Dance With The Devil von kittyleinchen (Jeder muss einmal erwachsen werden! Erst Stern, dann Schnuppe. - für koko <3) ================================================================================ Kapitel 3: Cold Call -------------------- Cold Call – „Ring.. Ring..“ Ein klingelndes Telefon muss man abnehmen, richtig? Aber man weiss nie, wer am anderen Ende der Leitung sein könnte, und was betreffender wollen wird.. – Kitty schreckte aus dem Schlaf hoch, schon wieder derselbe verdammte Alptraum. Und schon wieder war sie an genau derselben stelle aufgeschreckt. Aber gestern Nacht konnte sie nicht vergessen. Auch einen Tag später nicht. Sie war verschwitzt, hatte heiss. Ärgerlich wurde eine Haarsträhne aus dem Gesicht gestrichen. Ihr Atem wurde langsam ruhiger. Immer wieder dieselben Bilder. John stand vor ihr. Sie küssten sich. Sie hätte alles für ihn getan, alles, selbst nach dem, was er gesagt hatte. Er lachte einfach nur, dieses dreckige Lachen, das neu war. Das sie nicht kannte. Kälte umgab sie. Sie fühlte sich leer. Fühlte nichts. Hörte ihn einfach nur lachen. Und dann wurde es heiss um sie und sie wachte auf. Kitty zog ihre Beine an und legte die Arme darum. Stützte ihr Kinn auf ihre Knie und starrte in die Dunkelheit. Lance war nicht da, sie hätte ihn sonst atmen gehört. Kitty spürte, wie ihr gesamter Körper zitterte. Auch fröstelte sie, aber heiss hatte sie trotzdem, Fieber eben. Kitty drückte mit beiden Händen gegen ihre Schläfen, als wollte sie den Inhalt ihres Kopfes herauspressen. Er sollte verschwinden, verdammt. Er nervte. Er war ein verdammter Idiot. Wieso ging das nicht.. Wieso?! Sie liess sich in ihr Kissen zurückfallen und fühlte sich so richtig leer. Als hätte jemand sie durchgeschüttelt, bis alle möglichen Körperinhalte plus der gesamte Verstand und das Unterbewusstsein herausgefallen waren. Plötzlich zuckte sie zusammen, als sie den Klingelton ihres Handys vernahm. Es vibrierte, das Licht ging an und aus im Takt. Ruckartig drehte Kitty den Kopf. Betrachtete das Gerät, wie es dem „Abgrund“ – der Kante des Tischchens – immer näher kam. Es war spät. Nach zwölf. Welcher Idiot rief um diese Zeit an? Kitty stockte. Idiot.. Einen Idiot kannte sie besonders gut. Ihren – oder jetzt nicht mehr unbedingt. Verdammt. Das Handy surrte noch immer, da hatte aber jemand Ausdauer. Langsam fuhr Kitty mit ihrer Hand zu dem Mobiltelefon und hob es hoch. Die Nummer war unbekannt. Sie schluckte, ehe sie sich zusammen riss und den Anruf annahm. Die Braunhaarige schwieg und lauschte. Am anderen Ende wurde ebenfalls geschwiegen. Sodass eine unheimliche Stille herrschte. Sie konnte unregelmässige Atemzüge hören, selbst hielt sie den Atem an. Plötzlich war ein Scheppern zu hören, als ob jemand den Hörer wieder auflegen wollte. Kitty schloss die Augen und meinte bestimmt, aber mit zitternder Stimme: „Leg nicht auf.. John.“ Nicht, dass sie ihn an Atemzügen hätte erkennen können, das war praktisch unmöglich, aber er war so ziemlich die einzige Person, die sie um diese Uhrzeit anrufen würde. Es wurde wieder Still und sie konnte wieder Atemzügen hören, jetzt nervöse. Also hatte sie recht. „Hey.. kitten.“ Irgendwie klang er so, als müsste er sich selbst überwinden, das in den Hörer zu hauchen. Es war wirklich ziemlich leise und total untypisch für John. Kitty erstarrte, sie konnte sich gerade überhaupt nicht bewegen. Er war es wirklich. „Woher weißt du, dass ich es bin?“ Wollte er Small-Talk führen oder wie? Es machte den Anschein. „Geraten.“ Meinte Kitty kurz und knapp und fügte dann äusserst kühl hinzu: „Ich hab einfach nachgedacht, welcher Depp ruft um diese Zeit an.. rate mal, wer mir zuerst eingefallen ist. Da hast du die Antwort.“ Im selben Moment biss sie sich auf die Lippen. Ihr Herz wollte überhaupt nicht so mies sein. Überhaupt nicht. Aber der Teil, der das Reden übernommen hatte, hatte eben entschieden, jetzt garstig zu sein. Aber richtig. Ausserdem. Er hatte Duncan getötet! Getötet!!! Er war ein Mörder.. theoretisch gesehen. Und praktisch gesehen leider auch. „Depp?.. Ich dachte ich wär ein Idiot..“ Kittys Augen weiteten sich und ihr Mund klappte kurz auf. Er merkte es, er merkte, dass sie ihn nicht als Idiot bezeichnet hatte. Wieso? Sie hatte es mit Absicht gemacht. Mit voller. Und eigentlich nicht damit gerechnet, dass er überhaupt darauf achtete, aber da schien sie sich wohl getäuscht zu haben. „Weil du ein Depp bist, is das so schwer zu verstehen?“ Langsam fuhr sie über die Decke und begann diese, zur Seite zu schieben. Dann setzte sie sich langsam und möglichst lautlos auf. Ihre nackten Füsse berührten bereits den Boden, doch sie blieb erst einmal sitzen. „Klar, aber sonst bin ich immer ein Idiot.“ Er klang irgendwie schmollend. „Ja, und jetzt bist du ein Depp.“ „Wieso?“ „Wieso nicht?“ „Stell dich nicht dumm..!“ „Du hast mir nicht zu sagen, was ich machen darf und was nicht!“ „Mach ich doch nicht.“ „Doch!“ „Nein!“ „Depp!!“ Knurrte Kitty um diese „Blitzunterhaltung“ ohne grosse Pausen zu unterbrechen. „Wieso?