Die drei Affen von ZombieOnTour (Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen) ================================================================================ Kapitel 1: erster Teil ---------------------- Das warme, rote Licht der Abendsonne legte sich über das Land, ließ den kleinen See in der Mitte des Waldes glitzern. Ein paar Enten jagten sich schnatternd über das Wasser, weit in der Ferne war die Straße zuhören. Am anderen Ufer sprang fröhlich bellend ein Hund in das kalte Nass. Ein Tier rannte ungesehen durch das Unterholz, scheuchte schimpfende Vögel auf. Am Ufer saßen einige Angler, ärgerten sich ein wenig über die drei Jugendlichen, die die Fische verscheuchten. „Menno, dass ist doof! Die Tage sind viel zu kurz und bald geht auch die Schule wieder los“, seufzte die grünhaarige Jasmin und ließ ihre Füße in das Wasser baumeln. „Ich hab keine Lust auf den Stress, auch wenn es das letzte Jahr ist.“ Sie ließ sich zurück fallen, streckte die Arme vom Körper weg und genoss mit geschlossenen Augen die letzten warmen Sonnenstrahlen des Tages auf ihrem Gesicht. „Es lässt dich aber leider nicht ändern, Jez“, entgegnete Mike, legte das Buch weg, in dem er gelesen hatte, und setzte sich auf, streckte sich. „Das wird sicher ganz locker, auch wenn Prüfungen sind.“ „Ganz locker?! Ja sichern, für dich Superhirn ist alles ganz locker! Aber was ist mit mir armes Mensch? Daran denkt mal wieder keiner, “ jammerte Jez grummelnd. Mike schüttelte nur den Kopf, fuhr sich durch die schwarzen Haare, deren Spitzen feuerrot gefärbt waren. „Vielleicht wäre es einfach mal an der Zeit, dich hinter die Bücher zu klemmen“, bemerkte Ann, die dritte im Bunde, und zog ihr Fahrrad aus dem Gebüsch, stellte es hin. Jez gab ein beleidigtes Grummeln von sich und richtete sich auf, sah eine Weile den anderen beiden beim Einräumen ihrer Sachen zu, ehe sie mithalf. „Die Sonne bekommt mir nicht! Ganz und gar nicht, “ bemerkte Mike, musterte kritisch die Haut seines Armes, die eine leichte Bräune aufwies. „Deine Probleme möcht' ich mal haben, “ seufzte Ann. „Ich bekomm immer total schnell 'nen Sonnenbrand und du beschwerst dich, wenn du braun wirst!“ „Hey! Hast du schon mal 'nen braunen Vampir gesehen? Ich nicht, “ verteidigte er sich. „Mike, du bist kein Vampir!“ „Wäre ich aber gern. Ist bestimmt lustig!“ Ann ersparte sich eine Antwort, schüttelte nur den Kopf. Mike lachte. „Aber das ist schon interessant“, bemerkte Jez. „Warum gibt es eigentlich nur weiße Vampire? Das ist doch voll diskriminierend!“ „Genau! Das muss schnellstens mal geändert werden!“, nickte Mike grinsend. „Jawohl ja! Ich werde der erste schwarze Vampir!“ „Dafür musst du dich aber noch lange in die Sonne legen!“ Es war ungewöhnlich leise in dem kleinen Wald. Einzig ein paar Krähen waren zu hören, die über ihnen in den Bäumen saßen. Langsam machte sich auch der Abend bemerkbar, denn es wurde kühler. Das rötliche Licht der Sonne brach sich in den Wipfeln der Bäume, malte abstrakte Formen auf den Boden. Ein Hase sprang aus dem Unterholz, direkt vor Anns Fahrrad. Diese konnte gerade noch anhalten, ohne dass das Tier zu schaden kam. Verdutzt blickte der Hase sie an, ehe er schnuppernd die Nase in die Luft reckte und dann hackenschlagend davon rannte. „Gott! Hat der mich erschreckt“, murmelte Ann, schüttelte kurz den Kopf, warf dann dem lachenden Mike einen vernichtenden Blick zu. „Das findest du Arsch wohl mal wieder sehr lustig!“ „Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen“, gluckste er. Jez stimmte ihm grinsend zu. „Kreidebleich und so eine Fratze!“ Er machte ein übertrieben überraschtes, schockiertes Gesicht. Jez fing schallend anzulachen, fiel fast vom Fahrrad, als er auch noch anfing, mit überzogen hoher Stimme zu zetern wie ein altes Waschweib. „Ach halt die Klappe!“, brummte Ann. Etwas krachte laut durchs Unterholz, lies Mike und Jez augenblicklich verstummen. Es kam aus genau der Richtung, aus der gerade der Hase gekommen war. Kurz war es still, dann knackte es wieder, so, als wäre etwas Schweres zu Boden gefallen. Ein leises Stöhnen war zu hören, gefolgt von einem schmerzhaftem Wimmern. „Was war das?