Das grüne Amulett von night-blue-dragon ================================================================================ Kapitel 10: In letzter Sekunde ------------------------------ Kapitel 10 In letzter Sekunde Der Inuyoukai blieb auf der Wiese vor dem Wald stehen... kurz zweifelte er an seinen Sinnen. Glaubte er doch Rins Aura wahrzunehmen, die sich ihm schnell näherte... zu schnell. Doch im nächsten Moment war sie weg. Mit zwei Sätzen war er im Wald, ein weiterer brachte ihn auf einen Baum. Im dichten Laub dessen Krone verborgen lauerte er der zweiten Aura auf, die eindeutig zu dem Begleiter Rianas gehörte. Leises Flügelschlagen ließ ihn nach oben blicken... Okami erspähte eine Wiese... darauf hielt er zu. Wenn ihn nicht alles täuschte musste Riana hier vorbeikommen. Seine ganze rechte Seite schmerzte, die Haut war stellenweise aufgeschrüft. Damit konnte er fertig werden, die Kleine hatte es schlimmer erwischt, von den Kratzern und Schürfwunden abgesehen schien sie sich den Arm gebrochen zu haben. Ein unwilliges Knurren verließ seine Kehle, diesen Nanashi würde er sich noch vorknöpfen sobald er das Mädchen in Sicherheit gebracht hatte. Rückblick... Beinahe wären sie Beide in die Tiefe gestürzt. Okami hatte damit gerechnet, das es steil nach unten gehen würde... tat es nur nicht. Stattdessen landete er auf einem Geröllhang, Rin befand sich am dessen Ende und klammerte sich an einem abgestorbenen Baum fest. Unter dem Gewicht des Vampirwolfes kam der ganze Abhang ins rutschen. Gerade so eben erreichte er das Mädchen, packte und drückte es an sich. Zum Glück konnte er das Schlimmste von ihr fernhalten, dennoch verletzte sie sich. Bevor sie endgültig über den Hang hinausrutschten, bekam Okami eine alte Wurzel zu fassen die ihren Fall abrupt stoppte. Ein stechender Schmerz schoss durch seinen Körper, offenbar hatte er sich gerade seine Schulter verletzt. Schweiß brach ihm aus, die Luft wurde knapp, da sich Rin panisch an seinen Hals klammerte. „Nicht so fest.“, preßte er zwischen den Zähnen hervor. Rin umklammerte mit ihren Beinen den Körper des Mannes und lockerte ein wenig ihren Arm um dessen Hals. Jetzt hatten sie wirklich ein Problem, denn es ging steil nach unten. Es gab für Okami nur einen Weg. „Rin hör mir zu. Du musst mir jetzt vertrauen... lass meinen Hals ganz los. Ich halte dich fest und lasse nicht zu das du runterfällst.“, redete er beruhigend auf das Mädchen ein. Diese schüttelte nur ihren Kopf ...wie unter Zwang starrte sie in die Tiefe. „Nicht runtersehen... schau mich an... sieh mir ins Gesicht.“, beschwor er nun den Teenager. Ganz langsam wendete sie den Blick von der Tiefe und schaute Okami an. „So ist es gut.“, lobte er das Mädchen. „Du vertraust mir doch?“ fragte er sanft. „Ja...“, hauchte sie zur Antwort. „Nimm mir das Halsband ab... Rin bitte, es ist unsere einzige Chance. Lass meinen Hals los und nimm mir mein Halsband ab.