Trigger Happy von Minerva ================================================================================ Kapitel 1: trash ---------------- Warst du schonmal so wütend, dass du nichts mehr gesehen hast? Nichts mehr gehört hast? Nur wie dir dein eigenes Blut durch den Kopf rauscht? Warst du schonmal so wütend, dass du komplett durchgedreht bist? So wütend, das du nur noch zerstören wolltest? Egal was? Egal was. Mit 15 wollte mich meine Mutter zum Psychiater schicken. Meine eigene Mutter wollte mich zu einem gottverdammten Psychiater schicken. Ich war so geschockt, das mir gar nichts mehr einfiel was ich hätte sagen sollen. Ich bin einfach nur weggerannt. Weil nicht einmal meine eigene Mutter mehr an mich glaubte. Weil ich wieder diese scheiss Wut spüren konnte. Ein paar Stunden später sah ich meine Mutter wieder. Sie holte mich und Sasuke von der Polizei ab. Bei Gott nicht das erste Mal. Wir sind doch mittlerweile Ehrengäste bei denen. Ich glaube Mutter hat Recht. Ich und Sasuke, wir sind eigentlich ganz nette Jungs. Aber wir haben Probleme damit, uns zu beherrschen. Mein Psychiater sagte dazu: aufgestaute Aggression. Ich sagte dazu: Fick dich. Das war Überhaupt das einzige, was er von mir zu hören bekam, nachdem er mich doch tatsächlich fünf Stunden lang zugeschwallt hatte. Und dafür zahlte meine Mutter 50 Dollar. So eine verfickte Scheisse. Sasuke hatte damals draußen auf mich gewartet. Er sah mein Gesicht, schnippte cool seine Kippe weg und dann gingen wir in die Stadt. Für uns, absolute Sperrzone. Für uns, der große Spielplatz der Welt. Wisst ihr es gibt Menschen, die gehen irgendwo rein und werden irgendwie akzeptiert. Es gibt auch Menschen, die gehen irgendwo rein und werden irgendwie ignoriert. Und es gibt mich und Sasuke. Wir gehen irgendwo rein und alle hassen uns sofort. Das kommt uns eigentlich immer ganz recht. Ich und Sasuke, wir kennen uns seit unserer Kindheit. Und wir sind eigentlich auch total verschieden. Er ist der Ruhige. Der Coole. Der Grausame. Während ich der mit der großen Klappe bin. Der Draufgänger, der sich immer wieder in die Scheisse reitet. Zu Anfang konnten wir uns gar nicht leiden. Es gab nicht einen Tag an dem wir uns nicht schlägerten. Und es war immer unentschieden. Und irgendwann respektierten wir uns. Wir wurden wir Freunde. Dann unzertrennlich. Weil uns etwas verband, was wir nicht zerschlagen konnten. Die Wut. Brüder. Ja, das waren wir. Rücken an Rücken. Frech dem Gegner zugrinsend. Uns war jeder egal. Uns war alles egal. Wir waren die Rebellen. Die Anarchisten. Die Letzen unserer Art. Wir kamen uns einzigartig vor. Sasuke ist mein Bruder. Der mich beschützt. Den ich beschütze. Wenn er da ist, bin ich nicht mehr ganz so wütend. Wenn ich da bin, verschwindet die Kälte aus seinem Blick. Wir sind unzertrennlich. Wir sind unantastbar. Wir sind die Könige der Straßen. Und wir machten jeden fertig, dem was dran nicht passte. Als ich dann 17 war, schickten mich die Bullen schon wieder zu demselben Psychiater. Zu diesem Arschgesicht, der nur Geld dafür bekam geschwollene Scheisse daher zu reden. Er gab mir eine kleine rote Puppe, mit großen hässlichen Knopfaugen. Er sagte mir, sie hieß Reba. Ich fragte ihn, ob er schwul wäre. Er setze sich wieder hin und tippte sehr lange irgendwas in seinen Computer ein. Also mir begann es langsam Spaß zu machen. Reba sollte also, seinen Worten nach, meine neue beste Freundin werden. Jedes Mal wenn ich wütend wurde, sollte ich die Wut an ihr auslassen. Reba war sehr widerstandsfähig. Reba lebte ganze vier Stunden lang. Trotzdem blieb ich an dem Tag zuhause, weil Mutter wieder im Schlaf geweint hatte. Sie gab sich die Schuld, das war klar. Vater konnte sie ja nicht die Schuld geben. Niemand konnte einem Toten die Schuld geben. Und ich stand vor der Tür und wusste nicht was ich tun sollte. Ich hab mich schon so oft entschuldigt. Und ich hab es jedes Mal ernst gemeint. Aber Worte bringen nichts. Worte heilen nicht die Wunden unserer Opfer. Worte heilen nicht die Wunden unserer Mütter. Und dann muss ich manchmal daran denken wie glücklich sie ohne mich wäre. Und dann renne ich wieder weg. Zu Sasuke. Weil ich immer zu Sasuke gehe, wenn ich solche Gedanken habe. Er sitzt immer auf dem Dach und starrt in den Himmel. Und er hört immer dieselbe Musik. Und er braucht nur in mein Gesicht zu sehen, schon weiß er was los ist. Schon fühlt er, was ich fühle. Schon fühle ich mich besser. Wir liegen da und hören Musik. Und wenn die Sonne untergeht, gehen wir in die Stadt. Seine Mutter sitzt dann immer auf der Veranda und sieht uns nach. Sie sitzt auf der Veranda und liest ein altes kitschiges Buch. In dem alles noch heile Welt ist. Und sie lächelt, wenn sie ihren Sohn sieht. Genau wie meine Mutter lächelt, wenn sie mich sieht. Weil wir nur noch uns haben. Weil wir nur noch uns haben. An dem Tag, dem 23 September, da saß sie auch da und las ihr Buch. Sie winkte uns nach und lächelte, als ich ihr zurückwinkte. 