Lass mich die Nacht überleben von Dahlie (Sakura & Sasuke) ================================================================================ Kapitel 16: Das Herz hat seine Gründe... ---------------------------------------- . . . Wenn sich dein größter Wunsch erfüllt und du dabei bist zu glauben, die Welt bleibt stehen, greift das Schicksal ein. Und alles um dich herum beginnt sich zu drehen. Dein Wunsch verflüchtigt sich und du fragst dich, ob du nur geträumt hast oder sich alles in der Realität abgespielt hat. Du bist also gefangen in deinen eigenen Träumen, die du versuchst zu verwirklichen. Doch deine Träume sind groß und schwer zu erfüllen, weshalb du die kleinen Schritte zum Ziel bald gar nicht mehr wahrnimmst. Sakura konnte nicht anders als ihn einfach nur anzusehen. Ihr Herz schlug so leise, dass sie sich fragte, ob ihr Körper bereits aufgehört hatte zu leben. Doch genau in diesem Moment hob und senkte sich ihre Brust und ihr wurde ihr leiser Atem bewusst. Seine dunkelblauen Augen zeichneten eine Kälte aus, der sie sich bereits bei ihrem ersten Treffen nicht hatte entziehen können. Sakura hatte nie gewusst, warum sie gerade seine Augen so anziehend fand, doch jetzt nach alldem, was hinter ihr lag, wurde ihr klar, dass seine Augen sein Leben widerspiegelten. Immer auf der Überholspur, rasant und gefährlich. Gerade, als sie ihren Blick von seinem makellosen Erscheinungsbild abwenden wollte, bemerkte sie die dunklen Ränder unter seinen Augen. Es schien als wäre er in der Zeit ihrer Trennung nicht zur Ruhe gekommen. Sakura schluckte hart und richtete ihren Blick nun auf die Waffe, dann sah sie wieder direkt in sein Gesicht und bemerkte, dass etwas kaum merklich in ihm zusammenzuckte. Ihre schweißnassen Hände hielten sich weiterhin krampfhaft am Schreibtisch fest, es war, als brauchte sie den Halt, um seinem Blick weiterhin schonungslos ausgeliefert zu bleiben. „Wie kommt es, dass du deinen eigenen Henker richtest?“ Mit leiser, aber dennoch fester Stimme sprach sie aus, was sich vor einigen Augenblicken abgespielt hatte. Überraschenderweise bemerkte Sakura, wie ihr Gegenüber die Waffe sinken ließ. Ein zynisches Lächeln zierte seine schönen Lippen. Die Stärke seines Charakters, der an Genialität und Wahnsinn grenzte, ließ sie erahnen, dass er niemals unüberlegt oder fahrlässig handelte. Ihr Herz pochte bis zum Hals und sie ließ ihn keine Sekunde lang aus den Augen. Jede seiner Bewegungen kam für sie so überraschend, dass sie an sich halten musste, um nicht jedes Mal zusammenzuzucken. Der Teppich verhüllte das Geräusch seiner Schritte und die Haruno schluckte leicht. Würde er sie jetzt umbringen, so wie ihren Peiniger am Boden? Wollte er sich nur dazu herablassen, ihre Angst voll auszukosten, nach alldem, was er von ihr halten musste? Sasuke ignorierte die große Pfütze Blut, durch die er trat, seine ganze Aufmerksamkeit gehörte der Frau, die keine drei Meter von ihm entfernt stand. „Ich bestrafe nun mal diejenigen, die es wagen, sich etwas zu nehmen, was mir gehört.“ Sakura hörte auf zu atmen, sofort befiel sie eine Unsicherheit, die nicht größer hätte sein können. „W-Wie meinst du das?“ Ihre Stimme war brüchig, fast nur noch ein Flüstern. Ihr Mann kam mit jedem Schritt näher auf sie zu, bis er schließlich wenige Zentimeter vor ihr zum Stehen kam und sie mir rasendem Herzen auf seine Reaktion wartete. Die ganze Situation, in der sie sich befand, war so surreal, dass es Sakura wunderte, dass sie tatsächlich real war. Sie waren alleine, nur sie beide… Fast qualvoll langsam hob Sasuke die Hand und sie spürte, wie er ihr überraschend zärtlich durch die Haare strich. Sein Gesicht war noch immer ernst und unbewegt, schließlich hauchte er: „Du bist mein, Sakura.“ Er strich mit der freien Hand über ihre Wange, bis er schließlich in ihren Nacken griff und seine Lippen zu ihrem Ohr fuhren. „Schließlich will ein Teil von dir, dass ich dich besitze. Schon vergessen?“ „U-Und was?“ Die junge Frau wagte kaum zu atmen, geschweige denn sich zu bewegen. Eine unbezwingbare Hitze stieg in ihrem Körper auf und Sakura glaubte, in Flammen zu stehen. Seine Anwesenheit schien sie gänzlich aus der Bahn zu werfen. „Dein Herz“, sprach er anklagend und sofort beschleunigte sich ihr Puls. Die Wahrheit, die in diesen zwei Worten lag, war für sie ein Schlag in den Magen. Er hatte sie trotz ihres Verrats durchschaut. Ihr Körper und ihr Seele gehörten ihm, egal, was er auch tat. Sie konnte die Anziehung, die von ihm ausging, einfach nicht unterdrücken. Selbst wenn er mit all seiner Kraft versuchen würde sie zu verletzen oder sie zu brechen, ihr Herz würde immer für ihn schlagen. Eine schmerzliche Einsicht. Sakura schloss die Augen und spürte den leichten Druck seiner Hand. Er war ihr so nahe, dass sein vertrauter Geruch ihr in die Nase stieg und alleine dies machte sie beschämend glücklich. Wie hatte sie annehmen können, ihn zu vergessen, wenn sie nur lange genug mit Sai zusammen war? Wie hatte sie je auf die Idee kommen können, dass Sai Sasuke auch nur annähernd ersetzten konnte? Was für ein blutiger Narr sie doch gewesen war! „Manchmal wünschte ich, ich könnte dich töten“, flüsterte Sasuke leise, dabei klang seine Stimme so emotionslos, dass es ihr eiskalt den Rücken runter lief. „Doch ich kann es nicht.“ Sakura öffnete die Augen und drehte den Kopf ein wenig nach rechts. Nicht verstehend sah sie auf sein Profil. „Warum nicht?“, brachte sie mühsam hervor. Sasukes Blick war stur auf den Boden gerichtet, was es ihr erleichterte, ihn anzusehen. Direkter Blickkontakt wäre ihr in dieser Situation äußerst schwer gefallen. Der Schwarzhaarige antwortete nicht sofort. Es schien, als suche er nach den richten Worten. „Du bist in meinen Gedanken, beherrschst mein Dasein, bis hin zu meinen Träumen.