Traditions von Lunatik (Tendershipping (auch Bronzeshipping)) ================================================================================ Kapitel 2: Kochunterricht ------------------------- „AH!“ Ein Schrei, der bis in den tiefen Wald zu hören war. Ein Schrei voller Entsetzen, dicht gefolgt von einem Wasserfall aus Flüchen. Etwas, was der Blonde sehr extravagant und recht kunstvoll konnte. Der Grund? Ein sehr zufriedener Aikidomeister mit einem leeren Topf in der Hand. Inzwischen leeren. Der Inhalt war nun verteilt auf Mariku – eiskaltes Wasser. Von seinem Kinn fielen einzelne Tropfen, landeten auf den nassen T-Shirt und Decke. Wurden vom Stoff eingesaugt, verschwanden im Labyrinth von Fäden. Seine Haare lagen flach, wurden vom Gewicht der Flüssigkeit nach unten gedrückt. Sein Blick verriet Mordlust, sein Gesicht erklärte Krieg. Seine Seele schrie voller Empörung nach Rache. „Bakura“, knurrte er bedrohlich. Jeder andere hätte sich an dieser Stelle wohl vor Angst zitternd in eine dunkle Ecke verkrochen. Jedoch war Bakura gewiss nicht jeder. Sein Grinsen wurde nur noch breiter und fieser. „Zeit zum Aufstehen, Dornröschen. Heute bist du dran mit Frühstück machen“, flötete er fröhlich. Ihm machte es sichtlich Spaß den Langschläfer so zu quälen. Dieser Hohn und das Vergnügen, die sehr offen im Gesicht Bakuras zu lesen waren, ließen den Blonden die gestrige Demonstration der Fähigkeiten seines Meisters vergessen. Die Augen zu Schlitzen verengt und mit einem tiefen Knurren in der Kehle, sprang er auf seinen auserkorenen Feind wie ein geübtes Raubtier. Doch die Beute war nicht so leicht zu erlegen, wie er es sich gewünscht hätte. Bakura reagierte schnell wie der Blitz – da war keine einzige Überraschungssekunde gewesen, als ob er den Angriff vorausgesehen hatte. Rums. Ein Laut, der sich schnell im Haus verbreitete, jedem und allem von der Niederlage des kampflustigen Schülers berichtend. Schon wieder hatte er nicht die geringste Ahnung wie er auf den Boden gelandet war. Eine weitere für ihn undurchschaubare aber leider auch effektive Technik. Er musste sich ergeben. „Du bist zu linear. Direkter Angriff ohne Taktik. Du musst noch viel über den Körper und seine empfindlichen Stellen lernen.“ Diesen Vortrag hielt Bakura gut gelaunt, während er seinen triefenden Schüler zur Küche beförderte. Mariku erweckte zweifellos den Anschein als würde er nicht zuhören und dem Gedanken an verschiedene Varianten des Mordens nachgehen. Doch er hörte ganz genau zu, jedes Wort sich einprägend. Man muss seinen Feind und dessen Stärken kennen. Diese Szene, die auf Außenseiter wie aus einer Komödie entrissen wirken durfte, wurde durch ein gemeinsames Stauen der beiden Akteure unterbrochen. Wasser, in einem Topf auf dem Herd, dampfte ruhig vor sich hin. Ein Messer zerteilte lautstark eine Karotte. Der damit Hantierende summte glücklich eine Melodie. „Ryou.“ Die Stimme Bakuras klang gleichzeitig mahnend, kühl und resigniert. Was hatte er auch erwartet? Ein kaum hörbares Seufzen entglitt ihm, als sein Schüler sich erschrocken umdrehte und dabei fast das Messer aus der Hand fallen ließ. Nun starrte ihn ein braunes Augenpaar verschämt und schuldbewusst an. Mit einer Priese Angst serviert. Mariku lachte laut auf im Hintergrund. Diese Wendung war eine sehr erfreuliche für ihn. Er stellte sich schon auf einen freien Morgen ein, den er in seinem Bett verbringen konnte. „Hey, mich braucht hier ja niemand mehr, dann kann ich auch gehen!“ Mit diesen Worten drehte sich der grinsende Blondschopf um und war im Begriff abzuhauen, als ein stählender Griff ihn aufhielt. Hätte ja klappen können, seufzte Mariku innerlich. Ryou starrte inzwischen nicht mehr seinen Meister, sondern den Boden zu seinen Füßen an. Eine sehr interessante Kalktafel. Eine schuldbewusste Röte umzeichnete seine Wangen. „Gut.