“ Er beharrte darauf. Kitty erhob sich langsam. Zwar noch unsicher, aber trotzdem konnte sie sich auf den Beinen halten. Sie taumelte leicht. „Weil du einer bist! Ausserdem.. das Wort Idiot war früher immer lieb gemeint, kann ich also nicht mehr benutzen.“ Kitty klang trotzig und vor allem, sicherer, als sie sich eigentlich fühlte. Denn eigentlich war sie schon wieder dabei, mit den Tränen zu kämpfen. Träumte sie das, war das alles nur ein verdammter Traum? Er klang so anders als gestern. Die Härte in der Stimme war weg. „Ich hasse dich, da kann ich kein Wort verwenden, das ich früher gerne für dich verwendet habe. Wäre unpassend.“ Wurde trocken hinzugefügt. „Wenn du mich hasst, warum legst du nicht auf?“ Kitty schluckte, als er dies fragte. Wieso eigentlich nicht? Sie liebte seine Stimme, sie liebte es, seine Stimme zu hören. Sie fühlte ihn gerade direkt neben sich, wie sie sich immer gezofft hatten. Früher... Kitty setzte sich entschlossen in Bewegung. Lautlos. Ging zur Türe und schob sie auf. „Weiss nicht.. könnt ich dich nicht das gleiche fragen, wenn ich dir so wenig bedeute, warum rufst du an?“ Sie musste ihn hinhalten, bis jemand der anderen ihn gehört hatte. Das wäre der Beweis, dass sie weder verrückt war, noch träumte. Kitty tapste den Flur entlang, langsam, damit er es nicht mitbekam. „Du bist eine cold-blooded bitch. Nech?“ Er beantwortete ihre Frage nicht einmal, stattdessen beleidigte er sie. Kitty schnaubte verächtlich. Was bildete er sich eigentlich ein? Aber auflegen wollte sie nicht, wenn er schon von selbst anrief. Und sie war sich auch nicht sicher, ob sie es überhaupt gekonnt hätte. „Wie kommst du drauf? Wenn ich ne cold-blooded bitch bin, bist du ne männliche Schlampe und nDepp noch dazu, man.“ Irgendwie klang sie gerade wie Evan. Der Typ färbte echt sehr schnell ab. Kitty ging inzwischen in Zeitlupe. „Du schläfst mit Lance.. schön und gut.“ John versuchte, seine Stimme ruhig zu halten. „Aber ey.. du lässt dich von dem ficken und von mir..“ Er brach ab. Seine Stimme war anders geworden. Härter, aggressiver. Kitty konnte es deutlich hören. Es war so, als ob eine glatte Wasseroberfläche plötzlich von Wellen gebrochen wurde. „Uh.. hör ich da jemanden, der grad böse Komplexe mit seinem Ego gekriegt hat?“ Kitty lachte bitter auf. Wer hätte gedacht, dass eine Lüge solche Wirkung haben würde. Wer hätte das gedacht.. irgendwie war sie gut im mit Worten verletzen. Hätte sie gar nicht erwartet. Und wenn es nur das Ego war. Das war immerhin etwas. „Weißt du was, statt mit mir zu reden, geh doch zu nem Psychologen du Psychopath.“ Wieder ein Schritt. „Wieso? Huh? Wieso?!“ Pyro wurde immer lauter. Der Schluss war schon beinahe gebrüllt, sodass Kitty die Augen zupresste. Während er brüllte nutzte sie den ihr dadurch verschafften Lärm dazu, schnell einige Schritte zu gehen. Vom Krankenflügel war es leider etwas weiter zu den Zimmern anderer Bewohner als von ihrem eigenen. Und wieder musste sie mit Tränen kämpfen. Er rief nur deswegen an. Wegen nichts anderem. Nur wegen seinem scheiss Ego. „Weil.. weil.“ Kitty klang plötzlich wirklich weinerlich. Sie biss sich auf die Lippen, sodass es ein Wunder war, dass sie kein Blut schmeckte, so fest biss sie zu. Er sollte das nicht hören. Das würde ihn nur wieder freuen, er sollte nicht lachen, nicht so wie in ihrem Traum. „Weil.. ich.. ich sah dich mit Aura und.. ich brauchte jemandem, bei dem ich mich ausweinen konnte und das war Lance. Wir sind quitt!“ Ihr liefen erste Tränen über die Wangen, aber sie schwieg, sodass kein Schluchzen zu hören war. „Oh wie schön, zufällig war Lance da. Der hat nur auf sowas gewartet. “ Pyro schnaubte wütend auf und ereiferte sich dann: „Aber..“ Er lachte auf, ebenso bitter wie Kitty zuvor. „Wieso brauchtest du an meinem Geburtstag wen zum ausheulen, huh? Wieso?! Erklär mir das mal!!“ Kitty ging erneut weiter. „An.. deinem.. Geburtstag?“ Fragte sie zögerlich und blieb nun stehen. Hatte sie was verpasst? Sie würde doch wohl noch wissen, wann sie mit wem geschlafen hatte und eigentlich hatte sie ja nie mit Lance geschlafen. „Jah.. so schwer zu verstehen? Is deine Erinnerung getrübt oder was?“ Er klang unfreundlich „Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen, aber zeitlich war mir das unmöglich.“ Kitty klang nun wieder kühl, auch wenn die Tränen ihr langsam, der Reihe nach, über die Wangen liefen. „Erstens.. am ganzen Tag hast du an mir geklebt, wie keine Ahnung was, dann musst ich beim Deko aufhängen für die Party helfen und danach hab ich mich noch mit Duncan prügeln dürfen. Wann soll ich da bitte noch Zeit gehabt haben, um mich flachlegen zu lassen he? Wie kommst du überhaupt auf den Mist?!“ Er brauchte sie gar nicht so anzubrüllen. „Was..“ John klang nachdenklich. „Tz.. Pietro..“ Er redete nun wohl eher mit sich selbst, klang aber ziemlich genervt. Pyro realisierte gerade, dass Pietro wohl gelogen hatte. Das würde der Weisshaarige ihm büssen. So viel war sicher, aber nicht jetzt. „Keine Komplexe mehr? Schön, dann kannst du mir ja sagen, was du willst und wieso du mich weckst!