“, fragte Ann flüsternd, starrte in das undurchsichtige Dickicht am Wegrand. „Ich weiß es nicht“, antwortete Jez, ebenfalls leise. „Lasst uns nachsehen“, schlug Mike voller Neugierde vor. „Es hat sich angehört, als wäre jemand gestürzt. Vielleicht braucht er ja Hilfe.“ Er stieg von seinem Fahrrad und ließ es achtlos fallen. Voller Tatendrang suchte er sich einen Weg durch das Gestrüpp, die beiden Mädchen folgten ihm. „Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass in solchen Situationen immer geflüstert wird?“, fragte Mike, gluckste leise. „Wahrscheinlich um die Stimmung nicht kaputt zu machen.“ „Ist doch vollkommen egal! Lasst uns lieber umkehren und einfach nach hause gehen. Das ... Das war bestimmt nur ein dicker, morscher Ast, der von einem Baum gebrochen ist oder so“, flüsterte Ann leise, nervös, mit ungutem Gefühl. „Sie hat recht, Mike. Mir ist das ganze nicht geheuer! Wir sollten einfach wieder auf unsere Fahrräder steigen und...“, drängte nun auch Jez, Mike fiel ihr zischend ins Wort. „Ja, sicher und ein Ast stöhnt auch schmerzvoll, wenn er auf dem Boden kracht! Ich will wissen, was da ist!“ Er hielt abrupt an, hockte sich hin. Die Mädchen taten es ihm gleich. „Was ist los?“, fragte Ann. Mike deutete ihr erneut, diesmal energischer an, still zu sein und zeigte nach vorne. Jez schob das Gestrüpp etwas zur Seite um mehr zu sehen. Vor ihnen lag reglos eine Gestalt auf dem Boden, das Gesicht nach unten. Die Kleidung war zerrissen, an einigen Stellen rot. Das blonde Haar hatte am Kopf stellen weise dieselbe Farbe Was ist das? Blut?, fragte sich Mike, neugierig und beunruhigt zu gleich. Ein kalter Schauer lief ihn über den Rücken, es schüttelte ihn kurz. Ein Mann trat vor. Er war jung, nicht älter als 25. Sein schwarzes Haar war von blonden Strähnen durchzogen. Vollkommen lautlos lief er über das trockene Laub, kein Ast knackte, als er auftrat, nicht einmal ein Rascheln war zu hören. Über ihm in den Bäumen saßen ein paar Krähen. Vollkommen still. Es war, als hätte jemand den gesamten Wald verstummen lassen. Der Mann hockte sich zu der Gestalt am Boden, drehte sie auf den Rücken. Das Gesicht war grässlich entstellt. Die Haut verbrannt, die Nase gebrochen, ein Auge ausgestochen. Quer über die Brust verlief ein tiefer Schnitt, Blut quoll daraus hervor. „N ... Nein ... B ... Bi ... Bitte ...“, wimmerte der Mann am Boden schwach, das verbleibende Auge angstvoll aufgerissen. Der Andere verzog keine Miene, holte ein Messer aus seiner Tasche, packte die Haare des vor ihm Liegenden, riss den Kopf nach hinten. Einen Moment lang sah er nachdenklich auf das grausig zugerichtete Gesicht. „Abschaum“, knurrte er dann, setzte mit einer geübten Bewegung das Messer an und schnitt die Kehle durch. Auch als das Blut aus dem Hals des am bodenliegende Mannes strömte, dieser sich röchelnd im Todeskampf wandte, blieb das Gesicht des Schwarzhaarigen vollkommen ungerührt. Er stand auf, wischte das Messer an seiner Hose ab und trat einen Schritt zurück. Wie auf Kommando stürzten sich die Krähen auf den frischen Leichnam. Plötzlich sah der Mann direkt in ihre Richtung, ein kaltes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Ann fiepte erschrocken, Mike presste ihr seine Hand gegen den Mund, verharrte so. Eine Weile lang sah der Mann sie durchdringend an, oder vielleicht auch einfach nur zufällig in ihre Richtung, doch daran glaubte keiner der Drei. Dann, von einem Augenblick auf den anderen, war er verschwunden. Keiner hatte ihn gehen sehen. Er war einfach weg, als wäre er nur eine Einbildung gewesen. „H ... ha ... hat er uns gesehen?“, fragte Jez mit zitternder, heiser Stimme. „Los! Wir müssen hier weg!“, keuchte Mike, sprang auf und rannte, gefolgt von den anderen, zurück zu ihren Fahrrädern. „Wir müssen zur Polizei gehen! Der Psycho hat ihn umgebracht!“ „Er hat uns gesehen! Wenn wir zur Polizei gehen sind wir selber dran!“ „Ach?! Sollen wir es einfach dabei belassen?! Verdammte Scheiße, das kann alles einfach nicht wahr sein.“ Mike hörte auf, wild in seinem Zimmer hin und her zulaufen und ließ sich mit einem Seufzer auf sein Sofa fallen, vergrub das Gesicht in den Händen, stütze die Ellbogen auf die Knie. „Wir müssen doch irgendwas tun“, murmelte er. „E ... Er hat ihn einfach umgebracht! Er hat ihm die Kehle durchgeschnitten ... Ei ... einfach so ...