Sleepless in Seattle von abgemeldet (Alice X Jasper - alternative story!) ================================================================================ Kapitel 7: Race Against Myself ------------------------------ Also hier ist der nächste Teil! Er ist aus Jaspers Sicht, und es wird einiges erklärt und aufgerollt, was bisher vorgefallen ist. Ich hoff, ich langweil euch damit nicht. Eigentlich wollte ich noch Alice` Sicht mitreinbringen, aber dann wäre das Kapitel doch recht lang geworden. Vielen, vielen Dank für eure Kommis, ihr glaubt garnicht wie mich es immer freut, zu sehen, dass euch die Geschichte gefällt. Also viel Spaß beim lesen! ^^ Ich zog sie fest in meine Arme, strich ihr behutsam über den Rücken. Sie war so wunderbar warm, duftete einfach unglaublich. Doch würde ich eher durchs Feuer gehen, als auch nur einmal von ihr zu kosten, ihren süßen Geschmack durch meine Kehle rinnen zu lassen. Ich wusste, nun kannte sie die Wahrheit. Zumindest einen Bruchteil der Wahrheit. Denn alles konnte sie unmöglich wissen. Darauf würde kein normaler Menschenverstand kommen. Und ich war froh drum, denn wüsste sie es, würde sie hier nicht in meinen Armen liegen. Ich legte mein Kinn sanft auf ihre vom Schnee durchtränkten Haare. Ich wollte ewig so mit ihr stehenbleiben. Letztes mal musste ich gehen, in der Nacht, als Alice von einem Vampir angegriffen wurde.... Ich hatte die Tage davor schon immer dieses Gefühl gehabt, das Gefühl, etwas wichtiges zu erledigen zu müssen. Und anstatt dass es abklang, wurde es stärker und stärker, dass mich fast schon Panik überkam, zu spät zu kommen. Aber zu spät wofür? Ich wusste es nicht, ich spürte es einfach. Das Gefühl zog mich in die Downtown Seattles, an diesem Tag. Es war einfach unerträglich stark gewesen, es lenkte meine Gedanken. Lenkte meine Schritte. Ich setzte mich einfach ins Auto und fuhr los. In der Downtown parkte ich irgendwo am Straßenrand und lief einfach umher. Ich war auf der Suche, hatte aber keine Ahnung wonach. Und ich fand es auch nicht. Als die Nacht schon längst eingebrochen war, lief ich weiter und weiter, jedoch ohne jegliche Hoffnung, ein Ziel zu erkennen. Doch da kam plötzlich dieses Signal in meinem Kopf, mich jetzt beeilen zu müssen, ehe es zu spät sei. Ich fing an zu rennen. Rannte wie ein Blöder durch die Straßen, und da roch ich es auf einmal... ich wusste, ich hatte mein Ziel gefunden. Ich beschleunigte mein Tempo, da sah ich sie. In einer dunklen Gasse. Sie war zu Boden gerissen, von einem Meinesgleichen, welcher nun auf ihr lag. Er wollte sie töten, ihren süßen Geschmack kosten. Ohne auch nur eine Sekunde zu zweifeln, griff ich ihn an, tötete ihn. Oder wie man das bei uns auch immer nannte. Ich hatte dieses Mädchen gerettet. War meine Aufgabe damit erfüllt? Ich war nicht sicher. Langsam schritt ich auf sie zu, um vielleicht einen Hinweis zu finden, weshalb sie schon Tage zuvor dieses Gefühl in mir ausgelöst hatte. Sie hatte Angst und wich noch immer auf dem Boden zurück. Wer konnte es ihr verwundern? Ich blieb stehen, hob meine Hände. Ich wollte ihr zeigen, dass ich ihr nichts tun wollte. Nun sah ich eine Veränderung in ihrem Blick. Ihr wunderschönes, elfengleiches Gesicht nahm warme, vertraute Züge an. Ich hielt ihr meine Hand hin. Sie legte ihre hinein, und ohne groß nachzudenken zog ich sie in meine Arme. Sie wehrte sich nicht, sondern schlang ihre Arme um mich. Ich atmete tief ihren Duft