18 Stunden später fand man sie in einem Müllcontainer. Nackt, vergewaltigt, erschlagen und weggeworfen. Wie Müll. Daneben lag ein Zettel. Sie hat geschrieen, du Hurensohn. Manchmal geht etwas so sehr kaputt – das man es nicht mehr reparieren kann. Es war unsere Schuld, das konnte uns Niemand ausreden. Wir waren die, die all die Schlägereien ausgelöst haben. Wir waren Schuld an ihrer Rachsucht. Und wir waren so dumm zu glauben, dass sie sich nicht an unseren Familien vergreifen würden. An dem Tag klingelte mein Handy, es war Hinata die mich anrief. Sie redete hastig auf mich ein und stotterte nichteinmal. Das war das Erste was ich bemerkte. Das Zweite war das Bild von Sasukes verunstalteter Mutter, wie sie da zwischen den schwarzen Plastiksäcken lag. Irgendein Teil meines Gehirns, welcher nicht gelähmt war, musste an die Bezeichnung sensationsgeile Fettsäcke denken. Sasuke. Dann ließ ich das Handy fallen und rannte in die Küche, in der gerade meine Mutter telefonierte. Sasuke. Ich riss ihr das Telefon aus der Hand und packte sie bei den Schultern. SasukeSasuke. „MUM, DU HÖRST MIR JETZT GUT ZU VERSTANDEN?! HÖR ZU!!“ Sie nicke hastig. Sasuke. „Du tust jetzt genau was ich sage! Du gehst jetzt mit mir zu den Nachbarn und da bleibst du auch! Bis ich dich abhole!! Verstanden?!“ SasukeSasukeSasukeSasukeSasuke. „Aber Schatz, was ist denn...?“ „KOMM SCHON!!“ Sasuke. Ich lieferte sie bei den Bensons ab. Die Bensons waren eine Ansammlung der versnobtesten Snobs der Welt. Eine Ansammlung von sensationsgeilen Fettsäcken. Aber sie waren eine Ansammlung von sensationsgeilen Fettsäcken mit Alarmanlage, Notruf und Wachhund. Natürlich wussten sie schon von Sasukes Mutter. Natürlich sagten sie nichts. Und meine Mutter blickte mir Schreckensbleich nach. Ich brüllte um die Straßenecke. Ich brüllte den Schatten nach, die gerade um genau diese Straßenecke verschwanden. Tut ihr was an und ich bring euch um. Ich bring euch alle um. Dann rannte ich zu Sasuke. Das er davon bereits wusste, stand außer Frage. Ich hoffte bloß, dass er noch da war. Aber was hätte ich ihm denn sagen sollen. Was hätte ich denn tun sollen? Alles was ich hätte unternehmen können, wäre komplett lächerlich gewesen. Unwichtig und bescheuert. Mein Kopf war so verdammt leer. Also konzentrierte ich mich nur darauf rechtzeitig anzukommen. Nur rechtzeitig ankommen. Als ich das Haus sah fuhr der Polizeiwagen gerade weg. Die Bank auf der Veranda war kaputt. Ich riss die Haustür auf. Und ich war nicht zu spät. Er stand direkt vor mir. Sein schwarzes Shirt war direkt vor meiner Nase. Und ich traute mich nicht, den Kopf zu heben. Ich traute mich nicht, den Ausdruck in seinen Augen zu sehen. Ich traute mich nicht, mich zu bewegen. Ich traute mich nicht, zu atmen. Ich hatte unglaubliche Angst um mein Leben. Er ging an mir vorbei und ich hörte wie er die Treppenstufen herabstieg. Wie er die Auffahrt herunter ging. Wie er über die Straße schritt. Und das Geräusch, wie sein Baseballschläger über den Asphalt kratzte. Er ging töten. Manchmal geht etwas so sehr kaputt – das man es nicht mehr reparieren kann. Als das Geräusch weg war, als ich wieder atmen konnte, ging ich in das Haus hinein und schloss die Tür. Ich ging ins Wohnzimmer. Vorbei an einem alten verblichenem Familienportrait. Der einzige, der von den ernsten Gesichtern übrig geblieben war, war der kleine Junge, der trotzig in die Kamera blickte, während ihm seine Mutter liebevoll die Hände auf die Schultern gelegt hatte. Ich versuchte nicht zu denken. Nicht an sie. Nicht an Sasuke. Nicht an meine Mutter. Ich versuchte nicht zu denken. Ich schaltete den Fernseher an. Drehte ihn laut auf. Zog die Vorhänge zu und machte das Licht an. Überall. Jetzt war ich Sasuke. Und Sasuke setzte sich hin, ignorierte den Fernseher und starrte auf den Couchtisch – dort wo sein Handy lag. Stündlich rief er seine Mutter an, nur um ihre besorgte Stimme zu hören und wieder aufzulegen. Draußen wurde es dunkel. Dann finster und dann wieder hell. Sasuke tat nichts anders als dazusitzen und auf Schritte in der Einfahrt zu warten. Der Wecker sagte 5:24. Der Fernseher zeigte Teleshopping. Mein Akku war fast leer. Und die Tür ging auf. Erschrocken zuckte ich zusammen und sprang vom Sofa auf. Sasuke stand da und blickte mich schweigend an. Den Baseballschläger hatte er nicht mehr in der Hand. Er hatte was Rotes dort. Ich schluckte und hob meinen Blick. Er blickte zurück. Und so standen wir da. Und ich brauchte gar nicht erst zu fragen. Denn etwas war aus seinen Augen verschwunden. Kaputt gegangen. Nur Leere. Unmenschlichkeit. Ich flüsterte leise seinen Namen und er trat ein paar Schritte vor, sagte: Danke, dass du mich gedeckt hast. Das sagte er mir mal, als er mal verdächtigt wurde einen Lehrer geschlagen zu haben. Als ich allen eingeredet habe, das er mit mir unterwegs war. Das sagte er mir mal, als wir zusammen Essen geklaut haben und erwischt wurden. Als ich den Bullen eingeredet habe, das ich ihn dazu angestiftet habe. Das sagte er mir immer, wenn ich alles davor bewahrte, dass seine Mutter zuviel erfuhr. Ich schluckte schwer. „Was hast du mit ihnen angestellt...?“ Sasuke blickte mich eine Weile schweigend an, dann schlurfte er herüber zur alten Einbauküche und ließ Wasser über seine Hände laufen. Ewigkeiten, wie es mir schien. „Soll ich gehen...?“ Als darauf wieder keine Antwort kam, drehte ich mich um und nahm mein Handy. Ich hatte schon die Türklinke in der Hand, als er wieder begann zu reden. Naruto. Pass auf deine Mutter auf. Und tu was sie sagt. Ich nickte. Und dann kamen die Tränen. Und Sasuke hielt seine wunden Hände unter den kalten Wasserstrahl. +chapterone│trash│ende+ Kapitel 2: sorrow ----------------- Drei Tage später fand man am East River 24 Leichen. 