“ Er sprach klar und deutlich, jedoch konnte Sakura eine gewisse Abscheu gegen sich selbst aus seiner Stimme heraushören. „Ich komme nicht von dir los. Ganz egal, was ich auch versuche. Es ist, als würdest du mich mit irgendetwas an dich ketten.“ Er klang angewidert und doch gefasst. Fast so, als hätte er sich mit dieser Tatsache abgefunden. „Damals, als wir uns auf dieser Party getroffen haben, ich hätte auf meinen Instinkt hören sollen, als ich das erste mal gesehen habe. Denn das hätte mir eine Menge an Ärger erspart.“ „Aber auch eine Menge schöner Momente“, sprach Sakura, bevor sie wusste, was sie von sich gab. Sasuke lachte heiser und drehte das Gesicht in ihre Richtung. Ihre Nasenspitzen berührten sich fast, doch das Erste, was sie wahrnahm, war sein heißer Atem an ihrer Wange. Er sah sie nur an und doch reichte es, um ihr erneut klarzumachen, warum sie ihn liebte. Sein intensiver Blick schien jeden Zentimeter ihres Gesichts ins sich aufzusaugen, fast so, als wollte er sich alles genau einprägen. Sakura bemerkte das leichte Zucken um seine Lippen und nahm das leise, fast stille Lächeln seinerseits wahr. „Ja.“ In diesem Moment war es, als hätte es die letzten Monate nicht gegeben, sondern sie befänden sich an jenem Zeitpunkt, als sie ihre Hochzeitsnacht hinter sich gehabt hatten. „Warum sagst du so etwas?“, brach es aus ihr heraus. „Warum musst du es mir so schwer machen?“ Sie wusste, dass Sasuke ihre Aussage verstehen würde und ihre Körperhaltung lockerte sich. „Vielleicht, weil ich einfach ein egoistischer Mensch bin.“ Er drückte sie fester gegen den Schreibtisch und bevor Sakura verstand, was er tat, löste sich seine Hand von ihrem Nacken und er setzte sie auf den Schreibtisch. Rechts und links stütze Sasuke sich ab und legte die Waffe in sicherer Entfernung zur Seite. „Egoistische Menschen lassen nicht gerne los.“ Sakura hob unsicher die Arme und strich durch sein schwarzes Haar. Es fühlte sich zwischen ihren Finger so schmerzvoll vertraut an, dass sie unwillkürlich schluckte. Gerade, als sie erneut zum Sprechen ansetzten wollte, spürte sie, wie sich zwei kalte, aber dennoch weiche Lippen auf die ihren legten, dass sie fast erschrocken zurückgewichen wäre. Sasuke küsste sie mit solch einer Hingabe, so viel Zärtlichkeit und doch so Besitzer greifend, dass ihr Herz sich verkrampfte. Er wollte sie, so wie sie ihn wollte. Nie hatte sie geglaubt, dass er dasselbe für sie empfinden konnte, wie sie für ihn. Doch seine Worte und Gesten signalisierten ihr, dass sie etwas Besonders für ihn war. Sie war für ihn so etwas wie die Luft zu atmen, wie das Wasser für Fische und er war für sie das, was ein Vogel brauchte, um die Freiheit über den Wolken genießen zu können. Sie waren so schmerzvoll verschieden, dass es sie innerlich zerriss. Und doch war sie trotz dieses Unterschieds so glücklich, wie noch nie zuvor. Sasukes Lippen auf ihren, es fühlte sich so richtig an, dass es nicht hätte falsch sein können. Der Kuss wurde heftiger und leidenschaftlicher, bis sie schließlich nach Luft rang und sich von ihm löste. Vorsichtig schob sie ihn zurück und sah in sein Gesicht. „Du musst fort!“ War das Erste, was ihr einfiel. „Schnell, sonst kriegen sie dich.“ Sasuke verstand, löste sich ganz von ihr und hielt seine Hand hin. „Komm mit mir!“, verlangte er und Sakura war versucht, seine fordernde Hand anzunehmen. Doch mitten in der Bewegung hielt sie inne und schüttelte traurige den Kopf. „Nein, das kann ich nicht.“ Nicht verstehend sah er sie an und sie sprach: „Ich muss zuerst etwas Wichtiges erledigen. Etwas, wofür ich bis jetzt gelebt habe.“ Der Uchiha nickte knapp, dann griff er plötzlich zu der Pistole, die auf dem Tisch lag. Sofort fuhr er herum und ging in Schussposition. Jemand hatte den Raum betreten. Sakuras Körper erstarrte. An der Tür stand Gaara, ebenfalls mit erhobener Waffe. Sein Blick war ruhig und vor allem emotionslos. „Waffe runter!“, sprach er ruhig, doch Sasuke regte sich nicht. Sakura konnte nicht sehen, ob er geschockt über den Verrat seines zweiten Henkers war, oder ob er darauf vorbereitet war. Der Rothaarige ließ den Drogenboss kaum aus den Augen, doch Sakura konnte an seiner Haltung, wie er die Pistole hielt, erkennen, dass er sie um Eingriff bat. Es sollte hier nicht zu einer Schießerei kommen. Wie von selbst tastete Sakura zu ihrem Bein und hob lautlos das Hosenbein der Jeans. Sie musste das hier durchziehen, zu lange hatte sie auf ihren Traum hingearbeitet, denn wenn sie jetzt kneifen würde, würde sie sich zu einem Staatsverräter machen. Ihr Herz schlug zweifelsohne für Sasuke, doch ihre Zukunft lag in ihrem Traum. Merkwürdig sicher umschloss sie mit beiden Händen die Waffe und drückte den Lauf an Sasukes Hinterkopf. Gekonnt löste sie die Sicherung und spürte, wie sich sein ganzer Körper kaum spürbar versteifte. „Waffe weg!“ Ihre Stimme klang fremd, so kalt und abgebrüht, wie sie es von sich selbst kaum kannte. Der Uchiha regte sich nicht und sie wiederholte: „Waffe weg.“ Die Sekunden kamen ihr vor wie Minuten, doch als Sakura sah, dass sich die Position von Sasukes Zeigefinger veränderte, wurde ihr schlagartig bewusst, dass er Gaara mit einen gezielten Schuss töten würde. Sofort schoss ihr Inos Bild vor Augen und sie dachte an die entschiedenen Worte ihrer Freundin. Nein, das würde sie ihrer besten Freundin nicht antun. Bevor Sakura einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte sie die Waffe auch schon ein Stück zur Seite gelegt und geschossen. . . . Ibiki rannte durch die Dunkelheit, Regen hatte seine Kleidung durchnässt und das Fabrikgelände war so verlassen wie eh und je. Sein Atem ging unregelmäßig und er sah sich hektisch um. Er hatte den schwarzen Peter gefunden. Sobald das Licht in der Lagerhalle ausgegangen war, war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen und er schallt sich für seine eigene Dummheit. Wo war seine Kühnheit, sein scharfer Verstand und seine klare Sicht geblieben? War er tatsächlich so alt und abgestumpft