ein, genoss ihre Nähe. Meine Wange strich sanft über ihre. In diesem Augenblick wusste ich, meine Aufgabe war noch nicht beendet. Sie würde nie beendet sein, solange es dieses Mädchen gab. Und nach über 140 Jahren hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, mein Herz würde wieder anfangen zu schlagen. Diesmal musste ich nicht abhauen, um dieser konfusen Situation zu entfliehen. Ich blieb bei ihr, hielt sie in meinen Armen. Ich wusste, sie wäre ohne mich besser dran gewesen, doch es war schon zu spät zum umkehren. Oder wollte ich einfach nicht umkehren um sie in Ruhe leben lassen? Langsam hob sie ihren Kopf, und obwohl sie verheult war, hätte ich mir kein schöneres Wesen vorstellen können. „Damals... als ich angegriffen wurde...“, fing sie zögernd an, sprach jedoch nicht zuende. Wir kannten beide die Antwort, und mein leichtes Nicken war absolut überflüssig. Sie sah mir tief in die Augen. „Danke, dass du mein Schutzengel bist!“, flüsterte sie, es war fast nur noch ein Hauchen, und doch klang es noch tief in mir drin weiter, wo es wohl niemals verebben würde. Diese Worte ehrten mich unglaublich, jedoch füllten sie mich auch mit Schmerz, einer Art Sehnsucht, dieser Aussage gerecht zu werden. Aber ich konnte es nicht. Ich war das Gegenteil eines Engels. Ein Dämon, ein Geschöpf der Dunkeheit, in wessen Natur es liegt, Menschen zu töten, um zu überleben. Meine Familie hatte mich zuvor noch gewarnt. Als ich einfach nach Seattle bin, fanden sie das merkwürdig, mein „Bruder“ Edward las meine Gedanken, und wusste, dass ich ihr geholfen hatte. Ich kam nach hause und redeten bitter auf mich ein, dass ich sie nicht wiedersehen dürfe, es sei für sie das Beste. Damit hatten sie wohl Recht, es war egoistisch gewesen, zurückzukommen. Doch ich konnte nicht anders. Am nächsten Abend setzte ich mich in den Zug, damit sie nicht merkten, dass mein Auto fehlte, und fuhr wieder nach Seattle rein. Wie am Abend zuvor lief ich durch die Straßen, handelte einen inneren Konflikt aus. Schließlich einigte ich mich darauf, dass wenn ich sie wiedersehen sollte, dann würde ich ihr auch begegnen. Doch mit fortschreitender Stunde schwand erneut meine Hoffnung. Ich wollte mich damit nicht abfinden, aber was sollte ich tun? Also ging ich resigniert zum Bahnhof, doch den letzten Zug hatte ich eben verpasst. Also musste ich heimlaufen, in meinem „normalen“ Tempo keine große Mühe. Doch plötzlich hörte der Regen auf, auf mich niederzuprassen. Ich drehte mich zur Seite, und da stand sie. Schön wie eh und je, ihren Regenschirm schützend über unserer beiden Köpfe. Sie erkannte mich nicht, worüber ich froh war. Sie lud mich mit zu ihr nach hause ein, und ich erfuhr ihren Namen. Alice. Er passte zu dieser märchenhaften Gestalt. Sie war einfach unglaublich lieb und herzlich. Meine durchnässten Sachen warf sie in den Trockner und lieh mir ihren Bademantel, der nach ihr duftete. Ich saugte den Geruch förmlich ein. Ihre Wohnung war unglaublich chaotisch eingerichtet. Kein Möbelstück gleichte dem anderen, die Wände waren in bunten Pastelltönen gestrichen. Überall waren kleine Details verteilt. Fotos, kleine Pflanzen, Kerzen. Mein Blick schweifte weiter und blieb in einer Ecke hängen, die sowas wie ein kleines Atelier darstellte. Mit ihrer Erlaubnis betrachtete ich ihre Skizzen. Wie ihre Wohnung zeigten auch sie Liebe zum Detail. Bei einer Skizze stockte mir der Atem. Ich erkannte das Motiv sofort. Es stellte uns beide letzte Nacht dar. Also war auch ich ihr im Gedächtnis geblieben. Meine Finger glitten sanft über die einzelnen Striche, die uns darstellten. Ich war einfach überwältigt. Jedoch meinte Alice, sie sei unzufrieden. Die Gefühle stimmten nicht. Mich überkam die Neugierde, ja, fast schon eine Sehnsucht. Wie hatte sie gefühlt? Was war es, was diese Skizze nicht ausdrücken konnte? Ich musste es wissen. „Wie hast du denn gefühlt?