23 von ihnen starben an Schlagverletzungen am Kopf. Der Letzte kam ganz groß in Zeitungen. Er hieß John Becks. Bekannt war er unter dem Namen Scissors, weil er seine Opfer gerne mit Scheren entstellte. Scissors war auch derjenige, der den Gerüchten zufolge, der Schänder von Sasukes Mutter war. Meinte die Polizei. Die ganze Unterschicht wusste dass er es war. Scissors musste lange gelitten haben. Man hatte ihn gewaltsam kastriert. Und dann wurden ihm nacheinander alle seine restlichen Körperteile mit einem stumpfen Messer abgehackt. Zuerst die Finger. Dann die Hände. Dann die Arme. Dann die Füße. Scissors lebte zu diesem Zeitpunkt immer noch. Dann wurden ihm Zuge und Ohren herausgerissen. Seine Augäpfel heraus gebrannt. Und dann hatte man seinen Kopf genommen und ihn solange gegen den Asphalt geschlagen, bis er nur noch Brei war. Und neben dem Brei lagen dann fein säuberlich aufgereiht alle seine abgehackten Einzelteile. Der Rest seiner Gang lag um ihn herum verteilt. Massaker. Racheengel. Grausamkeit. Das Fernsehen brachte allstündlich diese Bilder. Das ganze Land konnte sich daran aufgeilen. In unserem Haus blieb der Fernseher schwarz. Natürlich war Sasuke sofort der Hauptverdächtige. Doch alle Nachbarn konnten betreuen das im Haus Licht brannte. Das der Fernseher an war. Das jemand im Haus war. Kurz darauf fand eine Gerichtsverhandlung statt. Ich wurde als Zeuge aufgerufen und sollte über Sasuke aussagen. Ich sagte nichts. Ich blieb still. Der Richter schrie mich an. Es war mir egal. Ich konnte nur traurig in Sasukes Gesicht sehen. Sein leeres Gesicht. Es tat mir so unglaublich weh. Manchmal geht etwas so sehr kaputt – das man es einfach nicht mehr reparieren kann. Ich hab keine Ahnung wie die ganze Sache ausging. Aber wohl eher zu Sasukes Gunsten. Allen war klar, dass er es war und alle konnten verstehen, warum er es getan hatte. Aber die alten Gesetze sind nicht mehr gültig. Es geht nicht mehr Auge um Auge, Zahn um Zahn. Sasuke kam auf Bewährung mit Hausarrest, auf unbestimmte Zeit. Er bekam einen Sender an den Fuß, den er nicht abnehmen durfte und um sein Haus herum wurde ein Draht gespannt. Wenn er ihn überschritt kamen sofort die Bullen. Außerdem bekam er eine Aufpasserin. Sie hieß Anette. Sasuke nannte sie mal fette Kampflesbe. Ich nannte sie auch einmal so, aber in ihrer Anwesenheit. Sie nahm meinen Arm, drehte ihn auf den Rücken und schlug meinen Kopf so heftig gegen den Kühlschrank, dass ich bewusstlos wurde. Als ich wieder wach wurde erklärte Sasuke mir, das sie mit ihm genau dasselbe getan hätte. Dann brachte meine Mutter mich ins Krankenhaus – ich hatte ein Gehirnerschütterung. Nach zwei Tagen ging’s mir wieder besser. Ich glaub nach ner Zeit ging’s Sasuke auch wieder besser. Wenigstens begann er wieder zu reden. Trotzdem war er kaputt. Er war einfach nicht mehr Sasuke. Doch das war mir egal, dafür liebte ich ihn zu sehr. Und jetzt meine ich nicht diese “Wir ficken uns gegenseitig in den Arsch“ Liebe sondern richtige Liebe. Gegenseitiges blindes Vertrauen. Keine Lügen. Nackte Seelen. Verstehen. Ich verstand ihn, er verstand mich. Dass das Liebe war, das merkte ich erst nachdem wir zum ersten Mal seit der Nacht wieder miteinander sprachen. Dreizehn Tage lang durfte ihn nicht sehen. Und ich wollte ihn auch nicht sehen. Denn obwohl ich mich selbst dadurch widerlich fand, hatte ich Angst vor ihm. Angst weil er mit mir dasselbe anstellen könnte, wie mit Scissors. Ich weiß wie lächerlich das klingt, der Typ hatte das verdammt noch mal verdient, ich hätte genau das selbe... hätte ich das denn? Hätte ich das denn wirklich...? Ich bin lächerlich, ich konnte mir ja nichteinmal vorstellen wie ich mich fühlen würde, wenn sie meine Mutter... Ich spürte die Wut. Aber zu Sasuke durfte ich nicht. Also ging ich nach oben und schlug Reba. Die Überreste von Reba. Trotzdem hatte ich verdammte Angst. Ich erwischte mich ständig dabei, wie ich darüber nachdachte, dass er schon immer so grausam gewesen war. Und immer wenn das passierte, fühle ich mich unglaublich Scheisse. Ich musste mit Sasuke reden. Unbedingt. Einfach nur reden. Er lag auf dem Dach und starrte in den Himmel. Eigentlich wie immer. Sein MP3 Player lag neben ihm, ausgeschaltet. Nicht wie immer. „Sasuke?“ Er antwortete mir nicht und in mir flammte erneut Angst auf. Was wenn er nie wieder mit mir ein Wort sprechen würde? Was wenn er mich nicht mehr haben wollte? Was wenn er nicht mehr Sasuke ist?? „Sasuke...? Soll ich wieder weggehen oder...?“ Er antwortete mir nicht und ich musste gegen den harten Kloß in meinem Hals ankämpfen. Dann setzte er sich auf und blinzelte mich müde an. Er öffnete seinen Mund, doch er bekam keinen Ton heraus. Er keuchte und fasste sich an die Brust. Ich musste mir nichteinmal seine Schmerzen vorstellen. Er sah mich an und flüsterte dann mit schreckensweiten Augen. „Ich kann es immer noch hören... ich kann hören wie sein Schädel auf den Boden schlägt. Ich kann ihn schreien hören, Naruto... ich kann hören wie meine Mutter lacht...“ „Sasuke...“ „Er hat’s doch verdient oder... ER HATS DOCH VERDIENT ODER?!