Assoziatives Schreiben von Black_Taipan (Kurzgeschichtensammlung) ================================================================================ Kapitel 9: Satz Nr. 09 - Das Alkoholtrauma ------------------------------------------ Ihre Eltern vertraten den liberal-europäischen Standpunkt, dass Jugendliche, denen Alkohol schon früh frei zur Verfügung steht, auch entsprechend früh lernen, damit umzugehen. Dies war auch der Beginn einer Reihe von äusserst fragwürdigen Aktionen, die Anjuli seit früher Kindheit über sich hatte ergehen lassen müssen. Als Geschenk für ihren 7. Geburtstag stand beispielsweise nicht das Playmobil Puppenhaus auf dem Tisch, welches sie sich schon so lange gewünscht hatte, sondern eine schön eingepackte Flasche Bier. Bereits drei Jahre später stand ihr eine grosse Auswahl von Wein, Bier und Spirituosen im Keller frei zur Verfügung und sowohl der Vater als auch die Mutter liebten es, ihrer Tochter auch immer wieder zu erläutern, wie wichtig es sei, dass man schon im frühen Alter den Umgang mit alkoholischen Getränken lernen sollte und zwangen sie auch öfters einen Schluck Alkohol zu versuchen. Sie verstanden sich als modernes Ehepaar, prahlten in Anwesenheit anderer Eltern von ihren offenen Erziehungsmethoden ohne blödsinnige Grenzen und wetterten gegen Verbote, die andere für ihre Kinder aufstellten. Anjuli beklagte sich bei mir zwar nicht über die moderne Art ihrer Erziehung und doch musste ich auch feststellen, dass sie nicht so ganz glücklich war über diese Entwicklung. Es stimmt zwar, dass meine beste Freundin den Umgang mit Alkohol durchaus im Griff hatte – sie hatte schon so früh ständig Hochprozentiges bekommen, dass sie wohl noch in einem halben Jahrhundert Alkohol nicht würde ausstehen können. Sie wurde bei Partys schräg angesehen, wenn sie zu erklären versuchte, warum Feuerwasser für sie nicht in Frage kam: „Ich habe seit meiner Kindheit schon zu viel Bier bekommen“, klang aber auch wirklich nicht besonders glaubwürdig. So kam es dazu, dass sich meine Freundin immer weniger auf Gesellschaftstreffen sehen liess. Sie wollte sich nicht immer erklären müssen und der Geruch nach Alkohol löste in ihr mit der Zeit so grossen Ekel aus, dass sie auch die Anwesenheit trinkender Personen nicht mehr ertragen konnte. Nie hätte ich gedacht, dass ihre Abneigung gegen Bier & Co. sie so in den Wahnsinn treiben würde. Ein paar Jungs erlaubten sich einen Scherz und schickten ihr per Post zum Geburtstag einige Kisten Bier. Hätte ich von der Sache gewusst, hätte ich denen geraten, das Zeug lieber selbst zu trinken, anstatt für so eine Idee jede Menge Geld auszugeben. Anjuli rastete völlig aus und keiner der beteiligten Scherzkekse überlebte ihr Attentat. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie Sturm an meiner Haustüre läutete und blutüberströmt in meinen Armen zusammenbrach. Erziehung spielt eine wichtige Rolle. ___________________________________ Kommentar: Ich sollte mehr Thriller mit blutrünstigen Serienmördern lesen, dann wäre Anjulis Motiv vielleicht etwas besser geworden. Ich bin mit diesem Fragment nicht wirklich zufrieden, aber da es assoziativ ist, lade ich es trotzdem hoch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)