Übernatürlich... von abgemeldet (Wenn man das zweite Gesicht hat...) ================================================================================ Kapitel 3: Amina Maddox und Bengee Matthews ------------------------------------------- Das Mädchen hieß Amina Maddox und kam eine Woche nach mir in die Klasse. Sie war etwa 1,74m groß, hatte langes, braunes Haar und sanfte, grüne Augen. Sie wurde auf einen Platz vor mir gesetzt. Es war dasselbe, wie bei Bengee, auch sie weckte auf unerklärliche Weise mein Interesse. Ich wollte mehr über sie wissen, doch diesmal gab es niemanden, den ich fragen konnte. Am nächsten Tag in der ersten Pause entschied ich mich mal mit ihr zu reden. Ich stand auf, doch bevor ich zu ihr gehen konnte, stand sie schon vor mir und lächelte mich an. „Hallo!“, sagte sie. „Hallo…“, sagte ich, den Blick auf den Tisch gerichtet. Ich setzte mich wieder. „Ich bin Amina! Und du?“, fragte sie mich. „Minty…“, antwortete ich dem Tisch. „Hm?“ Sie schaute mich fragend an und fragte: „Was ist denn da?“ Sie besah sich den Tisch, „also ich seh’ da nichts…!“ „Da ist auch nichts…“, meinte ich. „Nicht?“, fragte sie, „warum schaust du dann hin?“ „hmm…“, machte ich, „ich mh… ich sehe Leute nicht so gern an…“ Wir schwiegen, was mich wunderte, denn ich hatte ein „Warum?!“ oder ein „Okaaay…“ erwartet. Ich sagte nichts. „Weißt du….“, unterbrach Amina schließlich die Stille, „du bist mir gleich aufgefallen, als ich mir die Klasse angesehen habe…“ Klasse! Noch ein Fan!, dachte ich, sie hält mich sicher auch für verrückt! „Ach ja?“ Sie nickte. „Ja, du und…“, sie zeigte auf einen Jungen aus der Klasse, „…er!“ Ich folgte ihrem Fingerzeig. „Bengee?“, sagte ich erstaunt, „wieso gerade er?!“ „Weiß ich nicht…“, meinte sie, „…er ist mir einfach aufgefallen…“ Ich nickte. Zufall…, dachte ich, aber… gibt es denn überhaupt Zufälle…? Die Lehrerin betrat die Klasse. Amina ging an ihren Platz. Ich fand es schade, dass ich nun nicht mehr mit ihr reden konnte, denn ich wollte mehr wissen. Irgendwann schrieb ich dann auf einen Zettel Warum bist du eigentlich auf unsere Schule gekommen? und steckte ihr den Zettel heimlich zu, sodass die Lehrerin es nicht sah. Ein paar Minuten später flog ein kleiner Zettel durch die Luft und landete auf meinem Tisch. Darin stand Naja… auf meiner anderen Schule hielten mich alle für verrückt… Mir stockte der Atem. Konnte es sein, dass es zwischen ihr und mir eine Verbindung gab? Erstmal nachfragen…, dachte ich und schrieb zurück. Warum das?! Ich warf ihn wieder zu Amina. Als Antwort kam Es geschehen seltsame Dinge, wenn ich anderen Menschen in die Augen sehe… Fassungslos sah ich den Zettel an. Das… das kann nicht sein!!, dachte ich, während ich ihr wieder eine Notiz schrieb. Hast du …Visionen? Nervös tippte ich mit dem Finger auf den Tisch und wartete auf ihre Antwort. Endlich warf sie mir wieder einen Zettel zu. Ja! …du hälst mich sicher für verrückt! …Woher weißt du das?! Ja… das war die Frage… woher wusste ich das? Was sollte ich ihr nur darauf antworten? Ich entschied mich, erstmal nicht weiter darauf einzugehen. Zittrig schrieb ich Nur so… ich denke nicht, dass du verrückt bist! …Was genau siehst du in