“, schrie er mir heiser zu. Ich rannte zu ihm herüber und nahm ihn in den Arm. Und er drückte seine heiße Stirn gegen meine Brust und begann zu weinen. Die nächsten drei Stunden war ich damit beschäftigt ihn zu trösten, auf ihn einzureden, ihn zu halten. Ich hatte Sasuke noch nie weinen sehen. Niemand hatte ihn wohl je weinen sehen. Außer seiner Mutter. Sasuke erzählte mir unter Tränen, das er nicht mehr richtig schlafen und essen konnte. Wenn Anette ihn dazu zwang etwas zu essen - wurde ihm schlecht davon. Von überallher sah er die Gesichter von Scissors und seiner Gang. Das Gesicht seiner Mutter. Die Bullen haben ihm doch gesagt er sollte nichts Unüberlegtes tun, sie würden das schon regeln. Er hatte schon zigmal versucht sich umzubringen. Anette hatte ihn immer wieder davon abgehalten. Er dachte, ich würde nie mehr wiederkommen. Er hatte Angst, dass er irgendwem noch mal dasselbe antun würde. Er konnte ständig dieses Geräusch hören. Dieses grässliche widerliche Geräusch. Und immer wieder fragte er mich, ob Scissors sein Schicksal verdient hatte. Und ich antwortete immer wieder mit ja. Reue tut am stärksten weh. Und Reue ist das, was einen langsam wieder ganz macht. +chaptertwo│sorrow│ende+ Kapitel 3: love --------------- Ab diesem Moment an begann mein Leben. Ich ging wieder zur Schule. Ich begann zu lernen, anstatt anderen Menschen wehzutun. Jedes Mal wenn ich wütend war, schlug ich Reba. Und wenn es ganz schlimm wurde, ging ich zu Sasuke. Und blieb bei ihm bis zum Sonnenuntergang. Dann lief ich nach Hause, zu meiner Mutter und passte auf sie auf. Mutter meinte stolz, ich hätte mein Leben endlich in den Griff gekriegt. Sasuke meinte gehässig, ich wäre verweichlichte Schwuchtel geworden. Der 7 Juli war ein guter Tag. Im Nachhinein kann ich getrost von mir behaupten dass er, mit ein paar kleinen Ausrutschern, einer der besten Tage meines Lebens war. An dem Tag wurde ich nichteinmal wütend. Ich regte mich nicht über die schlechte Note auf. Ich regte mich nicht über ein paar andere Schüler auf, die meinten sie müssten mutig werden. Ich regte mich nicht über Ben auf. Falls ihr euch jetzt fragt wer Ben ist, dann kann ich euch diese Frage schnell beantworten: Ben ist ein Wichser. „Hey Schwuchtel, wie geht’s eigentlich deinem kleinen Freund? Wann darf er denn wieder mit dir Gassi gehen, hm?“ Ist euch jetzt klar warum Ben ein Wichser ist? Vor nem Jahr wär er jetzt ein toter Mann. Heute ignorierte ich ihn einfach. „Na? Da sagst du wohl nichts mehr, was? Oder brennt dir einfach nur der Arsch?“ Hinata packte mich so heftig an den Oberarmen, das ich ihre Fingernägel durch den Stoff meiner Jacke spüren konnte. Ich erwiderte müde ihren beschwörenden Blick. Es war eigentlich nicht mehr weit bis zur Wut. Aber ich war immer noch auf der ruhigen Seite. Sakura schnaubte gehässig: „Ich an deiner Stelle würde die Fresse halten, Benileinchen. Wer hat denn zuhause seine kleinen SM Heftchen liegen, hm? Und ich kann mich noch Recht gut daran erinnern, das die dort alle keine Brüste hatten...“ Ben knurrte und ein paar unserer Mitschüler lachten gehässig. Dann klingelte es und er rief Sakura noch schnell Fotze zu, dann verschwand er wieder ins Schulhaus. Wir hatten heute früher aus. Hinata ließ meine Arme los. „So ein blödes Arschloch...“, knurrte Sakura und ich lächelte ihr zu. Manchmal liebte ich sie für ihre große Klappe. „Gehst du heute wieder zu Sasuke...?“ Ich nickte und sie holte ein braunes Paket aus ihrer Tasche. „Hier“, hielt sie mir hin und ihn nahm es skeptisch an. Es stank furchtbar. „Hab ich selbst gekocht!“, strahlte sie und ich nickte knapp, ließ das Ding schnell in meiner Tasche verschwinden – bevor ich noch von dem Gestank Ohnmächtig wurde. „Aber warum bringst du es ihm denn nichts selbst? Sasuke freut sich immer über Besuch...“ Sakura blickte irgendwohin, nur nicht in mein Gesicht. Ihre rechte Hand umschlang den Oberarm der Linken. „Ich weiß nicht... er ist immer so abweisend wenn ich ihn besuche... ich weiß gar nicht ob er mich überhaupt sehen will...“ Ich musste lächeln. „Sakura... So war Sasuke schon immer, für den heißt schon ein Lächeln – Ich liebe dich!“ Sie blickte auf und lächelte dann auch. Wir standen am Tor. Hinata gab mir einen kurzen Kuss. Sakura winkte und irgendwie sah sie etwas glücklicher aus als sonst. „Wenn was ist, rufst du an, jah?“, meinte Hinata schüchtern, mir wurde warm ums Herz. Ich und Hinata sind jetzt übrigens zusammen, weil... ich weiß nicht... Sie hat dieselbe Wirkung wie Sasuke. Sie beruhigt mich. Ich lief nach Hause. Küsste kurze meine Mutter auf die Wange. Klaubte Sakuras Etwas heraus. Schmiss meine Tasche in die Ecke und rannte zu Sasuke. Ich wollte ihn mit meiner guten Laune anstecken, ihm war bestimmt langweilig. Als ich bei Sasukes Haus ankam, erwartete mich ein absolutes Chaos. Irgendwas stimmte nicht. Doch ich war ja auch noch so blöd meine Schuhe auszuziehen. Vorsichtig rief ich seinen Namen und bahnte mir einen Weg durch die Trümmer. Bin in der Küche, antwortete es mir. Ich seufzte erleichtert und lief in die Küche, nur um auf halbem Wege auf eine kaputte Vase zu treten und vor Schmerzen laut aufzuschreien. Ich plumpste auf den Boden und hielt mir den blutenden Fuß. „Was zur Hölle ist hier passiert?!“, zischte ich Sasuke an, der soeben aus der Küche herausschlürfte. Er nahm sich die Tomate aus dem Mund und fuhr sich durch die schwarzen Haare. Habe ich schon mal erwähnt, dass alles was er macht, egal wie er es macht, komplett cool aussieht?! „Ich und Anette hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit... jetzt ist sie beleidigt...