“, wimmerte Ann, zog die Beine an den Körper, ihr Blick war ins Leere gerichtet, stumme Tränen rannen ihr übers Gesicht. Jez setzte sich zu ihr, legte ihr einen Arm um die Schulter, fühlte sich entsetzlich hilflos. Bedrückendes Schweigen breitete sich aus. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Dann setzte Mike sich auf, rückte kurz seine Nietenarmbänder zurecht und begann wieder, wahllos im Zimmer auf und ab zu laufen. „Okay ... Wir ... wir sollten vielleicht doch erstmal abwarten“, murmelte er. „Auch wenn ich immer noch dafür bin, zur Polizei zu gehen! Immerhin können wir denen 'ne komplette Beschreibung von dem Psycho geben!“ „Schon mal daran gedacht, dass er vielleicht wollte das wir ihn sehen?“, gab Jez zu bedenken. „Scheiße! Mike! Ich .... ich hab Angst! Er wird uns auch umbringen!“ „Oh ja! Sicher! Damit wir auch ganz sicher wissen, wie er aussieht! Damit wir auch ganz genau ein Phantombild erstellen können! Hältst du mich etwa für blöd? Und wie zur Hölle soll er uns umbringen, wenn er uns nur kurz gesehen hat? Wenn überhaupt“, fauchte Mike gereizt, fuhr sich mit zittriger Hand durchs Haar. „Natürlich hat er uns bemerkt!“, giftete Jez zurück. „Denkst du etwa, der Kerl ist zu blöd, um uns zu sehen und grinst einfach so in der Gegend herum?!“ „Habt ihr seine Augen gesehen?“, fragte Ann leise. Mittlerweile hatte sie sich wieder etwas beruhigt, zumindest weinte sie nicht mehr. Rasch wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. Jez und Mike nickten. Wie konnten sie dieses helle, kalte, fast schon weiße Grau vergessen? „Sie sahen mehr aus wie die Augen eines wilden Tieres, als die eines Menschen...“ „Ich weiß, was du meinst“, antwortete Jez leise. „Scheiße! Das ist doch alles nicht echt! Als wären wir in einem irrealen Traum gefangen, “ murmelte Mike, setzte sich wieder. Ein nerviges, penetrantes Klingeln drang schwer durch den dunklen Schleier, der sein Bewusstsein umschlungen hielt. Grunzend schlug er nach dem Wecker, der auf seinem Nachtschrank lag, griff ins Leere. Ehe er es registrierte, segelte er schon auf den Boden. „Ich will sterben“, stöhnte er. Mit dem Gesicht nach unten blieb er noch eine Weile liegen, verfluchte still das Klingeln, das seine Kopfschmerzen verschlimmerte und ihn auszulachen schien. Nach einiger Zeit rappelte er sich auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen das Sofa, fragte sich, warum er nicht in seinem Bett lag. Der Kater erklärte es von allein. Angestrengt versuchte er sich an etwas vom vergangenen Abend zu erinnern, gab es nach einiger Zeit auf, suchte stattdessen nach dem Ursprung des Klingeln. Er kroch über den Boden, zog schließlich sein Handy aus seiner Hose, nachdem er sie gefunden hatte, beschloss er sich endlich einen anderen Klingelton anzuschaffen und nahm ab. „Ja?“, gähnte er lang gezogen ins Telefon, schaffte es irgendwie sich unfallfrei wieder aufs Sofa zu setzen. „Ich hoffe, dass es wirklich wichtig ist! Schließlich ist es ... sechs Uhr morgens, “ brummte er, nachdem er sich mit einem Blick auf die Uhr davon vergewisserte. „Na, Dave?“, flötete die Anruferin fröhlich. „Wieder mal 'ne durchzechte Nacht gehabt?“ „Frisch wie der junge Morgen, was Dan? Du solltest mir mal dein Geheimnis verraten, “ nuschelte Dave, versuchte umständlich, sich im Sitzen und mit nur einer Hand die Hose anzuziehen. „Oh ... Da gibt es kein großes Geheimnis ... früher schlafen gehen, weniger saufen und voilá! Schon kannst du früher aufstehen!“ „Ach halt die Schnauze“, brummte Dave unzufrieden, rieb sich die Stirn und fuhr sich durch das braune Haar. „Sag mir lieber, warum du zu dieser unmenschlichen Stunde bei mir anrufst!“ „Komm vorbei und sieh es dir selber an!“ Kapitel 2: zweiter teil ----------------------- „Er ist vor etwa einer halben Stunde von einem Jogger gefunden worden, er sagt ...“ „Einem Jogger?! Um diese Uhrzeit?