geworden, wie Sarutobi ihn immer bezeichnet hatte. Der Hüne versuchte ruhig zu atmen und versuchte einen schnellen Entschluss zu fassen. Der schwarze Peter hätte überall hinlaufen können, hier unten hatte er darüber keine Übersicht. Sofort riss Ibiki die Augen auf und rannte zurück auf die Lagerhalle zu. Schnell suchte er das alte Backsteinhaus nach einer verrosteten Feuerleiter ab. Nachdem er gefunden hatte, was er suchte, klemmte er sich seine Waffe zwischen die Zähne und begann auf das Dach zu klettern. Dabei wurde ihm seine schlechte Form so deutlich bewusst wie noch nie. Wassertropfen des Regens liefen ihm über das vernarbte Gesicht und er schnaufte. Schließlich erreichte er das Dach und zog sich mit letzter Kraft hoch. Kurz rang er nach Luft, bis er sich schließlich auf die Beine kämpfte und auf die andere Seite des Daches lief. Seine Lunge schmerzte und die schwere, nasse schusssichere Weste zog an seinen Schultern. Unentwegt raste sein Herz und die Angst, irgendetwas übersehen zu haben und Schuld am möglichen Tod eines Zivilisten zu sein, erdrückte ihn. Die Waffe in der rechten Hand und die linke abstützend am Geländer suchte er mit zusammengekniffenen Augen den großen dunklen Platz ab, der nur von den Laternen am Straßenrand beleuchtet wurde. Krampfhaft versuchte Ibiki eine Bewegung in der Dunkelheit ausmachen zu können. Doch nichts geschah. Der ehemalige Scharfschütze hob trotz alldem zur Vorsicht die Waffe und brachte sich in Position. Und dann sah er ihn, den schwarzen Peter. So schnell dieser konnte, rannte er Richtung Straße und Ibiki machte ein schnell heranfahrendes Auto aus. Wütend und vor allem erleichtert nahm er den Flüchtling ins Auge, zielte und schoss. Der Mann brach zusammen und dem Hünen war sofort klar, dass er sein Ziel perfekt am Kopf getroffen haben musste. Wie in Zeitlupe hatte Ibiki den Fall des Verräters beobachtet, dabei hatte sich eine seltsame Ruhe über seinen Körper gelegt. Das fremde Auto, das kurz anhielt und dann sofort weiter brauste, nahm er nur noch wie in Trance war. Ganz langsam ließ Ibiki die Waffe sinken, sein Gesichtsausdruck veränderte sich und eine tiefe Traurigkeit nahm Form an. Hinter ihm zog sich ein Kollege die Feuerwehrleiter hoch, wahrscheinlich hatte dieser dieselbe Idee gehabt wie der Hüne vor ihm. Kiba atmete heftig ein und aus, als er das Bild seines Vorgesetzten erfasste. Geschafft ließ er sich auf den nassen Boden nieder und betrachtete die Erscheinung vor sich. In seinem Ohr knarrte etwas und er sprach: „Block A, was gibt es?“ Der Inuzuka runzelte die Stirn und sah dann wieder zu seinem Chef. Es fiel ihm schwer, es auszusprechen, aber er musste es tun. „Watson hat die Leiche des schwarzen Peters identifiziert… es ist…“ „Minato Namikaze, ich weiß“, unterbrach Ibiki monoton. „Es war mir bereits klar, als Sakura ihn in meinem Team unterbrachte.“ Der Hüne verschwieg, dass seine ehemalige Schülerin ihn sogar direkt darauf hingewiesen hatte, dass sein Partner ein Verräter sein könnte, doch er hatte es nicht wahrhaben wollen. So lange, bis Gaara ihm im Dunkeln, als er an ihm vorbei gelaufen war, kurz zugenickt hatte. Der Schuss, der das Stromnetz lahm gelegt hatte, war von Minato abgefeuert worden. Der Namikaze war nicht zurück in den Dienst getreten, weil er von seinem schlechten Gewissen geplagt worden war, sondern viel mehr, weil er alles tat, was in seiner Macht stand, um seinen Sohn zu beschützen. Dies hatte ihm letztendlich das Leben gekostet. Ibiki sah in den Himmel und Tränen vermischten sich mit Regen. Das Schlimme an der ganzen Sache war, er konnte es seinem Freund noch nicht einmal verübeln. Jeder Vater würde so handeln wie er. Der einzige Fehler in Minatos genialen Plan war gewesen, dass Sakura ihm misstraut hatte und der Blonde Gaara erst kennen gelernt hatte, als Ibiki selbst 24 Stunden ein Auge auf seinen Kollegen gehabt hatte. Sakura zu unterschätzen hatte vielen nicht gut getan. Sai, während der damaligen Prüfungen, Gaara, während dem Uchiha-Falls, Sarutobi, bei der Präsentation und letztendlich würde es auch Uchiha, dank dem rosa Gift an den Kragen gehen. Dessen war sich Ibiki ganz sicher. Der Hüne drehte sich um und schluckte hart. Noch immer kommunizierte Kiba per Funk mit irgendwelchen Kollegen. Ungewohnt gefasst und doch innerlich zerrüttet ging er auf den Braunhaarigen zu und bemerkte seine veränderte Mine. Fassungslos sah Kiba auf und sprach: „Sakura und Gaara haben Uchiha. Verletzt, aber lebend.“ . . . Es war halb sechs Uhr morgens, als Sakura am großen Fenster der FBI Zentrale den Sonnenaufgang der Stadt betrachten konnte. Noch nie war ihr Los Angeles so friedlich vorgekommen wie an diesem Morgen. Die Sonne drängte sich durch die dichten Regenwolken und warf goldene Strahlen auf die Hochhäuser. In der rechten Hand hielt sie einen dampfenden Becher Tee und sie spürte Wärme in sich hoch kriechen. Noch immer fühlte sie sich wie ein Sportler vor seinem größten Kampf, doch die Gewissheit, dass es vorbei war, ließ sie langsam zur Ruhe kommen. Ein Großteil der FBI Zentrale war dabei, wichtige Staatsanwälte und Richter aus dem Bett zu trommeln, schließlich gab es noch viel zu tun. Über 100 Polizisten waren im Einsatz, um den Rest der Fische, die es geschafft hatten zu flüchten, zu schnappen und sie war froh, dass es nicht ihre Aufgabe war. Hinter sich hörte Sakura, wie sich jemand stöhnend auf eine der großen Bänke niederließ und den Sonnenuntergang betrachtete. Die Haruno drehte sich um und erblickte Gaara und zum ersten Mal verstand sie Ino, was sie an dem Rothaarigen so anziehend fand. Seine Einzigartigkeit war dermaßen berauschend, dass es unheimlich schwer war, ihm keine Beachtung zu schenken. Die dunklen Ringe, die den extremen Schlafmangel symbolisierten, taten seiner Wachsamkeit keinen Abbruch, der erschöpfte Körper war unter der Haut so fit wie der eines Leistungssportlers und der Verstand, der sich unter Gaaras rauer und schroffen Art verbarg, war so einmalig, dass es an Perfektionismus grenzte. Sakura setzte sich zu ihrem Kollegen und zum ersten Mal seit sie ihm kannte, lag ihr eine Frage auf den Lippen, doch er kam ihr zuvor. „Ich habe euer Gespräch mit angehört.