Traditions von Lunatik (Tendershipping (auch Bronzeshipping)) ================================================================================ Kapitel 15: Erster Versuch -------------------------- „Aber es ist schon überraschend, dass du dir ausgerechnet Bakura ausgesucht hast. Wenn man mich vorher gefragt hätte, hätte ich dich mit so einem typisch schüchternen Mädchen vorgestellt.“ Mariku hatte sich nach hinten fallen gelassen und beobachtete das flackernde Licht der Lampe. Die Birne würde bestimmt bald durchbrennen. „Oder mit einem komplett aufgedrehtem Mädel, das mal im Ausland war. Aber ganz bestimmt nicht mit einem Mann, schon gar nicht mit einem Typen wie Bakura.“ Er hörte das gequälte Lachen Ryous und dann das Klacken, als er wohl seine Tasse auf dem Tisch abstellte. „Das haben meine Freunde in der Mittelschulzeit versucht. Also das schüchterne Mädel. Im Nachhinein betrachtet, fand ich sie extrem anstrengend. Ich war nicht gut darin eine Konversation alleine aufrecht zu erhalten und sie hat wirklich kaum geredet.“ Es folgte eine schweigsame Minute. Wenn er sich genug konzentrierte, konnte Mariku auch das knisternde Geräusch der defekten Birne hören. „Ich erinnere mich“, sprach Ryou plötzlich weiter. „Sie hatten auch das extreme Gegenteil versucht. Einst haben sie mich mit einer Schülerin aus der Parallelklasse alleine beim Karaoke gelassen. Sie redete ununterbrochen. Das war auch anstrengend. Sie hatte trotzdem versucht bei mir zu landen und mir einen ziemlich feuchten Kuss aufgezwungen. Das war ungefähr zu der Zeit als mir dämmerte, dass ich Männer interessanter fand“, die Stimme wurde so leise, dass Mariku sich nun anstrengen musste sie zu hören, also richtete er sich wieder auf. „Das war Anfang der Oberschule. Danach kam es eigentlich ganz natürlich, dass ich einigen Schülern aus anderen Klassen näher kam. Doch ich habe meinen Freunden nie erzählt, dass ich… schwul bin.“ Ryou linste vorsichtig zu Mariku herüber. „Wann hast du festgestellt, dass du Männer bevorzugst?“ Mariku betrachtete Ryou eingehend. Offensichtlich war das Thema für ihn von Bedeutung. Das war der einzige Grund, dass sich Mariku in seine Erinnerungen vertiefte und nach ‚der einen‘ suchte, in der er seine Sexualität entdeckt hatte. Es war schwer. Nach einiger Zeit des Wühlens in seinem eigenen Kopf gab er es auf und versuchte es Ryou zu erklären. „Ich weiß es nicht mehr. Es war keine schlagartige Erkenntnis. Es war ganz normal für mich, dass ich Männer heiß finde. Von Anfang an hatte ich keinen Zweifel daran. Malik meinte einst, dass es in dem Sinne das einzig gute meiner Eltern war – sie haben mir nie irgendwelche Vorstellungen aufgezwungen. So habe ich nie daran gezweifelt. Die Abneigung gegenüber Schwulen lernte ich erst kennen, da wusste ich schon lange, dass ich schwul bin und da war mir die Meinung anderer herzlichst egal.“ Mit einem Schnauben beendete Mariku seinen kurzen Vortrag, der ihm zumindest einen sehr bewundernden Blick von Ryou einbrachte. Das war auch eine Art Errungenschaft.   „Also haben wir deine respektlose Art der mangelnden Erziehung zu verdanken.“ Mariku fluchte leise, während er den Impuls aufzuspringen ignorierte. Musste Bakura sich immer so anschleichen? Und wie lange stand er schon da? „Wenn du noch baden willst, solltest du dich beeilen, solange das Wasser noch warm ist.“ Also nicht lange. Gut. Grummelnd erhob sich der Ägypter und winkte Ryou zum Abschied mit der Hand, eher er verschwand.   