“ Kitty log schon wieder, wurde wohl langsam zu einer Gewohnheit. Aber geweckt hatte nicht er sie, sondern der TraumJohn hatte sie geweckt. „Ich könnte wetten, du tapst gerade durch die Flure des Instituts, auf der Suche nach jemandem, dem du beweisen kannst, dass du mich gestern wirklich gesehen hast und das es mir ausgezeichnet geht.“ Wieder beantwortete John ihr ihre Frage nicht. Langsam nervte Kitty sich darüber. Jedoch hatte er gemerkt, dass sie losgelaufen war. „Nope, ich liege in meinem Bett und hoffe, bald wieder pennen zu können.“ Schon wieder gelogen. Sie fand, sie konnte das langsam richtig gut, und glaubhaft. Deswegen klang es wohl auch absichtlich gelangweilt. „Mach mir nichts vor.. Ich höre, wenn du lügst.“ Kittys Schritte wurden noch langsamer. „Wenn man genau hinhört, hört man die Lüge heraus.“ Sie blieb stehen. „Deine Stimme, sie zittert dabei leicht. Man hört es eigentlich nicht, wenn man es nicht kennt.“ Sie konnte nichts dagegen machen, aber in diesem Moment begann ihr Herz schneller zu schlagen. Dieses schnelle verliebte Schlagen. Inzwischen liefen ihr auch keine Tränen mehr über die Wangen. Er kannte sie gut. Zu gut. „Darum werde ich nun wohl auch auflegen.“ Es klang fast schon enttäuscht. Kitty fühlte sich, wie zu Beginn des Gesprächs, denn nach seinen Worten herrschte wieder Stille. Wartete er etwa darauf, dass sie etwas sagte, etwas dagegen tat? „Nicht auflegen.“ Bevor sie sich befehlen konnte, das nicht zu sagen, war es ihr auch schon rausgerutscht. Einfach so. Aber sie wollte nicht, dass er auflegte. Sie liebte es, seine Stimme zu hören. „Stehen geblieben?“ Fragte der Feuerteufel nach. Wieder war es nur ein Hauchen. Wie zu Beginn ihrer merkwürdigen Unterhaltung. „Nein.“ Sie war stehen geblieben. „Du Lügnerin.“ Er lachte leise auf. „Du Depp!“ Sie lachte nicht. Wieso hörte er, wenn sie log? „Nenn mich wieder Idiot.“ Es klang bittend. „Wieso hast du angerufen?“ Kitty meinte es jetzt ernst und sie würde sich nicht mehr von dieser Frage abbringen lassen. Langsam lehnte sie sich gegen die Wand. John schwieg. „War dir langweilig? Brauchtest du jemanden, der dein Ego wieder ein bisschen aufbessert?“ Kitty lachte wieder bitter auf. „Oder aber, noch was tolles. Du wolltest mir sicher nochmal sagen, wie sehr du mich doch verarscht hast.“ Ihre eigenen Worte taten ihr weh. In den letzten Tagen hatte sie zum ersten mal wirklich gespürt, wie sehr Worte, wenn man sie richtig nutze, verletzten. Immer noch schweigen. „Ich könnte wetten, du stehst in einer Telefonzelle, weil du ja nicht gut mit dem Handy anrufen kannst, weil dann hätte ich ja nBeweis. Nech? Hoffe, dass es schön kalt ist. Das hasst du.“ John lehnte seinen Kopf gegen das Telefon. Er stand tatsächlich in einer Telefonzelle. Direkt vor dem Hochhaus, indem sich ihre Wohnung befand. Es war tatsächlich kalt, denn es schneite und dass er Kälte hasste, das war klar. ~ Aura sah aus dem Fenster. „Ist er immer noch unten?“ Die Braunhaarige drehte den Kopf zu Pietro, der eben mit einer Coke Dose aus der Küche spaziert kam und sich neben Aura ans Fenster stellte. „Mhm..“ Murmelte die. „Ich frage mich, mit wem er telefoniert..“ Meinte sie. „Keine Ahnung, sicher mit irgendwelchen Mafia Typen oder so, ich werde wohl morgen mal meinen Dad fragen, was die beiden so besprochen haben.“ Der Weisshaarige zog den Vorhang wieder zurecht und Aura sah zu ihm. „Was soll das?“ „Geh schlafen, Kleines.“ Er knuffte sie in die Seite, drehte sie herum und schob sie in Richtung ihres Schlafzimmers. Eigentlich erwartete er aber nicht, dass sie seinem Vorschlag Folge leisten würde. Sie hatte ihren eigenen Dickkopf. In dieser Hinsicht waren John und seine Stiefschwester absolut gleich. „Hm.. jah.. gute Nacht. Sag Pyro, im Kühlschrank hats noch Pizza.“ Sie war eben besorgt um ihren grossen Bruder, er war ihr ein und alles geworden. Der Mensch, der ihre Kräfte akzeptierte und sie beschütze. Sie brauche jemanden, an dessen Schulter sie sich anlehnen konnte. Die Tür fiel hinter ihr zu. Pietro zog den Vorhang wieder leicht zurück. Immer noch war John im Locht der Telefonzelle zu sehen. „Ich hoffe, du weißt was du tust.. John.“ Der Weisshaarige klang ebenfalls leicht besorgt. ~ John schwieg immer noch und lehnte seinen Kopf gegen das kühle Telefon. Den Hörer hielt er sich locker an die rechte Gesichtshälfte. Dann richtete er sich wieder gerade auf. Nur noch mit einem Arm stützte er sich auf das Telefon. Mit der Hand, die er frei hatte, rieb er sich über die Augen. „Klar, du kannst mir natürlich auch nicht antworten.“ Kitty klang enttäuscht und genervt. „Aber, wenn ich dir so wenig bedeute, wie du sagst, wieso rufst du dann an?“ Das war die essentielle Frage überhaupt. Wieso tat er das, das hätte auch noch warten können. War die Sache mit den Komplexen vielleicht auch einfach nur ein dummer Vorwand gewesen. „Man ist einsam, auf dem Gipfel der Macht. Du kannst noch so stark werden und noch so grausam. Am Ende wirst du einfach alleine sein.