Es tevi mīlu von Stiffy ================================================================================ Kapitel 7: Zināšana ------------------- Der Rest des Tages vergeht damit, dass ich mich immer wieder dieses komische Gefühl einholt, ohne dass ich etwas dagegen tun kann. Ich denke viel nach, gehe Joggen, um mich abzulenken, und denke noch mehr nach. Andris kommt mir dabei immer wieder in den Kopf, zusammen mit der Erkenntnis, dass er mein erster Mann war und mir dies nie bewusst geworden ist. Natürlich, am Anfang, bei unserem ersten Mal, vielleicht auch noch beim Zweiten... aber danach... danach habe ich eigentlich nie wirklich darüber nachgedacht. Wieso hätte ich es auch tun sollen? Ich mochte seine Küsse, mochte den Sex mit ihm und habe dabei nie etwas vermisst... ich mochte seine Nähe und Anwesenheit... ich mochte es einfach so sehr, dass es mir vollkommen genug war. Je länger ich über diese Dinge nachdenke, desto mehr wird mir klar, dass ich mich endlich entschuldigen sollte. Und dennoch... ich verdränge den Gedanken immer wieder. Eine andere Sache, über die ich nachdenke, vielleicht, um nicht nur an Andris zu denken, ist Nina. Ich weiß nicht wieso, aber ich verspüre das Bedürfnis, mit ihr zu sprechen. Vielleicht sollte ich ihr sagen, dass die Sache mit Florian geklärt ist, denn ich denke nicht, dass er das von alleine macht. Keine Ahnung wieso ich das Gefühl habe, dass ich es tun sollte... vielleicht deshalb, weil sie sich doch in ihrer Situation vollkommen komisch vorkommen muss... Natürlich geht mir bei alle dem auch Florian durch den Kopf. Doch ich kann nicht mal genau sagen, was es ist, an das ich denke. In erster Linie ist es wohl die Erleichterung, ihm endlich die Wahrheit gesagt zu haben, ihm nun nichts mehr verheimlichen zu müssen... Dann aber wieder frage ich mich, wieso das Bedürfnis, ihn zu küssen, mich ihn trotzdem nicht hat küssen lassen. Ich war so nah dran... einer meiner größten Wünsche wäre fast in Erfüllung gegangen... Wieso habe ich abgeblockt? Was ist bloß los mit mir? ~ * ~ Die nächsten Tage vergehen ähnlich gedankendurchzogen, zumindest dann, wenn ich alleine bin. Ich versuche mich abzulenken, versuche so wenig wie möglich, den Zahnrädern in meinem Kopf freien Lauf zu lassen, denn immer wieder bringen sie mich zu meiner verlorenen Freundschaft zurück, der ich mich nicht traue, hinterher zu rennen. Manchmal sehe ich Andris in der Mensa, aber meist suchen meine Augen nur nach ihm, ohne ihn zu finden. Wenn sie es tun, dann traue ich mich nicht, ihn lange anzusehen, denn wenn unsere Blicke sich treffen, tut es weh. Das Strahlen, das ich in seinen dunklen Augen immer so mochte, ist verschwunden, und es ist nur dieser finstere Blick zurückgeblieben. Es tut weh, zu wissen, dass ich schuld daran bin... und dass mir der Mut fehlt, die Sache zu klären, macht es nicht gerade besser. Wenn ich mit Nina und Florian zusammen bin, denke ich zum Glück sehr wenig nach. Ich fühle mich nicht mehr gereizt, sondern beobachte die beiden, beobachte als Außenstehender wie sich ganz, ganz langsam etwas zu entwickeln scheint, wie sie sich immer mehr annähern und Nina ihn immer öfter einfach nur ansieht. Ich glaube nicht, dass Florian dies wahrnimmt... doch auch bei Nina selbst bin ich mir da nicht sicher. Ich glaube nicht, dass sie merkt, wie ihre Sympathie für Florian sich verändert... und noch weniger glaube ich, dass ich mich irre. Mittlerweile frage ich mich deshalb des Öfteren, was wohl Ninas Worte waren, als sie Florian die Abfuhr erteilte. Manchmal überlege ich, ob ich auch eine Rolle gespielt haben könnte, dann nämlich wenn ich das Glänzen ihrer Augen sehe, wenn Florian in der Nähe ist. Ich frage mich, ob sie vielleicht ja gesagt hätte, wenn sie meine Gefühle nicht gekannt hätte. Ich weiß nicht, ob ich mich mit diesen Gedanken zu wichtig mache, aber vielleicht stimmt es tatsächlich. Oder sie hat ihn wirklich voll und ganz als Freund gesehen und Gedanken, ob daraus mehr werden