“ Sofort wusste Sakura, von welchen er redete und antwortete: „So?“ Gaara nickte und trank einen Schluck von seinem Kaffee, den er mit beiden Händen umschlossen hatte. „Ja…“ Er ließ sich Zeit mit dem Sprechen, was angesichts der Hektik, in der er die letzten Monate gelebt hatte, nicht verwunderlich war. „Und ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass du mir eine Kugel durch das Hirn pustest, als ich eingegriffen habe.“ Sie lachte leise und ohne dass einer der beiden den Blick von dem tröstlichen Bild der Sonne nahm, sprach sie: „Und warum hast du es trotzdem riskiert?“ Der Rothaarige zuckte mit den Schultern, denn er wusste es selbst nicht so genau. „Weiß nicht, vielleicht weil Inos Vertrauen in dich irgendwie auf mich abgefärbt hat...“ Er lehnte sich zurück. „Sie hat mir von deinem Traum erzählt… und irgendwie würde es nicht zu jemanden wie dir passen, seine Prinzipien zu verraten.“ „Richtig“, stimme Sakura zu und wollte die Erinnerung daran verdrängen, wie sie Sasuke in die Schulter geschossen hatte, damit Gaara und sie ihn zusammen überwältigen konnten. Eine angenehme Stille machte sich zwischen ihnen breit und bevor Gaara in den vollkommenen Genuss kam, durchbrach Sakura sie. „Warum bist du beim FBI, Gaara?“ Der Sabakuno warf den Pappbecher in Richtung Mülleimer und traf. Wieder zuckte er mit den Schultern und begann zögerlich: „Weißt du… für jedes Menschenleben mehr, das ich rette, habe ich das Gefühl, dass die Welt ein kleines bisschen besser geworden ist.“ Überrascht sah Sakura ihn an und er fuhr fort. „Es ist fast so, als würden die Menschen, die ich nicht retten konnte, in meinem Herzen weiter schlagen und mich daran erinnern, welch Unschuldige noch auf mich warten. Na ja… und wenn ich dann Eltern sehe, die zum Beispiel ihr vermisstes Kind wieder in ihre Arme schließen, oder Angehörige Gewissheit über den Tod eines Familienmitglied bekommen, dann ist es, als würde ich mein schlagendes Herz auf irgendeine Weise rechtfertigen.“ Seine ruhigen Worte überraschten Sakura und sie fragte: „Gibt es für deine Weisheit einen bestimmten Grund?“ Gaara lächelte zaghaft und sein Gesicht wurde ein wenig wehmütig. „Meine Mutter erzählte uns Kindern immer, dass unser Vater ein Säufer und Schläger gewesen war, weshalb sie uns alleine groß zog. Ich hatte gelernt, diesen Typen, den ich nie kennen lernen sollte, zu hassen.“ Der Schattenagent sah auf den Sonnenaufgang. „Bis zu jenem Tag, als ich dabei war, mich auf das College vorzubereiten. Ich geriet in eine Schießerei und würde wahrscheinlich jetzt nicht mehr hier sitzen, wenn mich einer dieser Dealer nicht beschützt hätte.“ Der raue Ton in seiner Stimme verriet Sakura, dass es sich bei dem Dealer um seinen Vater gehandelt haben musste. Er hatte die Familie also nicht verlassen, weil er drogenabhängig war oder seine Frau schlug, sondern weil er mit seinem kriminellen Job nicht seine Kinder gefährden wollte. „Ich verstand die Handlungsweise meiner Mutter, denn sie wollte nicht, dass wir einem Schatten nachjagten, der es nicht geschafft hatte, sich mit Hilfe des Gesetzes von der Kriminalität zu lösen. Doch gleichzeitig gab mir mein Vater durch seinen Tod das Gefühl, dass er immer und überall in unserer Nähe war, für den Fall, dass wir Hilfe brauchten. Und solch ein Mensch wollte ich auch werden, allerdings auf einer anderen Art und Weise.“ Sakura strich durch seine roten Haare, die die Farbe des Blutes annahmen. Sie lächelte und bemerkte seinen entspannten Gesichtszug. „Ich habe gerne mit dir zusammen gearbeitet, Gaara“, erklärte sie ruhig, denn ihnen war klar, dass sie nach diesem Fall getrennte Wege gehen würden. Der Sabakuno drehte sich zu ihr und sah ihr ins Gesicht. „Ebenfalls. Hast einen Sonderstatus bei mir erreicht, denn du bist der erste Agent, der seine Rolle so perfekt gespielt hat, dass selbst mir das nie und nimmer aufgefallen wäre.“ Er erhob sich und sah auf sie herunter, dann reichte er ihr die Hand. „Es wird wohl Zeit, Abschied zu nehmen.“ Die Rosahaarige nahm die Hand an und spürte den zarten Druck. „Gib auf dich Acht und wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja irgendwann einmal beim Bäcker oder im Supermarkt“, versuchte sie zu scherzen, was ihr gelang. Gaara nickte und ließ ihre Hand los. „Denk dran, Deckname Manfred von Richthofen.“ „Der rote Baron“, murmelte Sakura leise und sah ihrem Kollegen hinterher. Dann wandte sie sich wieder dem Fenster zu, ihr wurde bewusst, dass sie nie mehr in solch eine Situation kommen würde, in der sie Nägel mit Köpfen machen konnte, also sprach sie: „Ach übrigens Gaara!“ Der Sabakuno blieb stehen, die Hände in den Hosentaschen vergraben blickte er über seine Schulter und wartete auf das, was sie ihm sagen wollte. „Wo wir gerade von Hilfe und beschützen gesprochen haben. Du solltest in den nächsten sechs Monaten hin und wieder in die Datenbank des FBIs gucken. Du weißt schon, unter ausgestiegene Kollegen und so, vielleicht findest du ja etwas Interessantes.“ Gaara nickte knapp, dann setzte er seinen Weg fort, ohne sich noch einmal umzudrehen. Sakura seufzte tief und sah auf ihre Hände. Sie musste ihm nicht sagen, dass Ino ein Kind von ihm erwartete, denn er würde es mithilfe dieses kleinen Tipps schon selbst herausfinden. So viel Vertrauen brachte sie Gaara schon entgegen und wer wusste es, vielleicht würde er es sich ja noch einmal anders überlegen und vielleicht sogar doch seine Zukunft an Inos Seite planen. ~*~ Leise schritt ein braunhaariger Mann durch das gigantische Büro. Die Morgensonne färbte den Raum rot und er blieb direkt vor dem dunkelbraunen Schreibtisch stehen. Unter den Augen des jungen Mannes lagen dunkle Schatten, doch seine Augen selbst waren so wachsam wie noch nie. Lässig eine Hand in der Jeanshosentasche vergraben, in der anderen eine Mappe haltend sah er auf und sprach: „Entschuldige Sie, dass sich sie bereits so früh störe, Sarutobi.