davis warf mir eine Jeans und ein weißes Hemd zu. Ich nahm sie wortlos entgegen. „Die gehören meiner Schwester.”

„WAS?!? Dieser ollen Jun-Hexe?”, brüllte ich Davis an und hätte die Klamotten am liebsten aus dem Fenster geschmissen. Ich ziehe doch nichst von dieser nervigen Tusse an, die nichts anderes im Kopf hat, als sich unverschämter Weise an Matt ran zu machen. Grrr, wie ich sie hasste.

„Komm schon. Oder willst du meine Sachen anziehen?”

„Um Gottes Willen. Da kleben bestimmt überall Gummibärchen dran.”, angewidert zwängte ich mich in die Sachen rein. Sie waren ein wenig eng und zu allem Überfluss von Jun, aber in der Not friss der Teufel ja bekanntlich Fliegen. „So, und jetzt würde mir bitte bitte mal einer erklären, was hier eigentlich wirklich vor sich geht. Wäre schön, wenn mich mal jemand auf den neuesten Stand bringt. Was ist passiert, wo ist Tai, wo sind die anderen und warum bin ich hier?” Davis sah zuerst noch kurz zu Ken rüber, der gerade mit einer Kanne Tee und drei Tassen ins Zimmer gekommen ist. Ken sah genauso kurz zu Davis zurück, was wohl so viel bedeuten sollt, wie: soll ich es ihr erzählen, der du? War mir eigentlich egal, ich wollte echt nur noch erfahren, was hier abging. Mir war die ganze Situation, obgleich ich bisher natürlich nur einen Bruchteil aus ihr erfahren konnte, wie ich mir bereits dachte, nicht wirklich geheuer. Aber die Digiritter waren Ärger schon irgendwie gewohnt.

„Tja, das is’ ‘ne lange Geschichte.”, fing Davis an zu erzählen. „Es begann eigentlich alles mit dem Kampf du gegen Myotismon...”

Davis quatschte mir mindestens eine Stunde die Ohren zu. Er erzählt mir, wie Tai abgegegangen war, als ich plötzlich nicht mehr da war und wie er dann auf einmal verschwunden ist. Er erzählt mir von Okeanomon und von dem, was Atenetamon ihm erklärt hat. Er erzählt mir von dem zweiten Teil der Prophezeiung und was sie bedeutete und natürlich auch von seinen jämmerlichen Interpretaionsversuchen. Er erzählte mir, wo die anderen Digiritter geblieben sind und was mit Agumon, Kari und Matt passiert war. Er erzählte mir alles, was er wusste und es war wirklich sehr erstaunlich, dass er sich so viel merken konnte. Ich erzählte ihm auch auch von meinen Erfahrungen in Tais Welt. Die Stelle, an der ich mit Tai Sex hatte, hab’ ich selbstverständlich weggelassen. So erwachsen ist Davis nun auch wieder nicht. Außerdem könnte ich ihn und Ken damit auf dumme Gedanken bringen. Böse Komsa, böse Komsa. Mein Trip in Taichis Welt bestätigte Davis’ Theorie. Aber wie es jetzt weiter ging, wusste keiner von uns.

„Wir müssen ganz einfach warten, bis die anderen zurück kommen.”, meinte Ken.

„Is’ schon klar. Habt ihr eigentlich schon was von ihnen gehört? Haben sie sich über das Digi-Terminal schon gemeldet?”

„Naja, von TK und Mimi haben wir schon Nachricht gekriegt. Sie sollten ja hier in dieser realen Welt nach Kari suchen. Sie haben geschrieben, dass sie vollend glücklich sind, Kari tatsächlich in der Zisterne gefunden zu haben und sich auf den Heimweg machen wollen.”

„Und warum erzählst du das mit so einem zweifelnden Unterton?”

„Ihre Nachricht kam vor sechs Stunden.”

„Oh...”

„Von daher müssten sie eigentlich schon längst hier sein.”

Tai kann das nicht getan haben!

Tai kann das nicht getan haben!
 

„Eine Zisterne? Wo zum Teufel soll denn hier eine Zisterne sein?”, fragte Mimi aufgebracht. „Hier könnte es doch eine Million von Zisternen geben. Hast du eigentlich eine Ahnung, wie groß diese Welt ist? Und hast du auch nur eine Ahnung, wo wir mit der Suche anfangen sollen?” TK war schon recht angepisst von Mimis nerviger Stimme. Und er hatte noch Hoffnung, dass mindestens nach dem Kampf gegen Apocalymon Mimi endlich mal vernünftiger geworden wäre. Fehlanzeige. Amerika schien ihr nicht gut getan zu haben. Verwöhnte sie irgendwie nur noch mehr. „Hallo, ich rede mit dir? Oder ignorierst du mich absichtlich?” TK musste schon sehr starke Nerven haben, denn Mimi meckerte nun schon seit sie die Tokyoter-Bibliothek betreten hatten. Ihr anfänglicher Plan war es, dort irgendwo einen Hinweis auf eine bestimmte Zisterne zu finden. Mimi hatte natürlich recht. Es wurden auf der Welt sicher eine Million Zisternen gebaut. Und die meisten davon waren sicher schon wieder zerstört. Also woher nehmen und nicht klauen? „Vielleicht war das alles ja hier ‘ne absolute Schnappsidee. War ja auch deine. Ich würde jetzt lieber was essen gehen. Wir suchen hier schon seit geraumster Zeit ohne auch nur den geringsten Hinweis. Ich hab’ langsam die Schnauze voll und würde jetzt gerne...”

„Verdammt, jetzt halt doch endlich mal deine Klappe!!!”, OK, TK hatte schon sehr lange und tapfer durchgehalten, sich das Gemeckere dieser Ziege anzutun, aber mal muss auch Schluss sein. „Wir suchen hier, um Kari wieder zu finden und vielleicht finden wir auch endlich hier einen Hinweis, wenn du mal mehr suchen und nicht nur rumnörgeln würdest. Also entweder, du schnappst dir jetzt die Register-Datei und durchkämmst jedes Buch, dass du zu dem Wort Zisterne findest oder du verschwindest und lässt mich das hier allein machen. Aber momentan bist du keine große Hilfe. Du hällst mich nur auf.”, TK war nach dieser Standpauke ganz schön außer Atem. Er sah Mimi böse an und die blickte nur unsicher zurück. TK war nicht gerade der Typ Mensch, der schnell aus der Haut fährt, aber wenn ihn mal was wirklich nervt, dann kann selbst ihm der Gedultsfaden reißen. „Was ist jetzt?”, fragte er nochmals, weil Mimi keine Reaktion von sich gab. Doch dann sah sie TK schief an und meinte: „Das stand schon in deinem Horoskop heute früh. Schützen können heute sehr schnell gereizt werden.”

„Und was sagt dein Horoskop?” Mimi sah zum Boden.

„Es sagt, dass Waagen sich nützlich machen sollen.” Matts kleiner Bruder grinste wieder.

„Dann ist ja alles klar.” Die Vierzehnjährige zog von dannen in Richtung Register. TK hingegen schaute wieder in das offene Buch vor ihm. Er seufzte. „Aber sie hat leider recht. Hier etwas zu finden... Dazu brauchen wir ein Wunder.”, er durchblätterte die Seiten in der Hoffnung, auf einen Anhaltspunkt zu stoßen, aber die Götter waren wohl einfach nicht auf seiner Seite. Er fragte sich ernsthaft, wie lange das hier wohl dauern würde. Es könnte Wochen dauern, bis sie wüssten, wo sie mit der Suche nach Kari anfangen sollten. Und was wäre dann mit ihr? Vielleicht würden sie zu spät kommen. Vielleicht hat Okenaomon ihr schon irgendwas grausames angetan und sie kämpft jetzt um ihr Leben. Oder vielleicht ist sie schon längst tot und TK hätte sie nicht gerettet. Jetzt begann sich der blonde Junge immer mehr selbst Vorwürfe zu machen, obwohl noch gar nichts passiert war. Er wollte Kari nicht verlieren. Sie war immerhin Tais kleine Schwester. Und TK selbst? Ihm bedeutete dieses Mädchen die Welt. Wie schlimm muss es sein, einen solchen Menschen einfach zu verlieren und nichts dagegen tun zu können. Das könnte einem doch den ganzen Lebensmut nehmen und die gesamte Welt zum Einstürzen bringen. Das wäre der absolute Tod für die Seele, wenn man einen geliebten Menschen verliert und ihn nie wieder sehen kann. TK konnte Tai immer mehr verstehen. Was der arme Junge gefühlt haben muss, wie schlecht es ihm ging, wie sehr er sich mit dem Gedanken, Kosma für immer verloren zu haben, herumgequält haben muss. So schön Liebe am Anfang auch sein mag, so grausam kann sie auch sein, wenn man sie wieder verliert. Liebe ist wirklich das einzige, was eine ganze Welt zerstören kann...
 

...piepsss, piiepss...
 

TK schrak auf. Was war das? Sein Digivice. Er legte das Buch bei Seite und kramte in seiner Tasche nach seinem Digivice. Das Display leuchtete in allen Farben und das ganze Gerät schien zu vibrieren.

„TK!”, Mimi kam auf den Zwölfjährigen zu. „Sie mal, mit meinem Digivice stimmt etwas nicht.”, sie zeigte ihm ihr tamagotchi-ähnliches, Computerdaten manipulierendes Gerät. Es leuchtete genau wie das von TK. „Was ist hier los?”