könnte, kamen deshalb nie auf... Bei all diesen Gedanken bezüglich der sich aufbauenden Zuneigung Ninas, wundert es mich, wie wenig es mich eigentlich stört. Eher freut es mich, zu sehen, dass Florian wahrscheinlich doch eine Chance bekommen wird, dass seine Liebe wahrscheinlich nicht unerfüllt bleibt. Natürlich, vielleicht unterdrücke ich das Gefühl einfach, weil ich weiß, dass es nichts bringt, aber wenn, dann tue ich dies nicht bewusst. Oder ich habe es tatsächlich geschafft, loszulassen. So schnell? ~ * ~ Fast zwei Wochen sind vergangen, als ich mir meiner Beobachtungen sicher bin. Wieso Nina in dieser Zeit keinen zweiten Anlauf gemacht hat, alleine mit mir zu sprechen, weiß ich nicht, aber eigentlich ist das nicht so wichtig. Mittlerweile geht es Ende November zu und ich bin immer mehr davon überzeugt, dass sich bei Nina auch etwas entwickelt hat. Es ist in ihren Augen zu sehen, ihn ihrem Lächeln... Ein Wunder, dass Florian noch nichts bemerkt zu haben scheint, aber wahrscheinlich hat er diese Gedanken einfach abgeschaltet, weil er glaubt, ohnehin keine Chance zu haben. Naja, und dass ich so lang in ihn verliebt war, hat er immerhin auch nicht bemerkt... Vielleicht deshalb habe ich das Gefühl, nachhelfen zu müssen, und verabrede mich schließlich eines Nachmittags mit Nina. So kann es einfach nicht weiter gehen! Als es so weit ist, fehlt mir der Punkt, mit dem ich anfangen kann. Wir sitzen im Café eines Einkaufszentrums und ich nippe an meinem Kaffee herum. „Es geht um Florian“, sage ich schließlich, um endlich die Stille zu unterbrechen und das Gespräch zu beginnen. „Das... hab ich mir gedacht...“, wird sie rot. „Hat er dir gesagt, dass ich ihm die Wahrheit gesagt habe?“ „Er hat so etwas... angedeutet... aber er wollte nicht weiter darüber reden...“ Wie ich es mir gedacht habe. „Er weiß jetzt alles und wir haben die Sache geklärt“, erkläre ich ihr. „Das... ist schön, nicht wahr?“ Ich nicke und lächle ihren roten Wangen zu. „Und ich wollte dir sagen, dass du keine Hemmungen haben brauchst...“ Ich senke den Kopf ein wenig, um sie anzusehen. Sie hebt den Blick von ihrem Kaffeerand, eine immer stärkere Röte annehmend. „Woher... weißt du...“ „Ich bin ebenso wenig blind wie du“, grinse ich sie an. „Außerdem erinnerst du mich an mich selbst...“ „So schlimm bin ich nicht!“, protestiert sie. Es lässt mich lachen. „Nein, das stimmt wohl. Aber du hast dich verliebt, oder?“ Sie zuckt zaghaft mit den Schultern. „Ich bin mir nicht sicher“, gesteht sie dann. „Weißt du... es kommt mir schon etwas komisch vor, dass ich mich plötzlich so zu ihm hingezogen fühle, nachdem ich weiß, dass er mich liebt... ich weiß nicht ob das... echt ist...“ „Wieso sollte es nicht?“ Sie zuckt die Achseln. „Weil ich es nicht von alleine gemerkt habe?“ Ich schüttle den Kopf, lächle sie beruhigend an. „Ich hab viel über all das nachgedacht, musst du wissen... Dabei ist mir auch aufgefallen, dass du immer viel weniger Hemmungen hattest, mich zu berühren als ihn... auch gingst du mit mir schon immer viel lockerer um, obwohl du uns doch eigentlich beide sehr magst... Ich glaube, dass du ihn schon immer anders angesehen hast...“ „Das sage ich mir auch... aber was, wenn ich mir das nur einrede?“ „Welchen Grund gäbe es dafür?“ „Vielleicht weil sich jede Frau einen Freund wünscht... und weil ich nun mal bei ihm einen guten Mann gefunden hätte...Vielleicht mag ich auch einfach diese Sicherheit...“ „Sag mal, redest du dir nicht gerade ein, nicht in ihn verliebt zu sein?“ „Ich...“ „Weißt du Nina... es gibt da einen Spruch, der besagt, dass man noch so ehrlich sein kann, sich selbst belügt man aber dennoch dann und wann...“ Sie schweigt und rührt in ihrer Tasse herum. Ich habe das Bedürfnis, ihr zu sagen, dass sie süß aussieht, so schüchtern. Florian fände es bestimmt toll, sie so zu sehen, wie er sie sonst nie erlebt. Ich sage es ihr nicht, da sie dann wahrscheinlich vor Röte platzen würde. „Du solltest mit ihm reden“, sage ich schließlich. „Sei ehrlich zu ihm.