Fauler Sonntag (Oneshot) von Erdbeermuffin ================================================================================ Kapitel 1: ~regret~ ------------------- Sonntage sind doch eine schöne Sache. Man kommt endlich zu Dingen, die man unter der Woche nie erledigen kann, wie zum Beispiel die Waschmaschine laufen lassen, die Wohnung aufräumen oder einfach nur mal faul auf der Couch liegen und schlafen. Nur merkwürdig, dass ich nie einen solcher faulen Sonntag habe. Auch dieser Sonntag war wieder einmal herrlich. Wie jedes Mal saß ich an einem Projekt für die Uni, habe ja auch sonst nichts Besseres zu tun. Architektur… wie konnte ich nur auf diese dumme Idee kommen und ausgerechnet diesen Studiengang wählen? Meine Mutter hatte Recht gehabt. Ich hätte doch die Firma meines Vaters übernehmen sollen. Dann hätte ich schnell viel Geld verdient und- „Tatsu! Bin wieder da!“ blinzelnd schaute ich von dem Papier auf, das ich auf dem Boden ausgebreitet hatte. „Koji, du bist schon wieder da?“ der Brünette schnaufte kurz auf. „Ja, was dagegen? Scheinst wieder sehr beschäftigt zu sein. Da störe ich dich sicher.“ Seine Stimme klang gereizt. Warum war er in letzter Zeit nur so angespannt? Normalerweise ist er allgemein ein ganz umgänglicher Mensch, aber seit ein paar Wochen verhielt er sich immer merkwürdiger. Ob es an mir lag? Wahrscheinlich muss ich eines erstmal grundlegend klar stellen bevor ich fortfahre: Ich bin mit Koji fest zusammen, schon seit der Oberschule und was als kleine Highschool-Romanze begonnen hatte, war nun eine ausgewachsene Beziehung zwischen zwei waschechten Kerlen geworden. Zwei Jahre lebten wir nun schon zusammen und wir hatten nie große Schwierigkeiten gehabt und dass man sich hin und wieder einmal streitet ist schließlich noch normal. Obwohl es mir mittlerweile so vorkam als wäre unsere Beziehung eingeschlafen, sowohl in gefühlsmäßiger, als auch in sexueller Hinsicht. Es fehlte das große Prickeln, was zu Beginn noch zwischen uns geherrscht hatte, als wir uns noch ganz heimlich getroffen hatten, wenn unsere Eltern nicht da waren und wir beim Filme gucken rumgeknutscht hatten. Wir haben beide schon immer ein Faible für Horrorfilme gehabt und haben uns dann auch meistens einen angesehen. Wenn wir bei ihm waren, hat Koji immer Popcorn gemacht und zu Beginn des Filmes konzentrierten wir uns nur auf denselbigen bis wir langsam näher rutschten und anfingen uns zu küssen. Manchmal fütterten wir uns auch mit Erdbeeren und Schlagsahne und meistens schliefen wir dann auch miteinander, doch nun? Weder Filme, noch Sex… Die Zeiten ändern sich wohl. Ich beobachtete wie Koji den Kopf schüttelte und in der Küche verschwand, wahrscheinlich war er etwas beleidigt, weil ich ihm nicht geantwortet hatte. In letzter Zeit ging er immer öfter weg, wenn ich zu Hause für die Uni lernte oder arbeitete. Wo er war oder was er tat wusste ich nicht. Ob er einen Liebhaber hatte? Der Gedanke daran ließ mich schlucken und etwas betreten auf die Skizze schauen, die ich begonnen hatte und auf einmal mochte ich sie nicht mehr. Doch ich musste sie beenden und so griff ich wieder zu Lineal und Stift um fort zufahren. Plötzlich, wie aus dem Nichts, schlangen sich zwei Arme um meinen Bauch und eine kalte Hand wanderte vorne in meine Jeans. „Aah! Koji!“ bestimmt grinste er jetzt, vor allem, weil er mich hatte aufkeuchen hören. Er mag solche Überraschungsmomente, weil ich so furchtbar schreckhaft bin. Deswegen lacht er dann immer so frech, so wie jetzt. „Lass das. Ich muss arbeiten.“ Grummelte ich schließlich etwas überzeugender und zog seine Hand wieder aus meiner Hose. „Was ist denn los?“ fragte er mit leiser, verführerischer Stimme, hatte seinen kurzen Lachanfall schon überwunden. Er versuchte es also schon wieder und das immer in Situationen, wenn er genau sah, dass ich zu tun hatte. „ich muss arbeiten, Koji. Das siehst du doch. Können wir uns das also für später aufheben?