„Was ist das?”, TK deutete auf das Bücherregal hinter ihnen. Dort leuchtete es auch. Der Junge näherte sich dem Leuchten. Zwischen zwei Büchern über physikalische Chemie und Molekülorbital-Theorie wurde das Leuchten stärker. TK zog eines der Bücher heraus. Dabei löste sich ein kleiner Zettel aus dem Regal und segelte leise zum Boden. Das Leuchten hörte auf und auch die Digivices der beiden Kindern ruhten wieder in ihrem ursprünglichen Zustand.

„Stell das Buch wieder zurück. Ich krieg davon ‘n Ausschlag.”, Mimi war sichtlich von Physik angwidert. TK stellte daraufhin das Buch wieder zurück in das Regal. Dann bückte er sich und hob den Zettel auf. „Was steht denn da drauf?” TK hob eine Augenbraue und las: „La familia...”
 

„Autsch...” Ein leises Stöhnen war zu hören, das lang und dumpf im Raum wiederhallte. „Das war ‘n Sturzt.” Blonde Haare wurden sichtbar, durch die auch gleich eine blasse Hand strich. „Mein Kopf... Mimi?!? Bist du hier irgendwo?”

„TK?”, hörte der Junge ein paar Meter von sich entfernt. „Wo bist du? Ich sehe nix. Es ist hier zu dunkel.”

„Ich bin hier Mimi.”

„Danke...”, gab diese sarkastisch zurück, da das ihre Sehfähigkeit in der Dunkelheit auch nicht verbesserte. Das Mädchen tastete sich also voran. Sie bewegte sich unsicher und langsam vorwärts, bis sie an TK stieß.

„Au! Du hast meine Nase platt gedrück.”, beschwerte der sich daraufhin.

„Entschuldige. Ist alles in Ordnung mit dir?”

„Keine Ahnung. Ich glaub’, meine Hüfte hat’s erwischt. Jedenfalls tut die am aller meisten weh.”, TK rieb sich seine schmerzende Stelle.

„Also mir tut alles weh. Mir tun sogar Stelle weh, von denen ich gar nicht wusste, dass ich sie hatte. Was ist denn nur passiert?”

„Ich weiß nicht. Ich vermute mal, dass der Boden unter uns weggebrochen war, als ich la familia vorgelesen habe. Jedenfalls kann ich mich noch daran erinnern, wie es laut gedonnert hat und dass ich ziemlich hart aufgeschlagen bin.”

„La familia?”

„Ja, ich vermute mal, dass es italenisch oder spanisch oder gar portugisisch ist und Famlilie bedeutet. Kann aber auch Latein sein.”

„Ich hab’s nicht so mit Fremdsprachen. Stand da nicht noch mehr auf dem Zettel?”

„Nein, da stand wirklich nur la familia. Möchte gern mal wissen, was das alles zu bedeuten hat.”

„Finden wir sicher noch raus.”

„Hoffentlich.”

„Wir sollten vielleicht erstmal herausfinden, wo wir sind. Oder besser, wir suchen erstmal den Lichtschalter. Hier kann man ja kaum die Hand vor Augen sehen.”, Mimi stand schmerzgequält auf, verkniff es sich aber, irgendwelche Geräusche dabei von sich zu geben. Eine feine Dame macht sowas einfach nicht. Aber angesichts der Situation... Sie hatten beide keine Ahnung, wo sie waren oder wie sie dahin gekommen sind, noch was sie hier tun oder wie sie wieder zurückkommen sollen. Jetzt ließ Mimi doch einen kleinen Seufzer los. Aber der machte die Situation auch nicht hoffnungsvoller. Wenn man doch nur hier was sehen könnte... Mimi kam plötzlich ein Gedanke. Wieso sind sie bei den Worten la familia nur hier gelandet? Hatte das vielleicht doch näheres mit dem Wort zu tun?

„LA FAMILIA!!!”, rief Mimi so laut sie konnte. Nichts rührte sich.

„Was sollte das denn jetzt?”, wurde sie von TK gefragt.

„Der Versuch war’s wert. Ich hatte nur gedacht, dass wenn ich la familia sage, dass dann vielleicht das Licht angeht.”, sagte Mimi enttäuscht.

„Naja, normaler Weise ist es doch so, dass man solche Wörter immer rückwärts aussprechen muss.”

„Was Ailimaf al? So ‘n Blödsinn. Mich würde eher interessieren, von wem dieser Zettel da war, oder wie lange er schon zwischen diesen Büchern steckte. Er ist da doch sicher nicht aus Zufall hingelangt, oder?” TK überlegte einen Moment.

„Keine Ahnung, aber von wem auch immer dieser Zettel kam, der muss auch wissen, was hier los ist!”

„Wäre nett, wenn er uns dann mal zeigt, wo der Lichtschalter für die Kacke hier ist.”

„Der ist genau hier!!!”, hörten die zwei plötzlich eine dritte Stimme. Es wurde augenblicklich hell in dem Raum, in dem sich die beiden Digiritter befanden. Sie rissen die Augen auf und sahen sich gebannt um. Sie waren tatsächlich in einer Zisterne. Aber die hier war niemals so ein kleiner Auffangbehälter für Regenwasser. Die Zisterne war eine riesige dunkle Halle; mindestens so groß wie ein Ballsaal. Das Gemäuer aus blau-grünen und grau-beeschen Ziegeln war an vereinzelten Stellen mit Moos bewachsen und überall rann an den Seiten Wasser hinab. In den Raum hinein erstreckten sich Säulen, auf denen sich ein paar Plattformstücke befanden. Vermutlich waren die einzlenen Plattformen einmal zu einer Brücke verbunden und durch den Zahn der Zeit ist die Brücke dann auseinander gebrochen. An einigen Stellen standen sogar noch Reste eines verrosteten Geländers. Die Brückenstücke führten links und rechts zu einem zentralen Punkt, an dem aus einem Loch ein Wasserstrom floss und sich über fachmännisch angelegte Rinnsaale am Boden unter der Brücke den Weg durch die Halle bahnte. Und über diesem Loch fast unter Decke war in großen Buchstaben der Schriftzug „LA FAMILIA” einghauen. Und zwischen dem durch die Verwitterung des Gesteins fast nicht mehr erkennbaren Schriftzug und dem Loch, aus dem das ungewöhnlich klare und reine Wasser floss, hing in einer Art Spinnenetz ein bewusstloses Mädchen.

„KARI!!!”, schrie TK so laut er konnte, als er seine Freundin dort gefangen hängen sah. Sein Schrei hallte an dern Wänden der großen Zisterne wider.

„Meine Güte. Lauter ging’s wohl nicht?”, Okeanos tauchte schwebend neben Kari auf. TK biss sich auf die Lippen, als er sah, wie der weißhaarige Junge seiner Freundin über das Gesicht fuhr.

„Lass sie in Ruhe!”, schrie er Okeanomon an. „Oder du wirst dein blaues Wunder erleben!”

„Is’ das nich’ süß. Der Kleine will mit mir kämpfen.”, meinte Okenaos gelangweilt. TK hingegen blieb standhaft und sah den Feind nur noch finsterer an. „Du wirst damit auch nicht mehr erreichen, wenn du mich jetzt so böse anschaust.”

„Mimi, schreib Davis und Ken, dass wir Kari gefunden haben und gleich nach Hause kommen werden.”

„Is’ gut. Mach ich.”, sagte Mimi unsicher, holte ihr Digi-Terminal aus der Tasche und fing an zu tippen. Sie hatte furchtbare Angst und konnte es sich gar nicht erklären, wie TK nur so mutig sein konnte.

„Soso, du glaubst also, dass du dein Modepüppchen hier befreien kannst.”

„Ich glaube nicht, ich weiß es.”, rief TK fest.

„Schade eigentlich. Deine Standhaftigkeit ist sehr bewundernswert, aber du wirst dieses Mädchen hier nicht rausholen können.”

„Warum?”

„Sobald sie die Zisterne verlässt, ist sie nicht mehr mit Tai verbunden. Du würdest damit quasi eine starke Verbindung eines Bruders zu seiner Schwester trennen. Das Resultat wäre, dass du entweder sie damit tötest oder ihn.”, Okeanos grinste breit.

„Die starke Verbindung zwischen Geschwistern?”, TK grinste ebenfalls. „Die hast du doch schon längst zerstört, als du mir Matt weggenommen hast. Mein Bruder ist auch nicht mehr bei mir und ich lebe noch immer.”

„Das mit deinem Bruder ist ja fast zu ironisch. Du verlierst gleich zwei Menschen, die du sehr liebst, Matt und Kari, an Taichi. Die zwei gehören jetzt ganz allein ihm und du kannst gar nicht dagegen machen.”

„Was meinst du damit, sie gehören Tai?”

„Ist doch ganz einfach. Hätte nicht gedacht, dass du dich so dämlich anstellst. Taichi war doch völlig allein. Keine Kosma mehr. Keine große Liebe mehr. Um so mehr Liebe braucht er von seinen Mitmenschen. Doch ihr habt ihn nur als liebeskranken, besoffenen Idioten abgestempelt, der bald wieder auf die Beine kommt. Ihr habt gedacht, er würde damit fertig werden. Ihr habt gedacht, er wäre dafür stark genug. Zu dumm, dass ihr euch geirrt habt. Und Taichi hat sich die Liebe, die er brauchte einfach selbst genommen. Deine kleine Freundin gehört jetzt ganz allein ihm, genau wie auch dein Bruder. Die zwei wirst du nie wieder sprechen können oder ihnen sagen können, wie sehr du sie liebst. Sie gehören einzig und allein Tai.”