“ „Ich... ich weiß nicht.“ „Was hast du zu verlieren?“ „Ich will ihm nicht wehtun.“ „Ich glaube, davor brauchst du keine Angst zu haben.“ „Hab ich aber.“ Ich fasse über den Tisch hinweg und ergreife ihre Hand. „Schlaf ne Nacht drüber, dann weißt du schon, was zu machen ist.“ „Meinst du?“ Ich nicke. „Und was ist mit dir?“ „Gar nichts. Ich wollte dir heute eigentlich einfach nur sagen, dass du dir um mich keine Sorgen machen brauchst.“ „Es... es tut mir leid... das muss schwer-“ „Nein. Weißt du, ich habe mit der Sache Florian abgeschlossen.“... und ich weiß, dass ich das aus irgendeinem Grund wirklich habe. „Belügst du dich auch nicht selbst?“, zwinkert sie. „Ich hoffe nicht.“ Wir lachen. Einen Moment lang sieht sie mich danach prüfend an, kommt aber scheinbar zu dem Ergebnis, dass ich tatsächlich die Wahrheit sage. Fast ist Erleichterung auf ihrem Gesicht zu erkennen. „Danke“, lächelt sie. Ich erwidere ihr Lächeln und wundere schon gar nicht mehr, dass es so ohne jeglichen Schmerz geht. „Sag mal“, ihr Blick wird neugierig, „Was ist eigentlich mit Andris? Ich sehe euch gar nicht mehr zusammen...“ Das Lächeln, das ich eben noch trug, gefriert mir. „Das ist vorbei“, antworte ich steif. „Wieso?“ „Weil... darum. Es ist einfach vorbei.“ Jedes Wort davon sticht mir erneut in den Magen... oder ins Herz... ich weiß es nicht, irgendwie tut es überall weh. „Das ist schade.“ Ich zucke mit den Schultern und versuche das quälende Gefühl von mir zu schieben. Irgendwie will es einfach nicht vergehen, schon seit so vielen Tagen nicht... Sollte das nicht auch langsam mal aufhörem? Immerhin habe ich es auch geschafft, Florian loszulassen... Wieso ist das nun bei Andris bloß so schwierig? Ich kannte ihn doch noch nicht mal ein Jahr lang... und dennoch vermisse ich ihn so sehr. Um den Gedanken loszuwerden, greife ich nach der Karte und beschäftige mich mit der Auswahl. ~ * ~ Nach unserem Gespräch geht eine weitere Woche ins Land, in der Nina keinen Schritt in Florians Richtung macht. Fast würde ich sagen, dass es nichts gebracht hat, mit ihr zu sprechen, wären da nicht dann und wann ihre Blicke, die sie mir zuwirft, und von denen ich weiß, dass das schlechte Gewissen aus ihnen verschwunden ist. Stattdessen sehe ich Hilflosigkeit in ihren Augen, weil sie sich ihrer Sache noch immer nicht sicher ist, weil sie ihren eigenen Gefühlen nicht vertraut. So also beobachte ich die beiden weiter, das erste Mal in meinem Leben mit dem Gefühl, zwei Leute zusammenbringen zu wollen. Mittlerweile bin ich endlich bei dem Punkt angelangt, an dem ich mich nicht mehr Frage, weshalb mich das Ganze nicht im Geringsten stört. Es ist einfach so... und eigentlich ist es ja wirklich gut so! ~ * ~ Es ist Anfang Dezember, als das passiert, was sich wohl kein Kind wünscht. Es ist vor dem zweiten Unterrichtsblock des Praktikums Datenbanken... Nina ist noch nicht da und Florian und ich sind schon am Ratschlagen gewesen, was wohl sein kann. Sorgen machen wir uns eigentlich nicht wirklich, da es doch bestimmt nichts Schlimmes sein kann... vielleicht ist sie krank oder hat einfach ausnahmsweise auch verschlafen. Mit diesen Gedanken gehe ich in der Pause zwischen den Blöcken zur Toilette... und als ich wieder zurückgehen will, weiß ich, dass doch etwas Schlimmes passiert ist. Nina begegnet mir auf dem Flur und ich sehe die Tränen sofort. „Was ist passiert?