“ Bakura schien viel mehr zu sich selbst, als zu den anderen zu sprechen. „Kleine Planänderung. Wir kochen zusammen, um Mariku in diese Kunst einzuweihen.“ Nicht viel später schwebte Ryou über dem kochenden Inhalt des Topfes, der sich langsam mit verschiedenen Zutaten füllte, überglücklich darüber, dass er nicht mal eine Predigt als Strafe erhalten hatte und dass er weiterhin in der Küche verbleiben durfte. Es war ihm von Anfang an nicht wohl bei dem Gedanken gewesen, diese heiligen Stätte dem Barbaren Mariku zu überlassen, der ihnen mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit einige Verdauungsstörungen eingebracht hätte. Daneben schnitt nun Mariku eine Gurke. Eine Tätigkeit, die ihm als Anfänger sowohl von Bakura als auch von Ryou zugetraut wurde. Obwohl letzterer seine Zustimmung nur mit einem bedenklichen Blick Richtung Messer geäußert hatte. Doch das Umgehen mit kurzen und mittellangen, metallischen, „kalten“ Waffen war eine natürliche Begabung Marikus. Schnell erreichte er in seiner Tätigkeit als Gemüseschneider sogar einen fortgeschrittenen Grad. Es dauerte nicht lange bis das Frühstück angerichtet war. Drei in dieser Morgenfrühe schon recht hungrige junge Männer erfreuten sich des Geschmackes von einfacher Miso Suppe und einem Salat. Bei einer Tasse grünem Tee, die auf das Frühstück folgte, verkündete Bakura die neue Ordnung. „Ihr werdet ab sofort immer zu zweit kochen.“ Ein wölfisches Grinsen stahl sich auf Marikus Lippen. Der Kleine würde also kochen und er schlafen. „Unter meiner Aufsicht“, fügte der Aikidomeister unmissverständlich hinzu, seinen Blick auf Mariku richtend. Die vorausgegangen Freude starb innerhalb von Augenblicken im Inneren Marikus. Na wundervoll. Seine Gedanken sprangen zu Malik und seinem Versprechen, um die wenigen Tröpfchen Motivation, die sich noch tapfer in seinem Bewusstsein hielten, zu erheitern und zu stärken. Was soll's, dachte sich der blonde Wolf ergeben. Ryou hatte nur genickt auf die neue Regelung hin. Mit der Aufsicht seitens Bakura würde das schon funktionieren. An sich machte das Kochen ihm Spaß, demnach war mehr als bereit es öfters als anfangs vorgesehen zu tun. Ein kleines Lächeln legte sich auf seine Lippen. Kochen war eine Tätigkeit, der er sich völlig hingeben konnte. Eine Tätigkeit bei der es ihn nicht störte, wenn andere dabei waren. „Nun. Es ist kurz vor neun. Auf zum Training.“ Es war schon kurz nach neun, als die Schüler endlich im Dojo eintrafen. Sie hatten Zeit gebraucht, um ihre weißen Trainingsanzüge anzuziehen und die Gürtel richtig zu binden. Vor allem die Gürtel waren ein Problem. Sie neigten dazu zu stören oder wieder aufzugehen, wenn man den korrekten Bindegriff nicht kannte. Das traf auf sie beide zu. Bakura erwartete seine Schüler im Seiza-Sitz, wie es die Tradition vorschrieb. Ein böses Grinsen verkündete Ryou und Bakura, dass ihre Verspätung Konsequenzen haben würde. Interessanterweise kamen beide wieder gemeinsam in dem Saal an. Sobald die beiden Schüler sich hingesetzt hatten, sprach Bakura. „Ihr seid sieben Minuten zu spät. Wir hatten uns für neun Uhr verabredet. Dieses Vergehen an meinen Regeln hat zur Folge, dass es heute kein Abendessen gibt.“ Die Worte hatten eine geteilte Wirkung auf die Schuldigen. Ryou sah beschämt und feuerrot zu Boden, wie so oft. Was das fehlende Abendessen anging, so hatte er keine weiteren Bedenken. Mit zwei anderen Mahlzeiten würde er den Abend auch ohne Essen überstehen. Mariku blieb sich selbst treu und schnaubte abfällig. Dabei sah er Bakura herausfordernd an. Als ob Abendessen so wichtig für ihn wäre! Er konnte auch ohne! Sogar jeden Tag! „Zudem werdet ihr heute Nachmittag eure siebzig Runden um das Dojo rennen. Wie versprochen, zehn Runden pro Minute, die ihr zu spät seid.