“ ich drehte meinen Kopf zu ihm um und blickte direkt in sein Gesicht. Er wirkte enttäuscht, doch mit dieser Antwort hätte er rechnen müssen. Er hatte doch gesehen, dass ich dabei war etwas Wichtiges zu erledigen. „Das sagst du jedes Mal und dann vergisst du es doch wieder.“ Murmelte er, ließ dann jedoch von mir ab und verschwand im Badezimmer. Wahrscheinlich duschte er schon wieder. Weil nichts mehr passierte, wandte ich mich wieder meiner Arbeit zu. Das Ding musste bis morgen fertig werden damit ich es meinem Professor in der Uni vorlegen konnte, dich ich fühlte mich gehemmt. In letzter Zeit passierte es öfter, dass er meine Nähe suchte und ich ihn ablehnte, doch das war er selber schuld. Er wusste genau wie wichtig mir mein Studium war und dass man mich nicht stören sollte, wenn ich arbeitete. Fast den ganzen Tag sah und hörte ich nichts mehr von ihm. Am Abend saß ich wieder vor dem Fernseher und zappte im Programm. Irgendwie lief sonntags nie etwas Gutes, nur langweilige amerikanische Filme und Dokumentationen über das Paarungsverhalten von Erdmännchen. Warum konnte man nicht mal einen schönen Klassiker bringen? Die alten Filme hatten doch viel mehr Atmosphäre. „Und? Was läuft so?“ Koji hatte sich neben mich gesetzt und ich schaute kurz zu ihm. „Nichts, nur der übliche Mist.“ Antwortete ich knapp und blickte wieder auf den Bildschirm. Koji schnaufte kurz auf. Anscheinend hatte er immer noch schlechte Laune. Als wir so zu zweit auf der Couch saßen, musste ich wieder an früher denken. Wir waren etwas, was man frisch verliebtes Pärchen nennt und ich musste wieder an unsere gemeinsamen Filmeabende denken und auch an unseren allerersten gemeinsamen Urlaub, an dem unser Gepäck auf dem Hinflug noch verschwunden war. Ich seufzte kurz auf und mein Blick wanderte zu Koji rüber. Wann hatten wir eigentlich das letzte Mal Sex gehabt? Es schien eine Ewigkeit her zu sein und ich fühlte mich wie in einer 20-jährigen Ehe gefangen. Wir schwiegen uns an, wir schliefen in einem Bett und hatten kein Sexleben mehr. Das nennt man doch Ehe, oder nicht? Als ich spürte wie Koji mich ebenfalls ansah, schaute ich schnell wieder zum Fernseher und schaltete einfach weiter als wäre nichts passiert. Das ging fünf Minuten so weiter bis mir auf einmal die Fernbedienung entrissen wurde. Völlig überrumpelt starrte ich in die dunkelbraunen Augen des Anderen. „Mensch, Koji, was soll der Scheiß?!“ fauchte ich ihn dann wütend an und versuchte die Fernbedienung wieder an mich zu reißen. Es war ein Jammer. Zwei Jahre! Ich war zwei Jahre älter als er und trotzdem war er größer und stärker als ich! So konnte er meine Handgelenke locker mit seiner linken Hand ergreifen, während die Rechte die Fernbedienung hinter seinem Rücken versteckte. Wie ein Schraubstock hielt er meine Hände fest und je mehr ich an ihnen zerrte, desto fester wurde sein Griff. Ich schnaubte kurz gequält auf. Noch immer sagte er nichts. Erwartete er etwas von mir? Was sollte ich ihm sagen? Was sollte ich tun? „Du tust mir weh, Koji. Lass mich bitte los!“ gab ich leicht jammernd von mir, doch seine linke Augenbraue zuckte nur kurz und sein Gesichtsausdruck, der mir zuvor noch als recht gleichgültig erschien, wurde finster, nein, sogar richtig wütend! Dieser Blick machte mir unheimliche Angst. Zwar hatte ich schon einmal mitbekommen, dass er richtig wütend werden konnte und auch diesen Blick hatte ich schon mal gesehen. Allerdings hatte man da auch versucht mich zu verprügeln und das war Anfang der Highschool gewesen, also schon lange her und wenn er so guckte, dann war es etwas Ernstes! Wieder musste ich schlucken und der Kloß in meinem Hals wollte nicht verschwinden. „Was glaubst du eigentlich wer du bist?“ knurrte er auf einmal leise und kam mir mit seinem Gesicht bedrohlich näher. „Was zum… wovon redest du überhaupt??“ fragte ich und wahrscheinlich konnte man nun auch hören, dass sich Panik in mir breit machte. Als Antwort kam, wie selbstverständlich ein: „Von uns.