“, frage ich, als ich bei ihr angekommen bin. Sie schluchzt nur, schüttelt den Kopf, stammelt irgendwas von Mutter und Krankenhaus... Ich will sie umarmen, doch sie lässt mich nicht. Sie fragt nach Florian. „Er ist drinnen“, sage ich auf den Raum deutend, und ehe ich fragen kann, ob ich ihn holen soll, beschleunigt sie schon ihren Schritt. Ich folge ihr, bleibe aber im Türrahmen stehen, als sie hindurchgetreten ist, denn sobald sie gesehen wird, stürmen die vier Mädchen dieses Kurses auf sie zu. Was los ist, wollen sie wissen, während ich mich ärgere, nicht tatsächlich Florian herausgeholt zu haben. Fragen trommeln auf Nina ein und ihr Kopf dreht sich hin und her. Ich kann fast fühlen, wie höllisch der Kopfschmerz sein muss. Ich hebe den Blick und entdecke Florian in der hintersten Reihe. Er hat den Kopf gereckt und sein Gesicht ist aschfahl. Wieder den Blick auf Nina, sehe ich, wie sie immer heftiger den Kopf schüttelt und dann drängt sie sich zwischen den anderen hindurch. Ihr Kopf hebt sich und dann scheint sie Florian gesehen zu haben, denn ihre Schritte werden schneller. Auf halbem Weg treffen die beiden sich. Nina verschwindet fast in seinen Armen. Die anderen stehen da, verdattert, verwirrt, nicht wissend, was sie machen sollen, als Ninas Schluchzen beginnt. Ich hingegen kann ein Lächeln nicht unterdrücken, als ich mich nun etwas beruhigter gegen den Türrahmen lehne und beobachte, wie Florian ihr über den Rücken streicht, ihr leise ins Ohr spricht. So schlimm die Situation ist, ist dennoch eines sicher: Hiernach werden sie sich gefunden haben. Hiernach wird sie gemerkt haben, wie sehr sie sich in ihrem Schmerz nach ihm gesehnt hat... hiernach- Meine Gedanken scheinen zu verstummen. Es ist in dem Moment, als er ihr beruhigend durch die Haare fährt, in dem mir mit einem Mal alles klar wird... Es ist dieser Moment, in dem ich verstehe, was genau ich verloren habe. Den stechenden Schmerz fühlend, bewege ich mich vom Türrahmen weg. Mechanisch beschleunigt sich mein Schritt, weg hier, irgendwohin... Im Fahrstuhl sinke ich zusammen nachdem ich die Stopp-Taste gedrückt habe. Ich vergrabe meinen Kopf in den Händen, während er hämmert und mir klar macht, was mir so lange hätte klar werden sollen... als ich verstehe, was ich schon lange hätte verstehen sollen. Mit einem Mal liegt es ausgebreitet vor mir, als wäre es schon immer da gewesen, doch versteckt hinter irgendeiner riesigen Mauer. Und ich weiß sogar, wie diese Mauer heißt. Ein trockenes Lachen entweicht mir, als mir Zusammenhänge klar werden, als ich verstehe, weshalb die letzten Wochen so gewesen sind, wie sie waren... weshalb ich gestoppt und Florian nicht geküsst habe. Wie war das mit dem selbst belügen? Ich scheine echt ein Meister darin zu sein. Natürlich war da Florian, immer nur Florian. Meine Gefühle wuchsen und wuchsen und irgendwann war ich mir einfach sicher, dass sie nie wieder schrumpfen würden. Ich konnte es mir nicht vorstellen, deshalb hielt ich an ihnen fest, hielt ich an meinem Schmerz fest, an der unerwiderten Liebe und dem Gedanken, ewig mit ihr zu leben... dabei wäre alles so viel einfacher gewesen, wenn mir nur ein einziges Mal klar geworden wäre, dass ich mich da irgendwann fürchterlich in etwas verrannt hatte. Ob ich loslassen kann, habe ich mich immer wieder gefragt. Ob ich loslassen kann? Natürlich kann ich das, denn eigentlich habe ich das schon längst getan... da nämlich, als sich etwas ganz entscheidendes in mein Leben schob... oder jemand... Ich sehe ihn vor mir, höre Worte der fremden Sprache und spüre Tränen meine Handflächen benetzen. Zu wem bin ich gegangen, wenn ich reden wollte? Bei wem fiel es mir merkwürdig schwer, alles auf eine Freundschaft zurückzureduzieren? Zu wem hat es mich gezogen, wenn es mir schlecht ging oder ich alleine sein wollte? Bei wem war der Gedanke, ersetzt zu werden, für einen Moment fast unerträglich? In wessen Armen fühlte ich mich geborgen wie nirgends sonst? Wem wollte ich am liebsten alles erzählen, was mir passiert ist, und ich hielt mich nur aus der Gewissheit zurück, dass es ihn wahrscheinlich nicht interessierte? Und ist es nicht genau das, weshalb ich es einfach nicht schaffe, über meinen Schatten zu springen? Weil ich ihm Dinge vorgeworfen habe, die aus einer Angst in mir sprachen, aus der Angst heraus, wirklich nur für das Körperliche da zu sein? Habe ich nicht einfach nur Angst, dass sich das bestätigen könnte? Und wieso ist das wohl so? Weil ich ihn liebe, verdammt noch mal! ENDE KAPITEL 7 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)