“, verlangte er eindringlich. Zögerlich nickte sie, sie spürte wie der Arm um ihren Körper sie noch fester hielt. Ihren linken Arm konnte sie kaum bewegen, immer noch zaudernd löste sie ihren rechten von dem Hals des Schwarzhaarigen. Sie wusste natürlich das er ein Dämon war, er hatte daraus auch kein Geheimnis gemacht. Sie mochte Okami... in menschlicher Gestalt und auch als Wolf. Einmal wollte sie dem Wolf das Halsband abnehmen... Riana war sehr ungehalten darüber und schärfte ihr ein, dieses Okami niemals abzunehmen. Aber das hier war eine Ausnahmesituation... Die Wurzel an der sich der Vampirwolf festhielt gab etwas nach, ein Ruck ging durch seinen Körper. „Rin... bitte.“, beschwor er das Mädchen. „Riana wird nicht schimpfen.“ „Gut... ich machs.“, stimmte Sesshoumarus Begleiterin zaghaft zu. Umständlich löste sie den Verschluss, immerhin hatte sie nur eine Hand zu Verfügung... wieder gab die Wurzel ein wenig nach und riss kurz darauf. Zu groß war das Gewicht das an ihr hing. In dieser Sekunde zog Rin ihrem Begleiter den Lederriemen vom Hals. Der Schwarzhaarige schaffte es noch sich von der Felswand ab zu stoßen, damit er gleich ungehindert seine Flügel entfalten konnte. Der Schmerz in seiner Schulter stieg ins unermessliche, mit eisernen Willen kämpfte er gegen die Ohnmacht an, die sich seiner bemächtigen wollte. Der Wind pfiff um ihre Ohren, angstvoll klammerte sich Rin an dem Dämon fest. Ein tapferes Mädchen, dachte sich Okami. Nicht ein panischer Laut kam über ihre Lippen, obwohl sie sicher Todesangst hatte. Der Vampirwolf spürte diese Furcht nur am verkrampften und zitternden Körper der Kleinen. Endlich bekam er genügend Aufwind unter seine Flügel, mit kräftigen Schlägen gewann er wieder an Höhe. Weit von ihrer Absturzstelle entfernt, erreichte der Schwarzhaarige den Rand der Klippe, flog noch ein Stück höher und hielt sich dann eben über den Baumkronen. Er musste sich beeilen, lange konnte er das Mädchen nicht mehr halten. Jetzt – ohne Besinnung – lag sie schwer in seinem Arm. Gegenwart... So sanft wie möglich landete er auf der Wiese, behutsam legte er die Schwarzhaarige in das Gras. Plötzlich nahm er eine machtvolle Aura hinter sich wahr... Die goldenen Augen verdunkelten sich vor Wut... dieser Wolf hatte es gewagt sich an seiner Begleitung zu vergreifen. Ein Umstand den er absolut nicht dulden konnte. Auch wenn er es jedem gegenüber abstreiten würde... Rin war ihm in all den Jahren ans Herz gewachsen. Einen Wimpernschlag später stand er hinter dem schwarzhaarigen Dämon. Langsam richtete dieser sich auf und drehte sich zu ihm um. „Was hast du mir ihr gemacht?“ fragte Sesshoumaru kalt. „Ich hab gar nichts gemacht.“, erwiderte Okami in gleicher Tonlage. „Du lügst!“, stellte der Inuyoukai fest und zog sein Katana, um es in den Vampirwolf zu treiben. Das klirren auf Metall lies ihn verwundert innehalten, die Klinge seines Schwertes glitt an einer anderen herunter. Sein Blick folgte der Hand, dem Arm und sah dann in kalte grüne Augen. „Was soll das?“ kam es scharf von Riana. „Ich bestrafe ihn.“, fauchte der Weißhaarige förmlich. Was machte die Rothaarige denn hier? Das hob die Laune Sesshoumarus nicht im geringsten. „Du hast ihn nicht mal gefragt, was passiert ist. Du handelst immer noch wie es dir gerade passt.“, warf sie ihm zornig vor. „Und jetzt steckst du dein Katana besser weg.“, drohte sie kalt. Die goldenen Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, dennoch nahm er sein Schwert herunter. „Warum sollte ich das tun?... Es wird Zeit dir eine Lektion zu erteilen.