“, antwortete er mir gelangweilt und tapste geschickt durch die Trümmern – so als würde er das jeden Tag machen. Neidisch sah ich zu ihm hoch, dann kniete er sich neben mir hin und holte aus seiner Hosentasche eine Verbandsrolle. Ich glaube er musste damals vieles verarzten. Und an seinem Fußgelenk blinkte der schwarze Sender. Ich hab mal mit weißem Edding Trigger Happy drauf geschrieben. Sasuke war sehr amüsiert über die Wortwahl. Gelassen verband er meine Wunde und ich saß still da und ließ die ganze Prozedur über mich ergehen. Sein Gesicht sah so friedlich aus. „Was ist?“ „N...nichts...!“ Als er fertig war, stand er auf und stützte mich. Er half mir auch, die zweite Etage heraufzuhumpeln. Auf sein riesiges Bett. „Mann, weswegen habt ihr euch denn gezofft...“, grummelte ich mit pochendem Fuß. „Pudding...“, nuschelte er. „Pudding.“, wiederholte ich und starrte ihn an. „Sie hat Pudding gekocht... ich hasse Süßes...“ Ich starrte ihn immer noch an. „Und sie hat überreagiert... und wir haben uns eben ein bisschen gezankt...“ „Sasuke, das Wohnzimmer liegt in Trümmern...“ Er starrte mich an. Ich starrte ihn zurück an. Dann fingen wir beide an laut zu lachen. Prustend und keuchend rollten wir uns auf seinem Bett herum und schnappten nach Luft. Wir lachten wie glückliche kleine Kinder. Und wir lachten ziemlich lang. Mir tat irgendwann so heftig der Bauch weh, dass ich einfach nur da liegen und nach Luft schnappen musste. Sasuke kam neben mir ebenfalls zur Ruhe und drückte seine Stirn in meine Schulter. Eine Weile lang lagen wir so da. Und ich genoss die Ruhe. „Wieso bist du heute so früh...?“ „Binns, der alte Sack, ist heute in der großen Pause zusammengeklappt, als er ein paar Zwerge beim Rauchen erwischte und ihnen hinter herjagen musste...“ „Uhhh... beim Rauchen erwischt... für dich muss es in der Schule wohl verdammt langweilig sein...“ „Morgen schlag ich Ben die Fresse auf.“ „Hinata wird wieder weinen.“ Darauf sagte ich nichts. Hinata war wohl einer der Hauptgründe, warum ich es noch nicht getan habe. „Fang nicht wieder eine Schlägerei an, er ist es nicht wert...“ „Er hat dich beleidigt.“ „Sieh nur, ich hab’s überlebt...“ „Aber – “ Ich wollte mich aufsetzen, doch er hielt mich zurück. Auf einmal war er mir schon wieder so nah. „Ignorier ihn einfach...“ Seine Haare kitzelten meine Wange. Sein Atem wärmte meinen Hals. „Ist gut...“ Eigentlich wollte ich ihm noch von Sakura erzählen. Eigentlich wollte ich ihm noch dieses stinkende Paket von ihr geben. Eigentlich wollte ich mit ihm noch über Anette lästern. Aber das kann warten. Ich will jetzt einfach nur den Moment genießen. Ich schloß einfach meine Augen und lauschte Sasukes ruhigem Atem. Mit einem lauten Keuchen schreckte ich auf. Es war bereits dunkel. Und spät... vielleicht schon zu spät. Sasukes Augen leuchteten erschrocken neben mir in der Dunkelheit. Seine Stimme war nur ein hohles Flüstern. „Lauf... Schnell!“ Ich sprang vom Bett auf und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Bittenichtbittenichtbittebittebittebittenicht. Oh Gott, bitte nicht!! Ich stolperte die Treppe runter, durch das Chaos, schnappte nach meinen Schuhen und rannte nach draußen. Verdammt, die Straßenlampen sind schon an!! Ich hetzte durch die Straßen, ein paar Jugendliche starrten mir erschrocken nach. Kalte nackte Angst. Es war ein ganzes Jahr her, trotzdem hatte mich das pure Entsetzen gepackt. Sie war um diese Uhrzeit ganz alleine Zuhause. Und bei uns ist doch so leicht einzubrechen. Oh Gott, bitte nicht!! Ich rannte in unsere Straße. Niemand war da. Oder doch? Verschwand da gerade jemand um die Ecke? War da nicht gerade das Geräusch eines wegfahrenden Autos? Verdammte Scheisse! Keuchend und mit schmerzendem Fuß kam ich an unserem Haus an und hämmerte gegen die Tür. „Wer ist da?“, erklang es ängstlich von drinnen. „Ich bin’s, Mum...“, keuchte ich erleichtert. „Mach die Tür auf...“ Mehrere Schlösser klapperten auf. Dann öffnete sie Tür und helles Licht blendete mich. „Mum...“, murmelte ich erleichtert und nahm sie in die Arme. „Tut mir Leid, ich bin eingeschlafen...“ Ich ließ sie los und schlurfte erledigt herein. Der Stein fiel mir von den Schultern. Mein Herz hörte langsam auf zu rasen. Sie hob den schwarzen Telefonhörer. „Ja Sasuke, er ist jetzt hier, es ist alles Okay... Dir auch gute Nacht, Schatz...“ Ich ließ mich auf die Couch fallen und atmete tief ein und aus. Meine Mutter setzte sich neben mich und zog ihren Bademantel etwas enger. „Liebling, findest du nicht, dass wir langsam damit aufhören können, ich meine... ich kann schon selbst auf mich aufpassen, du kannst auch mal eine Nacht bei Sasuke bleiben und...“ „Hast du alle Fenster geschlossen, Mutter...?“ „Ja, aber –“ „Hat sich hier heute einer herumgetrieben, den du nicht kennst?“ „Nein, Schatz. Aber hör doch...“ „Gehen wir ins Bett.“ „Ist gut...