“ zurück. Von uns? Was meinte er damit, doch bevor ich weiter fragen konnte, sprach er schon weiter und auf einmal wirkte er enttäuscht. „Tatsuya… zu einer Beziehung gehören immer zwei, aber… irgendwie hab ich das Gefühl dies sei nur noch eine Beziehung mit mir selbst. Du hast nie Zeit für mich und immer irgendeine Ausrede parat, wenn ich dich mal für mich haben will. Denkst du etwa, ich lass’ das ewig mit mir machen??“ er schüttelte leicht den Kopf. „Früher war alles noch so schön, aber in letzter Zeit bist du so abweisend. Hast du eigentlich eine Ahnung wie dumm ich mich da fühle?“ ich spürte wie der Griff um meine Handgelenke nachließ. Schließlich konnte ich mich aus der Umklammerung winden und hatte wieder die Hände frei. Meine Handgelenke schmerzten. In seiner Rage hatte er etwas zu fest zugepackt. „Wie stellst du dir das eigentlich vor?“ fragte ich dann ernst und setzte mich gerade vor ihm hin. So was soll angeblich eine einschüchternde Wirkung haben. „Soll ich mein Studium hinschmeißen damit ich Tag und Nacht für deine Streicheleinheiten zu haben bin, oder was??“ wieder wurde er wütend. „Davon hab ich gar nicht geredet!“ fauchte er mich an. „Ich möchte nur mal wieder etwas Zeit mit dir verbringen! Ist das denn zuviel verlangt?? Tatsu, ich weiß, dass dieses Studium wichtig für dich ist und auch dass es anstrengend ist, aber es kann nicht sein, dass wir uns dabei vollkommen auseinander leben.“ Einen Moment schwieg ich, was sollte ich dazu nur sagen? Er hatte Recht in allem, was er sagte, aber das war ja gerade das Schlimme! Wir lebten uns auseinander und es war auch noch meine Schuld! Wenn ich eines nicht kann, dann ist es das Eingestehen von Fehlern. „Mein Gott, Koji! Du bist so ein Kindskopf!“ rief ich plötzlich aus und stand auf. Knurrend strich ich mir eine der dunklen Haarsträhnen hinter das rechte Ohr. Ich müsste mal wieder zum Frisör. „Wir sind schon seit 4 Jahren fest zusammen. Denkst du da etwa, dass es immer so weiter gehen kann wie am Anfang? Natürlich, man ist frisch verliebt, alles ist noch neu und man hat dieses Prickeln im Bauch, aber irgendwann kehrt nun einmal der Alltag ein. Das weißt du genau so gut wie ich.“ Ich sprach so ernst und überzeugt wie schon lange nicht mehr, doch innerlich fing ich an zu bröckeln, vor allem als ich Kojis Gesichtsausdruck sah. Eigentlich war er schon immer der dominantere von uns beiden gewesen und das in jeder Hinsicht, doch jetzt wirkte er mehr wie ein kleiner Junge, der seinem liebsten Spielzeug nachweinte. Er hatte den Kopf zu Boden gesenkt und er biss sich leicht auf die Unterlippe. Ob er versuchte sich unter Kontrolle zu halten? Auf einmal ergriff er wieder das Wort. „Bei mir hat das Prickeln nie aufgehört.“ Flüsterte er bevor er ebenfalls aufstand. Er ging schweigend in den Flur, zog sich seine Schuhe an und weg war er. Einen ganzen Moment lang stand ich einfach nur da und starrte auf den Platz auf dem er zuvor noch gesessen hatte. Das Prickeln hatte nie bei ihm aufgehört? Er war wirklich der Jüngere von uns beiden, doch um ehrlich zu sein: Mir ging es auch nicht anders. Ich begann im Zimmer auf und ab zu gehen. Sollte ich ihm wirklich nachlaufen und ihm mein Herz ausschütten? Das wäre fast schon wie eine persönliche Niederlage, denn ich renne generell NIE jemandem hinterher. Die zweite Option wäre einfach hier zu bleiben und auf ihn zu warten, doch würde er überhaupt zurückkommen und wenn ja wann? Ich stieß einen entnervten Seufzer aus. Diese Beziehung raubte mir noch den letzten Nerv, doch ich wollte auf keinen Fall ohne ihn sein. Dazu hin ich einfach zu sehr an ihm und den gemeinsamen, schönen Erinnerungen, die uns miteinander verbanden. Ohne weiter darüber nachzudenken, schaltete ich den Fernseher aus und zog mir nun auch meine Schuhe an um nach draußen zu laufen. Wo war er denn nur? Planlos lief ich die Straße hinunter. Es war schon dunkel und nur die Laternen leuchteten mir meinen Weg. Plötzlich hatte ich einen Geistesblitz. Der Spielplatz in der Nähe von unserer alten Schule! Ich schlug abrupt einen neuen Weg ein und rannte so schnell ich konnte. Die Straßen waren menschenleer und irgendwann kam ich am Ziel an. Schon von weitem konnte ich bei dem schwachen Licht eine große Gestalt erkennen, die auf einer der Schaukeln saß. Sie schien den Kopf zu heben und mich anzusehen. Ich blieb stehen, doch die Person stand nicht auf. Langsam begann ich wieder damit mich ihr entgegen zu bewegen und endlich erkannte ich Koji. Er wirkte niedergeschlagen und es sah fast so aus als hätte er geweint. Das ließ mich schlucken. Ich hatte meinen Freund zum weinen gebracht, was vorher noch nie geschehen war. Es war einfach furchtbar ihn so zu sehen. Ich ließ mich auf der Schaukel neben ihm nieder und schaute zu Boden. „Woher hast du gewusst, dass ich hier bin?