“, fragte Dave skeptisch, gähnte bei der Vorstellung. „Naja, du kennst doch diese Leute, die um sechs Uhr oder früher anfangen müssen zu arbeiten und vorher noch etwas Sport machen wollen“, antwortete Daniela, grinste dann. „Nein, natürlich nicht. Woher auch? Ehe du freiwillig früh aufstehst, friert die Hölle zu“, witzelte sie, verpasste ihrem Kollegen einen freundschaftlichen Stoß zwischen die Rippen. Dave grummelte mit düsterem Blick etwas Unverständliches und ging nicht weiter darauf ein. Sie schlüpften unter dem Absperrband der Polizei hindurch und zeigten dem zuständigem Beamten, der Schaulustige oder Presseleute fernhalten sollte, ihre Marken. „Okay ... Wo waren wir stehen geblieben? Achja ... Der Jogger hat gesagt, dass sein Hund im Unterholz verschwunden ist. Auch nachdem er ein paar Mal gerufen hat, ist der Hund nicht wieder gekommen, also hat er ihn gesucht. Das Tier saß bei der Leiche. Mr Christopher hat nur ein schwarzes Bündel erkannt und wollte seinen Hund mit zurückziehen, doch der fing an zu knurren und um sich zu beißen. Erst nachdem er ihn auf den Weg zurückgezogen hatte, beruhigte sich das Tier wieder. Christopher band den Hund an einen Baum und ging zurück um nach zu sehen, was dort lag. Er fand die Leiche und rief die Polizei“, erzählte Daniela und sah von ihren Notizen auf. Dave hockte sich neben ein blaues Tuch, ließ kurz seinen Blick über den Tatort schweifen, ehe er es hoch hob. „Oh Shit, “ murmelte er, zuckte zurück, ehe er sich den Leichnam noch einmal genauer ansah. Die Kleidung war zerrissen, das Fleisch hing nur noch in Fetzen am Knochen. Über all lagen schwarze Federn, Erst jetzt fiel Dave auf, dass es das gewesen war, was ihn schon die ganze Zeit störte. „Krähen.“ Dave riss seinen Blick los und sah zu Daniela. „Ich sagte, es sieht aus als wären da Krähen am Werk gewesen“, wiederholte sie, hockte sich ihm gegenüber hin. Das lange blonde Haar fiel ihr ins Gesicht. Rasch wischte sie es nach hinten. „Noch nicht viel. Todeszeitpunkt ungewiss. Wahrscheinliche Ursache des Todes verbluten, zumindest lässt sich das anhand der Lache annehmen. Und ich würde sagen, dass die Krähen erst hinterher am Leichnam waren, “ antwortete jemand hinter Dave. Dieser fuhr zusammen und sah auf. Hinter ihm stand der Pathologe, der von allen nur „Doc“ genannt wurde. Er grinste und fuhr sich durch das lichter werdende, graue Haar. „Sie sehen ja ganz schön verkatert aus. Schlecht geschlafen?“ „Soll ich ehrlich sein, McKay? Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob ich überhaupt länger als fünf Minuten geschlafen habe“, antwortete Dave, gähnte und stand auf. „Noch irgendetwas?“ „Nun ... ich vermute, dass er seit mehreren Stunden tot ist. 20 – 22 Uhr gestern Abend. Genau kann ich es erst feststellen, wenn ich ihn auf dem Tisch habe“, sagte der Doc. Dave nickte, sah sich noch einmal um. „In Ordnung. Ich will alle Berichte so schnell wie möglich auf meinem Schreibtisch haben. Am besten schon, bevor ich ins Revier komme“, verkündete er. „Ich geh erstmal ordentlich frühstücken.“ Er ging zurück zu seinem Wagen, gefolgt von Daniela. „Du hast ja sicher nichts dagegen, wenn ich dich begleite, oder?“, fragte sie munter, zog die Beifahrertür auf. „Da du dich eh selber eingeladen hast ... Los, steig ein“, antwortete Dave, rutschte hinters Lenkrad und schnallte sich an. „Wie bist du hergekommen?“ „Mit einem Kollegen im Streifenwagen und ... Was ist bitteschön das?“ Daniela verzog das Gesicht, hob mit spitzen Fingern einen alten Pizzakarton vom Boden des Wagens hoch. „Schmeiß es einfach nach hinten. Ich räum es später schon weg“, riet Dave, während er sich am Radio zuschaffen machte und eine CD einlegte. Begleitet von den Klängen von InFlames warf Daniela die Pizzaschachtel, Überreste einer McDonalds Bestellung und die halbleeren Colaflaschen auf den Rücksitz. „Ordnung ist und bleibt für dich ein Fremdwort, oder?“, seufzte sie, als sie die letzten Krümel vom Sitz fegte und sich in den Wagen setzte. „Ordnung? Was ist das? Kann man das essen?“, fragte Dave grinsend und startete den Motor. Daniela schüttelte nur verzweifelt den Kopf. Schon den ganzen Morgen über war es bewölkt gewesen, nun regnete es in Strömen. Fernes Donnergrollen zeugte von einem sich nahendem Gewitter, einem Sturm, der seine Tribute fordern, Unheil über Unschuldige bringen würde. „Dieses Wetter deprimiert mich“, murmelte Mike, lehnte seine Stirn gegen die kühle Scheibe des Fensters. Mit der einen Hand kraulte er den schwarzen Schäferhund, der neben ihm saß und sich an ihn schmiegte. „Dich doch sicher auch, Noir. Immerhin ist es Sommer. Es sollte warm sein, die Sonne sollte scheinen. Daran ist nur die Globale Erwärmung schuld! Jawohl ja!