Ryou legte eine Hand auf seine Brust. Sein Herz schlug schnell und kräftig. Doch das hatte vermutlich mehr mit dem plötzlichen Auftauchen Bakuras zu tun, als mit seiner eigenen inneren Gefühlswelt. Trotzdem zauberte es ein Lächeln auf sein Gesicht. Es erinnerte ihn an all die Male, in denen er diese Symptome als Reaktion auf Bakura hatte. Vorsichtig linste er zu seinem Lehrmeister. Dieser stand in der Mitte des Raumes und betrachtete kritisch das schmutzige Geschirr. „Also ist das Blondchen abgehauen, ohne seinen Anteil abgewaschen zu haben“, sagte er schließlich mürrisch und krempelte die Ärmel hoch. In der ersten Woche war es eine Seltenheit gewesen Bakura nicht in einem Hakama, Yukata oder zumindest Jinbei zu sehen. Es hatte den Charme von Traditionellem in dem ganzen Haus unterstrichen. Doch gleichzeitig war es wohl auch ein Mittel gewesen unantastbar zu wirken, vermutete Ryou. Inzwischen sah man den Hakama nur noch im Dojo und am Frühstückstisch. Manchmal erschien Bakura auch sonst in japanischer Kleidung, doch inzwischen kam es viel häufiger vor, dass er außerhalb des Unterrichts Hosen und T-Shirt trug. Entgegen irgendwo in Ryous Unterbewusstsein schlummernden Erwartung, trug Bakura nicht hauptsächlich Schwarz, sondern Blau und dunkles Grün. Trotz des warmen Wetters, hatte Bakura abends oft langärmlige Stoffjacken an.   „Ryou?“ Ryou riss seine Augen von dem in dunkelgrünen Stoff gehüllten Oberarm und hob den Blick bis zu den braunen Augen hoch. Er hatte den Wunsch zu erröten und im Boden zu versinken, doch stattdessen lächelte er und legte den Kopf leicht zur Seite. „Ist dir nicht zu warm?“, fragte er das erste, was ihm in den Kopf kam. Bakura warf ihm einen undefinierbaren Blick zu und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, abends wird es hier kühl.“ Ryou lachte leise auf. „Lass das Mariku nicht hören. Er beschwert sich immer noch über das zu heiße Wetter.“ „Deswegen stehe ich nicht auf muskelbepackte Blondchen“, schnaubte Bakura und widmete sich wieder dem Geschirr. Ryou spürte wie sein Herzschlag schneller wurde. Er musste doch direkter werden, oder? War jetzt die Gelegenheit dazu? Ryou öffnete den Mund und schloss ihn unschlüssig wieder. Verdammt. Er konnte das tun! Er holte tief aber geräuschlos Luft ein und erhob sich. Während Ryou nach einem Handtuch griff und den erster Teller abtrocknete, warf er einen Blick zu Bakura. „Auf was stehst du dann?“ Er hatte versucht gelassen und scherzhaft zu klingen, doch sogar seinen eigenen Ohren war das leichte Beben seiner Stimme nicht entgangen. Verdammt. Verdammt. Bakura hielt in seiner Bewegung inne und sah zu ihm mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ryou blickte unerschrocken zurück und pflasterte ein unschuldiges Lächeln auf seine Lippen. Er war kein verängstigter Mittelschüler! Es war nur ein Augenblick, doch er hatte ihn vollkommen verpasst. Plötzlich presste Bakuras Körper an seinen und er wurde gegen den Kühlschrank hinter ihm gepresst. Bakuras Mund war neben seinem Ohr und er spürte warmen Atem auf seiner Haut. Ryou konnte den Schauer nicht unterdrücken, der seinen Rücken herunterlief. Bakuras Kopf bewegte sich und nun spürte er den Atem auf seiner Wange. Heißer Atem auf glühender Haut. Wie hypnotisiert starrte er in die Augen Bakuras, während dieser den Kopf von ihm etwas entfernte und ihn von oben herab betrachtete. Seine Augen wirkten fast schwarz. Ryou merkte nicht mal wie er seine Lippen leicht öffnete oder wie sein Körper leicht zitterte. Er bemerkte nicht wie sein eigener Körper nun gegen Bakuras drückte. Er wusste nur eins. Er wollte mehr. Bakura schnaubte. Als hätte jemand einen Eimer kaltes Wasser über ihn gegossen kam Ryou wieder zu Sinnen und seine Augen weiteten sich leicht vor Horror. Oh nein. „Auf jeden Fall stehe ich nicht auf jungfräuliche Rehe.“ Bakura ließ von ihm ab und ging. Ryou sah wie er die Küche verließ. Hörte die sich entfernenden Schritte bis Stille einkehrte. Nein. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Ryou verspürte das dringende Bedürfnis einen Teller gegen die Wand zu schmeißen, doch stattdessen sank er auf den Boden und lehnte seinen Kopf an die Kühlschranktür. Was sollte er jetzt tun?   