“ Sie war angenervt davon, das wusste ich. Aber ich konnte nicht anders. Ich konnte erst ruhig Schlafen, wenn ich wusste dass sie in Sicherheit war. Ich weiß noch wie sie in Tränen ausgebrochen ist, als ich ihr sagte, sie wäre mir das Wichtigste auf der Welt. Als ich ihr sagte, ich würde sie um jeden Preis beschützen wollen. Und sie sagte mir, dass ich vorher noch nie so was Schönes zu ihr gesagt hätte. Wenn ihr etwas zustoßen würde, dann würde ich mir das nie verzeihen. Wir gingen beide hoch, sie in ihr Zimmer. Ich in meins. Vorher gab’s noch einen Gute Nacht Kuss. Ich ließ mich aufs Bett fallen und klaube müde mein Handy aus der Tasche. Es piepste nervig. Eine SMS. Bestimmt von Hinata oder so. Die konnte ich auch Morgen lesen. Ich brauchte jetzt Schlaf. Ich musste an das leise Geräusch von Sasukes Atem denken und schlief ein. Mitten in der Nacht weckte mich ein lautes Donnern. Ich murrte genervt und drehte mich auf die Seite. Doch bevor ich wieder einschlafen konnte, hörte ich ein lautes scheperrndes Geräusch und sah schwaches Licht durch den Türspalt dringen. Sofort war ich wach, stand auf und schlich vorsichtig zur Tür um nach draußen zu lugen. Aber da waren keine Einbrecher. Verdammt ich wurde langsam paranoid... Und der Regen prasselte laut gegen das Dach. Ich öffnete die Schlafzimmertür meiner Mutter und sah wie sie gerade ihre Nachtischlampe vom Boden aufhob und schuldig zusammenschrecke, als sie mich bemerkte. „Oh Schatz, das tut mir Leid ich wollte dich nicht aufwecken, aber der Donner...“ Es blitzte und für einen Moment wurde der ganze Raum weiß erleuchtet. Meine Mutter zuckte so heftig zusammen, dass sie die Lampe wieder fallen ließ. „Ach du meine Güte...“, murmelte sie und hob sie mit zittrigen Fingern wieder auf. Ich schloss die Tür und lächelte müde. „Ich hab Angst vor dem Gewitter, Mum. Kann ich heute Nacht bei dir schlafen...?“ Sie lächelte dankbar. Ich hab ganz vergessen wie wunderbar weich die Haut meiner Mutter ist. Und sie riecht immer noch so schön nach Honig... „Schatz...“ „Hm?“ „Du weißt doch noch wie du mir versprochen hast, dass du Niemanden mehr wehtust, außer du beschützt jemanden anderen...?“ „Ja, Mum...“ „Ich hab dich lieb, Schatz...“ „Ich dich auch...“ Das war einer der besten Tage meines Lebens. Und als ob das Schicksal mir zeigen wollte, dass es mich immer noch nicht leiden konnte, kam nach diesem, der grässlichste Tag meines Lebens. +chaptertree│love│ende+ Kapitel 4: red box ------------------ Am nächsten Morgen regnete es immer noch. Der Wind peitschte gegen die Scheiben und das laute Prasselgeräusch erfüllte mein ganzes Zimmer. Draußen war es stürmisch und dunkel, nur das Display meines Handys strahlte mir Licht ins Gesicht. Lass die Besuche. Ich will dich nicht mehr bei mir haben. Ich las seine SMS mindestens Dreihundert Mal. Ich zählte die Wörter. Ich sprach die Sätze sieben Mal aus. Ich begriff es trotzdem nicht. Ich bin doch blöd oder? Komplett verblödet... Er will mich nicht mehr haben. Wütend schleuderte ich das Handy gegen die Wand. Es zerbrach in seine Einzelteile. Dann fiel ich auf die Knie und rammte meine Faust in den Boden. Ein dumpfes Geräusch durchbrach kurz das Prasseln. Heiserer Atem. Reg dich ab. Ich hob die Faust aus der Unebenheit in dem Parkett heraus und rammte sie dort erneut hinein. Knirschende Zähne. Reg dich ab. Reg dich ab. Ich hob den Kopf und suchte hektisch nach Reba. Sie war nicht da. Diese verdammte Hure war nie da, wenn ich sie brauchte!! Reg dich endlich ab. Meine Augen brannten. Meine Brust schmerzte. Mein Fingerknöchel bluteten. Und ich bekam von dem Kloß im Hals, keine Luft mehr. Reg dich ab. Reg dich ab. Reg dich ab! „Liebling, ist alles Okay...?“, erklang die Stimme meiner Mutter von unten. Reg dich verdammt noch mal ab! Natürlich wollte er, dass ich ihn nicht mehr besuchen kam. Wegen gestern Abend. Natürlich verstand ich es. Aber es war so verdammt unfair!! „Ja, Mum... ich bin nur hingefallen...“, krächzte ich zurück und wischte mir über die nassen Wangen. „Zieh dich an... du kommst zu spät zur Schule...“ „Ja, Mum...“ An dem Morgen sprach ich nicht ein einziges Wort mit Sakura und Hinata. Und sie ließen mich auch in Ruhe. Nur Hinata legte ein paar Mal ihre Hand auf meine und drückte sie leicht. An dem Morgen passte ich den ganzen Tag nicht auf. Ich nahm auf keinen Acht. An dem Morgen hatten wir alle zusammen aus. Hinata hatte ihren Regenschirm verloren, also gab ich ihr meinen. Der kühle Regen tat gut gegen meine Kopfschmerzen. An dem Morgen hatten wir alle zusammen aus. Hinata packte mich schon, noch bevor Ben etwas sagen konnte, so heftig an den Oberarmen, das ich diesmal Blut spüren konnte. Sie ahnte nichts Gutes. Ich auch nicht. Ich freute mich sogar richtig. Komm schon... Ben und seine Gang liefen an uns vorbei. Komm schon!! Sag was!! SAG WAS, DAMIT ICH EINEN GRUND HABE DEINE HÄSSLICHE FRESSE ZU ZERSCHLAGEN!!! Sakura wurde bleich als sie mein Gesicht sah. Hinata drückte mich noch fester und begann mich dann Richtung Ausgang zu bugsieren. „Hey Schwuchtel!!“ „Lass es, tu es mir zu Liebe!!“, flehte Hinata und ich sah auf ihr Gesicht hinab. Stimmt ja... ich habe es doch Mutter versprochen... Meine Muskeln erschlafften. Meine rasenden Gedanken kamen zu Stillstand. Ich blickte wieder müde und ausgelaugt in ihre flehenden Augen. Stimmt ja... ich bin jetzt ein anderer Mensch... „Hey, kennst du schon das neue Handyvideo, das hier die Runde macht?“ Einfach ignorieren. Er ist es nicht wert. Du schlägst Niemanden mehr. Du tust Niemandem mehr weh. Hinata hielt mich immer noch fest. Wir waren beinahe aus dem Tor. „Sasukes Alte war echt ne geile Nummer. Ich hätt sie auch gern mal durchgenommen.“ Hinatas Hände ließen mich von ganz alleine los. Sakura schlug sich entsetzt die Hände auf den Mund. Das gehässige Gelächter verstummte abrupt. Alles war dumpf. Alles war grau. „Du weißt doch noch wie du mir versprochen hast, dass du Niemanden mehr wehtust, außer du beschützt jemanden anderen...?