„DU SPINNST JA!! Tai würde sowas niemals tun!”, schrie TK und musste sich bereits bemühen, seine Tränen zurück zuhalten.

„Er würde niemals? Er hat bereits. Sonst wärst du und diese dürre Zicke nicht hier. Also gib dir keine Mühe. Du verschwendest nur deine Zeit.”

„Das kann ich einfach nicht glauben.”, sagte TK nun mit gesänktem Kopf.

„Was denn, Bübchen? Dass Tai dir sowas antut? Das kannst du ruhig glauben.”

„Nein, ich kann es einfach nicht glauben, dass du so einen Scheiß erzählst und Tai die Worte im Mund herumdrehst.”, TK sah Okeanos wieder mit einem festen Blick und einem sicheren Lächeln auf den Lippen an.

„Wie bitte?”, Okeanomon war sichtlich überrascht, genauso wie Mimi, die TK verwundert anstarrt und nicht ganz wusste, was der blonde Junge vor hatte.

„Ist doch ganz einfach. Hätte nicht gedacht, dass du dich so dämlich anstellst.”, sagte er ironischer Weise. „Klar, ging es Tai schlecht, natürlich war er am Ende und selbstverständlich hat er gelitten. Aber er wäre nie und nimmer so dumm und würde einen von seinen Freunden absichtlich verletzen. Das ist wirklich das bescheuertste, was ich je gehört habe. Ich bin mit Tai durch die Hölle gegangen und er hat mir mehr als nur einmal den Arsch gerettet. Und nicht nur ich. Jeder aus unserem Team würde für jeden sein Leben riskieren und du meinst allen Ernstes, Tai würde mich in dieser Hinsicht verletzen wollen, nur weil er leidet und ich nicht? Selbst du müsstest merken, wie sinnlos das ist.”

„Aber er hat es mir selbst gesagt.”, meinte Okeanos, seine Unsicherheit versteckend, weil er sich nicht eingestehen wollte, dass ihn TKs Worte und dessen fester Blick zusehends einschüchterten.

„DANN HAT ER EBEN SCHEISSE GEREDET!”, schrie der Zwölfjährige.

„Jetzt reichts. Ich lasse mich doch nicht von so einem Schnösel in die Tasche stecken.”

„Weißt du eigentlich, was du mich mal kannst. OK, ich kann Kari da nicht rausholen, aber warum soll sich auch der Berg zum Propheten begeben?”

„Moment, was meinst du denn damit?”, tippte Mimi dem Jungen auf die Schulter. Der drehte sich zu ihr um.

„Mimi, du musst mir jetzt vertrauen. Ich kann Kari da nicht rausholen. Okeanos hat recht. Sobald ich sie Tai entreiße, wir sie das zerstören.”

„Und was willst du jetzt tun.”

„Ich gehe einfach zu ihr.”

„Was?!? W-wie willst du das denn anstellen?”

„Halte mich bitte nicht auf.”, TK sah Mimi flehend an, die breits ahnen konnte, was er vorhatte.

„Keine Sorge. Ich werde dich nicht aufhalten. Aber dann halte mich auch nicht davon ab, dir zu folgen.”

„Mimi, nein. Du musst den anderen bescheid sagen.”

„Also entweder wir zwei gehen gemeinsam oder du gehst gar nicht. Diskutiere nicht mit mir. Du kannst nur verlieren.” TK überlegte einen Augenblick. Dann fasste er nach Mimis Hand.

„Also schön. Einer für alle und alle für einen.”, die zwei Kinder drehten sich zu Kari um, die noch immer bewusstlos in den großen Spinnenfäden hing.

„Hey, was wird denn das?”, fragte Okeanos.

„Auf drei?”, doch TK ignorierte ihn.

„Auf drei. Eins... Zwei... DREI!!!”, und Mimi und TK sprangen von der alten kaputten Brücke direkt auf Kari zu. Ein helles Licht füllte die gesamte Zisterne aus. Okeanomon schrie auf. Die Licht verschwand. Nur millionstel Sekundenbruchteile und alles wurde wieder ruhig. Das Wasser hörte man noch immer in den Rinnen rauschen und von den Wänden tropfen. Die Zisterne war wieder dunkel. Doch etwas hatte sich verändert. In den Spinnenfäden hing nun nicht mehr Kari allein, sondern auch TK und Mimi.

„Törichte Kinder.”, Okeanos schüttelte den Kopf. „Sie würden wirklich alles für einander tun. Selbst wenn das bedeutet, dass sie ihr eigenes Leben opfern müssen, um bei ihren Freunden zu sein. Glaub bloß nicht, dass du dadurch stärker wirst, Taichi Yagami. Du bekommst ein bisschen Verstärkung, aber zwei Idioten mehr oder weniger. Auf die kommt es auch nicht an. Du kannst nicht gegen mich gewinnen. Du bist mein Gefangener. Nein, du bist dein Gefangener.”
 

Ich bin allein... Ganz allein.... Es ist alles meine Schuld. Es ist auch besser so gefangen zu sein. Dann kann ich wenigstens niemandem mehr weh tun. Oder wie mir weh getan wurde. Ich bin lieber allein und bestrafe mich selbst, als dass ich jemandem weh tue, der es nicht verdient hat. Nicht so, wie Atum, die mir...

„Tai?...” Was war das? „Tai??.... Taichi?” Diese Stimme. Ich kenne sie. „Tai, wo bist du?” TK?!?

Sie kommen ihm zu Hilfe, aber wird das reichen?

Sie kommen ihm zu Hilfe, aber wird das reichen?
 

„Tja, da kann man nichts machen. Es hat ja wohl keiner eine Ahnung, wo sie sind.”, ich sah Davis traurig an und hoffte inständig, dass TK und Mimi nichts passiert war. „Und sie haben sich wirklich nicht mehr gemeldet?”

„Nein, es herrscht absolute Funktstille. Auch zwischen den anderen.”, Ken, der noch eben so geguckt hätte, als ob ich etwas tun könnte oder mir etwas eingefallen wäre, sah nun zum Boden.

„Wie bitte?!? Von den anderen kam auch keine Nachricht.”

„Leider nicht. Yolei und Izzy konnten Atum noch breitschlagen, dass sie sie in die Realität transportiert. Das war gestern und seit dem haben wir kein Sterbenswörtchen mehr von ihnen gehört.”
 

„Du streitest mit mir!”

„Nein, tu ich gar nicht. DU streitest mit MIR!”

„Von wegen, du hast angefangen.”

„Hab’ ich nicht!”

„Hast du wohl.”

„Du hast ja Paranoia.”

„Und du hast ‘n Knall.”

„Wer hat eigentlich bestimmt, dass wir zusammen nach Matt suchen?!?”

„Keine Ahnung. Wir wurden einfach eingeteilt.”

„Also für mich ist das jedenfalls kein Spaziergang. Du gehst mir ja die ganze Zeit auf Nervern.”

„Beruht vollständig auf Gegenseitigkeit.”

„Gehe ich dir auf die Nerven?”

„Natürlich, seit wir hier sind und seit du mir auf die Nerven gehst, gehst du mir tierisch auf die Nerven.”

„Du gehst mir noch mehr auf die Nerven.”

„Woher willst du das wissen?”

„Weil ich wesentlich intelligenter bin, als du.”

„Genau. Du bist so intelligent, dass du vom Wertebreich der Funktion f von x behauptest, dass y größer sein muss als ONK!”

„Das war.... Hab’ ich jetzt nicht verstanden.”

„Klar, wie den auch. Du mit deinem Spazenhirn.”

„Ach und du weißt wohl alles.”

„Das erklärt sich ja von selbst.”

„Du bist zwar nicht blond, aber blöd genug.”

„Jetzt kommst du auch noch mit veralteten Gliches. Wie erbärmlich. Du bist anscheinend auch noch der Überzeugung, dass Jungs klüger sind als Mädchen.”

„Könnte hinkommen.”

„Tja, ich bin nicht nur klug. Ich habe auch noch zwei Dinge, die du nie haben wirst. Ich bin erstens auch noch hübsch und besitze die Waffen einer Frau. Und ich habe zweitens weibliche Intuition.”

„Mindestens genauso viel, um herauszufinden, dass der Apfel nach unten fällt.”

„Und jetzt bin ich klug genug, um zu wissen, dass ich gerade beleidigt wurde, und hübsch genug, um es zu ignorieren.” So ging das jetz schon, seit Atum Yolei und Izzy in der Realität abgesetzt hatte. Die zwei stritten schon seit einer geschlagenen Stunde. Es fing mit dem Streit an, wo sie mit der Suche nach Matt Beziehungsweise nach der Zitadelle beginnen sollten, zog sich dann über Jungs und ihre seltsamen Eigenschaften, weiter über das Aussehen beider, bis sie schließlich bei ihrer Intelligenz angekommen waren. Auf Kopfschmerzen wurde keinerlei Rücksicht genommen und auch sonst war ihr eigentlicher Auftrag mehr oder minder vergessen. Über das Befinden in der Realität, quasie die Welt, aus der Kosma ursprünglich stammte, wunderten sich die zwei keines Falls. Die Realität sah im Prinzip genauso aus, wie ihre Welt. Momentan standen die Digiritter in der Bibliothek von Kosmas Schule und haben sich seit etwa einer halben Stunde Streitens keinen Schritt nach vorn bewegt. Sie hatten das Buch von MayaAnn gefunden, von dem Tai berichtet hatte, bevor er mit seiner Sauforgie angefangen hat. Als Tai das erste Mal in der Realität durch Demidevimons Gift gefangen war, fand er dieses Buch und las, wie MayaAnn das Schoen beschrieb. Tja und dieses Buch hielten nun Yolei und Izzy in Händen, sind aber durch ihre Streitereien noch nicht dazu kommen, auch nur einen Blick hinein zu werfen.