“, fragte ich leise nach, und wollte ihre Wange streicheln. Doch ich spürte, dass ich mit dieser Frage eine Grenze durchbrach, die besser noch geschlossen bleiben sollte. Deshalb zog ich sie schnell zurück. Es war schön den Abend mit ihr zu verbringen. Ich stellte immer wieder Fragen, um sie reden zu hören, und dabei von ihrer quirligen Art mitgerissen zu werden. Irgendwann wurde sie immer leiser und schlief auf dem Sofa ein. Ich betrachtete sie eine Weile, wie sie friedlich an das Kissen gelehnt lag. Ihr Brustkorb hob und sank gleichmäßig unter ihren tiefen Atemzügen. In diesem Augenblick wurde mir der Unterschied bewusst. Sie war voll und ganz am Leben. Erst aufgedreht und vital, doch ihre Reserven fanden ein Ende und sie musste schlafen. Ich schlief seit über einem Jahrhundert nicht mehr... Langsam stand ich auf und schloss sie in meine Arme, bedacht darauf, sie nicht wach zu machen. Vorsichtig trug ich sie in ihr Bett und deckte sie behutsam zu. Es war besser zu gehen, doch würde ich es auch durchhalten, nicht zurück zu kehren? Es war mitten in der Nacht und ich wollte mich auf den Weg machen, jedoch nicht ohne wenigstens eine Kleinigkeit zu hinterlassen. Ich ging zu Guiseppe`s, einem französischen Blumenladen, und klingelte den Besitzer aus dem Bett. Er mochte meine Familie, wir hatten einen hohen Stellenwert bei ihm, wie eigentlich bei den meisten, weshalb er keineswegs verärgert über diesen „Notfall“ war. Zumindest ließ er es sich nicht anmerken. Ich fühlte mich schlecht, sie einfach alleine zurückzulassen. Als ich schließlich nach hause kam, hatte sich meine Familie bereits versammelt um mir den Kopf rein zu waschen. Sie meinten, ich solle nicht mehr an sie denken, und dass ich sie nur in Gefahr bringen würde, wenn ich mich mit ihr abgab. Damit erzählten sie mir nichts Neues, und ich konnte ihre Bedenken vollkommen nachvollziehen. Ein paar Wochen vermied ich es, nach Seattle zu fahren. Doch eines Tages wurde das Verlangen, diese Sucht, sie wiederzusehen nahezu unerträglich. Ohne groß nachzudenken setzte ich mich ins Auto und fuhr nach Seattle. Ich klingelte an ihrer Wohnungstür, doch sie war nicht daheim. Ich wartete noch etwas ab und meine Hoffnungen schwanden, sie heute wiederzusehen. Als ich mich umdrehen wollte um den Hauseingang zu verlassen, stand plötzlich Rosalie vor mir und verschränkte wütend die Arme. Ich fühlte mich ertappt und wartete darauf, dass sie mich nun zur Schnecke machen würde. „Wohnt sie hier?