“ Nach einiger Zeit riss er seinen Blick vom Fenster los und drehte die Musik lauter. Oder das Wetter passt sich meiner Stimmung an. Das wäre auch 'ne Erklärung. Er ließ sich auf sein Bett fallen und vergrub den Kopf in seinem Totenkopfkissen, driftete gedanklich ab. Ein Schlag auf den Rücken holte ihn brutal in die Realität zurück. Schreiend fuhr er hoch, stieß mit dem Kopf schmerzhaft gegen das Regal über seinem Bett. „Au ...“, murmelte er, rieb sich den Hinterkopf und sah auf, blickte direkt in Jez' breitgrinsendes Gesicht. „Alles in Ordnung?“, fragte sie glucksend. Die schwarze Katze auf ihrem Arm blinzelte Mike schnurrend an und maunzte ihm zu, ehe sie sich aus Jez' Griff befreite und aufs Bett sprang, wo sie es sich in Mikes Decke bequem machte. „Geht schon“, brummte Mike. „Wie bist du rein gekommen?“ Er hob die Katze hoch, welche demonstrierend miaute. „Runter mit dir, Gizmo! Du sollst da doch nicht liegen.“ Kaum saß die Katze auf dem Boden, sprang Noir an ihren Platz. Das Resultat war, das am Ende beide Tiere auf dem Bett lagen. „Wer sagt denn dass ich hier bin? Vielleicht bin ich auch nur eine Imagination deiner überbeanspruchten Psyche“, antwortete Jez' setzte sich auf Mikes Computerstuhl. „Dein Bruder hat mich reingelassen“, fügte sie schließlich hinzu, als sie Mikes skeptischen Blick bemerkte. „Oder ich bin eingebrochen. Such dir eine Variante aus.“ „Das letztere würde ich dir am Ehesten zutrauen.“ „Willst du ärger?“ „Nein nein, lass gut sein. Ich hol kurz was zu trinken.“ Mike verschwand kurz nach unten, kam beladen mit Cola, Schokolade und Gummibärchen wieder nach oben. Er ließ es aufs Bett fallen, schreckte kurz die Katze auf, die sich aber nur genüsslich streckte und weiterschlief. Eine der kleinen Flaschen gab er Jez, den Rest behielt er selbst. „Es ist merkwürdig. Bei der Menge an Süßigkeiten die du täglich in dich reinstopfst, dürftest du gar nicht mehr durch die Tür passen“, bemerkte Jez, während Mike sich wieder auf das Bett setzte. Er zuckte nur mit den Schultern und zog die Beine an den Körper, machte die Musik leiser. „Was gibt's?“, fragte er, gähnte, legte sein Kinn auf seine Knie. „Eigentlich nichts Wichtiges“, antwortete Jez, kratzte sich am Hinterkopf, sah aus dem Fenster. „Ich brauch einfach etwas Gesellschaft.“ Kurz schwieg sie, starrte ins Leere. „Ich hab gestern kein Auge zugekriegt“, sagte sie dann leise, sah Mike an. „Ich hatte zuviel Angst. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich sein Gesicht, sehe, wie er mir zulächelt, es in seinen grausamen Augen gierig glitzert, wie er mit dem Messer in der Hand auf mich zukommt, sagt, dass er mich finden wird.“ Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, fing an zu zittern. Mike brauchte etwas, ehe er antwortete. „Jetzt weiß ich wenigstens, dass es nicht nur mir so geht.“ Jez sah auf. „So etwas Ähnliches hab ich auch geträumt. Ich trau mich schon gar nicht mehr, nach draußen zu gehen.“ „Verständlich.“ Langes Schweigen breitete sich aus. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach oder wusste einfach nichts zusagen. Nach einiger Zeit wurde es Jez zu unangenehm. „Wir sollten uns irgendwie ablenken. Lass uns zu Ann gehen“, schlug sie vor und stand auf. „Dir ist schon bewusst, dass es in Strömen regnet“, bemerkte Mike, deutete zum Fenster. „Gut, dann eben nicht. Dann lass uns etwas zocken. Ich brauch Ablenkung.“ „Tropf ... tropf ... tropf ... tropf ... tropf ...“ „Sag mal, weißt du eigentlich wie sehr du einen auf den Geist gehst?“, fauchte Daniela gereizt. Dave grinste nur, sah weiter aus dem Fenster und beobachtete den Regen. „Tropf ... tro ...“ „DAVE! Halt die Schnauze, “ fuhr Daniela ihn an. „Kaffee“, flötete er munter. „Besorg mir Kaffee und ich bin ruhig.“ „Geh und hol ihn dir selber, Faulpelz! Ich bin nicht deine Dienstmagd!“, antwortete Daniela seufzend. Dave stand auf und streckte sich gähnend. „Möchte Madame auch einen Kaffee, oder steht ihr eher der Sinn nach etwas anderem?