“ Der Leiter der Zentrale sah auf, kalt und zynisch grinste er. „Sie Lügner, Inuzuka, ich beobachte Sie seit Sie mit ihrem Dienst angefangen haben und mittlerweile ist mir klar, dass sie zu den Frühaufstehern gehören.“ Kiba lächelte leicht und legte die Akte auf den Tisch. „Dann wissen Sie wahrscheinlich auch, warum ich hier bin.“ Sarutobi nickte knapp und lehnte sich zurück. „Ihr Job ist getan und ihr Weg zu Ende, richtig?“ Der Braunhaarige schwieg einen Moment und sah durch das riesige Fenster. Es war das erste Mal seit langem, dass er einen Sonnenaufgang mit solch einem leichten Gefühl beobachten konnte. An diesem Morgen hatte die Sonne eine ganz andere Bedeutung für ihn, sie signalisierte ihm Hoffnung und irgendwo auch einen neuen Beginn seines Lebens. Fast so, als würde er nun ein anders Leben, leben und das als Agent hinter sich lassen. „Ich wollte Shiho rächen, das habe ich nun getan.“ Seine Worte waren wie ein Befreiungsschlag und er wandte sich von dem herausragenden Anblick der Stadt ab. „Jetzt ist es an der Zeit, dass ich die Vergangenheit ruhen lasse. Ich hoffe, Sie verstehen das.“ Sarutobi sah auf die Mappe, welche die Kündigung darstellte. „Natürlich und ich nehme an, Sie werden in das Zeugenschutzprogramm eintreten.“ „Ja. Eine neue Identität ist das Letzte, was ich von ihnen verlange und deshalb bin ich hier.“Er sah den alten Mann direkt ins Gesicht. „Ich weiß, dass nicht jeder die Genehmigung für ein neues Leben bekommt.“ Die Beiden sahen einander an, eine merkwürdige Spannung kam auf und Kiba wusste, dass seine Zukunft von Sarutobi abhing. Dieser nahm die Kündigung und klappte sie auf. Würde er ohne die Hilfe des FBIs aussteigen, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass er binnen drei Wochen tot war, höchst wahrscheinlich. „Sie wollen wirklich weg von uns“, stellte Sarutobi tonlos fest und schloss die Mappe wieder. Seine Miene war unergründlich. Schließlich seufzte er. „Ich tue es nicht gerne, aber ich werde sehen, was sich machen lässt, allerdings nur unter einer Bedingung.“ Kiba sah ihn ausdruckslos an und so fuhr er fort: „Wenn wir Sie brauchen, dann müssen Sie zurück kommen, dafür verspreche ich, dass wir Sie nur zurückholen, wenn es absolute Dringlichkeit ist.“ Kiba nickte, damit konnte er leben. „Okay… wann darf ich gehen?“ „Packen Sie ihre Sachen“, erklärte Sarutobi sachlich. „Und dann schauen Sie in ihren Briefkasten. Der Rest wird damit geklärt.“ Ein merkwürdiges Gefühl machte sich in Kibas Brust frei und im ersten Moment konnte er es nicht zuordnen. Unfähig, etwas zu begreifen, starrte er Sarutobi an. Die grauen und erschöpften Augen des alten Mannes bohrten sich tief in sein Herz und kurz schnürte ihm die unbewegbare Miene die Luft ab. Die ganze Situation kam ihm absurd vor, nach all den Jahren Arbeit hatte er erreicht, was er wollte und all die Versprechen, die er auf seinem Weg gegeben hatte, eingelöst. Shiho war gerächt – er würde ihr zum ersten Mal ohne Scham in die Augen sehen können, wenn er sie das nächste Mal besuchte. Die Gewissheit, dass sie nicht wahrnehmen würde, was er ihr erzählte, störte ihn zum ersten Mal seit fünf Jahren nicht mehr. Stattdessen hatte er bei den Gedanken an sie das Gefühl, der Boden unter seinen Füßen nahm feste Formen an. Unweigerlich dachte er an ein anderes Versprechen, eines, welches er all den Agenten gegeben hatte, mit denen er in Laufe der Zeit gearbeitet hatte. Fast alle hatten ein Familienmitglied oder jemand nahe stehendes durch den Uchiha-clan verloren. Nun würden sie Ruhe finden, indem man nun durch Uchiha direkt herausfinden konnte, was mit den Opfern geschehen war. Antworten würden den Abschied für die Hinterbliebenen endgültig machen. Sarutobis Lippen zogen sich leicht nach oben und er nickte knapp, dies ließ alle Anspannung aus Kibas Körper weichen und ihm wurde bewusst, dass der lange Weg auf für ihn nun vorbei war. Langsam lösten sich seine Füße und er schritt rückwärts. Sein Gesicht nahm einen bislang fremden Ausdruck an und Sarutobi musterte es. Ein leises „Auf nimmer Widersehen.“ Huschte über Kibas Lippen, dann verließ er beinahe fluchtartig den Raum. Der alte Mann sah so lange zur Tür, bis die Schritte über den Flur verstummten. Er kannte diese Reaktion nur zu gut, denn in Laufe seines Lebens war er vier Sorten von Menschentypen begegnet. Der erste und wohl häufigste Typ, war der, der nach einem großen Fall ausstieg. Die Meisten übten ihren Job wegen eines Versprechens, Traums oder einer Abmachung aus und leider musste Sarutobi zugeben, dass gerade solche Agenten das größte Geschick besaßen. Typ Nummer zwei war jener, der sein Leben dem Staat verschrieb, ein Typ, der nicht für sich selbst lebte, sondern für andere. Er selbst gehörte dazu. Solch ein Leben war hart und einsam, denn Mitmenschen kamen und gingen. Es war ein Dasein, das bestimmte Agenten unglücklich machte und sie zerbrechen ließ. Gaara Sabakuno war einer von denen, die ein anderes Schicksal ereilen würde. Seufzend dachte er an Typ drei. Diejenigen, die versuchten auszusteigen und doch wieder den Weg zurück zum FBI fanden. Ihr Job war erledigt, doch sie verwechselten einen Ausstieg mit einer Pause. Oft machte sich in ihnen Ruhelosigkeit breit und Sarutobi war sich sicher, den Inuzuka in einigen Jahren wiederzusehen. Anders als Typ vier. Zu diesen Agenten rechnete er all jene, die im Auftrag des Staats gestorben waren. Ihnen war eine Rückkehr auf ewig verweigert und genau diesen Agenten brachte er den größten Respekt entgegen, auch wenn er dazu neigte, ihre Namen mit Verachtung auszusprechen, da sie zu