“, fragte sie einfach. Kein Geschrei. Jedoch klang ihre Stimme angespannt. Ich nickte leicht. Eine Lüge hätte sie mir nicht abgekauft. „Komm mit, und lass uns reden“, befahl sie und gemeinsam fuhren wir in eine Bar, in der wir uns ungestört unterhalten konnten. Wir setzten uns an den abgelegenen Platz, den Rose telefonisch noch schnell reserviert hatte. Rosalie geriet nun richtig in Hochform und wir führten eine angespannte Debatte. Einzig und allein die Stimme der Kellnerin unterbrach uns. Ich erkannte sie sofort, eben so wie diesen einzigartigen Duft. Mein Blick richtete sich auf, und ich sah Alice. Die Gefühle in diesem Augenblick waren unbeschreiblich. Ich hätte niemals damit gerechnet, sie heute noch zu sehen. Ich wollte sie begrüßen, doch im selben Augenblick schoss es mir durch den Kopf, dass es besser wäre, wenn Rose nicht weiß dass SIE die Person ist, für die ich nach Seattle fahre, die mir ständig im Kopf rumgeistert und mir keine Ruhe lässt. Auch wenn es mir innerlich mehr als einen Stich versetzte, wandte ich meinen Blick wieder ab und tat so, als würde ich sie nicht kennen. Ich spürte ihre Verwunderung und Enttäuschung über mein Verhalten, und es war wie ein Schlag in den Magen. Rosalies abwertenden Blicke setzten dem ganzen noch die Krone auf. Aber was sollte ich machen? Meine Familie sollte einfach nicht erfahren, bei wem es sich um meine Alice handelte. Ohne sich groß was anmerken zu lassen, brachte sie uns das Wasser, mit dem Rose und ich unauffällig die Pflanzen hinter uns gossen. Das Bezahlen handelte ich möglichst schnell ab. Ich half Rose noch eben in den Mantel, als es laut klirrte. Ich sah vor mir zum Boden, wo Alice kniete, und die zahlreichen Scherben aufsammelte. Sie tat mir wirklich leid und ich fühlte mich wie der größte Mistkerl auf diesem Planeten. Ich wollte mich niederknien um ihr wenigstens dabei zu helfen, doch ein weiterer Kellner brachte Rose und mich zur Tür, und half ihr schließlich selbst. Es war einfach unerträglich, sie so stehen zu lassen. Ich stellte mir vor in ihrer Situation zu sein. Wenn Alice mich so ignoriert hätte. Es wäre für mich wie ein Alptraum gewesen. Und wenn sie auch nur annähernd so für mich wie ich für sie empfand, dann schickte ich sie gerade durch diesen wahrgewordenen Alptraum. Aber genau da lag das Problem. Ich empfand zu viel für sie. Ich wusste nicht genau was es war, was ich fühlte. War es einfach nur Beschützerinstink? Zuneigung? Aber meine Familie hatte Recht. Ich stellte eine Gefahr für sie dar. Und ich wollte sie auf keinen Fall gefährden. Heute vorbeizukommen, nein, auch schon letztens extra nach Seattle zu fahren, das war alles purer Egoismus meinerseits. Ich sollte sie einfach ihr Leben leben lassen. Das wäre das Beste für sie. Dieses Gefühl der unvollendeten Aufgabe ließ sich dennoch nicht vermeiden. Ich war in einem Zwiespalt, aus dem es scheinbar keinen Ausweg gab. Ab diesem Zeitpunkt wurde ich nicht mehr alleine gelassen. Ständig war ein Familienmitglied bei mir, um aufzupassen, dass ich nicht mehr Alice sehen konnte. Sie waren strikt dagegen. Ein Gespräch mit meinem Bruder Edward war mir noch gut in Erinnerung. Wir waren gerade unterwegs zum Jagen, und schwiegen größtenteils der Fahrt. „Wieso tust du ihr das an?“, fragte er plötzlich. Ich sah ihn verwundert an. „Ich meine, willst du sie wirklich hier mit reinziehen? In dieses Fegefeuer, welches wir durchleben müssen?“, fuhr er fort. „Ich möchte sie da nicht mit reinziehen. Aber ich hab das Gefühl, auf sie aufpassen zu müssen. Oder denkst du es war Zufall, dass ich sie gefunden habe, als sie von einem Vampir angegriffen wurde?“, entgegnete ich ruhig. „Denkst du denn es war Schicksal? Jasper, auch wenn du sie aus dieser Situation gerettet hast, heißt das nicht, dass du für sie verantwortlich bist. Du bringst sie nur in größere Gefahr. Du bist die Gefahr!