“, fragte er mit einer angedeuteten Verbeugung, verschwand schnell durch die Tür, als ihm Danielas Stift entgegen flog. „Sieh zu, dass du verschwindest“, murmelte diese und widmete sich wieder den Berichten und den Fotos. Es dauerte eine Weile, ehe Dave, bewaffnet mit zwei großen Bechern Kaffee und drei Mars, wieder kam. Einen der Riegel reichte er Daniela, ebenso wie einen Becher und setzte sich wieder auf seinen Stammplatz auf der Fensterbank. „Wag es ja nicht, wieder anzufangen, sonst fliegt mehr als nur mein Stift“, ermahnte ihn Daniela. „Und danke für den Kaffee.“ „Gern geschehen. Steht was Interessantes drin?“, fragte Dave, nippte an seinem Getränk. „Bäh ... lauwarm.“ „Angesichts der wirklich spärlichen Überreste kann der Doc nicht viel zur Todesursache sagen. Beide Arme sind mehrfach gebrochen, die Schultern ausgerenkt ebenso gebrochene Rippen und ein angebrochenes Bein. Er hat außerdem geschrieben, dass das arme Schwein eine ziemlich unschöne Zeit vor seinen Tod gehabt haben muss. Folter oder so etwas in der Art. Ein Unfall war es bestimmt nicht, immerhin wäre uns das gemeldet worden. Die Spurensicherung hat nichts gefunden, außer so viele Krähenfedern, dass man locker zwei Kissen hätte ausstopfen könnte“, fasste sie zusammen. „Alles, was gefunden wurde, war ein Geldbeutel, der wahrscheinlich dem Opfer gehörte, aber außer einem geringen Bargeldbetrag und zwei Visitenkarten wurde nichts gefunden.“ „Visitenkarten?“ „Ja, von einem zwielichtigen Nachtclub und einem Buchladen in der Innenstadt. Ich lass gerade beide überprüfen.“ „Mhh ...“ Nachdenklich sah Dave aus dem Fenster. „Ein unbekannter Toter, ein Tatort ohne Spuren, keinerlei Hinweise ... ach, wie sehr ich das liebe, “ murmelte er und seufzte. „Der Doc lässt das Gebiss überprüfen, so sollten wir wenigstens den Namen unseres Opfers herausfinden. McKay meint, dass der Mann Zähne hatte, wie jemand aus der Doktor-Best-Werbung.“ Dave nickte zur Antwort abwesend, sah weiterhin nach draußen in den Regen, der sich in ein handfestes Sommergewitter verwandelt hatte. „Was ist los“, fragte Daniela aufmerksam, besorgt. „Ich habe ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache“, antworte Dave, lehnte seine Stirn an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen. Ein verdammt Ungutes ... „Lass uns etwas Essen gehen“, schlug Daniela nach einiger Zeit vor, um die Stille zu durchbrechen, die sich ausgebreitet hatte. „Dann kommst du vielleicht auf andere Gedanken und wir können hier im Moment sowieso nichts mehr tun.“ Sie stand auf und zog sich ihre Jacke an. Dave nickte nach einiger Zeit und riss sich vom Fenster los. Kapitel 3: dritter teil ----------------------- „Sei ehrlich. Hinter deinem Gefühl steckt doch mehr. Ich kenn dich zulange. Du kannst vor mir nichts verheimlichen. Also?“ Sie trank einen Schluck ihres Wassers, beobachtete ihn über den Rand des Glases hinweg aufmerksam. Er zuckte nur mit den Schultern, sah nach draußen in den Regen. Sie saßen in ihrem Stammcafé, einem kleinen in der Nähe des Reviers. Hinter dem Tresen stand eine schwarzhaarige Kellnerin, die desinteressiert in einer Zeitschrift blätterte und sich an die Ablage lehnte. Sie warf Dave und Daniela ab und zu ein paar Blicke zu, um abzuschätzen, ob sie etwas brauchten, machte sich aber nicht die Mühe, zu ihnen zu gehen und zu fragen. Außer Daniela, Dave und der Kellnerin waren nur noch ein paar Jugendliche im Café. Sie saßen in der Ecke am Fenster und unterhielten sich gedämpft, lachten ab und zu über einen Witz. Der Fernseher über dem Tresen war eingeschalten, doch die Lautstärke soweit herunter gedreht, dass man nicht mehr als ein leises Wispern hörte. In der Nachrichtensendung, die gerade lief, wurden einige Bilder von erneuten Unruhen im Nahen Osten gezeigt, doch keiner im Café schien sich dafür zu interessieren. „Es ist wirklich nichts.“ Dave trank von seiner Cola und biss in sein Sandwich. Daniela stellte sich oft die Frage, ob Dave wusste, dass zu viel Koffein ungesund war, immerhin trank er entweder Unmengen Kaffee oder Cola. Wahrscheinlich war er sich dessen bewusst, und ebenso wahrscheinlich war es ihm vollkommen egal. „Ich kenn dich zulange, als dass du mir etwas vormachen könntest“, wiederholte sie, da sie annahm, es sei beim Ersten Mal teilnahmslos untergegangen. Sie und Dave kannten sich aus der Schulzeit, wenn auch nur flüchtig. Es war eher eine Zwangsbekanntschaft innerhalb einer Klasse. Man weiß nicht viel über den Anderen. Den Namen, vielleicht noch die Adresse und einige Kleinigkeiten, die man so mitbekommen hatte. „Dave?