„Ich hätte es wissen müssen, dass ich mit Skorpionen nicht auskommen.”, kam Yolei nunmehr zu dem Thema Sternzeichen, über das es nun Gefahr lief noch etwa zwei bis drei Stunden zu diskutieren. „Die müssen immer ihren Kopf durchsetzen und wollen alles wissen. Selbst das, was sie eigentlich nichts angeht.”

„Und Zwillinge müssen immer recht haben, egal, ob sie gerade Scheiße reden.”

„Oh ja, und Skorpione...”

„Sind rachesüchtig und gut darin, andere mit ihrem Geschwätz zu verletzen.” Es wurden einen Augenblick still zwischen den beiden, denn das eben Gesagte, hatte keiner von ihnen losgelassen.

„Izzy?”

„Mhm...”

„Was war das gerade?”, Yolei starrte ihr gegenüber ängstlich an. Die Stimme, die sie eben vernommen hatte, klang tief und angsteinflößend und Yolei konnte in Izzys Augen ablesen, dass er ganz genau wusste, wer das gesagt hat.

„Ich..., bin mir nicht sicher...”

„Oh, doch und wie sicher du dir bist. Lüg mich bloß nicht an.”

„Und Zwillinge!”, hörten die zwei Kinder wieder die Stimme, die sie zum zusammenzucken brachte. „Zwillinge meinen oft, Einbildung sei die Wahrheit oder Wahrheit sie nur Einbildung. Sie sind oberflächlich, übertrieben neugierig, denken ohne Untergrund und können ihre Klappe einfach nicht halten. Sie werden schnell gereizt, sind sehr unkonzentriert, süchtig nach Zerstreuung. Und das schlimmste ist...” Plötzlich fing die Erde an zu beben. Yolei und Izzy, rausgerissen aus der starren Trance, in der sie noch eben gesteckt hatte, bekamen einen fürchterlichen Schrecken und suchten etwas, an das sie sich klammern konnten. Doch es war schon zu spät. Ein Teil des Fußbodens brach unter ihnen weg und ließ sie stürzen. Doch der Aufprall nach ein paar Metern war weicher als gedacht. Um sie herum war es stockdunkel. Das einzige, was zu sehen war, war das Loch, durch das sie gefallen waren und das noch etwas Licht spendete. Doch ohne auch nur eine Pause Ruhe, griff eine Hand aus der Dunkeltheit nach Yoleis Shirt. Das Mädchen erschrak sich furchtbar und ihre Angst wurde nicht wesentlich verringert, als sie das Gesicht sah, das zu der Hand gehörte und nun in den Lichtkegel trat. „Das schlimmste an Zwillingen ist es, dass sie durch permanentes Infragestellen in die Verzweiflung getrieben werden können...”, ein breites Grinsen und purpurne Augen starrten Yolei direkt an. „Jaja, Zwillingen haben schon ein schweres Leben.”

„OKEANOS!!! Lass sie in Ruhe!!!”, schrie Izzy unerwartet und stürzte sich schon fast todesmutig auf den großen Jungen/Digimon vor ihm. Es gelang ihm, Okeanomon zu überraschen, sodass er Yolei losließ, die darauf hin völlig verängstig durch die überraschende Situation und den offentsichtlichen Angriff auf ihr Sternzeichen und damit Bloßstellung ihrer Persönlichkeit - denn alles, was Okeanos gesagt hat, stimmte auch wirklich - wieder zurück auf den weichen Boden sank. Izzy hingegen, der noch immer versuchte durch einen kläglichen Angriff gegen Okeanos etwas auszurichten, wurde von dem Digimon mit einem einzigen kraftvollen Stoß von sich weggeschleudert und landete neben Yolei.

„Meine Güte, und sowas nennt sich Digiritter.”, Okeanos hob eine Augenbraue.

„Du weißt, wo Matt ist. Hab’ ich recht?”, rief Izzy ganz mutig.

„Schon möglich.”, Okeanomon sah gelangweilt in den dunklen Raum.

„Wo ist er?”

„Warum willst du das unbedingt wissen?”

„Weil er ein Freund ist und weil wir ihn finden müssen, um einen anderen Freund zu retten.”

„Ach, jetzt kommt der wieder mit seiner ach so tollen Freundschaft. Wie langweilig.”

„Wo ist Matt?”, Izzy stand nun auf.

„Jetzt wird er auch noch dreist.”

„Sag mir endlich wo Matt ist!”

„Und was ist wenn ich es nicht tue? Verprügelst du mich dann, genau wie es dieser kleine Taichi-Verschnitt vorhatte? Uhhh, sieh nur wie ich zittere.”

„OKEANOMON!!!”

„Brüll doch nicht so. Ich bin ja nicht taub.”

„Wenn du mir...”

„Mann, verdammte Scheiße noch mal. Halt endlich deine Klappe!!!”, schrie Yolei und stand auf. „Bist du so blöd oder tust du nur so? Das hat doch bei diesem Hirni von Digimon keinen Sinn. Der wird nie etwas aus sich raus lassen. Wahrscheinlich ist er einfach nur schwer von Begriff. Am besten wir ignorieren ihn und suchen allein nach Matt. Der wird uns jeden falls nichts sagen.” Izzy sah Yolei ganz verwirrt an, da diese noch vor ein paar Minuten wie versteinert Okeanos angestarrt hatte und jetzt auf beiden Beinen stand und bereit war, sich mit jedem anzulegen, der größer ist, als sie. „Also, kommst du nun?” Sie stapfte voraus, mitten in die Dunkelheit hinein und promt als sie den Lichtkegel verließ, konnt Izzy sie schon nicht mehr sehen.

„Hey, Yolei, wartest du mal gefälligst?”, und der Vierzehnjährige rannte dem Mädchen hinterher.

„Ich werde ignoriert...”, jammerte Okeanos. „Lass ich mir das gefallen?”, er überlegte eine Weile. „Oha...”, und verschwand auch in der Dunkelheit.

In der Dunkelheit sicher weiter vorkämpfend schritt Yolei blindlinks durch die Pampa, ohne zu wissen, wo sie hinging. Izzy, der sich an den Zipfel ihrer Jacke gehäftet hatte, damit er nicht verloren ging, trottete nur hinterher und fragte sich, wie es Yolei nur schafft, in dieser Dunkelheit so selbstsicher voran zu schreiten.

„Und du bist dir auch ganz sicher, dass das in Ordnung ist, was du da tust?”, fragte er daher nach.

„Natürlich bin ich das.”, antwortete ihm Yolei.

„Aber warum bist du dir so sicher?”

„Hab’ ich dir doch vorhin erklärt: Das nennt sich weibliche Intuition.”

„Aha...”, gab Izzy darauf hin kurz von sich. Er hatte wohl keine Wahl, als Yoleis Intuition einfach Vertrauen zu schenken, denn wenn nicht sie noch weiß, was zu tun ist, wer soll es dann wissen? Hinzu kam noch, dass sich Izzy nach all der Streiterei wieder an den armen Matt erinnerte, den es ja gerade zu retten galt. Der rothaarige Junge knallte sich auf diesen Gedanken hin die Hand an die Stirn. Es gab einen leisen Klatsch und Yolei registierte das. Sie drehte sich zu ihrem Hintermann um und fragte irritiert: „Was zum Teufel war das?!”

„Keine Sorge. Das war ich.”, beruhigte sie Izzy.

„Wehe, du machst das noch mal. Ich hab’ mich erschreckt!”

„Tut mir leid.” Yolei konnte Izzys betroffenes Gesicht nur vermuten. „Aber es ist doch irgendwie total bescheuert. Wir kloppen uns hier wie die Blöden und haben ganz vergessen, dass wir eigentlich einen Freund retten sollen.”, Izzys Worte trafen Yolei. Sie verstand sofort und er hatte recht. Sie sollten sich lieber um Matt kümmern anstatt hier rumzuzanken.

„Ich weiß, was du meinst. Entschuldige, dass ich vorhin so scheiße drauf war.”

„Mir tut’s auch leid.”, in der Dunkelheit suchte Izzy Yoleis Hand, um sie zu schütteln. „Jetzt, wo das geklärt ist, fällt mir ein, dass wir vorhin wenigstens hätten so schlau sein können und einen Blick in dieses Buch von MayaAnn zu werfen. Aber keiner von uns beiden hat dran gedacht und jetzt is’ es weg...”

„Wieso weg? Ich hab’s doch hier!” Izzy konnte nicht sehen, dass Yolei das Buch aus der Innentasche ihrer Jacke holte.

„Du hast es mitgenommen?!?”, fragte er ungläubig.

„Natürlich. Ich bin vielleicht ein Streithammel, aber solche wichtigen Dinge entgehen mir ja nicht.”