“ Die Worte kamen automatisch aus ihrem Mund. „Und dann wirst du sicher auch wieder mich anrufen. Hast du niemand sonst, der dir zuhören würde? Irgendwie erbärmlich, findest du nicht.“ John rieb sich erneut über die Augen. Sie hatte keine Ahnung, sie hatte keine Ahnung, wie sehr er kämpfte. Er kämpfte gegen einen unbekannten Feind, den er unmöglich besiegen konnte. Sich selbst. Pyro. „Weil.. weil..“ Begann er langsam und leise. „Ich wollte deine Stimme hören.“ Er fühlte sich so schwach, und dass er jetzt derjenige war, der mit den Tränen kämpfe, das zeigte doch, wie schwach er sich fühlte. Kitty verstummte. Hatte er das gerade wirklich gesagt? War das die neue Technik um sie zu verarschen? Es klang zwar überhaupt nicht so, aber langsam traute sie ihm wirklich alles zu. Aber es hatte so.. nett geklungen. Wieder machte ihr Herz einen Sprung und sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Seine Art war extrem wankelmütig. Manchmal war er lieb und im nächsten Moment war er der Teufel in Persona. „Ich wollte hören, wie es dir geht.“ Fügte John langsam hinzu. „Wie soll es mir schon gehen.. ich..“ Kitty erschrak. Eine Tür schwang auf. Sie war bereits so weit gekommen, dass sie im Flügel mit den Schlafräumen der Jungen angelangt war. Sie erstarrte und auch John schwieg, als er merkte, dass etwas nicht stimmte. Ein verschlafener Bobby tapste aus seinem Zimmer und lief prompt in Kitty hinein. „Wou.. ey.“ Ein lautes Gähnen war zu hören. Bobby tastete nach dem Lichtschalter. Das Licht ging an und enttarnte Kitty, mit dem Handy in der Hand. Die Braunhaarige biss sich auf die Lippen. Bobby blinzelte verschlafen und sah sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Verpenntheit an. John schwieg. Aber Kitty hörte ihn angespannt atmen. Er hatte nicht aufgelegt. Sie tat es auch nicht. „Kitty? Was.. machsn du ier?“ Bobby redete merkwürdig langsam, was daran lag, dass er wirklich noch nicht ganz wach zu sein schien. Ausserdem blendete ihn das Licht, weshalb er immer noch angestrengt blinzelte. „Und mit wem telefonierst du?“ Kitty konnte hören, wie John den Atem anhielt. Sie sah Bobby ernst an und meinte schliesslich. „Eltern..“ Verlegen und fast gezwungen lachte sie auf. „Weißt du, ich vermisse sie. Habe sie jetzt dann über nhalbes Jahr nicht gesehen.. ich freu mich so auf die Weihnachtsferien.“ Sie lachte erneut. „Wieso..?“ Begann John eben, er konnte ja mithören. „Halt die Klappe!“ Zischte Kitty in den Hörer und Bobby sah sich verwirrt an. „Das is aber nich nett, das zu seiner Mutter zu sagen. Is das nicht.“ Stammelte er dann langsam und rieb sich über die Augen, um den letzten Rest Müdigkeit wegzureiben. Kitty zwang sich zu einem Lächeln und meinte dann: „Mummy, es ist bloss Bobby. Ja.. der Typ auf den Fotos, der mit dem Eis. Ja, würdest du bitte kurz ruhig sein. Danke.“ Hoffentlich würde John schnallen, dass er die Klappe halten soll. „Du solltest nett zu deinen Eltern sein. Denn plötzlich.. irgendwann.. wirst du sie vielleicht nicht mehr haben.“ Bobby klang traurig. Und Kitty brauchte nicht einmal nachzufragen, er redete von selbst weiter. „Meine... Sie haben rausgekriegt, dass hier ans Institut Mutanten gehen. Weil.. wegen John.. weißt schon, dass dern Mutant ist und viele Mutanten noch hier sind, muss wohl irgendwie durchgesickert sein. Weiss auch nicht. Sie wollen mich nach Hause holen.“ Er klang wieder traurig und machte eine kurze Pause. „Aber ich will nicht nach Hause.. ich bin ein Mutant. Aber, wenn ich ihnen das sage, dann.. dann.. sie werden mich hassen.“ Kitty öffnete bereits den Mund, um etwas zu sagen, als sie plötzlich Johns Stimme an ihrem Ohr hörte. „Oh.. armer Bobby. Die ganze Welt hasst ihn. Er isn Opfer.“ John liess es so klingen, als hätte er Mitleid mit Bobby. Aber das Lachen das Folgte war absolut mies. „Halt.. die Klappe!“ Kitty war nun schon lauter. Sie konnte es nicht leiden, wenn es jemandem schlecht ging und man sich dann auch noch darüber lustig machte, aber das war ja leider wiederum Johns Lieblingsbeschäftigung. Bobby schien in Gedanken zu sein, sodass er gar nicht mehr gross darauf achtete, was Kitty tat. „Hey.. das wird schon.“ Meinte Kitty tröstend. John war inzwischen wieder verstummt. Bobby sah sie an. „Ich wünschte es würde.. aber es wird nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „Es wird nicht..“ „Och man.. ich hab Lance bereits gefragt, ob er in den Ferien zu mir kommen will, weil er sonst hier bleiben und sich langweilen müsste. Ich kann nicht gleich zwei Typen mitbringen, dann machen sich meine Eltern langsam Gedanken.“ Kitty schmunzelte leicht. „Ausserdem hätte Rogue da glaub ich was dagegen. Kannst dafür umso mehr Zeit mit ihr verbringen, das ist doch auch was.“ Sie versuchte ihn aufzuheitern. „Wie bitte.. du hast Lance gesagt, er kann zu dir nach Hause über die Ferien?“ Schon wieder John. Kitty rollte mit den Augen. Das hätte sie wissen müssen, das war sowas von klar gewesen. Aber irgendwie ein gutes Zeichen, denn... „Eifersüchtig, Schatz?