“ fragte sie besorgt, als er ihr nicht antwortete. Sie sah deutlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, als müsse er sich selber zu etwas überreden. „Dave! Alles in Ordnung? Hörst du mir überhaupt zu?“ Sie streckte die Hand aus, fasste ihm an die Schulter, um ihn wieder in die Gegenwart zu holen. Er fuhr zusammen, als hätte sie ihn geschlagen, blickte etwas irritiert auf, schüttelte kurz den Kopf. „J ... ja ... Denke schon ... Nein ... eigentlich ist überhaupt nichts in Ordnung“, murmelte er, stützte die Ellbogen auf den Tisch ab, vergrub sein Gesicht in seinen Händen, schwieg. „Merkt man“, seufzte Daniela. „Du bist heute wieder so launisch. Erzähl mir doch endlich, was los ist.“ „Damals, in der Schule ... Weist du noch, warum mich alle gemieden haben?“, fragte Dave, starrte in sein Glas. Etwas verwirrt nickte Daniela. Warum sprach er sie jetzt auf so etwas an? Natürlich erinnerte sie sich noch genau daran. Alle waren Dave aus dem Weg gegangen oder hatte ihn verprügelt. Keiner wollte etwas mit dem merkwürdigen, braunhaarigen Jungen zu tun haben. Es schien Daves Bestimmung zu sein, als Einzelgänger zu leben, allerdings war er nicht gerade unschuldig daran. Er machte sich nicht sonderlich die Mühe, sich anzupassen, war ein Rebell und zeigte dies auch offen und stolz. Es konnte ja niemand ahnen, was sich für eine einsame, gebrochene Seele sich dahinter verbarg. Daniela war die Erste, die ihm näher kam, was Anfangs nur an einem Schulprojekt lag, woraus sich später Freundschaft entwickelte. „Es war deine Art ... und diese Träume“, antwortete sie schließlich. „Du sagtest immer wieder Sachen voraus, die dann auch eintrafen.“ Meist hatte es sich nur um überfahrene Haustiere oder kleinere Unfälle gehandelt. Den Anderen war es unheimlich gewesen und sie fanden es krank. Allerdings waren die Träume eher nebensächlich, etwas, worüber man sich lustig machen konnte, auch wenn Dave es meistens nicht darauf einging. Eines Tages eskalierte die Sache, als er den Tod einer Mitschülerin voraus sagte. Er versuchte sie zu warnen, schrie sie an, sie solle auf ihn hören, doch alles, was er damit erreichte, war, dass er von ihrem Freund krankenhausreif geschlagen wurde. Noch am selben Tag verschwand das Mädchen. Man fand sie ein paar Tage später in einem kleinen Waldstück. Missbraucht und ermordet. Dave war hinterher lange Zeit krank. Soweit Daniela wusste, hatte kein Arzt die Ursachen für seine Träume herausgefunden und sie hatte nach diesem Tag einfach aufgehört. „Wieso ... wieso fragst du danach?“ Besorgnis schwang in Danielas Stimme mit. Dieselbe Emotion lag in ihren strahlend blauen Augen. „Sie haben doch aufgehört, oder nicht?“ „Ja ...“ Dave nickte. „Haben sie ... bis vor ein paar Tagen. Seit einigen Nächten Träume ich wieder solche Sachen, auch wenn es anders ist als damals. Es ist klarer. Ich sehe nicht mehr nur zusammenhanglose Bilder, sondern es ist wie ein Film ... Aber egal! Ist jetzt nicht wichtig! Wir haben besseres zutun“, versuchte er das Thema zu wechseln. „Was hast du geträumt?“, fragte Daniela ernst. Dave schwieg. „Hast du von dem Mord geträumt, an dem wir gerade arbeite?“ Er schüttelte langsam den Kopf. Sie konnte nicht sagen, ob es gelogen war. Nach einiger Zeit sprach sie weiter. „Warst du bei einem Arzt?“ Wieder schüttelte er nur den Kopf, lehnte sich seufzend zurück. „Was soll das bringen? Meinst du, sie finden haute mehr als damals?“ „Das war vor über zehn Jahren! Geh zum Arzt! Bitte, tu mir den Gefallen.“ Er antwortete nicht, kam nicht dazu, da sein Handy klingelte. Sie beide fuhren zusammen, als die Melodie von Indiana Jones einsetzte und das Handy auf dem Tisch anfing zu vibrieren. Dave fing es gerade noch auf, bevor es zu Boden fiel und nahm ab. „Green? ... Ja, wir kommen!