“ Was hätte ich darauf entgegnen sollen? Schließlich hatte er Recht. Würde auch nur eine Sekunde mein natürlicher Trieb, der Durst nach Menschenblut, die Überhand gewinnen, wäre ich für ihren Tod verantwortlich. Und das durfte nicht passieren. Ich sank resigniert in den Autositz und lehnte meinen Kopf an die Scheibe. „Ich weiß, es ist nicht immer leicht. Carlisle hat Esme, Emmett hat Rosalie. Aber das ist kein Grund, unvorsichtig zu werden. Oder hast du etwa vor sie zu verwandeln?“ Ruckartig drehte ich meinen Kopf zu ihm und funkelte ihn wütend an. „Du weißt, dass das das letzte ist, was ich will!“, zischte ich. Nein. Alice strahlte so eine Lebensfreude aus, man spürte, wie sie jede Sekunde ihres Daseins genoss. Was für ein Monster wäre ich, würde ich ihr dies nehmen? Ich schüttelte verächtlich den Kopf. „Dann lass sie leben, ohne dich!“, sagte Edward und taxierte mich eindringlich. Er hatte Recht, das war das einzig vernünftige. Aber war ich dazu auch in der Lage? Ich bezweifelte es stark, da die ersten Versuche ihr fern zu bleiben auch fehlgeschlagen sind. Die Zeit verging, und Alice beherrschte meine Gedanken. Ich wollte wissen, wie es ihr geht. Wenn ich doch nur eine Bestätigung hätte, dass es ihr gut ging. Aber ich sah keine Möglichkeit, auf einem anderen Weg diese Bestätigung zu erhalten. Ich musste mich ablenken. Ich setzte mich in mein Auto und trieb es bis an seine Grenzen. Als es anfing zu dämmern hielt ich am Straßenrand, um die Orientierung wieder zu erlangen. Mein Blick schweifte durch die Gegend und ich lächelte müde, als ich erkannte, wo ich mich befand. Rain City. War ja klar, dass es mich mein Unterbewusstsein mitten nach Seattle getrieben hat. Ich ließ meinen Kopf aufs Lenkrad sinken, wofür sich der Mustang mit einem Hupen bedankte. Resigniert stieg ich aus und lehnte mich gegen die Tür. Vielleicht würde mir etwas frische Luft ganz gut tun, auch wenn sie im Endeffekt unnütz für mich war. Es sah danach aus, als würde die Wolkendecke nicht mehr lange halten, also nahm ich besser meinen Schirm mit. Instinktiv drehte ich mich nach jeder Frau um, die auch nur annähernd nach Alice aussah. Auch wenn es eigentlich falsch war. Vielleicht sollte ich besser wieder nach hause fahren... Mittlerweile war ich auf einem kleinen Platz, umgeben von einer großen Straße gelandet. In der Mitte befand sich der Abgang zu einer U-Bahn Station. Da fing es auch schon an zu schneien. Ich öffnete meinen Schirm, währenddessen blieb mein Blick an einem Rücken hängen. Das dazugehörige Mädchen saß auf einer kleinen Mauer an der U-Bahn. Diese Statur, die Haare! Das konnte doch unmöglich... doch, es war auf jeden Fall Alice! Sie war unter tausenden heraus zu erkennen. Gleichzeitig hatte sich meine größte Befürchtung, aber auch mein größter Wunsch erfüllt. Langsam ging ich auf sie zu, sah nun ihr hübsches Profil. Mein Arm hob sich und mein Schirm schützte nun uns beide vor dem Schnee. So ihrer damals am Bahnhof vor dem Regen.... Eine starke Windboe riss mich wieder aus meinen Gedanken. Alice und ich standen noch immer auf der Straße, die Arme um uns geschlungen. Dass sie nicht vor mir wegrannte verwunderte mich. Immerhin hatte ich einen Menschen vor ihren Augen getötet. Naja, zumindest dachte sie, dass es ein Mensch war. „Lass uns wieder zum Auto gehen!“, flüsterte ich und legte behutsam meinen Arm um ihre Taille, um loszulaufen. Sie ging neben mir her, immernoch in meine Jacke eingehüllt. Nun wurde die Stille von einem Knurren durchbrochen, und Alice` hübsches Gesicht nahm einen leichten Rotton an. Ich musste schmunzeln. „Hunger?