„Aber wie sollen wir das Buch lesen. Ich kann ja nicht mal dich sehen.”

„Ja, das ist natürlich ein Problem.”, die Dreizehnjährige überlegte kurz. „Aber eventuell steht ja was in Blindenschrift drin.”, sagte sie freudig.

„Das ist das dümmste, was ich je gehört habe.” Trotz Izzys Kommentar öffnene Yolei das Buch, um zu sehen, ob sie recht hatte. Doch kaum hatte sie die erste Seite aufgeschlagen, erfüllte sie die Dunkelheit schlagartig mit Licht. Die zwei Digiritter erschraken über dieses Geschehenis. Verblüfft stellten sie fest, dass sie in einem weiten Raum standen. Die Wände, die Decke und auch der Boden waren mit Efeu und anderen Pflanzen bewachsen, sodass vom eigentlichen Untergrund, auf dem das Grünzeug wuchs, nichts mehr zu sehen war. Sie selbst standen auf einem Berg aus Pflanzen, der an einer Wand fast bis unter die Decke reichte. Jetzt verstanden sie auch, warum sie vorhin so weich gelandet waren. Doch als sie beide weiter in den Raum sahen und an der ihnen gegenüberliegdenen Wand Matt gefangen in einer Art Spinnennetz entdeckten, erschien auch Okeanos wieder. Er musterte die zwei Kinder.

„Was habt ihr getan?”, fragte er

„Yolei...”, flüsterte Izzy, dessen Herz vor Sorge und Angst gerade stehen gelieben war.

„Was denn...”, flüsterte sie zurück, der es nicht gerade anders schlecht ging.

„Versteck das Buch!”

„Was?”, jetzt drehte Yolei ihren Kopf nach unten und merkte, dass sie ja noch immer MayaAnns Buch in der Hand hielt. Sie hielt es hinter ihren Rücken, stopfte es ein Stück in ihre Hose und zog dann ihr Shirt darüber.

“Ich habe euch was gefragt.”, wiederholte Okeanos gereizt, weil er offensichtlich mit der Aktion der zwei Digiritter nicht gerechnet hatte.

“Äh...”, stotterte Izzy. “Nichts, wir haben gar nichts gemacht. Ganz ehrlich.”

“Hm...”, Okeanos blickte finster auf die beiden Kinder nieder und schwebte dann zu ihnen. “Ihr wollt mich also zum Narren halten.” Izzy wusste schon gar nicht mehr, was er sagen sollte und Yolei war nur damit beschäftigt, dass ihr das Buch nicht gänzlich in die Hose rutschte. Doch dann kam Izzy wieder zu sich und erinnerte sich daran, weswegen sie eigentlich hier waren. Wegen dem armen Matt, der da hilflos an der Wand hing.
 

„Yolei?”

„Was ist?”

„Ob das jetzt funktioniert, weiß ich leider nicht, aber ich glaube, wir können Tai und Matt nicht einfach so allein lassen.”

„Können wir auch nicht. Dein erster schlauer Gedanke an diesem absolut beschissenen Tag.”

„Machst du also mit?”

„Klar. Allerdings wäre das dann das erste Mal, dass wir uns einig sind.”

„Das streichen wir uns im Kalender rot an.”, Izzy sah Yolei lieb an und nahm ihre Hand.

„Machen wir. Sofern wir das hier überleben...”

„Ich wollte dir aber noch was sagen, bevor wir das jetzt machen.”

„Was denn?”

„Zwillinge treten ihrem Dasein mit neugierigem Interesse entgegen, sie haben eine gute Wissensbasis und sind voll von Einfällen und Ideen, die so manchen niemals in den Sinn kommen würden. Und sie begreifen das Lernen als lebenslangen Prozess.”

„Wo hast du das denn auswendig gelernt?”

„Das weiß ich einfach so.”

„Klar und ich bin der schiefe Turm von Pisa...”, Yolei zog einmal kräftig an Izzys Arm und sie beide srpangen von dem pflanzenbewachsenen Vorsprung direkt auf den bewusstlosen Matt zu. Ein grelles Licht stach plötzlich auf und füllten die ganze Zitadelle aus. Okeanos sah dem ganzen Schauspiel grimmig zu und nachdem es vorbei war und es in der Zitadelle wieder dunkel wurde, kam er auf Matt zugefolgen. Doch nun hingen auch links und rechts neben dem bloden Jungen Izzy und Yolei mit in dem Spinnennetz. Okeanos packte Matt am Hemd seiner Schulunfiorm und zog ihn ganz nah zu sich heran. Der Kopf des Bewusstlosen fiel nach vorn und Okeanos sah ihn erzürnt an.

„Du mieses kleines Arschloch. Ich hätte nicht gedacht, dass Freundschaft unter den Digirittern so extrem wichtig ist. Doch wenn es Taichi so wichtig war, dann war es ja abzusehen. Aber bilde dir bloß nichts darauf ein, Träger des Wappens der Freundschaft. Taichi befindet sich noch immer in meiner Gewalt. Egal, wieviel Unterstützung er von außer erhällt, ohne seine Familie und seinen Partner und seine Liebe und ohne seinen besten Freund, wird er niemals frei kommen können. Niemals!”, Okeanos grinste. „Hörst du mich Taichi? Du hast keine Chance. Sie kämpfen zwar alle um dich, aber die Welten trennen dich noch immer von deiner Seele. Bemitleide dich ruhig selbst. Ertrinke in deiner Sehnsucht nach deiner Seele. Du wirst sie nie zurück bekommen können. Es war deine Entscheidung. Ganz egal, wie sehr sich deine mikrigen Freunde um dich bemühen, am Ende wirst du schon erfahren, dass der einzige Weg, die gewaltsame Durchsetzung des Willens ist und nicht mehr.”
 

Es ist zu dunkel um etwas zu sehen. Oder mache ich nur nicht die Augen auf. Schlafe ich vielleicht? Oder träume ich nur? „Tai?!?” Dann ist dieser Traum wunderschön. „Tai, mein Gott, wir dachten...” Denn ich kann in diesem Traum meine Freunde hören. Zwar leise, aber ich kann sie hören...

Mehr war nicht mehr zu retten

Mehr war nicht mehr zu retten
 

„Na, wundervoll. Keiner ist mehr da.”, ich hörte schon gar nicht mehr auf, mir Sorgen zu machen. Keiner ließ etwas von sich hören und keiner machte Anstalten, von sich glauben zu lassen, er lebe noch. Das war echt die Härte und mal ganz davon abgesehen war es nicht wirklich witzig zu wissen, dass man der Auslöser dieser ganzen Miseren war. Jeder der Digiritter hätte es hundertprozentig abgestritten, dass alles meine Schuld war, aber ich wusste es ganz genau. Ich war für den ganzen Mist verantwortlich. In diesem Moment fing Davis' Computer an, wie wild zu piepsen. Er blinkte und summte und piepste, dass man meinen könnte, er wolle ganz doll sehr auf sich aufmerksam machen. Lichtblitze zucken plötzlich durch das Zimmer und das Brummen des Pcs wurde immer lauter. Noch ein paar Augenblickte und man hörte ein Sausen und gleich darauf ein krachen. Als die paar Staubwölckchen, die sich gebildet hatten, verraucht waren, lag vor uns ein völlig fertiger Cody, mit ein paar Schrammen im Gesicht und heftig atmend.

“Cody!!! Guter Gott, was ich denn mit dir passiert?”, rief Ken und wir allen kamen bestürtzt auf ihn zu.
 

In eine Decke gewickelt saß Cody nunmehr auf der Couch und zitterte noch eine Weile vor sich hin.

“Geht's wieder?”, fragte ich besorgt. Ich bekam darauf hin ein kleines Nicken.

“Was ist denn passiert?”, wollte Davis sofort wissen. Ich fand das ein wenig taktlos von ihm. Cody ging es sichtlich schlecht und ihn jetzt gleich auf sowas anzusprechen. Anderfalls wollte ich selbst gerne wissen, was los war. Der Kleine sah Davis geknickt an, seufzte dann und machte nun endlich seinen Mund auf.

“Sora und Joe sind nicht mehr da.”, sagte er traurig.

“Wie meinst du das? Sie sind doch nicht etwa tot?”

“Nein, das nicht. Ich weiß nicht ganz, was mit ihnen passiert ist. Sie sagten, ich solle mich in Sicherheit bringen und sie kümmern sich um Agumon.” Wir drei sahen sichtlich verwirrt drein.

“Cody, vielleicht ist es besser, du erzählst uns die ganze Geschichte.”, meinte Ken lieb.