den Visionen? …Siehst du den Tod anderer Leute? Ich warf ihr den Zettel zu und wartete gespannt. Dem Unterricht folgte ich nun schon lange nicht mehr. Es schien ewig zu dauern, bis endlich ihr Zettel angeflogen kam. Nein, das wäre ja schrecklich! …Ich sehe… ja… das ist eine gute Frage, was genau ich sehe… Sagen wir es ist bei jedem Menschen unterschiedlich… meistens relativ gute Dinge… Ich war leicht enttäuscht. Trotzdem, sie hatte fast genau das selbe Schicksal wie ich. Sollte ich ihr von meinen Visionen erzählen…? Ist das dein Ernst oder verarschst du mich nur? schrieb ich zurück. Nachdenklich wartete ich auf Aminas Antwort. Diese kam schnell. Nein, das ist mein Ernst! Warum sollte ich denn lügen? Glaubst du mir nicht?! Ich überlegte, ob ich ihr vertrauen konnte. Ich entschied mich dafür, denn was hatte ich denn schon groß zu verlieren? Ich glaube dir! Ich habe auch Visionen… aber schlimmere als deine! Ich sehe die Menschen, die ich ansehe sterben… das Schlimme ist, dass es dann ein paar Tage später auch passiert. Ich warf ihr den Zettel zu und wartete aufgeregt. Als sie die Nachricht gelesen hatte, drehte sie sich kurz zu mir um und sah mich unverwandt an. Ich konnte nicht so schnell reagieren und wegsehen, also sahen wir uns einen Moment lang an. Ich erwartete das übliche Schwummerigwerden, das Wiederfinden in einem anderen Raum und das Schreckliche-Dinge-Sehen. Doch es geschah nichts. Keine Reaktion, als würden zwei ganz normale Menschen einen Blick austauschen. Amina drehte sich wieder um und schrieb. Warum ist gerade nichts passiert?! Eigentlich hätte ich gerade etwas sehen müssen! stand dort. Ja! Ich eigentlich auch! Ich hätte gerade sehen müssen, wie du stirbst…! schrieb ich mit zittrigen Händen zurück. Ich warf ihr den Zettel zu. Eigenartig…, dachte ich. Amina und ich schrieben noch den restlichen Unterricht miteinander und wurden nach und nach richtig gute Freunde. Es hatte noch nie einen Menschen gegeben, der nicht starb, wenn ich ihn ansah. Ausgenommen Jodie, sie konnte ich ansehen, als meine Fähigkeit noch nicht ganz ausgereift war. Doch das lag in ferner Vergangenheit und ich konnte mich kein Stück daran erinnern. Doch nun konnte ich es bei Amina und deshalb war das alles sehr neu für mich. Auch für Amina war das alles recht neu. Früher hatte sie, wenn sie eine Freundin ansah, gesehen, wie diese schlimme Dinge tat, so erzählte sie mir. Dadurch war Amina natürlich immer sehr misstrauisch geworden und daran scheiterte die Freundschaft wie schon so viele andere. Eines Tages in der großen Pause erzählte ich Amina von Bengee. Ich bat sie, Bengee anzusehen und mir zu sagen, was sie sah. Das tat sie auch. „Ich…“, sagte sie langsam, während sie versuchte Augenkontakt herzustellen, „ich sehe…“ Sie stockte, blinzelte und sah noch mal hin, als würde sie nicht glauben, was sie sah. „Was ist?“, fragte ich, „was siehst du?“ „Ähm… ich sehe…“, sie lachte matt, „ich sehe ein Kind!“ Ich sah sie an. „Was? Ein Kind?... Was denn für ein Kind?!