“ Ryou sog tief und laut die Luft ein. Seine Augen sahen vor Schreck geweitet zu seinem Lehrmeister. Oh nein! Siebzig! Es war, als würde sein Körper schon jetzt zu zittern beginnen. Allein bei dem Gedanken… Bakura ignorierte die übertriebene Reaktion und fuhr fort. „Unsere zwei Stunden Morgentraining werden immer aus einer langen Aufwärmphase für eure Glieder bestehen und dem Üben von Grundtechniken, wie die Ausweichbewegungen und die Fallschule. Die konkreten Techniken werde ich euch in den Mittags- und Nachmittagsstunden beibringen. Fangen wir an.“ Bakura erhob sich, was ihm beide Schüler sofort nachmachten. Das Ritual, das man zum Anfang des Unterrichts immer vollzog, hatten sie gestern schon gesehen und gelernt. Bakura setzte sich wieder in den Seiza-Sitz. Seine Augen geschlossen, in einer Haltung der inneren Ruhe, blieb er sitzen. Das gleiche Taten die beiden Schüler. Nach einigen stillen Momenten, wo jeder mit sich selbst im Reinen sein sollte, klatschte Bakura in die Hände und die drei neigten ihre Köpfe gegen Boden. Wieder wurde es still, während Bakura sich, weiterhin in seiner Sitzhaltung, zum Portrait an der Wand drehte. Ein weiteres Klatschen und eine Verbeugung folgten. „Nun, fangen wir mit einigen Laufübungen an.“ Nach ein paar Runden im Dojo, die alle drei in verschiedenen Stilen liefen, folgten ausgiebige Dehnungsübungen. Nach fast einer Stunde „Aufwärmen“ – was viel mehr ebenfalls hartes Training war, wie Ryou schnell feststellte, übergingen Lehrer und die Schüler zu den Ausweichbewegungen, auch Sabaki genannt. Taisabaki und Ashisabaki, diese beiden Formen erlernten Mariku und Ryou in der nachfolgenden Zeit, obgleich der Sinn dieser Bewegungen ihnen bis zum praktischen Üben der Verteidigungstechniken noch schleierhaft blieb. Die Ausweichbewegungen waren Beinschritte, die stark ans Tanzen erinnerten. „Geschmeidig, aber sicher“, hatte Bakura erläutert. „Immer im Gleichgewicht bleiben“ war das wichtigste Gebot. Vorerst ließ Bakura sie üben, ohne direktes Eingreifen oder Belehren. Aikido war ein Weg des Ausprobierens. Zumindest zu Anfang. Nach für Ryou sehr langen zwei Stunden und für Mariku recht kurzen zwei Stunden, wobei die letzte halbe Stunde intensiver Fallschule sie deutlich verlängert hatte, verkündete Bakura den Beginn einer einstündigen Pause. „Und seid diesmal pünktlich.“ Ryou wusste nicht genau was er mit dieser Zeit anfangen sollte. Mariku hatte sich sofort in sein Zimmer verzogen, um zu schlafen. Nun stand Ryou unschlüssig vor seinem eigenen Zimmer, welches sich im gleichen Flur befand. Schließlich entschied er sich seine geliebte Natur von draußen zu genießen, anstatt durch ein Fensterglas hindurch. So ging er zurück Richtung Dojo, denn in dem vorausgehenden Zimmer gab es eine Terrasse. Bald erreichte er diese und zuckte kurz zusammen. Auf dem Holzboden saß auch sein Lehrer und rauchte. Der Qualm stieg in merkwürdigen Schleierlinien. Seine anfängliche Überraschung und die Vorliebe für das Alleinsein überwindend, nickte Ryou und setzte sich daneben. Bakura beachtete seinen Schüler nicht, sondern starrte den Wald und die dahinter in den Himmel ragenden Berge an. Auch Ryou richtete seinen Blick darauf. Wieso war er hier? Auf das Flehen seines Chefs hin, natürlich. Doch, gab es auch einen anderen Grund? Wollte er hier sein, hier bleiben? Die Natur, die ihn umgab, war so frisch und nah wie er es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Das Aufwachsen in einer Großstadt hatte ihm wenige glückliche Momente für seine Naturliebe geschenkt. Doch vielleicht konnte er dies wenigstens in für diesen Monat ändern. Ryou lächelte sanft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)