“, warnte er seinerseits. „Es ist eine Frage der Gerechtigkeit. Ist er schuldig, bin ich die erste die Okami nieder streckt.“, antwortete sie auf seine Frage. „Und was die Lektion betrifft...“, ein verächtliches Grinsen zog sich über ihr Gesicht. „... versuche es und du erlebst dein blaues Wunder.“ Trotz seiner Schmerzen beobachtete Okami interessiert dieses Wortgefecht. Bevor die Zwei allerdings mit ihren 'Lektionen' begannen mischte er sich ein. „Ich will eure traute Zweisamkeit ja nicht stören, aber die Kleine braucht Hilfe... von mir mal ganz zu schweigen. Und dann ist da noch dieser Nanashi der Schuld an ihrem Zustand ist... dem würd ich doch zu gerne auf den Pelz rücken.“ „Wer ist dieser Nanashi?“ hakte Riana nach, ihr Schwert hielt sie immer noch schützend vor Okami und den Inuyoukai ließ sie auch nicht aus den Augen. „Das ist der Dritte im Bunde von denen die uns ans Leder wollen. Er hatte Rin entführt, mit ihr wollte er dich in die Falle locken. Heute morgen war er wohl der Meinung, das er sich bei ihr noch ein wenig Spaß holen kann. Zum Glück war ich da... so wie er sagte hat er seinen Plan geändert. Er hat die Kleine einfach über die Klippe geschubst... tja, da hatte ich keine Wahl und bin hinterher. Dieser hinterlistige Youkai glaubte tatsächlich, dass unser Tod dich aus der Fassung bringen würde und du dadurch leichter zu überwältigen wärst.“, berichtete der Schwarzhaarige mit knappen Worten. „Wo ist er jetzt?“ wollte sie wissen. „Wenn mich nicht alles täuscht, ist er noch bei den Klippen.“, erklärte der Vampirwolf. Riana dachte einen Augenblick nach, den Inuyoukai ignorierte sie nun völlig, in einer fließenden Bewegung glitt ihr Katana zurück in die Schwertscheide. „Du bringst Rin zur Herberge, ich gehe zu den Klippen und komme dann nach.“, bestimmte sie nun. „Nein!“, kam es peitschend von Sesshoumaru. „Das ist meine Sache.“ „Wie kommst du auf diese absurde Idee? Dieses Individuum trachtet uns nach dem Leben. Misch dich da nicht ein.“, konterte sie, in ihren Augen blitzte es gefährlich auf. Auch die goldenen Augen des großen Youkais begannen vor unterdrücktem Zorn zu funkeln. „Meinetwegen kann er dich und deinen... Freund.. töten. Das ist mir egal. Aber er hat sich an jemanden vergriffen, der unter meinem Schutz steht. Deswegen ist es meine Sache.“, machte er ärgerlich klar. Wieso rechtfertigte er sich vor dieser Frau? Das hatte er doch gar nicht nötig. Er ließ sich eindeutig zu viel von ihr gefallen, dass musste sich ändern. Sie wollte widersprechen, dass sah er ihr an, aber sie tat es dann doch nicht. Stattdessen fixierten sie sich mit ihren Blicken. So kannte sie ihn... stolz und unbeugsam. In diesem Punkt hatte er sich nicht verändert. Es wunderte sie ein wenig das er noch hier stand und mit ihr stritt. Warum ging er nicht einfach und tat was er wollte? Wie er es immer machte? Riana schob ihren Stolz etwas beiseite, ohne ein weiteres Wort wandte sie sich von dem Weißhaarigen ab und kümmerte sich um Rin – ihr zu helfen war dringender als einen niederträchtigen Youkai zu jagen. Zwar rechnete der Inuyoukai nicht mit dieser Reaktion, verstand aber was die Rothaarige damit ausdrücken wollte. Die spöttische Bemerkung die gerade über seine Lippen wollte hielt er zurück. Nach einem letzten Blick auf die geheimnisvolle Frau wandte er sich ab und verschwand Richtung Klippen. Nachdenklich schaute Okami hinter ihm her. „In Nanashis Haut möchte ich jetzt nicht stecken.