“, fragte ich amüsiert. „Da Monsieur mich ja unbedingt nachts entführen musste, hab ich nicht damit gerechnet, etwas essen zu müssen, was lange vorhält!“, meinte sie und lockerte damit wieder die Stimmung. Ich lachte. „Aber ich fürchte fast, um diese Zeit hat kein Restaurant mehr offen“, meinte ich, während ich ihr die Autotür aufhielt. Sie stieg ein und ich flitzte zur Fahrerseite. „Naja, 2 Blöcke weiter gibt es nen McDonalds, der 24 Stunden offen hat“ Ich schnaubte verächtlich. „Also bitte Alice! Ich kann doch eine Dame wie dich nicht bei McDonalds essen lassen“, konterte ich und sah sie brüskiert an. Doch sie verdrehte nur leicht die Augen. „Jetzt lass mal nicht den Snob raushängen, sondern bring mich zum Mäci, ehe dir ins Lenkrad greife, und mich selber hinbringe!“ Touchè! Alice war einfach einmalig. Was hätte ich darauf noch entgegnen sollen. Ich fuhr auf den Parkplatz und führte sie ins Lokal. Soweit man McDonalds überhaupt als Lokal betiteln konnte. Als wir durch den Raum gingen, drehten sich reihenweise Köpfe zu uns um. Ich war es gewohnt angestarrt zu werden. Doch auch Alice schien Blicke magisch anzuziehen. Kein Wunder, sie war bildschön. Unsere etikette Kleidung verminderte die Aufmerksamkeit, die wir auf uns zogen nicht gerade. Durch meine Fähigkeit spürte ich, wie die Leute teilweise Anerkennung, teilweise Neid verspürten. Ich blendete ihre Gefühle aus, so wie ich es meistens tat. Besonders bei Alice. Natürlich würde es mich brennend interessieren, wie sie empfand. Aber es schien mir nicht richtig, das zuzulassen. Vielleicht hätte es mich gar in die Versuchung geführt, ihre Gefühle zu manipulieren, und das wollte ich auf keinen Fall. „Einmal die Chicken McNuggets mit Süß-Sauer Soße, dazu kleine Pommes, nen Cheeseburger und eine Cola. Und Ketchup bitte!“, gab sie ihre Bestellung auf, woraufhin sie erwartend zu mir blickte. Ich zog die Augenbrauen hoch. „Nein, ich krieg nichts. Ich habe zuvor noch gegessen“, redete ich mich raus. Alice strafte mich mit einem nicht-dein-ernst-Blick, ließ dann aber gut sein. Während sie noch in ihrer Handtasche rumkramte zahlte ich das Essen und trug ihr Tablett zu einem Tisch. „Du hättest nicht für mich zahlen müssen! Das macht man nur, wenn man selber auch was isst!“, protestierte sie und setzte sich vors Tablett. „Ach das ist doch das Mindeste“, winkte ich ab. Nun zog Alice erstaunt eine Augenbraue hoch. „Das Mindeste? Ich glaub da verwechselst du was. Es ist ja schon echt abnormal, was du alles für mich tust. Wenn, dann bin ich diejenige, die total in deiner Schuld steht“, meinte sie und schnappte sich ne Pommes. „Alice bitte, du tust mehr für mich, als du denkst“, entgegnete ich und sah ihr in die Augen. Sie hielt meinem Blick stand. Etwas, was nicht viele Menschen konnten. Dann seufzte sie. „Was denn bitte? Mich in Schwierigkeiten bringen, aus denen du mir raushelfen darfst? Das ist ja schrecklich, fast wie diese immer schreiende Frau aus King Kong!“ Nun musste ich wieder grinsen. „Also erstens...ja okay, das erste Mal hast du dich selber in Gefahr gebracht. Aber das zweite Mal war mein Verdienst. Und zweitens bist du viel besser zu ertragen, als diese King Kong Frau. Die war ja echt nervig! Aber wenn du von einem Riesenaffen entführt wirst, reden wir weiter, ja?