schwach zum Leben waren. ~*~ Sasuke hatte die Augen geschlossen. Eine Unruhe umgab ihn, denn er könnte förmlich hören, wie die Wärter vor seiner Zelle schwitzen und hofften, dass ihre Schicht bald vorbei sein würde. Ein zynisches Lächeln flüchtete sich über seine Lippen, die Tatsache, dass man immer noch Angst vor ihm hatte, obwohl er sich in einem abgeschlossenen Raum befand, amüsierte ihn ungemein. Wahrscheinlich hatte er einen gefährlicheren Ruf, als er es sich selbst zugetraut hätte. Die letzten 24 Stunden hatte er mit höchsten Sicherheitsvorkehrungen leben müssen und er hoffte, dass er in den nächsten Tagen irgendwie aus diesem Bunker rauskommen würde. Auf dem dünnen Gestell namens Bett liegend, verschränkte der Uchiha die Arme hinter dem Kopf und sah an die graue Zellendecke. Der Wasserhahn seines Waschbeckens tropfte unaufhörlich und sein Bett knarrte bei jeder kleinen Bewegung. Die graue Kleidung der Inhaftierten juckte auf seiner Haut und er wünschte sich nichts sehnlicher, als sich in einer seiner vielen Immobilien zu befinden. Doch leider ließ die Realität zu wünschen übrig. Wer zum Geier hatte den Verstand und Shikamarus Plan geknackt? Sabakuno schloss er sofort aus, denn dieser war als Schattenagent nicht auf Pläne und Systeme spezialisiert. Und die kleine Blondine, die der Rothaarige damals umbringen sollte, war ebenfalls ein Spitzel gewesen, auch ihr trauter er diesen Grips nicht zu. Egal, es lohnte sich nicht, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, er hatte, weiß Gott, im Moment größere Probleme. Die Tatsache, dass das seine eigene Frau ihm die Waffe gegen den Hinterkopf gedrückt hatte, ließ ihn erahnen, dass sie sich niemals zwischen ihrer Loyalität und ihm entscheiden würde. Zu sehr verstand sie es, ihre Gefühle und ihren Verstand zu vereinen. Eine kluge Entscheidung, wie er zugeben musste und irgendwie bewunderte er Sakura dafür. Er selbst hatte einst mit seinem Gewissen und mit seinem Wunsch nach Rache und Macht zu kämpfen gehabt. Gewonnen hatte diese Schlacht sein Wunsch, sein Gewissen hatte er seit seinem ersten Mord komplett abgestellt. Der Schwarzhaarige seufzte tief und erhob sich, als er hörte, wie sich jemand an dem Sicherheitsschloss seiner Zelle zu schaffen machte. Es dauerte eine Weile, bis sich die Tür tatsächlich öffnete und das Erste, was Sasuke erblickte, war eine junge Frau mit rotblonden Haaren. Ihre Miene war unbewegt, sie trug einen dunkelgrünen Hosenanzug und trat ohne jegliche Angst oder Zurückhaltung in seine Zelle. Unter den Arm trug sie eine Mappe. Irgendwoher kam dem Uchiha die unbekannte Frau bekannt vor, ihr Auftreten, ihre Selbstsicherheit und ihre Gesichtsmimik verrieten ihm, dass er es mit einem starken Charakter zu tun hatte. „Guten Abend, Mr. Uchiha. Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn mein Kollege und ich Ihnen ein paar Fragen stellen.“ Erst jetzt bemerkte Sasuke den Mann hinter ihr, der ihm auf eine verblüffende Art und Weise äußerlich erstaunlich ähnlich sah. „Natürlich nicht“, antwortete er gleichgültig. Die Beide traten ein und der junge Mann lehnte sich ihm gegenüber an die Wand, während die Frau an das Fenster, welches stark vergittert war, trat. Sie schlug ihre Mappe auf, doch Sasuke nahm wahr, dass sie ihn keinen Moment aus den Augen ließ, sondern das Ding in ihren Händen nur dazu diente, ihn in den Glauben zu lassen, einzig und alleine dieser Schwarzhaarige würde ihn zu ihrem eigenen Schutz bewachen. Die nicht zu übersehende Feindlichkeit in den Augen seines Gegenübers ließ Sasuke grinsen. Er hatte diesen Mann bei der Stürmung der Fabrik kurz gesehen und bereits gemerkt, dass er ein äußerst hohes und wichtiges Tier zu sein schien. Des Weiteren war ihm erst durch seine Hilfe klar geworden, dass sich Sakura irgendwo in dem ganzen Getümmel befunden hatte. Eigentlich hatte der Uchiha vorgehabt, diesen Witzbold zu erschießen und sich leise von Hinten genähert, als er vernommen hatte, dass der Schwarzhaarige seinem Kollegen gesteckt hatte, dass sich Sakura nicht mehr melden würde und wahrscheinlich in Schwierigkeiten stecken würde. Viel zu durcheinander und aufgewühlt über die Anwesenheit seiner Frau, hatte er von der listigen Kreatur abgelassen, die sich gut gedeckt vor ihm hinter einer Frachtkiste verborgen hatte und war geradewegs zu den Büros gestürmt, wo er sie aus einem unerklärlichen Grund vermutet hatte. Und sein Instinkt hatte ihn nicht enttäuscht. Gelassen lehnte sich Sasuke nach hinten und grinste sein Gegenüber zynisch an und wie von selbst sprach er: „Darf ich fragen, was Sie von mir wollen, Mrs. Sabakuno?“ Temari starrte ihn verdutzt an, woraufhin er sprach: „Sind Sie eine Miss? Ich dachte eigentlich, die Druckstelle an ihrem Finger, sollte die Tatsache verheimlichen, dass Sie verheiratet sind.“ Temari schluckte kurz und lächelte so freundlich, wie sie konnte. „Nein, Mrs. Ist schon richtig, ich war nur überrascht, dass Sie mich kennen.“ Sasuke zuckte knapp mit den Schultern. „Es hat ein wenig gedauert, aber die Ähnlichkeit zu ihrem Bruder ist unübersehbar.“ Zum ersten Mal wurde der jungen Frau bewusst, warum Tsunade immer von einem schrecklich wahnsinnigen und genialen Menschen sprach, wenn es um Uchiha ging. Sie würde alles, was sich hier zwischen ihnen abspielte, auf Band aufnehmen müssen. Gelangweilt steckte sie eine Hand in ihre Blazertasche und berührte ein kleines Gerät, kaum größer als ein kleiner MP3-Player, dort drückte sie auf ein Knöpfchen und konnte nun sicher sein, dass das Gespräch unter ihnen aufgenommen werden würde. Temari bemerkte, dass der Uchiha ihr einen kurzen Seitenblick zuwarf und sofort stellte sie sich die Frage, ob er ihre kleine List bemerkt hatte und ihr wurde klar, dass seine alleinige Anwesenheit einen Menschen unsicher machen konnte. Bei Gott, wie hatte Gaara das nur all die Zeit ausgehalten? „Wir wollen, dass Sie gewisse Formalitäten erledigen“, durchbrach die Stimme des Dunkelhaarigen die Stille. „Formalitäten, die es meiner Kollegin möglich machen werden, wieder ein normales Leben zu führen, zumindest so normal wie es nur geht.