“, bemerkte er trocken. Lange bedauerte er den schwarzäugigen Dämon allerdings nicht. Etwas anderes war viel interessanter, darüber vergaß er sogar seine lädierte Schulter. „Du kennst den Hundedämon schon länger, nicht wahr?“ wollte er neugierig wissen. Dieser Streit zwischen den beiden war schon sehr aufschlussreich gewesen. Zu gerne würde der Schwarzhaarige mehr erfahren. Doch wie es aussah würde sich Riana zu diesem Thema ausschweigen... wie schon so oft. „Ich habe ihn vor ein paar Tagen getroffen.“, antwortete sie überraschender Weise. Die Neugierde ihres Begleiters war ihr nur zu gut bekannt, ohne eine zufriedenstellende Antwort würde er nicht aufhören sie mit Fragen zu belästigen. In der Zwischenzeit hatte sie den gebrochenen Arm des Mädchen provisorisch ruhig gestellt. Behutsam nahm sie Rin auf den Arm und machte sich auf den Weg. Verblüfft starrte ihr der Vampirwolf hinterher. „Willst du hier Wurzeln schlagen?“ fragte sie ihren Begleiter ohne sich nach ihm umzusehen. Okami beeilte sich ihr zu folgen, zwei Dämonenauren sagten ihm, das Nanashis letztes Stündlein geschlagen hatte. Seinen Gegner hatte der Inuyoukai schnell gefunden, dieser war überheblich genug sich nicht zu verbergen. Gelassen schritt Sesshoumaru auf ihn zu, dicht vor ihm blieb er stehen. „Für wen arbeitest du?“ kam die überraschende Frage. „Enjosha.“, beantwortete Nanashi diese völlig überrumpelt. „Was geht dich das überhaupt an?“ Startete er den Versuch sein Gesicht zu wahren. „Nichts... ich wollte nur wissen, wer so erbärmliche Feiglinge beschäftigt.“, gab Sesshoumaru teilnahmslos zurück. „Ich bin kein Feigling... Für diese Beleidigung bezahlst du mit deinem Leben.“, fuhr der Schwarzäugige sogleich auf. „Du streitest es ab? Dann hast du kein unschuldiges Mädchen entführt? Hast es nicht über die Klippen geschleudert?“ Schlag auf Schlag kamen die Fragen und mit jeder wurde Nanashi immer blasser. „Ich... ähm... ich...“, stotterte er, suchte fieberhaft nach einer Ausrede. „Spar dir den Atem... du hast einen Fehler gemacht... du hast mich verärgert.“, drohte der Weißhaarige, blitzschnell packte er den Schwarzäugigen an der Kehle, tief drangen seine Klauen in das Fleisch des niederträchtigen Youkais. Das Gift, das er jetzt freisetzte, sickerte in den Blutkreislauf Nanashis und bildete zusätzlich eine kleine Wolke vor dessen Gesicht. Vergeblich wehrte sich der Dunkeläugige... gegen die Kraft des Inuyoukais kam er nicht an, nicht einmal Worte bekam er mehr über seine Lippen... nur ein undeutliches Röcheln brachte er noch fertig. Erst als sich Sesshoumaru sicher war, dass sein Gift wirkte, ließ er seinen Gegner los. Unter starkem Schmerzen krümmte sich dieser auf dem Boden zusammen. Ohne Mitleid beobachtete der Lord des Westens den Todeskampf des dritten Elitekriegers Enjoshas. Schließlich rührte sich dieser nicht mehr, ein letztes Röcheln verließ dessen Lungen. Im selben Augenblick versank die Sonne am Horizont. „Kann ich zu Rin?