“ Alice lachte. „Na gut! Hoffen wir aber, dass es garnicht erst soweit kommt“, meinte sie, während sie die Gurke aus ihrem Cheeseburger pulte und achtlos aufs Tablett fallen ließ. Sogar dabei verlor sie nichts von ihrer Anmut. Ich konnte einfach nicht aufhören sie zu beobachten. Sie war so wunderbar, fast schon übernatürlich. Wie sollte ich mich bloß von ihr fernhalten können? Es schien mir einfach unmöglich. Mir kam ein Gedanke in den Sinn. Revialdo, der eigentlich wie meine Familie als Vegetarier lebte, hatte blutrote Augen gehabt. Also hatte er wieder angefangen, Menschenblut zu trinken. Und nun hatte er Alice gewittert. War es dann nicht sicherer, wenn ich bei ihr war, um sie zu beschützen? Ich konnte Revialdo unmöglich töten. Er hatte so wie wir aus moralischen Gründen aufgehört, Menschenblut zu trinken. Warum hatte er bloß wieder angefangen? Ich musste ihn mit meiner Familie aufsuchen und zur Rede stellen. Normalerweise war sein Verstand größer als sein Instinkt. Deswegen hoffte ich, dass mit seiner Heimreise nach Italien auch das Verlangen nach Alice verschwinden würde. Ansonsten könnte sie nie wieder sicher sein, und das alles wegen mir. Ich sah eine kleine, zierliche Hand vor meinen Augen hin und her winken. „Hey, bist du ins Koma gefallen, oder warum guckst du so?“, fragte Alice und sah mich mit großen Augen an. Aus einem Impuls heraus nahm ich ihre Hand, mit der sie vor meinem Gesicht rumfummelte und behielt sie in meiner. „Ich hab nur gerade nachgedacht“, sagte ich sanft und zeichnete mit dem Zeigefinger die Linien iher Handfläche nach. Unter meinen Berührungen beugten sich ihre Finger leicht reflexartig, was mich zum Lächeln brachte. „Über King Kong?“, fragte sie und ich lachte. „Naja, fast“, erwiderte ich und spielte mit ihren zierlichen Fingern. Schließlich nickte ich zu dem kleinen Haufen Pommes, der noch übrig war. „Isst du das nicht mehr?“, fragte ich sie und ließ schweren Herzens ihre Hand wieder los. „Ich bin satt“, entgegnete sie und griff nach ihrem Colabecher. „Okay, dann bring ich dich jetzt nach Hause. Du bist doch sicher müde!“, meinte ich. Ein Gähnen beantwortete meine Frage und ich schmunzelte. „Aber nur wenn du mir versprichst, nicht wieder ein paar Wochen zu warten, ehe du unangemeldet auftauchst“, stellte sie die Bedingung. „Na gut, dann tauche ich eben schon in ein paar Tagen unangemeldet auf“, entgegnete ich und ging mit ihr zum Auto. Sie nickte. „Schon besser!“ Ich fuhr sie bis zur Haustür, wo ich dann ausstieg um ihr wieder die Türe aufzuhalten. Ich reichte ihr meine Hand um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein. Sie nahm sie und schwang sich elegant aus dem Auto. Unsere Blicke trafen sich wieder und wir beide lächelten leicht. „Danke für diesen Abend“, sagte sie leise mit ihrer wundervollsten Stimme. „Ich habe mich zu bedanken“, entgegnete ich. Langsam streckte sie sich ein Stück, legte ihre Hände um meinen Nacken und küsste mich sanft auf den Mundwinkel. Einen süßeren Kuss hätte es nicht geben können. Und mir kam es vor, als würde sich alles in mir erwärmen. Dann ging sie zur Haustür und lächelte mir noch einmal bezaubernd zu, ehe sie darin verschwand. Ich hingegen sammelte wieder meine Gedanken und stieg ins Auto ein. Meine Hand fuhr zu der Stelle, an der ihre Lippen mich berührt hatten, und ich lächelte erneut. Dann ließ ich den Motor an, und machte mich auf den Weg, um mir Valentino Revialdo vorzuknöpfen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)