“ Sasuke sah ihn ausdruckslos an und Temari reichte ihm einen Vertrag. Seine Augen huschten kurz über das Geschriebene, seine Lippen zogen sich zu seinem Lächeln. „Scheidungspapiere?“ Er warf das Blatt dem Schwarzhaarigen vor die Füße. „Ich dachte, ihr vom FBI seid mittlerweile sogar in der Lage, bestimmte Dinge zu annullieren.“ In seiner Stimme schwang deutlicher Hohn mit. „Oder hat der Präsident mittlerweile ein schärferes Auge auf euch, weil einige Sachen, dank mir, gewaltig in die Hose gegangen sind?“ Sein Scharfsinn ließ Temari leicht schlucken, jeder einzelne Punkt auf seiner Liste entsprach der Tatsache und es hätte sie eigentlich nicht erschrecken dürfen, dass er Zusammenhänge schneller begriff als so manch anderer Kleinkrimineller. „Es geht hier nicht um den Präsidenten, sondern um Haruno“, bemerkte Sai spitz und man sah an der Veränderung seiner Haltung, dass er keinen Nerv für irgendwelche Machtkämpfe hatte, doch genau darauf schien Uchiha aus zu sein. „Mag sein, aber solche Dinge kläre ich vernünftiger Weise lieber mit meiner Frau persönlich“, sprach er bestimmt, doch Sai schnaufte. „Sie war niemals IHRE Frau! Falls es Ihnen entgangen sein sollte, sie hat Sie nur geheiratet, um ihren Job zu machen!“ Am liebsten hätte Temari in diesem Moment widersprochen, doch ein kurzer Blick auf Uchiha ließ sie wissen, dass dieser sich diesen Fakten durchaus mehr bewusst war, als Sai vielleicht auch nur erahnen konnte. „Sie glauben allen Ernstes, Sakura würde auch nur irgendetwas für Sie empfinden!“ Er klang höhnisch. „Aber da täuschen Sie sich. Vor genau drei Nächten hat sie mir deutlich zu verstehen gegeben, in welche Richtung sie denkt und es ist mehr als nur eindeutig, dass sie sich für mich entscheiden wird und nicht für einen Mann, der in Kürze das Zeitliche segnen wird, wenn er sich keinen guten Anwalt zulegt.“ Sasuke sah den Mann vor sich herablassend an. Die Botschaft in seinen Worten war bei ihm angekommen. Sakura hatte mit dieser Witzfigur geschlafen. Im ersten Augenblick hatte er nur eine unendliche Wut verspürt, doch dann hatte etwas in seinem Inneren ihn an etwas erinnert. Sie hatte ihn gestern Nacht nicht in den Kopf geschossen, obwohl er ihren Kollegen hatte kaltmachen wollen. Zwar schmerzte seine Schulter noch immer, aber es war ihre Art und Weise gewesen, ihn zu beten, keine Dummheiten zu machen, da sie wollte, dass er lebte. Die Tatsache, dass sie, wenn auch nur eine Nacht, einem anderen Mann gehört hatte, ließ etwas in ihm brechen. Wie verzweifelt mochte sie gewesen sein? Wie sehr mochte er sie verletzt haben? Und doch war sie gestern in seine Arme geflüchtet und hatte ihm gezeigt, dass sie genauso empfand wie er, doch die Grenze zwischen ihnen es ihr unmöglich machte, so zu handeln, wie er es sich gewünscht hatte. Sasuke hatte lange geglaubt, die Grenze wäre der Staat, doch während seiner Zeit in der Zelle war ihm klar geworden, dass die Grenze etwas ganz Anderes darstellte. Nämlich die Liebe zu ihm und der Drang, ihren Traum zu erfüllen. Er war sich sicher, zu wissen, was ihr Traum symbolisierte. Doch so sehr er es sich auch durch den Kopf gehen ließ, den letzten Schritt zur Erfüllung musste er gehen und niemals würde er das System seines Imperiums verraten. Zu viele Schicksale waren damit verbunden. „Ich weiß nicht, was Sie damit erreichen wollen, indem Sie versuchen, mir meine Frau schlecht zu reden“, sprach Sasuke ruhig und sah sein Gegenüber neutral an. „Wenn Sakura mit Ihnen schlafen wollte, dann ist es ihre Sache. Sie kann frei entscheiden, was sie tut und was sie lässt. Und das weiß sie auch“, fügte er hinzu. „Doch das Band, welches sie mit mir verbindet, das besteht weiterhin und daran wird sich auch nichts ändern, wenn wir uns scheiden ließen. Denn in diesem Falle würde unsere Zeit zu einer Erinnerung werden und eine Erinnerung vergisst man nicht, schon gar nicht eine solch große. Sakura müsste schon ihr Gedächtnis verlieren, damit Sie bekommen, was Sie wollen.“ Temari konnte sehen, dass Sai die Hand zur Faust ballte und triumphierte beinahe. Sie mochte ihren Kollegen nicht sonderlich, doch gleichzeitig konnte sie die Verbindung zwischen Uchiha und Haruno ebenfalls nicht gutheißen. Doch etwas tief in ihr bewunderte die Beiden. Ihr ungebrochenes Vertrauen, was sich in Uchihas Worten widerspiegelte, war so groß, dass sie es eigentlich hätte melden sollen, doch sie würde es nicht tun. Warum in ein Schicksal eingreifen, wenn sie genau wusste, dass diese Beiden einen Weg finden würden, um zusammen zu sein. „Sakura wird niemals Ihnen gehören“, klärte Sasuke sachlich. „Denn sie hat das Wichtigste in ihrem Leben bereits vergeben und glauben Sie mir, ich bin nicht bereit, es ihr in all zu ferner Zeit wiederzugeben.“ Sai war sofort bewusst, wovon er sprach. Ihr Herz… „Sie pokern, Uchiha“, entfuhr es ihm und er grinste. „Sie werden den Rest ihres Lebens hinter Gittern sitzen oder in wenigen Tagen das Geschenk der Todesspritze bekommen. Warum sollte Sakura ihr Leben lang an jemandem wie Ihnen festhalten? Sie sind ein Gefangener oder ein Toter.“ Sasuke zuckte mit den Achseln. „Sie verstehen nicht, weil Sie nicht begreifen wollen.“ Er sah zum Fenster und Temari kam es so vor, als würden ihm die folgenden Worte sichtlich schwer fallen. „Gefühle, die so stark sind, wie die von Sakura sehen kein Hindernis. Sie geraten vielleicht ein paar Tage oder Wochen in Vergessenheit, doch irgendwann werden sie durch irgendein Geräusch, Bild oder einen Augenblick wieder hervorgerufen. Sie lassen einem ein Leben lang nicht los, egal ob ich nun sterben sollte oder den Rest meines Lebens hinter Gittern verbringe.