“ bettelte Rafu zum wiederholten Male, er wollte sich unbedingt bei dem Mädchen für sein leichtsinniges Verhalten entschuldigen. „Sei doch vorsichtig Riana, das brennt wie Feuer.“, beschwerte sich Okami... auch nicht zum ersten Mal. „Nein.... Stell dich nicht so an.“, wies die Rothaarige Beide genervt zurecht. Kohana war im Nebenzimmer bei Rin und versorgte deren Verletzungen, während sich die Grünäugige um den Vampirwolf kümmerte. Dazu kam der nervös auf und ab tigernde Rafu. So viel Unruhe war sie nicht gewohnt, außerdem war sie müde und erschöpft, noch ein falsches Wort und sie würde explodieren. Rafu öffnete seinen Mund um zu widersprechen, doch ein drohender Blick aus den grünen Augen Rianas brachte ihn dazu diesen ohne einen Laut zu schließen. Auch Okami ließ nun die unangenehme Versorgung seiner Wunden schweigend über sich ergehen. Eine Sache beschäftigte ihn dennoch und das so sehr, dass er ohne darüber nachzudenken fragte. „Du hast diesen Inuyoukai wirklich vor ein paar Tagen das erste mal getroffen?“ „OKAMI! Das reicht... unterstellst du mir eine Liaison mit Sesshoumaru zu haben?“ fauchte sie ihn wütend an. „Das wäre schön wenn du endlich eine hättest.“, gab dieser ungerührt zurück. „Nein, was ich meine ist, das du ihn schon viel länger kennst.... sehr viel länger.“ Ein kleiner grüner Krötenyoukai enthob Riana einer Antwort. Jaken wusste nicht was er tun sollte, als sein Meister ihn zurückgelassen hatte. So entschloss er sich in der Herberge auf den Inuyoukai zu warten. Bei Rianas Rückkehr mit der leblosen Rin auf den Armen überkam ihm Panik. Sollte dem Mädchen etwas schlimmes geschehen sein nur weil er nicht auf sie aufpassen wollte könnte er sich das nie verzeihen. Hastig schlüpfte er hinter der Rothaarigen in deren Haus – er musste unbedingt wissen wie es Rin ging. Im Haus drückte er sich in eine Ecke und verhielt sich völlig ruhig. Nur jetzt konnte er seinen Mund nicht mehr halten. „Meister Sesshoumaru hasst Menschen. Nie wird er sich mit einem Weib dieser Rasse einlassen. Das ist unter seiner Würde.“ „Da hast du deine Antwort, bist du jetzt zufrieden?“ meinte sie ungehalten. Es wunderte sie nicht wirklich Sesshoumarus kleinen Begleiter hier vorzufinden. Dieser war ständig in der Nähe der Schwarzhaarigen – wie ein Beschützer. „Nein... was du zu ihm gesagt hast und wie du dich ihm gegenüber verhalten hast, sagt mir etwas anderes.“, beharrte Okami auf seiner Meinung. Rianas Augen sprühten vor Wut, mühsam beherrschte sie sich. Abrupt drehte sie sich um und verließ hastig das Gebäude. Vor der Tür blieb sie kurz stehen und atmete tief durch, nur langsam beruhigte sie sich wieder. Entschlossen richtete Riana ihre Schritte in den Garten, ganz hinten unter den Kirschbäumen war ihr Lieblingsplatz, dort war sie allein. Müde setzte sie sich auf die dortige Bank, lehnte sie sich zurück, richtete sich noch mal auf und legte sich der Länge nach auf diese. Leise rauschte das Laub im Wind, die Grillen zirpten. Riana ließ ihren Gedanken freien Lauf. Was für ein Tag... Das schlimmste war die Begegnung mit Sesshoumaru. Seine Nähe tat ihr überhaupt nicht gut, je öfter sie ihm begegnete desto mehr geriet ihr alter Zorn ins Wanken. Die alten Emotionen