“ Er legte nach kurzer Zeit wieder auf. „Das war der Doc. Er hat die Ergebnisse." Sie schloss die Augen, lauschte dem Ticken der Uhr, kauerte sich weiter zusammen, vergrub das Gesicht im Kissen, welches sie umklammert hielt und an sich drückte. Das hatte sie als Kind schon immer getan. Sich klein gemacht, mit dem Wunsch, einfach verschwinden zu können. Doch jedes Mal wenn sie den Kopf hob, stellte sie mit bedauern Fest, dass sie immer noch hier war. Sie wischte sich die Tränen aus den Gesicht. Hör auf zu Heulen! Du bist kein kleines Kind mehr! Jez und Mike haben schließlich auch nicht geheult! Es wird schon alles wieder gut! Ja sicher! Und der Weihnachtsmann existieret! Wen willst du etwas vormachen? Dir? „Es wird alles wieder gut“, murmelte sie, versuchte weiterhin sich selbst zu überzeugen. Das Klingeln des Telefons lies sie zusammenzucken. In der Hoffnung, es wäre einer ihrer Freunde nahm sie nach einigen Sekunden ab. „Ja?“ „Essen ist fertig“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Abweisend, kühl wie immer. Ann nickte, wurde sich dann erst bewusst, dass ihre Mutter es nicht sehen konnte. „Ich komme“, antwortete sie leise, legte auf und stellte das Telefon zurück auf die Ladestation. Sie seufzte ein letztes Mal, ehe sie aufstand und nach unten ging. Schweigend durchquerte sie das Wohnzimmer, setzte sich an den Esstisch. „Sieh an“, lachte ihr Bruder. „Der Schwabbel ist nach unten gerollt!“ Ann biss sich auf die Unterlippe, ignorierte wie immer die Bemerkungen ihres Bruders. Genauso wie ihre Mutter, die schweigend den Tisch deckte. „Steve! Du sollst deine Schwester nicht so nennen! Wie oft soll ich es dir noch sage!“ Jack, der Lebenspartner ihrer Mutter kam ebenfalls in den Raum, gab Anns Mutter einen Kuss und setzte sich. „Ich dachte, man soll immer die Wahrheit sagen!“ Wieder lachte Steve, fand sich unheimlich komisch. „Sie ist nun mal ein Fettschwabbel! Und ich sag es so oft, wie es mir passt!“ Jack warf Steve einen warnenden Blick zu. „Ein dicker, dummer Fettschwabbel.“ Steve nahm seine Gabel, stach Ann damit in den Arm. „Hör auf damit“, wehrte sie sich, versuchte die Gabel zu packen, war zu langsam. „Beschwer dich nicht! Das dringt doch gar nicht durch diese Massen an Fett. Das kannst du nicht spüren!“ „Halt die Fresse!“, knurrte Ann gereizt, wünschte sich, nie runter gekommen zu sein. „Ann! Hör auf, so mit deinem Bruder zureden!“, mahnte ihre Mutter. „Aber er ...“ „Du bist erwachsener, also benimm dich auch so!“ „Lasst uns essen“, sagte Jack schnell, versuchte damit den heran nahenden Streit zu schlichten. „Ja, wir sollten uns beeilen, bevor Fettie alles frisst“, höhnte Steve, verzog missmutig das Gesicht, als seine Schwester nichts entgegnete. „Was ist, Fettfresse? Hat das ganze Fett schon dein kümmerliches Gehirn blockiert?“ „Es reicht!“, ging Jack dazwischen. „Wenn du nicht gleich ruhig bist, dann ...“ „Lass ihn doch. Was wahr ist, soll man nicht leugnen, oder?“, sagte Karla. Schweigend stand Ann auf, Tränen schossen ihr in die Augen. „Och! Jetzt heult der Speckemo gleich wieder!“ Steve lachte. Ann rannte nach oben, schloss sich in ihr Zimmer ein. Schluchzend ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Vergrub ihr Gesicht in ihrem Kissen. Ein Flattern ließ sie zusammen fahren. Sie sah auf, entdeckte allerdings nichts, dass als Ursache dafür in Frage kam, so nahm sie an, dass einfach nur ein Vogel nah an ihrem offenen Fenster vorbei geflogen war. Sie setzte sich auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schloss das Fenster. Da war wieder dieses Flattern! Und diesmal war es definitiv kein Vogel! Es war in ihrem Zimmer. Sie fing an zu Zittern. Etwas Kaltes legte sich um ihr Inneres. Langsam drehte sie sich um, sah direkt in sein grinsendes Gesicht. Sie schrie nicht, war nicht in der Lage dazu. Wich einfach nur zitternd zurück, stieß gegen ihr Bett, fiel rückwärts darauf, starrte ihn an. „Hallo Ann“, sagte er leise, lachte. „Schön dich wieder zusehen.“ „D ... du ... der M ... Mörder“, stammelte sie. „Ja, der Mörder. Aber die meisten nennen mich doch Aramis“, stellte er sich vor, deutete eine Verbeugung an. Erst, als sie das Messer in seiner Hand aufblitzen sah, schrie sie auf, versummte jedoch schon nach wenigen Sekunden, denn er machte einen Satz nach vorne, presste ihr seine Hand auf den Mund. „Ihr hättet brav weiterfahren sollen! Aber was soll's? Dann bekommt ihr eben die Konsequenzen zu spüren!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)