“, fragte ich. „Ja, ein Kind…“, meinte sie und wandte den Blick von ihm ab, „nicht sehr alt… so um die 2 oder 3 Jahre alt…“ Ich nickte und erzählte ihr genau, was ich in der Vision gesehen hatte. Wir grübelten beide, doch egal, wie wir es drehten und wendeten, es ergab keinen Sinn. Einige Tage später beschloss ich mal mit Bengee zu reden. In der Pause stand er wie immer am Fenster und sah hinaus. Ich atmete tief durch. Es war das allererste Mal, dass ICH die jenige war, die den Kontakt aufnahm. Sonst würde mir das immer von den anderen abgenommen. Zusammen mit Amina überlegte ich, ob ich ihm gefahrlos in die Augen sehen konnte. Wir hatten uns dafür entschieden, denn wir hatten beide das Gefühl, er habe etwas Besonderes an sich. Ich schritt auf Bengee zu. „Hi!“, sagte ich und lächelte vorerst die Wand hinter ihm an. Er wandte sich zu mir. Er sah mich für den Bruchteil einer Sekunde verwirrt an und schien zu überlegen, was da wohl hinter ihm an der Wand war. Doch dann sagte er mit einem leicht fragenden Ton in der Stimme: „Hey…“ „Und? Wie ähm… geht’s dir?“, sagte ich und lächelte leicht nervös. Ich nahm all meinen Mut zusammen und sah ihm schließlich in die Augen. Nichts geschah. Ich lächelte erleichtert. „ganz gut…“, meinte er. Er wandte sich wieder von mir ab und sah nach draußen. Da war es wieder. Nur für einen ganz kurzen Moment. Dieser Ausdruck in seinen Augen als er sich abwandte… Es war ein Ausdruck von Schmerz und Trauer. „Du hast viel hinter dir…“, murmelte ich. „Bitte?!“, sagte Bengee und sah mich verwundert an. Shit, dachte ich, hab ich das gerade laut gesagt?! Ich lachte leicht nervös. „Ähehe… ähm sorry… ich ähm…“ Er unterbrach mich. „W-Woher weißt du das?!“, fragte er mich. Ich zögerte kurz. „Ähm… na ja… ich merke so was schnell…“, meinte ich leise. „Woran denn das?“, fragte er erstaunt und musterte mich interessiert. Ich zeigte kurz auf seine Augen. „Dieser Ausdruck…“, sagte ich, „eben… als du dich weggedreht hast…“ Er sah mich verwundert an. Ich überlegte kurz, ob ich weitermachen sollte. Dann redete ich weiter. „Und vorhin hast du kurz nach links geguckt…“ Ich lächelte kurz. „Das bedeutet Erinnerung an die Kindheit…“ Er schwieg. „Wow…“, sagte er schließlich, „du kannst so viel allein aus den Augen lesen?“ Er lächelte, ich zuckte einfach nur mit den Schultern und lächelte ebenfalls. Er musste ja nicht wissen, dass nicht ich, sondern Amina diese guten Menschenkenntnisse hatte. Sie hatte mir vor dem Gespräch ein bisschen was darüber erzählt. „Aber…“, meinte er nachdenklich, „mir ist etwas an dir aufgefallen…“ „Was denn?“, fragte ich. Irgendwie freute es mich, dass ihm etwas an mir aufgefallen war, denn das hieß ja wiederum, dass er mich irgendwie beobachtet haben musste oder sonst was. „Dass… joah dass du nur zwei Leuten wirklich in die Augen siehst…“, er lächelte, „dieser Amina und mir…“ Mein Lächeln verschwand. Was bitte sollte ich DARAUF antworten, ohne dass er mich für verrückt erklärte? „Also…“, er fuhr fort, „bei Amina kann ich es ja noch verstehen… ihr seid ziemlich eng befreundet oder? …aber bei mir…?“ Warum fragte er mich nicht etwas Leichteres? Warum fragte er mich nicht einfach, warum ich allgemein niemanden ansah? Darauf hätte ich antworten können, dass ich ein Trauma aus meiner Kindheit hätte oder so was… Aber, dass er es direkt auf sich selbst beziehen musste…! Ich schwieg. Nach einer Zeit sah er mich verwirrt an, weil ich nicht antwortete. Ich zögerte. Doch dann beschloss ich, mich ihm anzuvertrauen. „Versprichst du …mich nicht für verrückt zu halten…?