“ Meinte Kitty spitzbübisch und leise, ehe sie hinzufügte: „Jahjah, Mum, ich weiss, einer reicht. Ist ja schon gut.“ Die Tarnung musste ja erhalten bleiben. John schnaubte verächtlich. „Mhm. Macht nichts. Auf das wollte ich eigentlich auch nicht hinaus. Hab einfach heute mit meiner Mum telefoniert.. und naja.“ Bobby schien echt überhaupt nicht aufzuheitern zu sein. „Dann kannst du dafür Zeit mit Rogue verbringen.“ Also wenn ihn das nicht ein klein wenig aufheiterte, dann war Kitty mit ihrem Latein langsam am Ende. Irgendwie gingen die Familien aller, die sie kannte, in die Brüche. Jubes Familie war in einem Scheidungskrieg, Rogue hatte sowieso keine, John wollte seine nicht und Bobbys wiederum wollten ihn nicht, wenn er sagte, was er wirklich war, mal von Lance abgesehen, der hatte keine Familie mehr und Kurt, dessen Adoptivfamilie am anderen Ende der Welt lebte. „Ach.. Rogue.. ich glaub sie geht mir aus dem Weg.“ John am anderen Ende der Leitung prustete los. Kitty hätte wetten können, dass er schon die ganze Zeit mit sich gerungen hatte, dass er nicht loslachen musste, aber das gab ihm dann wohl den Rest. Erneut rollte sie mit den Augen. „Keine Ahnung wie so. Sie ist immer so schnell genervt und sauer.. dabei weiss ich eigentlich gar nicht, was ich falsch mache.“ „Du bist hald einfach ne Lusche, Bobby. Ne Tatsache, mit der du dich langsam abfinden solltest.“ Flüsterte John Kitty die Antwort ein, während er immerzu von Lachern unterbrochen wurde. Kitty hielt ihre Hand auf die Ohrmuschel, damit sie ihn nicht mehr hören musste und meinte dann zu Bobby: „Hey.. vielleicht ist das nur so ne Phase. Das wird sicher wieder besser. Ihr kriegt das hin.“ Die typischen Worte, die man abspielte, wenn man jemanden aufheitern wollte. Ihre Hand hatte sie inzwischen wieder sinken lassen. „Jah klar, am Ende kommt raus, dass er schwul ist. Dann hats sichs aber mit der Beziehung.“ Kam prompt auch wieder Johns Kommentar. „Verdammt nochmal, halt die Klappe oder ich leg auf.“ Bobby sah sie verwirrt an. Kitty grinste verlegen und fügte hinzu: „Mum.“ Das klang jetzt etwas sehr aufgesagt, doch der Eismutant schien nicht mehr grossartig zuzuhören. Er senkte den Blick und nickte nur. „Nacht. Sag deiner Mum nGruss von mir.“ Meinte der Braunhaarige, immer noch niedergeschlagen. „Ich will euch nicht länger stören.“ Mit diesen Worten verschwand Bobby wieder in seinem Zimmer. „NGruss von Bobby. Mum.“ Kitty betonte das Wort Mum besonders. Während sie sich in Bewegung setzte. Nun gleichmässig und in normalem Tempo. Zurück in die Krankenstation. „Aber musste das sein? Er ist dein bester Freund.“ Kitty klang vorwurfsvoll. Schweigen. „Was soll das jetzt wieder heissen, ey?“ Schon wieder Evans Sprache. Kitty hätte sich dafür selbst schlagen können, aber es war eben wirklich anstrengend. Ausserdem, wieso brauchte John so lange, um zu antworten. „Auf dem Gipfel der Macht, wie du so schön sagtest, hat man keine Freunde mehr. Freunde machen am Ende nur verletzlich, wirst schon sehen..“ Irgendwie lag in diesen Worten eine Drohung, auch wenn sie ganz harmlos klangen. Aber das Wirst schon sehen war ganz klar eine Art Versprechen, eine Versicherung, dass er es ihr beweisen würde. Kitty liess sich langsam auf ihrem Bett nieder. Er klang bedauernd, aber eigentlich im Grunde auch recht unbeteiligt. Würde sie jemals schlau aus diesem Typen werden? Wohl nicht. „Machs nich kompliziert, John.“ Meinte Kitty. Es war spät, ihr Gehirn funktionierte nur noch auf halber Leistung und er redete in Rätseln, keine guten Voraussetzungen also. „Pyro.“ Meinte der Feuerteufel und klang plötzlich wieder so bestimmt. „Nicht John. Pyro.“ „St.John, zwing mich nicht dazu, zu lachen.“ Kitty nutzte absichtlich seinen richtigen Namen. „Wieso hast du ihm nicht gesagt, wer wirklich dran war?“ Lenkte John stattdessen ab. Ausserdem wollte er sie das schon die ganze Zeit fragen. „Kannst du dir das nicht denken, Depp?“ Bei Idiot waren sie immer noch nicht angelangt, aber Kitty hätte fast wieder Idiot gesagt. „Aus dem gleichen Grund, wegen dem du mich angerufen hast. Würde ich mal sagen.“ Sie zog erneut die Beine an und liess sich dann so als Päckchen aufs Bett fallen. So war ihr wärmer. Das Handy lag nun unter ihrem Kopf, sodass sie es nicht mehr fest zu halten brauchte. „Es war ein Fehler.“ Johns Stimme klang zitternd, unsicher. Er rieb sich erneut über die Augen. Kitty hatte inzwischen die Augen geschlossen, runzelte jedoch die Stirn. „Wieso?“ „Es war der grösste Fehler, den du jemals in deinem Leben gemacht hast.“ Fuhr er fort. Ihr lief eine Gänsehaut über den Rücken. Seine Stimme zu hören war so schön. „Das entscheide ich selbst.“ Meinte Kitty nur tonlos. „Glaub mir, du wirst es bereuen.“ Es klang nicht wie eine Drohung, auch wenn es irgendwie doch eine war. Aber seine Stimme war nicht im passenden Tonfall. Sie war eher besorgt. „Glaub ich nicht.“ Sagte Kitty bestimmt. Obwohl ihr langsam nicht mehr gut zu Mute war. „Aber ich weiss es.