drängten an die Oberfläche. Es kostete die Rothaarige immer mehr Kraft diese unter Verschluss zu halten. Okami schien Verdacht geschöpft zu haben. Was würde wohl passieren wenn er heraus fand das sie... Welch unseliger Gedanke. Für diesen hatte sie jetzt eigentlich gar keine Zeit. Zuerst musste sie unbedingt den Dämon ausfindig machen, hinter dem sie schon so lange her war. Dieser versteckte sich in den Bergen, da war sie sich ganz sicher. Nur wo dort?... ein so mächtiger Dämon besaß natürlich die Fähigkeit seine Anwesenheit geheim zu halten. Riana musste mehr auf die Auffälligkeiten in der Umgebung achten, wie Berichte über verschwundene Tiere oder auch Menschen. Hilfreich wäre es natürlich auch den Auftraggeber für diese gedungenen Mörder zu kennen.... Eine allzu bekannte Aura unterbrach ihre Gedankengänge. „Was willst du?“ fragte sie erschöpft... nur keinen Streit, dafür hatte sie keine Nerven mehr. Die Rothaarige machte sich nicht mal die Mühe die Augen zu öffnen oder sich zu erheben. „Wie geht es Rin?“ erkundigte sich der Inuyoukai kühl. „Ihr linker Arm ist gebrochen, ansonsten hatte sie Glück, nur ein paar Prellungen und Hautabschürfungen. Eine Weile wird sie nicht reisen können.“, gab Riana im gleichen Tonfall zurück. „Ich habe nicht vor abzureisen.“, stellte der Weißhaarige klar. Seine Augen wanderten über den Körper der liegenden Frau, suchten nach etwas vertrautem, doch fand er nichts. „Warum nicht?“ wollte sie von ihm wissen. „Das geht dich nichts an.“, antwortete er prompt. Kaum das er ausgesprochen hatte stand sie vor ihm und sah in seine goldenen Augen. Nichts deutete auf das hin, was er gerade dachte oder fühlte. Diese Augen... dieses tiefe Grün... es sind eindeutig ihre Augen. Sie stand so dicht vor ihm, das er ungehindert ihren Geruch wahrnehmen konnte. Auch dieser unterschied sich kaum von dem Mädchen aus der Vergangenheit. Dennoch war die Frau vor ihm ganz anders, eine Kriegerin durch und durch. Die Riana die er kannte war gefühlvoll, anschmiegsam und … nichts hartes war an ihr. „Was wird das jetzt?“ riss ihre kühle Stimme ihn aus seinen Gedanken. Unbemerkt hatte er sich ihrem Gesicht genähert... war nur noch wenige Zentimeter entfernt. „Wer bist du wirklich?“ fragte er leise. Auch ihre Mine verriet keine emotionale Regung, obwohl ihre Gefühle in ihr tobten. Ihr Herz lieferte sich mit ihrem Verstand und ihrem Zorn einen erbitterten Kampf, den es zum wiederholten Male verlor. „Finde es raus... wenn du kannst.“, mit diesen Worten ließ sie Sesshoumaru erneut stehen. Zügig schritt sie zurück zu ihrem Haus, ging wortlos an den Anwesenden vorbei und verzog sich in ihr Zimmer. Sie wollte mit niemanden mehr reden, schon gar nicht mit Okami. Es dürfte eh nicht mehr lange dauern und er fand heraus was sich vor langer Zeit hier ereignete... damals als ihre Mutter starb. Vergangenheit.... Die Zeiten waren immer schwer für Riana und ihre Mutter gewesen. Erst seit sie in der Herberge eine Arbeit und einen Platz zum Wohnen gefunden hatten ging es etwas besser. Trotz der harten Arbeit fühlte sich die Rothaarige relativ wohl, besonders seit sie Sesshoumaru kennen gelernt hatte. Die Treffen mit ihm waren immer die Höhepunkte in ihrer Eintönigkeit. Bei