“, fragte ich zaghaft. Bengee nickte. Ich atmete tief durch. „Also die Sache ist die, dass ich …Dinge sehe, wenn ich Menschen in die Augen sehen…“, ich machte eine kurze Pause, „aber… bei Amina und dir ist das irgendwie nicht so…“ Er muss ja nicht ALLES wissen…, dachte ich. „Nicht?“, sagte er nachdenklich, „’ne Ahnung, warum das so ist?“ Ich schüttelte den Kopf. Wir redeten den Rest der Pause über noch ein bisschen miteinander und grübelten über meine Gabe nach. Wir freundeten uns relativ gut an und redeten auch die weiteren Pausen miteinander. Irgendwann fand ich, Bengee habe ein Recht darauf, zu erfahren, was genau ich gesehen hatte. Ich redete mit Amina darüber und sie unterstützte meine Meinung. Also beschloss ich Bengee in der nächsten Pause darauf anzusprechen. Den Unterricht über grübelte ich, wie ich mit ihm darüber reden konnte. Kaum hatte es zur Pause geklingelt, kam Bengee auch schon angehoppst. Warum war er eigentlich so fröhlich geworden? Als ich ihn kennen gelernt hatte, war er viel verschlossener gewesen. Anscheinend hatte er Amina und mich wirklich ins Herz geschlossen… Ich hatte keine Zeit genauer darüber nachzudenken, denn schon stand er vor mir. „Naa!“, sagte Bengee fröhlich und setzte sich neben mich. „Hey!“, sagte ich und lächelte leicht, „du ich muss mal mit dir reden…“ Sein Lächeln verschwand. Ich kann mir vorstellen, dass das in dem Moment ziemlich ernst rüber kam. Er legte den Kopf leicht schief. „Worum geht’s?“, fragte er. „Um… ähm…“, begann ich, „joah… um dich …mehr oder weniger“ Ich versuchte zu lächeln. Nun kam ich mir albern vor. Weiß Gott was er in diesem Moment von mir gedacht hatte… Ich kann mir gut vorstellen, was… „Ach ja?“, kam es von ihm mit einem seltsamen Grinsen, aus dem ich nicht recht schlau wurde. „Jaaa…“, sagt ich langsam, „na ja es geht eher um die Vision, die ich hatte, als ich dich angesehen habe…“ Das merkwürdige Grinsen verschwand. „Aha?“, machte er, „ich dachte da war nichts…?“ So schnell konnte ich mir keine sinnvolle Antwort überlegen und so sagte er: „Und was ist damit?“ Er schien leicht beunruhigt. Die Unruhe bezog ich auf die Angst vor der Vision, weil das ja nie was Gutes verhieß… „Alsooo…“, sagte ich langsam und ich ertappte mich dabei, wie ich die Sache vor mir her schob. Es war mir sichtlich unangenehm… „Also…“, sagte ich noch mal, „du weißt, ich sehe normalerweise die Tode, derer die ich ansehe…?“ Ich sah ihn an und er nickte. „Naja… als ich dich angesehen habe…“, fuhr ich fort, „…habe ich nicht deinen Tod gesehen…“ Ich machte eine Pause. „Was denn dann?“, fragte er. Ich schilderte ihm meine Vision genau. Als ich zu ende erzählt hatte, sah ich ihn an und erschrak leicht. Er war ganz blass geworden. „Was ist?!“, fragte ich leicht entsetzt. „Gar nichts…“, sagte er knapp, stand auf und ging zu seinem Platz zurück. Was ist denn mit ihm?!, dachte ich. Sein ernster Gesichtsausdruck blieb mir danach noch tagelang in Erinnerung… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)