“ Eine lange Pause. Kitty schwieg und wartete darauf, dass er weiter sprach. „Leider...“ Fügte John langsam und kaum hörbar hinzu. „Glaub ich trotzdem nicht.“ Meinte Kitty. Sie war eben der Optimist in Persona. Sie gähnte, was für ihn, am anderen Ende der Leitung hörbar sein musste. „Müde? Soll ich dich schlafen lassen?“ Kam sogleich die Frage auf. Kitty schüttelte den Kopf und merkte, dass er das gar nicht sehen konnte. „Nein, ich kann nicht schlafen..“ Meinte sie deswegen, damit er mitbekam, dass sie den Kopf geschüttelt hatte. „Einfach die Augen schliessen. Das wird schon. Träum süss.“ Meinte er und Kitty hörte wieder das scheppernde Geräusch, er versuchte wohl gerade, den Hörer aufzulegen. „Nein!“ Rief sie aus und begann im nächsten Augenblick zu husten. „Nicht auflegen! Ich will, dass du mir eine Geschichte erzählst..“ Sie wusste genau, welche Geschichte sie hören wollte. Ganz genau. Ihre Hand fuhr zu ihrem Hals und um ihren Hals war die kleine Kette gelegt, die er ihr vor schon recht langer Zeit geschenkt hatte. Er sollte Dichter werden. Erinnerungen kamen hoch. „Welche?“ Hakte John nach, als sie nicht antwortete. „Oder bist du schon eingeschlafen?“ Jetzt redete er eher mit sich selbst. „Nein, nein..“ Meinte Kitty leicht lächelnd und fügte dann bestimmt hinzu, während sie ihre Hand um die Kette schloss. „Ich will die Geschichte mit den Sterntalern hören.“ Er würde genau wissen, was sie damit meinte. Die eine Nacht, in der er sie mitgenommen hatte, zu Bayvilles Sternwarte. Es war wunderschön gewesen, und sie würde es niemals vergessen und er.. vielleicht ja auch nicht. Schweigen am anderen Ende. Kitty schwieg ebenfalls, hielt die Augen geschlossen, wartete einfach. „Es war einmal ein kleines Mädchen. Sie hatte ihre Eltern verloren und auch sonst alle, die ihr lieb waren.“ Kitty konnte John schlucken hören. Er brauchte auch ungewöhnlich lange, um die Worte auszusprechen. „Sie hatte nur noch ihr Kleidchen, dass sie auf ihrem Leib trub, ihre Schuhe, die sie an ihren Füsschen trug und einen Laib Brot, den sie mit ihren Händchen trug. Und sie lief durch die Nacht und durch den Schnee..“ Er schwieg erneut. Und er war froh, dass sie ihn nicht sehen konnte. Denn gerade lösten sich einige Tränen aus seinen Augen und er lehnte noch mehr gegen das Telefon als zuvor. John zitterte. Kitty liess ihm Zeit, auch wenn sie nicht verstand, weshalb er so lange brauchte. Er wusste es, er liebte diese Geschichte. Es war das, was ihn am meisten an seine Mutter erinnerte. Als alles noch in Ordnung gewesen war, als er ein kleiner Junge gewesen war und sie ihm diese Geschichte oft erzählt hatte, als er nicht hatte schlafen können. Er fühlte sich wie das Mädchen in der Geschichte, von allen verlassen, obwohl ein Teil in ihm genau das wollte. Nur, dass er sicherlich nicht geteilt hätte, wie sie. „Sie.. sie traf auf..“ Fuhr er stockend weiter. „Einen alten Bettler, dessen Schuhe.. Löcher hatten.. Und obwohl das Mädchen nur dieses eine Paar Schuhe hatte, gab sie sie dem Bettler und ging weiter... durch den Schnee, obwohl es fürchterlich kalt war.“ Kitty hatte die Augen noch immer geschlossen, auf ihrem Gesicht war inzwischen ein zufriedenes Lächeln. John legte seine Hand über seine Augen, damit er sich in der Spiegelung des Glases der Kabine nicht sehen musste. Seine Mundwinkel zuckten verräterisch und doch zwang er sich dazu, weiter zu sprechen. „Und sie traf auf eine arme alte Frau, die nichts mehr zu essen hatte.. die arme alte Frau bat das kleine Mädchen um ein Stückchen seines Brotes. Und so gab das gütige Kind ihr den ganzen Laib Brot... und.. und ging weiter durch den Schnee, obwohl ihr fürchterlich kalt war und obwohl sie Hunger hatte und nur noch ihr Kleidchen besass, welches sie auf ihrem Leib trug..“ John lehnte sich gegen die Glasscheibe, er zitterte immer noch. „Und so ging das kleine Mädchen, welches all ihr Hab und Gut verschenkt hatte. Es wanderte durch den Schnee, bis es Nacht wurde und die Sterne am Himmel standen. Und als es stehen blieb, um den Himmel zu betrachten, begannen die Sterne auf die Erde zu fallen.. bis..“ John bewunderte sich selbst schon dafür, dass man ihm nicht anmerkte, dass er weinte. Aber er wollte nicht, dass Kitty es merkte. Er hatte seinen Stolz. Ausserdem widersprach das, was er gerade tat, sowieso all seinen gestrigen Aussagen, doch er wusste, dass das nicht lange andauern würde. Leider. „Und das Mädchen nahm die Enden seines Kleidchens um damit die Sterne aufzufangen und als sie alle aufgefangen hatte und sie betrachtete, erkannte das Kind, dass sie sich in Goldtaler verwandelt hatten... und so konnte sich das Mädchen genügend Laibe Brot und genügend Schuhe kaufen und genügend davon mit anderen teilen. Und so lebte das Mädchen glücklich, bis ans Ende seines Lebens.“ John kniff die Augen zusammen, seine Hand lag inzwischen auf seiner Stirn. Er konnte nicht mehr. Der Feuerteufel lauschte angestrengt. Er konnte jedoch nur noch Kittys regelmässige Atemzüge hören. Er war sicher, dass sie eingeschlafen war. „Schlaf schön und träum süss.. am besten nicht von mir.