“Also schön.”, Cody sah dabei zum Boden. “Viel ist an der Geschichte nicht dran. Ich bin nicht mal sicher, ob ich ganz genau verstehe, was los ist. Durch das Tor am Stütztpunkt kamen Sora, Joe und ich in die Digiwelt. Die Kaverne ließ sich auch leicht finden. Da drin war es zwar stockdunkel, aber Joe hatte glücklicher Weise an eine taschenlampe gedacht. Wir folgten dem langen Höhlengang und dachten schon, er würde gar kein Ende nehmen. Doch irgendwann fingen unsere Digivices an zu piepsen. Diesem Piepsen kamen wir sehr schnell auf die Schliche, als wir Tais Digivice auf dem Boden blinken und piepsen sahen. Doch als Joe aus aufhob...”, er schluckte. “Ich weiß nur noch, wie plötzlich ein Feuerball auf uns zuflog und wie Sora schrie und dann ging alles so schnell. Okeanomon tauchte auf. Wir schickten natürlich gleich unsere Digimon in den Kampf, aber die hatten gegen Okeanomon nicht die geringste Chance. Okeanomon hat nur gelacht und lauter schreckliche Dinge über Tai erzählt, an die ich mich leider nicht mehr richtig erinnern kann. Es war laut und beängstigend, das alles. Ich weiß nur noch, wie Okeanos uns irgendwann angriff. Doch Joe und Sora kam dann irgendwann eine Idee. Sie sagten mir nicht, was sie vor hatten. Sie meinten nur, dass ich da nicht mitmachen könnte, weil einer wieder zurück in die reale Welt muss, um euch davon zu erzählen, was passiert war. Aber ich denke, sie wollten mich nur in Schutz nehmen, weil ich noch so klein bin. Ich haben ihnen widersprochen. Ich wollte sie nicht allein lassen, doch sie ließen mich nicht und zwangen mich, sofort zu gehen. Und bevor ich sie auch noch durch mein gezeter in Gefahr bringe, bin ich lieber gegangen.”, er machte eine kleine Pause. “Was heißt gegangen. Ich bin gerannt. Ich rannte, so schnell wie ich konnte. Kurz bevor ich das Ende der Höhle erreichte, sah ich nur noch, wie es in ihr kurz aufleuchtete und ich hörte Okeanomons Schrei. Dann bin ich nur noch so schnell wie möglich zum Stützpunkt gehetzt.”, der Junge sah immer noch betroffen zu Boden.

“Du machst dir Vorwürfe, dass du Sora und Joe im Stich gelassen hast, was?”, meinte ich leise. Cody fing daraufhin an zu schluchzen und zu weinen und vergrub sein Gesicht in der Decke. Das war mir schon klar. Der Kleine war ja völlig fertig. Ich setzte mich zu ihm auf die Couch und nahm ihn in den Arm.

“Ich weiß nicht, was mit ihnen passiert ist.”, schluchzte er. “Ich weiß nur, dass sie nicht mehr nachgekommen sind und dass bestimmt etwas ganz schreckliches mit ihnen passiert sein muss.”

“Nein, Cody. Ganz sicher. Mit denen ist nichts schlimmes passiert.”, sagte ich beruhigend.

“Ehrlich?”, Cody hob seinen Kopf.

“Ja sicher. Ich bin mir sicher, dass sie alle noch am Leben sind.”

“Ehrlich?!?”, jetzt hob auch Davis seinen Kopf. “Woher?!?”

“Ja, einen Moment.”, schaltete sich Ken ein. “Es ist ja lieb, dass du Cody aufmuntern willst, aber wie kannst du dir so sicher sein, dass unsere Freunde alle noch am Leben sind.” Ich sah die Jungs ernst an und atmete einmal tief durch.

“Ich hab da nen Verdacht.”
 

Es tut mir ja alles leid. Mir tut alles so leid. Aber mir kann das alles nicht mehr leid tun. “Tai?...” Jetzt bin ich sowieso ganz allein. “Hast du...?” Aber warum kann ich... “Hast du ihn...?” Warum kann ich dann so deutlich... “Ist er das?” So deutlich meine Freunde...? Bin ich allein?

Analyse II

Analyse II
 

Wir saßen nunmehr da, wie die Ölgötzen und wussten nicht weiter. Ken brachte dem armen Cody gerade eine Tasse Tee. Der Kleine war immer noch total fertig von dem, was er gesehen hatte.

“Also, ich will ja nicht respektlos erscheinen...”, fingt Davis leise an die Stille zu durchbrechen. “Aber wir alle sind uns einig, dass die Situation reichlich aussichtslos aussieht und dass wir uns bemühen sollten, einen Ausweg zu finden.” Ken dreht sich daraufhin zu ihm um, hob eine Augenbraue und meinte: “Das ist das wohl kontroverseste, was du je von dir gegeben hast. Wir sollen aus einer aussichtloses Situation einen Ausweg finden.”

“Nein, Davis hat schon recht.”, schaltete ich mich ein. “Momentan sitzen wir alle ganz schön in der Scheiße und wie's aussieht, ist das wohl oder übel meine Schuld. Aber wir müssen uns dran machen, eine Lösung zu finden. Tai ist dahin geschwunden und unsere Freunde mit ihm. Also entweder, wir überlegen jetzt angestrengt oder wir können uns gleich ganz abschreiben.” Ich bekam zustimmendes Nicken von allen. “Na, schön, ich hatte gesagt, ich habe einen Verdacht, also tun wir mal so, als hätten wir Ahnung und rekapitulieren. Der große böse Hauptfeind ist Okeanomon. Laut der Prophezeihung vergleichen wir Tai mit dem Schoen, Okeanos ist demzufolge das Böse und ich das Gute. Da keins von beidem gleichzeitig existieren kann, verschwand ich von der Bildfläche. Ich weiß aber ganz genau, dass ich mich in Tais eigener Welt aufgehalten habe, zumindest nur für eine kurze Zeit.”

“Is ja auch logisch. Tai liebt dich. Du warst plötzlich weg und der einzige Weg, dich wieder zu kriegen, ist der, dich in seine Welt zu projezieren, genauso, wie es deine Freundin mit Will Smith gemacht hat. Im wirklichen Leben hätte sie ihn nie erreichen können, also stellt sie sich ihn einfach vor.”, analysierte Cody.

“Ja, aber da ist noch eine Sache, die ich noch immer nicht verstehe.”, Davis kratzte sich an der Nase. Wir sahen ihn alle mit großen Augen an.

“Was denn?”, fragte ich.

“Du bist tot!”, meinte Davis trocken und ignorierte mein entrücktes Gesicht. “Nimm's nich persönlich, aber eigenltich bist du doch tot. Du warst nur die Wiedergeburt von Atum. Nachdem die Sache mit Kephri geklärt war, hat sie deinen Körper nicht mehr gebraucht. Du bist in tausend Fetzen zersprungen.”

“Wo er recht hat.”, pflichtete Ken ihm bei. Ich dachte nach. Davis hatte wirklich recht. So gesehen war ich tot. Wie kam es dann, dass ich trotzdem hier war??? Es sei denn...

“Ich glaube, ich habe die Antwort.”, ich richtete mich auf. “Die Prophezeihung und das, was Atenetamon mir gesagt hat, richten sich nach genau zwei Prinzipien. Erstens existieren überall, in jeder Welt und in jedem Menschen Gut und Böse, die immer im Gleichgewicht gehalten werden müssen. Und zweitens: Liebe ist das einzige, was eine ganze Welt zerstören kann, wie uns ja Kephri bewiesen hat. Durch den Verlust von Tais Liebe wurde dessen Welt zerstört und sein Gut und Böse wurden frei gelassen und manifestiert. Ich bin ganz einfach nur die Manifestation aus Tais Gedanken. Tai ist völlig paralysiert. Als ich in seiner Welt war, war darin alles Friede, Freude, Eierkuchen. Etwas böses konnte ich darin nicht entdecken. Ich war mir sogar sicher, dass sich Tai nicht mal drüber im Klaren ist, was in der realen Welt mit ihm passiert ist und dass er sich nur in seine eigene Welt geflüchtet hat.” Alle hörten mir aufmerksam zu. Offensichtlich machte das Sinn, was ich da von mir gab. “Und genau da sehe ich auch die Lösung des Problems. Sowohl ich als auch Okeanos laufen frei herum, aber wir haben beide ein und das selbe Ziel. Tai. Wie es die Prophezeihung sagt, wir kämpfen beide um das Schoen. Momentan hat er es und macht damit was er will.”

“Aus diesem Grund brauchte er auch dich, Kari, Matt und Agumon.”, sprach Ken für mich weiter. “Ihr bedeutet Tai das meiste und euch alle hat er in Tais Welt eingesperrt, da, wo Tai denkt, das alles in Ordnung ist. Okeanos muss dich wohl gleich, als Tai dich manifestiert hat, genau wie die anderen drei, gefangen genommen haben.”

“Das erklärt, warum ich in diesem Spinnentetz aufgewacht bin.”, meinte ich dazu.

“Okeanos bekommt Tai so unter Kontrolle. Unseren anderen Freunden muss genau das klar geworden sein und nun versuchen sie auf genau diese Weise Tai zu erreichen. Okeanos schießt sich so quasi ein Eigentor. Er dachte, er könne Tai in seiner Welt einsperren und hoffte darauf, dass er darin bleiben würde, weil Tai ja denkt, dass das die reale Welt wäre, weil da ja alles ist, was er braucht. Darin sind Kari, Agumon, Matt und du.”

“Nein, falsch.”, warf ich ein. “Ich WAR da. Aus irgend einem Grund muss ich es da raus geschafft haben. Außerdem sind schon unsere Freunde auf dem Weg zu ihm, die ihm früher oder später raus helfen werden.”

“Aber was ist, wenn sie das nicht schaffen?”, fragte Cody. “Was ist, wenn sie ihn nicht überzeugen können, dass Tai an das falsche glaubt und dass da draußen was viel schrecklicheres vor sich geht. Oder was ist, wenn sie alle selbst glauben, dass es in Ordnung ist, in Tais Welt zu leben.” Das war eine gute Frage. Wir konnten nicht sicher sein, ob die anderen das schaffen würden. Sie befanden sich immerhin in Tais Welt. In einer eigenen Welt kann jeder tun und lassen, was er will. Und wenn Tai etwas nicht passt, denkt er es sich einfach weg.