“ Ich drehte mich um und sah sein unsicher grinsendes Gesicht. Blut rauschte mir in den Ohren. Sasukes Baseballschläger kratzte grässlich laut über den Asphalt. „Jedes Mal wenn sie wütend sind, bringt es nichts, ihre Wut an anderen auszulassen. Sie müssen andere Wege finden sie zu kompensieren...“ Sein Gesicht wurde größer. Und während es größer wurde, wurde es immer ängstlicher. Dann panisch. Mein Körper fühlte sich so wunderbar leicht an. Meine Kopfschmerzen waren wie weggeblasen. „Hinata wird wieder weinen.“ Sein Mund öffnete sich zu einem lauten Schrei. Und ich holte aus. Lass die Besuche. Ich will dich nicht mehr bei mir haben. Als meine Faust sein Gesicht traf und es so schön weich nachgab, hörte mein Gehirn auf vernünftig zu denken. Der Rest war nur noch Wut und Befriedigung. Und das Geräusch, wie meine Faust sich immer und immer wieder in sein Gesicht rammte. Das tollste Geräusch der Welt. So wunderbar schmatzig und knacksend. Wie sehr ich es doch vermisst habe. Wie sehr ich es doch die ganze Zeit über vermisst habe, jemandem so sehr wehzutun, dass er spüren kann wie es sich für mich anfühlt, wenn ich mein verdammtes Leben lebe. Wie sehr ich es doch vermisst habe, Ihnen zu zeigen wo ihr Platz in der Welt ist. Wie sehr ich es doch vermisst habe. Dieses Gefühl der Macht war so verdammt geil. Ben hörte auf irgendwann zu schreien. Er gurgelte dann nur noch. Klang lustig. Dafür drangen langsam andere Schreie durch die Dumpfheit. Als ich das nächste Mal ausholte, traf meine Faust nicht mehr ihr Ziel. Irgendjemand gab mir eine Ohrfeige. Dann zerrte man mich weg. Mir wurde noch eine schallende Ohrfeige gegeben, als ich mich losreißen wollte, um Bens Gesicht weiter auf dem Boden zu verteilen. Dann hörte ich wieder das Prasseln des Regens. Ich hörte ängstliche Stimmen und Schreie. Und ich sah Sakuras Gesicht direkt vor meinem. Ihre Lippe blutete und sie blickte mir trotzig entgegen. Der harte eiskalte Regen prasselte auf mich herab. Er wischte das klebrig Warme von meiner Hand weg. Kühlte meine pochenden Knöchel. „Was hab ich getan?!“ Sie blickte mir weiter stur entgegen und schwieg. Blut tröpfelte von ihrer Unterlippe. Dann kamen die Sirenen. Ich starrte Sakura immer noch an. Ich starrte in ihre enttäuschten wütenden Augen. Etwas in mir stürzte in einen bodenlosen Abgrund. „Ist er tot?“ Sie sagte immer noch nichts. Ich hatte das Gefühl mich gleich übergeben zu müssen. Jemand riss mich hoch, ich wurde weggezogen, dann schmerzhaft gegen einen Wagen gedrückt und an meine Hände wurden Handschellen gelegt. Ich sah verschwommene blinkende Lichter und hörte laute gehetzte Stimmen. Dann wurde alles schwarz. Du weißt doch noch, wie du mir versprochen hast, dass du Niemanden mehr wehtust, außer du beschützt jemanden anderen. Schmatzig und knacksend. Hey Schwuchtel. Sie müssen andere Wege finden ihre Wut zu kompensieren. Schmatzig und knacksend. Hinata wird wieder weinen. Lass die Besuche. Schmatzig und knacksend. Ich will dich nicht mehr bei mir haben. Sakuras grüne Augen. Schmatzig und Knacksend. Ich hätt sie auch gern mal durchgenommen. Pudding. Er ist es nicht wert. Schmatzig und knacksend. Niemandem mehr wehtun. Klang lustig. Hey, kennst du schon das neue Handyvideo, das hier die Runde macht. Reg dich ab. Du kannst auch mal eine Nacht bei Sasuke bleiben. Schmatzig und knacksend. Jedes Mal wenn sie wütend sind bringt es nichts, ihre Wut an anderen auszulassen. Schmatzig und knacksend. Sieh nur, ich hab’s überlebt. Schmatzig und knacksend. Er hat’s doch verdient oder. Schmatzig und knacksend. Tu es mir zu Liebe. Schmatzig und knacksend. Ist er tot. Schmatzig und knacksend. Ich hab dich lieb, Schatz. Schmatzig und knacksend. Schmatzig und Knacksend. Er hat’s doch verdient, oder?! Ist er tot? +chapterfour│redbox│ende+ Kapitel 5: happy idiot ---------------------- Mit war so übel das ich mich einfach irgendwohin übergab. In meinem Kopf schwirrten die Gedanken so schnell umher, dass mir schwindelig wurde. Meine Hand pochte. Ich übergab mich noch einmal. Und dann wieder dieses Geräusch. Dieses widerliche und ekelhafte Geräusch, wenn meine Knöchel auf sein Gesicht schlagen. Ein paar Mal wurde mir etwas zugerufen. Ich verstand es nicht. Man rüttelte mich ein paar Mal. Ich reagierte nicht. Ich saß einfach nur da. Irgendwo. Und ich wollte sterben. Nach einer Ewigkeit wie es mir schien, hörte ich meine Mutter. Ich sah meine Mutter. Es schien als würde ich aus einer Art Trance erwachen. Ich hatte Ben umgebracht. Ich hatte seinen Kopf zu Brei geschlagen. Wie verdammt simpel das Ganze doch eigentlich war... Meine Mutter lief auf mich zu. Zog beim Laufen das Tuch um ihre Schultern enger. Ihre Haare waren zersaust. Auf ihren Wangen war Zornesröte. Ich stand auf und die Polizistin neben mir schreckte auch hoch. Dann stand sie vor mir und gab mir eine schallende Ohrfeige. Ich duckte mich nicht weg. Ich wehrte mich nicht. Wie könnte ich auch, wenn ich das doch verdiente. Sie keuchte außer Atem. Dann gab sie mir noch eine Ohrfeige. Und dann noch eine. „Miss...“, meinte die Polizistin vorsichtig. „WAS IST IN DICH GEFAHREN?!?“ Ich hab meine Mutter noch nie so reden gehört. Ich hab ja auch noch nie einen Menschen umgebracht. Haha. Die Polizistin wich ein paar Schritte zurück. „WAS ZUR HÖLLE HAT ER DIR ANGETAN?? SAG MIR WAS ER DIR ANGETAN HAT DAS DU IHN SO ZURICHTEN MUSSTEST?! „Gar nichts...