“ Noch einmal wurde gewartet, sodass er wirklich ganz davon überzeugt sein konnte, dass sie nicht mehr hörte, was er sagte und dann hauchte John leise hinzu: „Ich liebe dich.“ Er legte den Hörer in die Angel und verliess die Telefonzelle. Stapfte durch den Schnee, wenige Meter, bis er zum Hochhaus kam. Wie immer nahm er die Treppe. Er hasste Lifts. Die Tür wurde langsam aufgeschoben, niemand war mehr wach. John rieb sich noch einmal über die Augen, um sicher zu gehen, dass keine Tränen mehr zu sehen waren und betrat dann die Wohnung. Sein Gang war immer wackeliger geworden, er zog die Packung Kippen hervor und fischte eine heraus. Seine Finger zitterten enorm, was er nicht beachtete. Die Kippe wurde zwischen die Zähne gesteckt und brannte im nächsten Moment auch schon. Das Zittern steigerte sich. Es brannte noch Licht. Pietro sass aus dem Fenster gelehnt und starrte in die Nacht hinaus. Der Weisshaarige drehte den Kopf zu John. Pyro ging langsam auf ihn zu und lehnte sich neben ihn ans Fenster. Er blies den Rauch in die Nacht hinaus und drehte dann den Kopf zum Weisshaarigen, welcher inzwischen auch wieder in die Nacht hinausblickte. „Wieso bist du nich im Bett?“ Brach er das Schweigen. Pietros wässrig blauen Augen fixierten John aus dem Augenwinkel. „Ich kann nich schlafen, ich mache mir Sorgen.. sag mir jetzt nicht, dass dich das wundert.“ Der Vorwurf in seiner Stimme war kaum zu erhören. „Und ich sage dir das auch nur, weil ich weiss, dass du dir das ebenfalls denken kannst.“ Pietro stützte den Kopf in die Hände. „Jaha. Kann ich mir denken.“ John klang leicht spöttisch. Irgendwie war die Sicherheit in seiner Stimme zurückgekehrt, das Selbstbewusstsein. Das Zittern hatte abgenommen, der Schwächeanfall schien vorbei. Pyro war zurück. Und doch war er nicht unbedingt auf Streit aus. „Und da gibt es noch ne Sache, die du bedenken solltest: Mein Alter will auf keinen Fall, dass auch nur irgend ein kleines unbedeutendes Detail des Falls rauskommt... darum: Mit wem hast du telefoniert?!“ Pietro würde wohl immer zu seinem Vater halten und dafür sorgen, dass alles richtig lief. Sein Vater war für ihn die Person, die immer für ihn da gewesen war. Gut, sein Vater war ein wirkliches Arschloch, aber das war nicht immer so, manchmal war er wirklich auch einfach nur ein besorgter Vater. „Nichts wichtiges.“ Wich John aus und klang sogleich wieder extrem unsicher. Er wandte den Blick ab und nahm einen besonders tiefen Zug an seiner Kippe. „War aber ganz schön lange, für nichts wichtiges.“ Bemerkte Pietro und verschwand für ein zwei Sekunden um dann mit einer Coladose für sich wiederzukommen, John wurde auch eine hingehalten. Beide öffneten sie mit einem Zischen. „Und.. es gibt nur wenige Leute, die du um diese Zeit anrufen würdest. Mein Vater sicherlich nicht, der würde sich darüber nicht sonderlich freuen. Dann bleibt nur eine Person, die du anrufen würdest...“ Pietro besass Menschenkenntnis, wenn es um so etwas ging. Und John kannte er schon ziemlich gut, zumindest die eine Seite an ihm. John nippte an seinem Coke. Entweder er trank Alkohol oder Coke. Etwas anderes war schon länger nicht mehr in seinem Körper gelandet. Von Wasser hielt er überhaupt nichts. Das war wieder so ein Anti-Feuer Element. Der Feuerteufel schwieg, bis er schliesslich – obwohl es überhaupt nicht zum Thema passte – meinte: „Es hat wieder zu schneien begonnen.“ Ausserdem hatte er Kopfschmerzen, schon die ganze Zeit. „Mkey.. ich hab also doch recht. Scheisse!“ Meinte Pietro und klang dabei schon beinahe selbstgefällig. Das Scheisse wurde noch hübsch abwertend betont. „Wie viel weiss sie jetzt? Hast du etwas..“ Weiter kam er nicht, denn John drehte den Kopf energisch zu ihm um: „Entspann dich, man! Sie weiss nichts, überhaupt nichts!“ Wurde geknurrt. „Wenn, dann hab ich ihr höchstens Hoffnung gemacht, dass sie ihren Johnny wiederkriegt.“ Er zwang sich zu einem Lachen. Wobei er sich nun wirklich mit aller Kraft dazu zwingen musste. Denn so einfach war das nicht, wie er es darzustellen versuchte. Schön wärs. Aber er selbst war zwiegespalten, ein Teil wollte einfach nur zurück und der andere, der sehr viel stärker war, schaffte es einfach immer, seinen Kopf durchzusetzen. Als er Kitty angerufen hatte, war es dem anderen Teil kurzzeitig gelungen, die Oberhand zu übernehmen. Er wusste doch selbst nicht, was mit ihm los war. „Ich.. sie hätte.. es.. verraten können..“ Kam es dann zögerlich. „Aber..?“ Pietro wusste, dass da noch mehr kommen würde. „Aber.. sie hat es nicht getan.“ Johns Stimme klang nun tonlos. Er blies Rauch aus und nickte dann leicht vor sich hin. „Ich wünschte, sie hätte es getan..“ Denn dann wäre alles vorbei gewesen. Alles. Dann wären alle Pläne oder zumindest ein Teil davon, über den Haufen geworfen worden. Pietro drehte den Kopf zu ihm und sah ihn merkwürdig an. John war merkwürdig, mal dachte er so und dann wieder ganz anders und mal war er der harte Kerl und dann wieder das totale Gegenteil davon, wie bitteschön sollte man daraus noch schlau werden? „Tja, Kitty-Kat ist eben dämlich. Zu deinem Glück.