“AACCHHH!! Menno!”, jammerte ich. “Warum muss das nur alles so ausweglos sein? Wir können Okeanos nicht angreifen, weil er zu starkt ist und gerade im Besitz den Schoens ist. Wir können nicht zu Tai, weil der sich sofort Schmetterlinge denkt, wenn wir ihm erzählen, was wirklich los. Verflucht, denkt nach Leute. Es muss doch eine Lösung geben.” als ich fast so weit war, mir ein paar Haare aus dem Kopf zu reißen, kam mir ein Gedanke. “Mir fällt da gerade was ein. Wo habt ihr zwei mich eigenltich gefunden?” Ken und Davis sahen sich an.

“Was meinst du?”

“Naja, ich meine, ihr habt doch gesagt, die Personen, die Tai am wichtigstens sind, verbergen sich in vier verschiedenen Welten, die Tai alle kennt. Agumon in der Digiwelt, Matt in der Realität, Kari in der realen Welt und ich in Tais Welt. Aber wenn ich in Tais Welt war und ihr mich gerettet habt, dann muss das ja bedeutetn, dass ihr in Tais Welt gewesen sein müsst...” Ken und Davis rissen synchron die Augen auf und starrten mich an, als würde ich plötzlich in Flammen stehen.

“Das Tor, das Izzy entdeckt hat...”, stammelte Davis. Ken nickte nur schluckend. Mit einem Schlag rissen sich beide zusammen, schossen hoch, Ken zog Cody die Tasse weg und die Decke von den Schultern. Ich wurde von Davis am Arm gepackt. “So, Leute Urlaub is vorbei!”, brüllte er mir ins Ohr.

“Hey! Erfahre ich mal, warum ihr plötzlich so einen Stress macht.”, jammerte ich, während Ken bereits den PC anschaltete, um das Tor zur Digiwelt zu öffnen.

“Kurz bevor Matt verschwunden ist, hat er uns eine Nachricht zukommen lassen, das Izzy ein neues Tor entdeckt hat, was eigentlich unmöglich ist, weil Myotismon alle Tore, bis auf das am Stützpunkte zerstört hat.”, erklärte mir Davis hastig. “Aber dieses Tor ist gar keine Verbindung zwischen der realen und der Digiwelt. Es ist die Verbindung zu Tais Welt. Durch dieses neue Tor sind wir zwar zuerst in die Digiwelt gekommen und landeten auch prompt an besagter Höhle. Wir konnten dich allerdings nicht finden, also beschlossen wir, wieder zurück zu gehen und einen neuen Plan zu machen. Doch als wir durch das selbe Tor wieder in die reale Welt gehen wollten, sahen wir uns wie aus heiterem Himmel vor dir und Okeanos stehen. Wir dachten, wir wären in dem Korridor zwischen der realen und der Digiwelt nur falsch abgebogen und kümmerten uns nicht weiter drum. Aber jetzt ist es klar. Durch dieses Tor kommen wir direkt zu Tai.” Ich war nicht sicher, ob ich das alles gerade auch so verstanden habe, wie Davis es mir vor die Füße knallte, aber das war mir auch reichlich egal. Ich musste nur zusehen, dass mir Davis nicht den Arm abriss, so schnell wie er mich durch das offene Tor in die Digiwelt zerrte.

Finale

Finale
 

“Mir ist jetzt alles völlig klar.”

“Was ist dir klar.”

“Okeanomon weiß überhaupt nicht, dass ich Atum bin!”

“Wie bitte?!?”

“Als ich aufgewacht bin und ihm ausgeliefert war, hat er mich als Mensch bezeichnet. Myotismon hat mich hingegen gleich als Schwester angesprochen. Und auch jetzt nennt er mich wieder Mensch. Wir alle sind von Anfang an davon ausgegangen, dass Okeanomon und ich voneinander wissen. Wir haben gedacht, dass Okeanomon weiß, dass ich seine Schwester bin. Wir haben niemals in Betracht gezogen, dass er das gar nicht weiß. Und es macht Sinn. In Tai existierte nur noch der Hass und der Groll gegen Atum. Also wollte er das böse als erstes aus sich verbannen. Erst nachdem ich mich wieder selbst in Tai verliebte und nach einer Antwort gebettelt hatte, manifestierte er mich auch als sein Gutes. Wie sollte mich Okeanos auch kennen, wenn Tai in sich das Böse nicht akzeptieren wollte?”

“Ja und wie hilft uns das jetzt weiter?”

“Wenn er nicht weiß, wer ich bin, dann weiß er auch nicht, wozu ich in der Lage bin.”

“Und wozu bist du in der Lage?”

“Ich bin in der Lage, ihm das Schoen wieder wegzunehmen. Ich bin Atum und ich bin die einzige, die gegen ihn kämpfen kann und ihm das Schoen wieder wegnehmen kann.”

“Aber wie willst du das anstellen? Tai will sich doch nicht helfen lassen. Er liebt seine eigene Welt, weil er da alles hat, was er braucht. Sobald wir uns in seine Welt einmischen, denkt er es sich anders und aus die Maus. Du wirst nicht einfach das Schoen an dich reißen können, so lange Tai das nicht will.”

“Aus diesem Grund hat er Freunde, die ihm das sagen.” Ich blickte Davis fest an. “Du bist der einzige, der noch übrig ist. Du bist sein Erbe und du bist das, was Tai jetzt noch fehlt. Du siehst aus wie er, du denkst wie er, du bist fast er. Und genau dich braucht er noch, um zurück zu finden. Du weißt, was du zu tun hast.” Davis sah mich erst ein wenig ängstlich an, doch diese Kämpfernatur weiß, wo sein Platz ist. Er nickte kurz und rannte dann schnurstracks auf das Spinnenetz zu, in dem Ken und Cody hingen. Ich wandt mich wieder Okeanos zu, der nur verwirrt Davis hinterher sah.

“Was wird denn das jetzt? Springen jetzt etwa alle Lemminge über die Schlucht?” Ein heller Blitz leuchtete auf, der Davis verschlang.
 

...Was ist hier los?? “Tai, komm zu dir!” Warum höre ich so viele Stimmen? “Wach auf. Das ist nicht der richtige Ort für...” So viele bekannte Stimmen?
 

“Jetzt bist also nur noch du übrig, Prinzessin.”, Okeanos kam langsam auf mich zu, so als sei er noch irgendwie selbstsicher.

“Ganz recht.”, antwortete ich ihm, bewegte mich aber keinen Zentimer, sondern sah ihn weiter hin finster an.

“Niemand mehr, der dich beschützt. Niemand mehr, der für dich da ist. Wie traurig.”, als er unmittelbar vor mir stand, legte er seine Hand auf meine Schulter. “Wie jammer schade. Allerdings macht es mir die Sache jetzt um einiges einfacher, dich wieder dahin zu schicken, wo du hergekommen bist. Zurück in Tais Welt. Es sei denn, du willst freiwillig gehen, wie all deine anderen Freunde.”

“Warum sollte ich freiwillig gehen?”

“Wie bitte?”, der Junge sah mich überrascht an.

“Der Berg hat sich ja wohl zum Propheten zu begeben. TAI!!”, rief ich so laut ich konnte.
 

“TAI!!” Was? Wer ist da?
 

“TAI, HÖRST DU MICH?”, rief ich noch lauter. Okeanos war sichtlich verwirrt, nahm endlich seine Hand von meiner Schulter und trat ein paar unsichere Schritte zurück.
 

“TAI, HÖRST DU MICH?” Diese Stimme...
 

“GIB NICHT AUF! ICH BIN GLEICH DA UND HOL DICH DA RAUS!”

“Und wie willst du das anstellen?”, fragte mich Okeanos mit einem schon fast wieder selbstsicheren Lächeln. Doch ich war mir klar darüber, dass er wusste, dass ich noch einen Trumpf im Ärmel hatte.
 

“GIB NICHT AUF!” Das ist... ihr Stimme... “Tai, komm zu dir!” und die vielen anderen Stimmen. “ICH BIN GLEICH DA UND HOL DICH DA RAUS!” “Wir sind alle hier. Wir sind für dich da. Du musst nur wieder zu dir finden.” Sie sind alle da? Alle? Ich bin nicht allein?
 

Ich holte mit der Hand aus, als ob ich Okeanomon einen runter hauen wollte.

“Soso, du kleine Prinzessin will mich verprügeln. Wie süß. Na los, versuch's doch.” Selbstgefällig hielt mir Okeanos seinen Oberkörper hin.

“Tai! Ich hoffe, die anderen haben es geschafft. Glaub an dich und deine Freunde.”
 

“Tai! Ich hoffe, die anderen haben es geschafft.” Die anderen... “Glaub an dich und deine Freunde.” Meine...? “Du bist nicht allein.” “Wir sind alle hier.” Meine Freunde...? Ich habe... Freunde...
 

Ohne zu zögern rammte ich meine Faust in Okeanos Brust. Damit hatte er wohl nicht gerechnet. Er sah nur, wie meine Faust auf ihn zuflog und fast gänzlich in ihm stecken blieb. Blut floss keines, aber dafür flossen Okeanos die Gesichtszüge davon.

“Was... hast du getan?”, fragte das Digimon geschockte. Er war stocksteif, atmete nicht mal mehr.