“ fragte er leise nachdem wir schon knapp Zehn Minuten schweigend dagesessen hatten. Ich zuckte die Schultern. „Ich hatte es im Gefühl gehabt. Du hast dich schon immer hierhin zurückgezogen, wenn es dir nicht gut ging. Bist du die letzten Wochen auch immer hierher gekommen?“ ich hob nun endlich den Blick um ihn anzusehen und er nickte leicht. „Ja… ich hatte immer die stille Hoffnung gehabt, dass du mich finden würdest, aber du warst jedes Mal zu beschäftigt und irgendwann hab ich es aufgegeben auf dich zu warten und bin zurück gekommen .“ Antwortete er leise und ich sah wie er schluckte. Seine Hände klammerten sich leicht an die Eisenketten mit denen der Sitz an dem Gestell befestigt war. „Das tut mir auch Leid, aber…“ „Ich weiß: dein Studium ist wichtig und so weiter, aber was ist mit mir? Bin ich dir denn nicht mehr wichtig?“ die ganze Zeit über hatte ich nie in Erwägung gezogen, wie er sich wohl in unserer aktuellen Situation fühlte. Ich war immer nur von mir selbst ausgegangen und davon, was ich wollte und wie es mir ging. Ich hatte ihn nie wirklich an mich heran gelassen, weil ich einfach auf mich und meine Arbeit fixiert gewesen bin. Wieder schwiegen wir beide einen Moment und es schien mir, als ich könne ich unsere Herzen hören, wie sie beide unglaublich schnell schlugen und anscheinend im gleichen Takt. Ich stand auf und stellte mich vor ihm hin. „Natürlich bist du mir noch wichtig…“ flüsterte ich ihm zu und kniete mich dann vor ihm auf den Boden. Ich legte meine Arme um seinen Oberkörper und schmiegte mich an ihn. „Es hat sich nie etwas daran geändert, glaub mir, aber die letzte Zeit war nicht einfach. Ich hab es einfach nicht geschafft die Uni und dich unter einen Hut zu kriegen und wenn ich mal nicht lernen musste, dann war ich deswegen genervt und gestresst. Ich hab nie wirklich an dich gedacht, Koji und mittlerweile tut mir das Leid. Du bist mir wichtig und ich will dich nicht verlieren, aber ich war total in meine Arbeit versunken, da… da hab ich dich einfach vergessen. Bitte, lass uns nach Hause gehen, ja? Ich werde auch weder lernen noch sonst etwas tun, was du nicht möchtest. Ich will einfach nur etwas Zeit mit dir alleine verbringen.“ Während ich sprach zitterte meine Stimme leicht, denn ich hatte Angst, dass ich nun derjenige sein würde, der abgewiesen werden würde und ein par Sekunden ließ er mich in dieser Ungewissheit, vielleicht um mich absichtlich ein bisschen zu quälen, doch plötzlich spürte ich seine Arme um mich herum, stark wie immer und sein Oberkörper senkte sich zu mir hinab. Sein Gesicht vergrub sich seitlich an meiner Halsbeuge und er drückte mich fest an sich. „Ich habe dir immer verziehen, Tatsuya, egal, was du auch getan hast, weil ich wusste, dass du mich finden würdest. Es ist schade, dass es so lange gedauert hat, aber wenn du in Zukunft etwas mehr Zeit für mich einplanen kannst, dann will ich dir auch jetzt wieder verzeihen…“ flüsterte er und ich konnte nur noch nicken. Wer wusste schon, was in Zukunft kommen würde und was uns dort erwarten würde, doch ich beschloss einfach darauf zu vertrauen, dass wir aufeinander bauen konnten und ich nahm mir vor mich zu bessern. Koji war so viel besser als ich, denn er verzieh mir jede meiner Makel und als wir nach Hause gingen ergriff er wieder meine Hand, so wie früher auch, wenn niemand hingesehen hatte und als wir noch frisch verliebt gewesen waren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)