ihm fühlte sie sich geborgen und geliebt, Emotionen die das Mädchen bisher nicht kannte – nicht einmal von ihrer Mutter. Oft hatte Riana das Gefühl mehr als unerwünscht zu sein, sehr selten waren die Momente in denen sie Wärme von ihrer Mutter bekam. Im laufe der Zeit lernte die Rothaarige damit zu leben und seit sie mit dem Inuyoukai zusammen war... interessierten sie die negativen Gefühle der Weißhaarigen ihr gegenüber nicht mehr. Ohne Frage liebte sie ihre Mutter, sie kannte es nie anders und gefragt warum das so ist hat Riana niemals. Um Shirois Gesundheit stand es nie zum besten, immer wieder quälten Fieberschübe die Frau. Dann gab es Zeiten in denen sich ihr Geist verwirrte... zusammenhanglose Sätze kamen dann über ihre Lippen. Aber niemand hörte ihr wirklich zu... Riana kannte die meisten Geschichten auswendig und die Dorfbewohner interessierten sich nicht dafür... taten es als Geschwätz einer verwirrten Frau ab. Der Gesundheitszustand Rianas Mutter verschlechterte sich in der letzten Zeit dramatisch, sie schien keine Kraft mehr für das Leben zu haben. Hilflos musste die Rothaarige dem Verfall Shirois zusehen... nichts konnte sie tun. In dieser Zeit sah sie auch den Inuyoukai nicht, sie wollte ihre Mutter nicht allein lassen. Riana saß am Bett Shirois und hielt ihre Hand... mehr konnte sie nicht tun. Die todgeweihte öffnete ihre Augen und sah ihre Tochter an. „Riana... es tut mir leid, das ich dich nicht so lieben konnte wie es eine Mutter normalerweise tut...“, erklang die brüchige Stimme der Weißhaarigen. „... du kannst ja nichts dafür, das dein Vater eine Bestie war.“ Das Mädchen hielt den Atem an, es war das erste Mal überhaupt, dass ihre Mutter von ihrem Vater sprach. „Wer ist es?“ wagte sie die Frage nach ihm. „Ich weiß es nicht... ich habe es vergessen...“, seufzte ihre Mutter schwach. „Du wirst es in deinen Träumen sehen... meine Erinnerungen sind die deinen.“ „Was meinst du damit Mutter?“ hakte die Rothaarige verwirrt nach. „Habe ich was gesagt?“ kam es verwirrt von den Lippen der Sterbenden. Ihr bis eben noch klarer Blick verschwand. Unstet huschten ihre Augen hin und her, unverständliches Murmeln drang aus ihren Mund. „Mutter...“, sprach Riana sie eindringlich an. „Mutter... bitte, was hast du damit gemeint, das deine Erinnerungen die meinen sind. Wie soll ich das verstehen?“ Die Weißhaarige reagierte nicht auf die Worte ihrer Tochter, ihr Geist löste sich von ihrem Körper und wanderte in eine andere... bessere Welt. Zurück ließ sie ein verwirrtes Mädchen, das in dieser harten Welt allein zurecht kommen musste. Tränen rannen die Wangen der Jugendlichen herunter. Immer noch hielt sie die Hand der Toten in der ihren... Irgendwann betrat der Heilkundige die bescheidene Behausung, stellte Shirois Tod fest und sprach Riana sein Beileid aus. Doch das registrierte sie kaum, genauso wenig nahm sie den Besuch Soutas und Ikas, des Herbergsehepaares, wahr. Schließlich kam eine, von dem Heilkundigen gerufene Priesterin, behutsam redete sie auf Riana ein und brachte sie dazu den Raum zu verlassen. Wie betäubt ging die Rothaarige zu ihrem Lieblingsplatz unter dem Kirschbaum und ließ sich dort nieder. Immer wieder kam irgendjemand vorbei und sprach ihr sein Beileid aus. Am Ende hätte sie nicht mal sagen können wer alles kam... sie wusste nur dass das meiste geheuchelt war. Ein Gast der Herberge kam heran, es war ein hoher Herr. Man hatte ihr eingebleut, diesen mit größter Höflichkeit und Demut zu bedienen. Riana mochte den Mann nicht, tat aber was man ihr aufgetragen hatte. Jener kam nun heran und setzte sich neben sie. „Das mit deiner Mutter tut mir aufrichtig Leid.