“Ist dir noch nie in den Sinn gekommen, dass wir Geschwister sind?”, lächelte ich ihn an.

“Atum?”
 

Ich habe Freunde...
 

Plötzlich bekam ich im Inneren von Okeanomon etwas zu fassen. Eine Hand. Eine weiche, warme Hand. Ich zog mit aller Kraft daran. Ein Licht erstrahlte grell aus dem Digimon, das schrie und wand sich unter der Hellichkeit. Aus seiner Brust jedoch zog ich einen langen, leuchtenden Gegenstand heraus. Das Schoen war wieder in meiner Hand. Okeanos hingegen sank vor mir kraftlos auf die Knie. Ich betrachtete das Schoen in meiner Hand glänzen. Ich streichelte das Schwert.

“Tai... Zeigen wir's diesem Idioten, der dir das alles angetan hat.” Ich holte einmal kräftig aus, langte mit dem Schwert zu und schlug Okeanos den Kopf von den Schultern. Ein gewaltiges Donnern und Blitzen wurde entfacht. Gleißendes Licht erstrahlte aus allen Richtungen, sodass ich die Augen schließen musste. Es folgte eine Explosion gewaltigen Ausmaßes, die mich einige Meter weit durch die Luft schleuderte. Die Schockwelle nahm mir mit einem Mal das Bewusstsein, sodass ich die Haltung verlor und völlig erschöpft nieder sank.
 

“Du hast gut gekämpft, Kosma.”

“Wer ist da? Mein Kopf tut weh...”

“Erkennst du mich denn nicht?”

“Sollte ich?”

“Hmpf, netter geht's wohl nicht.”

“Hast du was anderes erwartet?”

“Mag sein.”

“Du bist Atum, hab ich recht?”

“Stimmt genau.”

“Was ist passiert?”

“Du hast Tai befreit und all deine Freunde auch.”

“Dann ist dieser Kampf jetzt vorbei?”

“Mhm.”

“Aber du bist immer noch in mir. Und ich bin nur eine Manifestation. Ich werde Tai wieder verlassen müssen und das ganze Debakel wird von vorne beginnen.”

“Kosma, was hast du aus dem ganzen hier gelern?”

“Dass es fatal ist, wenn man glaubt, man könne sich für den Rest seines Lebens in eine eigene Welt einsperren und hoffen, dass man nie wieder den Grausamkeiten des Alltags ins Gesicht sehen muss.”

“Wie poetisch.”

“Danke.”

“Aber wenn du das verstanden hast, warum glaubst du, dass es Tai noch immer nicht verstehen wird?”

“Weil Jungs ne Schraube locker haben.”

“Ja, das auch...”

“Ne, ich weiß nich. Wie Atenetamon gesagt hat. Liebe ist das einzige, was eine Welt zerstören kann. Wenn Tai jetzt wieder um seine Liebe betrogen wird, dann knallt er doch wieder durch.”

“Aber meinst du nicht, dass der Junge auch irgendetwas gelernt haben muss?”

“Ich weiß, worauf du hinaus willst.”

“Und du bist dir sicher, dass Tai das auch weiß.”

“Ja, ich denke doch. Ich glaube, dann kann ich ja gehen.”

“Er wird dich nicht vergessen. Und du wirst auch weiter leben. Keine Sorge. In irgeneiner Fantasie wirst du deinen Platz finden. Und wenn es nur MayaAnns Geschichte sein wird. Aber genau das zeigt uns, dass Gedanken immer frei sind, selbst wenn das bedeutet, dass sich Gut und Böse zuerst die Köpfe einschlagen müssen, um das zu verstehen.”

“Ja, du hast recht. Mach's gut.”

“Bye... schönes Leben noch.”

Epilog

Zwei Wochen sind nun vergangen, seit die Tragödie mit Tai endlich sein Ende genommen hatte. Der Junge hatten sich schnell wieder eingekriegt, nachdem ihm die ganze Story erzählt wurde und ihm von seinen Freunden wieder auf die Beine geholfen wurde. Er versuchte, sein normales Leben wieder aufzunehmen. Er ging wieder wie gewohnt in die Schule, kämpfte sich beim Fußball durch und traf sich so oft es ging mit seinen Freunden.

Nunmehr saß er wieder am Eingang der Kaverne, um, wie er sagte, ein bisschen vor sich hin zu sein.

“Na du.”, erklang hinter ihm plötzlich eine Stimme.

“Hi, Matt. Schön, dass du gekommen bist.”, wurde der blonde Junge freundlich begrüßt.

“Ist alles in Ordnung?”

“Ja, sicher.”, meinte Tai, doch seine fröhlichen Gesichtszüge konnte er nur schwer auf Kurs halten. “Naja, ging schon mal besser.”, beteuerte er deswegen.

“Du denkst an Kosma, hab ich recht.”

“Vierundzwanzig Stunden am Tag.”, Tai ließ den Kopf hängen.

“Kann ich verstehen.”, sagte Matt und setzte sich zu seinem Freund. “Aber kann ich dir eine Frage stellen?”

“Sicher.”

“Kosma ist dir schon wieder davon geglitten. Warum traucht nicht schon wieder ein Okeanomon auf?” Tai lächelte daraufhin.

“Die Antwort ist einfach mein Freund. Ich habe Kosma geliebt und sie verloren. Ich habe mich elend gefühlt, verloren und verlassen. Ich dachte, ich wäre der einzige Mensch auf der Welt, dem es so schlecht geht und ich dachte, ich hätte es verdient, einfach abzuhauen und nie wiederzukommen. Aber Kosmas Tod wäre so ziemlich umsonst gewesen, wenn ich aus der Sache nicht etwas gelernt hätte.”

“Und das wäre?”

“Freundschaft. Ihr wart alle für mich da, ihr habt euer Leben für mich riskiert. Versteh mich nicht falsch, das habt ihr schon des öfteren getan. Aber dieses Mal ging es nicht darum, die Welt zu retten oder eine größere Katastrophe zu verhindern. Es ging ganz einfach nur um einen verzweifelten Jungen, der so dumm war und sich irgendwo in eine Welt eingeschlossen hat, um den Schmerz nicht mehr zu ertragen. Aber dabei hatte ich ganz vergessen, dass es Freunde gibt, mit denen ich den Schmerz teilen kann, die mich verstehen und die mir helfen. Freunde, auf die ich immer bauen kann und die mir immer zur Seite stehen. Wenn ich das früher erkannt hätte, hätte ich euch eine Menge Ärger ersparen können.” Tai seufzte leise.

“Ja, aber ich muss auch sagen, wir alle haben viel dazugelernt.”

“Ach ja, was denn?”

“Dass du unbedingt ne Frau brauchst, Junge.”
 

ENDE
 

09.02.06
 

MayaAnn



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Kommentare zu dieser Fanfic (23)
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Von:  jozu
2008-06-13T12:01:51+00:00 13.06.2008 14:01
xD super Epilog ^-^
die ganze FF ist super :)
Zwar hab ich manchmal das Gefühl zusammenhänge fehlen, also das sie plötzlich etwas machen ohne das gesagt wird wie das passiert^^'
nuya sonst war alles super :D
nuddelsuppenfreak
gibs vielleicht noch einen dritten teil, denn du vergessen hast xD
Von:  jozu
2008-06-13T11:57:46+00:00 13.06.2008 13:57
schönes ende :)
Ich hoffe Tai hat verstanden, was er verstehen sollte, ich hab es nicht verstanden ^^'
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-12T19:09:06+00:00 12.06.2008 21:09
arme kosma wird in der gegen rum gezerrt xD
Und das ergibt alles einen sinn...*bedächtig nick* xD
super kap, bin schon auf die nächsten gespannt ^-^
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-12T18:49:57+00:00 12.06.2008 20:49
Was ist mit Sora & Joe?!
Was hat der mit ihnen gemacht oO
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-11T15:49:41+00:00 11.06.2008 17:49
Jaja, freundschaft geht über alles xD
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-11T15:30:02+00:00 11.06.2008 17:30
oO T.k ist ja voll wagemütisch, aber was er über tai gesagt hat stimmt ^-^
super kap
nuddelsuppenfreak
Von:  Sch0k0herz
2008-06-10T16:56:52+00:00 10.06.2008 18:56
oh mist! ich dacht jetz wird alles gut, aber tai und die anderen sind ja immer noch weg!!=/
mach bitte schnell weiter!!^^
glg
-stracciatella-
Von:  jozu
2008-06-10T13:05:33+00:00 10.06.2008 15:05
Wieso habe ich das ungute Gefühl Okeanos hat die drei? Oo
wahrscehinlich weil genau das zu erwarten ist^^
freu mich schon auf die nächsten Kaps^^
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-10T13:02:21+00:00 10.06.2008 15:02
oO hab ich jetzt was verpasst?
Wie haben Ken und Davis Kosma gefunden?
das kam jetzt ziemlich plötzlich^^'
trotzdem schönes kap ^-^
nuddelsuppenfreak
Von:  jozu
2008-06-09T08:09:32+00:00 09.06.2008 10:09
oO Kosma...wo ist sie?
Und wieso habeich das Gefühl das dieser Böse mit O (ach wenn ich mir nur Namen merken könnte xD) eine Art, oder Seite von Tai, wenn nicht sogar er höchst persönlich ist?
bin auf jedenfall gespannt wie es weiter geht ^-^
nuddelsuppenfreak


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