“ Das war ja auch die Wahrheit. Im Vergleich zu dem, was ich ihm angetan hab, hat er mir rein gar nichts getan. Meine Mutter gab mir noch eine Ohrfeige. Ihr Tuch rutschte ihr von den Schultern. Sie sah aus, als ob sie gleich zusammenbrechen würde. „Mum, du solltest dich setzten...“ „ICH SETZ MICH NIRGENDWOHIN!!“ Die Polizistin rückte wieder näher. „Miss, ich kann sie ja verstehen, aber sie sollten wirklich...“ „EINEN FEUCHTEN KERICHT WERD ICH TUN!!“, kreischte sie die Polizistin an und drehte sich wieder mir zu. Noch eine Ohrfeige. So langsam schien ihr die Puste auszugehen. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Meine Wange blutete bereits. „Dieser dumme Junge hat dich angelogen und du hast ihm auch noch geglaubt!! Du kannst froh sein das er noch lebt!!“ Irgendwas in mir regte sich aus dem Sumpf aus Dunkelheit und Übelkeit. „Was hast du da gerade gesagt...?“ Noch eine Ohrfeige. „RED NICHT SO MIT DEINER MUTTER!!“ Ich packte sie bei den Schultern und sie bäumte sich auf. Doch dafür war ich viel zu stark. „Mum... lebt er etwa noch?!“ „ALS OB ICH DIR DAS SAGEN WÜRDE!! LASS MICH LOS, ICH WERD DIR DEINE DUMMHEIT SCHON NOCH AUSTREIBEN!!“ Ich warf einen gehetzten und flehenden Blick zur Polizistin, die sich räuspernd die Brille hochschob und meinte: „Sie haben Glück, junger Mann. Er ist über den Berg...“ Mir kamen die Tränen. Es war als wäre ich aus Dunkelheit wieder aufgetaucht. Als wäre ich aus einem dickflüssigen Sumpf wieder aufgestiegen. Als ob mein Herz wieder anfing zu schlagen. Als ob ich endlich wieder atmen konnte. Ich blickte zittrig lächelnd auf meine Mutter herab, die sich ärgerlich eine Strähne aus dem Gesicht pustete. „Ich hätt dich gern noch ein bisschen zappeln gelassen, Bursche...“ Ich drückte sie so fest an mich, dass sie hektisch nach Luft schnappen musste. „Es tut mir so Leid, Mum...“, schluchzte ich in ihre Bluse. „Es tut mir so sehr Leid...“ Und sie legte ihre Arme um meinen Hals und strich mir tröstend durch das Haar. „Mein dummer kleiner Sohn...“, sagte sie sanft und ich begann hemmungslos in ihre Schulter zu weinen. Ich war so glücklich das tun zu können. Ich war so verdammt glücklich. + Ich kam auf Bewährung, mit Hausarrest, auf unbestimmte Zeit. Ich glaub die haben mich alle für einen Idioten gehalten, weil ich mich so sehr drüber freute. Ich entschuldigte mich bei Ben und seinen Eltern. Hundertmal. Ich entschuldigte mich bei Sakura und bei Hinata. Tausendmal. Und meine Mutter zischte mich jedes Mal an, wenn ich wieder neu ansetzte, mich auch bei ihr zu entschuldigen. Sie meinte wenn jemand so oft Entschuldigung sagt, dann meint er es nach einer Weile einfach nicht mehr ernst. Ich sagte ihr, dass ich es jedes Mal todernst gemeint hätte und dass ich mich noch in alle Ewigkeiten bei ihr todernst Entschuldigen würde. Sie schmiss mit einer Spagettinudel nach mir und lächelte nachsichtig. Ich legte meinen Fuß auf den Tisch... nein ich lege meinen Fuß auf den Tisch und zücke meinen weißen Edding. Und ich halte inne, als es an der Tür klingelt. Meine Mutter wuselt hastig aus der Küche. Aber was soll ich nur draufschreiben? Trigger Happy, wie bei Sasuke? Sasuke... Sasuke. Jetzt werden wir uns wohl lange Zeit nicht mehr sehen... Das ist wohl der Haken an meinem Happy End. Gut, es war nur ein blödes möchtegern Happy End. Aber es ist mein möchtegern Happy End. Ich war wirklich kurz davor seinen Namen drauf zuschreiben, als meine Mutter wieder zurückkam. „Liebling, wir haben Besuch!“, lächelt sie breit und trippelt aufgeregt wieder in die Küche zurück. Doch anstatt Hinata kommt Anette rein. Ich rutsche rein impulsiv weg. Urgh... nicht die!! Anette lacht gehässig auf und blickt grinsend auf mich herab. „Na, so sieht man sich wieder, du halbe Portion...“ Gut langsam wird mein strahlendes Happy End etwas... naja... gräulich. „Hi...“, lächele ich schwach und kann kalten Angstschweiß auf meinen Rücken spüren. Ein paar Momente lang sieht sie einfach nur bedrohlich auf mich herab und genießt meine Angst, dann zuckt sie mit den Schultern und deutet mit dem Daumen auf jemanden hinter ihr. „Du kannst von Glück reden, dass die andere Pestbeule jetzt wieder durch die Straßen lungern darf, Bursche. Ich würde euch zwar lieber alle beide einbuchten aber, du hast Glück...“ Ich beuge mich vor und mein Gesicht bleibt stehen. D...das gibt’s doch nicht!! Scheisse, das gibt’s doch nicht!! „Sa... su... ke...“, flüstere ich fassungslos. Ich muss wohl träumen... Da steht er und sieht mich mürrisch an. Und er fährt sich durch die Haare und schlendert zu mir herüber. Und er steht direkt vor mir. Und ich blicke zu ihm hoch. „Mann, was musst du dich auch immer in die Scheisse reiten...?“ Ich glaub ich lächle gerade, als wäre ich auf Drogen. Und haha, das ist mir so scheissegal!! „Ich glaub, das hab ich von dir...“ Und er grinst, kniet sich vor mir nieder, hebt den Edding vom Boden auf und seine bleichen Finger umfassen meine nackte Fußsohle. Und mein Herz schlägt höher. Er schreibt Happy Idiot drauf. Stimmt ja auch irgendwie. Nein. Stimmt eigentlich voll und ganz. Ich bin nur ein glücklicher Idiot. Ein verdammt glücklicher Idiot! +chapterfive│happyidiot│ende+ +triggerhappy│ende│tat '08│thanks+ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)