“ Der letzte Satz war besonders deutlich ausgesprochen, damit John auch ja kapierte, dass die Sache wirklich dringend war. „Mhm.. Ich geh pennen.“ Kam als Antwort ehe John die Coke Dose abstellte und dann langsam zu den Zimmern trottete. Bevor er in sein Zimmer ging, schob er leise die Tür zu Auras auf und lugte hinein. Wenn er mit seiner Schwester redete oder ähnliches, dann war er wieder ein völlig anderer Mensch. Eben der typische grosse Bruder, der seine kleine Schwester beschützte. John grinste, ehe er den Kopf zu Pietro drehte und leise und doch ernst meinte: „Wer war beim Dreh dabei? Meine.. wer war das mit dem Handgelenk?“ „Gambit. Glaubich.. Einer musste es halt machen und keiner wollte, also hat sich Monsieur Français freiwillig gemeldet. Alter Sadist.“ Der letzte Teil war eher scherzhaft gemeint. Pietro sah weiter aus dem Fenster. „Kartenpfuscher Schrägstrich Franzeschwuchtel?“ Pietro konnte Johns Tonfall anhören, dass er gerade wieder zu brodeln begann. „Na warte, der Typ wird noch was erleben.. kannst du ihm gerne ausrichten.“ Mit diesen Worten verschwand John in seinem Zimmer. Kaum in seinen eigenen vier Wänden, brach die gesamte Fassade zusammen, das Zittern setzte wieder ein. Er machte sich erst gar nicht die Mühe das Licht anzuknipsen, sondern fummelte in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel und suchte dann das Schlüsselloch, zitternd und im Dunkeln wurde das doch etwas schwerer als sonst. Endlich geschafft. Sicher. In Ruhe. John drehte sich um und blieb einen kurzen Moment einfach nur ruhig atmend stehen. Schloss die Augen, sein gesamter Körper zitterte noch immer. //Gut so.. John.. nur weiter so! Verrat ruhig alles, das zeigt deine Treue.// Eine innere Stimme, die sich einfach nicht ignorieren liess. John fuhr sich sogleich mit beiden Händen an die Schläfen und massierte diese. //Aber wie immer arbeiten wir ausgezeichnet zusammen.// Kein Wunder, sie waren die gleiche Person, aber irgendetwas stimmte nicht, mit seinem Kopf. Er konnte es spüren. Nur dass der Teil, der davon Notiz nahm, sehr viel schwächer war, als der andere Teil. //Immerhin wiegen wir das kleine süsse niedliche Kätzchen so in Sicherheit, Hoffnung ist doch was schönes, nech// „Nein..“ Hauchte John leise und schüttelte dabei energisch den Kopf. Immer noch hielt er die Augenlieder zusammengepresst und die Hände an den Schläfen. //Wieso nicht..? Bis jetzt ist es doch ganz witzig und es wird noch witziger.. das kann ich dir versprechen. Du solltest einfach nur die Show geniessen und auf der Seite bleiben, auf der du bist. Das ist die Seite der Gewinner! Ausserdem, du bist ich und ich bin du.. da besteht kein Unterschied. Kitty hätte es beenden können, darauf hast du gehofft, was? Weil du es ihr selbst nicht sagen konntest. Dumm huh? Wenn man reden kann und trotzdem um den heissen Brei herum reden muss. Sie hätte dich auffliegen lassen können.. Hat sie aber nicht, ein weiterer Beweis dafür, dass sie äusserst dumm ist und dass es äusserst amüsant wird!// Stimmte schon, er tat diese Dinge, niemand anderes. Aber John wollte das nicht hören. „Lass.. es.. lass es!!“ Vielleicht war es sein Unterbewusstsein, oder Emma Frost erlaubte sich einen schlechten Scherz mit ihm. Doch John zitterte nun nur noch mehr. Er tastete sich zu dem Kleinen Schreibtischchen, das im Zimmer Stand. Es wurde abgetastet, bis er die Schubladen gefunden hatte. Diese riss er auf. //Du solltest langsam wissen, dass das, was du vorhast dir gar nichts bringen wird.// John fingerte einige Packungen hervor, nahm die erstbeste und löste daraus heraus einige Tabletten. Schlaftabletten, Beruhigungstabletten. Das hatte er den ganzen Tag über gemacht, sich mehr von diesen Tabletten besorgt, aber das musste weder Pietro noch dessen Vater wissen. John schluckte die ersten und entschloss, als nicht auf der Stelle eine Wirkung eintrat – was eigentlich normal war – gleich noch mehr davon zu schlucken. Deshalb trennte er erneut einige heraus und schluckte diese. Dann taumelte er – immer noch zitternd – zum Bett und liess sich darauf fallen. „Ich habe definitiv den Punkt erreicht, an dem ich sagen kann: Ja.. ich bin ein Psycho.“ Murmelte er leise, während er die Decke ansah und darauf wartete, dass die Wirkung der Tabletten endlich einsetzte und er ausnahmsweise mal ruhig würde schlafen können. Er wollte Rache, das sagte ihm sein Kopf immer wieder, nur das verwirrende war, dass sein Herz etwas ganz anderes sagte – Emma Frost hatte vielleicht etwas zu sehr in seinem Gehirn rumgepfuscht... Kitty im Gegensatz dazu schlief schon lange tief und fest. Sie hatte das Ende der Geschichte nicht einmal mehr mitbekommen. Doch dafür schlief Johns Kätzchen so gut, wie schon lange nicht mehr und das ganz ohne Alpträume... ~[*Cold Call – End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)