“, begann er zu reden. Riana nickte nur... sie wollte endlich alleine sein. „Du bist jetzt allein, hat mir Souta erzählt.“, sprach er weiter, er rückte ein bisschen dichter an das Mädchen heran. „Komm mit mir...“, lockte er, „... ich biete dir ein sorgenfreies Leben.“ Verwirrt sah die Grünäugige ihn an, sie mochte den Mann nicht, jetzt strahlte er direkt eine Bedrohung aus - instinktiv wich sie vor ihm zurück. „Das bietet ihr mir so einfach an, Herr?“ fragte sie trotzdem argwöhnisch nach. „Schlaues Kind... natürlich erwarte ich eine Gegenleistung...“, seine Hand strich über ihre Wange, den Hals entlang, schließlich berührten seine Finger ihre Brust. „... du bist sehr schön. Wenn du mir zu Willen bist und meine Wünsche erfüllst, wirst du nichts auszustehen haben.“ Seine unangenehmen Augen schienen sie zu entkleiden, bei seinen Berührungen versteifte Riana sich. Das Angebot war ungeheuerlich, heftig schlug sie diese aufdringliche Hand beiseite und sprang dann auf. „Ich mag niemanden mehr haben und mich erwartet sicher ein hartes Leben. Aber ich ziehe ein ehrliches arbeitsreiches Leben, dem einer Konkubine vor.“, erwiderte sie heftig. Der hohe Herr erhob sich ebenfalls zügig und packte das Mädchen am Handgelenk. „Du hast keine Wahl... ich habe es im Guten versucht. Es wäre für dich auch einfacher gewesen. Aber keine Sorge, es wird mir ein Vergnügen sein dich zu zähmen.“ Panik kam in ihr auf, der Mann zog sie einfach mit sich. Kurz stoppte er nochmal, drehte sich zu ihr um. „Wenn du nicht willst das Souta und seine Frau leiden, kommst du ohne weitere Gegenwehr mit.“, nah trat er an Riana heran. „Und glaube mir, das sind keine leeren Worte.“ Sie war hin und her gerissen... Ika und ihr Mann haben sie und Shiroi aufgenommen, ihnen Arbeit gegeben, waren immer ehrlich und gut zu ihnen gewesen. Die Rothaarige wollte ihre Freiheit nicht verlieren, aber genauso wenig wollte sie, dass das Herbergsehepaar ihretwegen litt. Widerstrebend fügte sie sich... vielleicht konnte sie unterwegs ja entkommen. Tief in ihrem Innern hegte sie die Hoffnung, das Sesshoumaru ihr zu Hilfe kam.... Gegenwart.... Schweißgebadet wachte Riana auf, müde strich sie über ihr Gesicht. Immer öfter tauchten die Bilder aus ihrer Vergangenheit auf. Manchmal waren auch Geschehnisse dabei, die sie nicht zuordnen konnte, bzw. sich nicht an sie erinnern konnte. Lange hatte sie nicht geschlafen, die Sonne war gerade am aufgehen. Leise erhob sie sich, warf sich einen Kimono über, behutsam bewegte sie sich durch ihr Haus. Kurz sah sie bei Rin vorbei, diese schlief zum Glück ganz ruhig. Vorsichtig strich sie eine Haarsträhne aus dem Gesicht des Mädchens, danach verließ sie ihr Heim und begab sich zu den heißen Quellen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)