“ Seine klare Aussage drängte Sai an die Wand und er biss sich zerknirscht auf die Zähne. Wieso kam er gegen diesen Mann nicht an? Er war einer der Besten in seinem Bereich! Sakura würde mit ihm eine Zukunft haben, eine Zukunft, die ihr Uchiha noch nicht einmal annähernd bieten konnte. Und das wusste er auch! Aber weshalb schaffte dieser Drogenboss es trotzdem, dass er sich so mickrig und klein im Vergleich zu ihm fühlte? Wütend stieß er sich von der Wand ab und verließ umgehend die Zelle, zurück blieben Uchiha und eine sehr verwirrte Sabakuno. Das Klicken des Sicherheitsschlosses ließ die junge Frau zusammen zucken und es dauerte etwas, bis die die Stimme des Häftlings vernahm „Also, Mrs. Sabakuno, weshalb wollten Sie mich wirklich sprechen?“ ~*~ Leise durchquerte eine schwarzhaarige junge Frau einen großen kahlen Flur. In den letzte 24 Stunden hatte ihr Leben einer regelrechten Achterbahnenfahrt geglichen. Von einer Minute auf die nächste hatte ihr Freund ihr befohlen, das Haus zu verlassen und zu einem bestimmten Treffpunkt zu kommen. Sofort war der jungen Hyuuga klar gewesen: etwas bei der Übergabe war schief gegangen. Und sie sollte Recht behalten. Naruto hatte sie vollkommen gehetzt mit dem Auto aufs Land kutschiert. Die ganzen drei Stunden Fahrt über hatte er nicht ein Wort verloren, sondern starr auf die Straße vor sich geschaut. Jetzt, wo sie sich in diesem alten Landhaus versteckten, hatte Hinata es immer noch nicht gewagt zu fragen, was denn genau jetzt passiert war oder was er nun zu tun gedachte. Auf leisen Sohlen blieb sie vor dem großen verstaubten Wohnzimmer stehen. Die Möbel aus den 60ziger Jahren missfielen ihr, doch der Schwarzhaarigen war klar, dass dies nun ihr geringstes Problem war. Auf einer roten Couch konnte sie ihren Freund und Geliebten ausmachen. Wie hypnotisiert starrte Naruto auf den Bildschirm seines Laptops. Lautlos ließ Hinata sich neben ihm nieder und legte den Kopf auf seine Schulter. Seine Miene war seltsam ernst, weshalb sie die Wand des Schweigens brach. „Ihr seid aufgeflogen.“ Naruto nickte nur knapp. „Wer war der Verräter?“ Der Blonde lehnte sich zurück und seufzte, dabei schloss er kurz die Augen. „Gaara, aber wahrscheinlich geht auch ein großer Teil der Arbeit an Sakura.“ Hinata umschloss die Hand ihres Geliebten mit der ihrer und ihre Finger strichen zärtlich auf und ab. „Wie sieht die momentane Lage aus?“ „Schlecht“, gestand Naruto und vergrub sein Gesicht in ihrem langen dunklen Haar. „Sehr schlecht. Shikamaru ist meinen Informationen zufolge tot, mein Vater ebenfalls. Sein einstiger Partner erschoss ihn, als ich Dad mit dem Wagen zur Flucht verhelfen wollte. Dies war wohl der Preis für das doppelte Spielchen, das er trieb.“ Hinata hörte den rauen Unterton in seiner Stimme und beschloss, die Wunde, die der Tod seines Vaters aufgerissen hatte, nicht noch weiter zu vergrößern. Minato und er hatten nie ein perfektes Vater-Sohn-Verhältnis zueinander gehabt. Naruto hatte stets seinen eigenen Weg gehen wollen, während Minato ihm kaum freie Hand gelassen hat. Doch soweit Hinata das Ganze beurteilen konnte, so hatte sie Minato doch als einen Vater erlebt, der für seinen Sohn durch die Hölle gehen würde, nur um ihn zu schützen. Ganz gleich, was seine moralische Vorstellung oder sein Gewissen ihm sagte. Die Liebe zu seinem Sohn war schon immer größer gewesen als die Treue zum Staat. „Des Weiteren kann ich eine Menge Leute nicht erreichen. Einzig und alleine auf die Geier ist in solch einer Krisensituation noch Verlass.“ „Wo steckt Sasuke?“ Naruto schnaufte. „Wahrscheinlich in einer Hochsicherheitszelle, wo man ihn keine drei Minuten aus den Augen lässt.“ Hinata seufzte tief, das Ganze glich einem riesengroßen Chaos und sie konnte sich vorstellen, dass es jetzt an ihrem Geliebten lag, die letzten Mitarbeiter zu sammeln, um Sasuke aus der Zelle herauszubekommen. „Ein Gutes hat die ganze Situation trotzdem“, brummte der Blonde und legte seine Stirn gegen die seiner Freundin. „Sasuke hat für solch einen Moment extra für uns neue Identitäten angelegt. Sobald mein letzter Plan ausgeführt ist, lässt er uns gehen… eine große freundschaftliche Geste.“ Hinata sah ihn ungläubig an. Sie hatte gewusst, dass die beiden Männer eine ganz besondere Freundschaft zueinander verband, aber dass Sasuke alles erdenklich getan hatte, um seinen besten Freund vor solch einer Situation zu retten, machte ihr deutlich, dass Naruto einen Freund verlieren würde, der ihn mehr zu schätzen wusste, als all die Menschen, denen sie bis jetzt begegnet waren. „Meine letzte Aufgabe ist es, Sasuke aus dem Loch zu befreien“, erklärte Naruto ruhig. „Wenn das geschafft ist, dann geht es für uns beide nach Europa, in eine neue Zukunft.“ „Uns drei“, verbesserte Hinata mit einem zaghaften Lächeln auf den Lippen und Naruto nickte grinsend. „Uns drei.“ Er löste sich von ihr. „Aber vorher muss ich erst-!“ Sie legte den Zeigefinger auf seine Lippen und nickte verständlich. „Ja, aber lass mich dir dabei helfen, damit wir diese Bruchbude so schnell wie möglich verlassen können.“ Sie sahen einander an und zum ersten Mal in seinem Leben wurde Naruto bewusst, wie wertvoll und einzigartig Hinata an seiner Seite war. Niemals würde er je wieder eine Frau finden, die seine Loyalität zu seinem besten Freund, seiner Arbeit und seinem Handeln so wenig in Frage stellte, wie sie. Ihre Entschlossenheit zeigte ihm, dass sie bereit war, ihr altes Leben, ihre Freunde und Familie für ihn hinter sich zu lassen, nur um mit ihm zusammen zu sein. Es war ein Tribut, der nicht höher sein konnte und doch schien es ihm, als würde Hinata diesen für ihn gerne zahlen. Etwas, was er ihr nie vergessen würde – bis an sein Lebensende. Sie würden sich ein neues Leben, gemeinsam mit dem ungeborenen Kind aufbauen, ganz so, wie sie es sich wünschten. An den, den man liebt, verliert man immer einen Teil seiner Freiheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)