Mariku fand ihn in der exakt gleichen Position einige Zeit später. Wortlos ging er zu ihm und kniete sich vor Ryou nieder, der ihn passiv beobachtete. „Er hat gesagt er kommt morgen früh wieder und ist mit dem Auto weg. Wir sollen ja nicht verschlafen, er wird zum Frühstück wieder da sein.“ Mariku wartete auf eine Reaktion, doch Ryou rührte sich weiterhin nicht. „Was genau ist bitte in der kurzen Zeit passiert, die ich im Bad war?“ Das entlockte Ryou ein Seufzen und er zuckte leicht mit den Achseln. „Ehrlich gesagt… keine Ahnung.“ Mariku hob nur eine Augenbraue hoch. Ryou lachte hohl und seine Stimme brach leicht. Doch er holte tief Luft und sprach seine nächsten Worte gelassen aus. „Auf jeden Fall steht er nicht auf ‚jungfräuliche Rehe‘ seinen Worten nach.“ „Weißt du, das erklärt nicht viel.“ Ryou blinzelte. Nun. Da hatte Mariku vermutlich Recht. Er fühlte wie das kalte Taubheitsgefühl sein Inneres langsam wieder losließ und bemerkte erst jetzt, das Mariku ihm behutsam über den Kopf streichelte. In seiner Brust zog es, doch er seufzte nur ein weiteres Mal und ignorierte das Gefühl so gut er konnte. „Er meinte er stehe nicht auf blonde Muskelpakete“ – ein Schnauben von Mariku – „und dann hab ich ihn spontan gefragt auf was er denn steht. Plötzlich wurde ich gegen die Wand, nein, gegen den Kühlschrank gedrückt und bin fast zerflossen vor…“ Ryou spürte seine Wangen erröten, doch sein Blick blieb fest auf Marikus nichtssagendem Gesicht, „Aufregung und Erregung. Dann hat er mich plötzlich losgelassen, gesagt, dass er nicht auf jungfräuliche Rehe steht und ist gegangen.“ Mariku sah ihn offensichtlich erwartungsvoll an, doch Ryou bot ihm keine Fortsetzung an. Schließlich war das alles, was passiert war. Jetzt, wo er es zusammengefasst hatte, schien es echt nicht viel. „Das war’s?“, fragte Mariku schließlich nach, während seine Hand immer noch über Ryous Kopf strich. Die Geste war überraschend beruhigend, wie Ryou feststellte. Er nickte. „Manchmal weiß ich echt nicht was in seinem Dickschädel abläuft.“ „Wem sagst du das“, murmelte Ryou zurück. Ernsthaft, das Ganze war doch bizarr. „Und, bist du eine Jungfrau?“ Die Frage überrumpelte Ryou genug, das er antwortete lange bevor sein Hirn das typische Schamgefühl hinterher werfen konnte. „Nein.“ Und wirklich, Scham war in dem Fall so unnötig. Er musste das Gefühl dringend loswerden. „Und wenn du ein Reh bist, fress ich ein Besen“, sagte Mariku grinsend und ließ schließlich von seinem Kopf ab, nachdem er zum Abschluss sein Haar durchwuschelte. „Also, ignorier seine dämlichen Worte.“ Mit einem leichten Lächeln nickte Ryou. „Das hat eine gewisse… Logik.“ „Natürlich. Ich bin halt der Beste!“ Diesmal war es ein leises Auflachen, mit dem Ryou Marikus Worte kommentierte. Der Mann verstand es durchaus einen aufzuheitern. Welch unerwartete Talente da doch schlummerten. Warum hatte er nochmal seine Gefühlsachterbahn auf Bakura fixiert? „Und jetzt?“, fragte Ryou frustriert. „Wir können als Rache seine Sakesammlung plündern.“ Angewidert verzog Ryou das Gesicht. Neben der Tatsache, dass er eigentlich gar nicht den bevorstehenden Abend gemeint hatte, konnte er das Getränk echt nicht leiden. Aber einen gemütlichen Abend mit ein bisschen Alkohol zur Beruhigung konnte er echt gebrauchen. „Umeshu! Wenn du Umeshu findest, mach ich mit.“ „Abgemacht. Hat der Esel bestimmt auch da.“ Mariku stand auf und hielt Ryou eine Hand hin, der bei dem Wort ‚Esel‘ angefangen hatte unkontrolliert zu lachen. Ryou nahm die Hand an und wurde mühelos auf seine Beine gezogen. „So ist’s besser. Und nun, auf zum Alkohol!“ Erst viel zu spät wurde Ryou klar zu was genau er da genau zugesagt hatte.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)