Die drei Affen von ZombieOnTour (Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen) ================================================================================ Kapitel 3: dritter teil ----------------------- „Sei ehrlich. Hinter deinem Gefühl steckt doch mehr. Ich kenn dich zulange. Du kannst vor mir nichts verheimlichen. Also?“ Sie trank einen Schluck ihres Wassers, beobachtete ihn über den Rand des Glases hinweg aufmerksam. Er zuckte nur mit den Schultern, sah nach draußen in den Regen. Sie saßen in ihrem Stammcafé, einem kleinen in der Nähe des Reviers. Hinter dem Tresen stand eine schwarzhaarige Kellnerin, die desinteressiert in einer Zeitschrift blätterte und sich an die Ablage lehnte. Sie warf Dave und Daniela ab und zu ein paar Blicke zu, um abzuschätzen, ob sie etwas brauchten, machte sich aber nicht die Mühe, zu ihnen zu gehen und zu fragen. Außer Daniela, Dave und der Kellnerin waren nur noch ein paar Jugendliche im Café. Sie saßen in der Ecke am Fenster und unterhielten sich gedämpft, lachten ab und zu über einen Witz. Der Fernseher über dem Tresen war eingeschalten, doch die Lautstärke soweit herunter gedreht, dass man nicht mehr als ein leises Wispern hörte. In der Nachrichtensendung, die gerade lief, wurden einige Bilder von erneuten Unruhen im Nahen Osten gezeigt, doch keiner im Café schien sich dafür zu interessieren. „Es ist wirklich nichts.“ Dave trank von seiner Cola und biss in sein Sandwich. Daniela stellte sich oft die Frage, ob Dave wusste, dass zu viel Koffein ungesund war, immerhin trank er entweder Unmengen Kaffee oder Cola. Wahrscheinlich war er sich dessen bewusst, und ebenso wahrscheinlich war es ihm vollkommen egal. „Ich kenn dich zulange, als dass du mir etwas vormachen könntest“, wiederholte sie, da sie annahm, es sei beim Ersten Mal teilnahmslos untergegangen. Sie und Dave kannten sich aus der Schulzeit, wenn auch nur flüchtig. Es war eher eine Zwangsbekanntschaft innerhalb einer Klasse. Man weiß nicht viel über den Anderen. Den Namen, vielleicht noch die Adresse und einige Kleinigkeiten, die man so mitbekommen hatte. „Dave?“ fragte sie besorgt, als er ihr nicht antwortete. Sie sah deutlich, wie es hinter seiner Stirn arbeitete, als müsse er sich selber zu etwas überreden. „Dave! Alles in Ordnung? Hörst du mir überhaupt zu?“ Sie streckte die Hand aus, fasste ihm an die Schulter, um ihn wieder in die Gegenwart zu holen. Er fuhr zusammen, als hätte sie ihn geschlagen, blickte etwas irritiert auf, schüttelte kurz den Kopf. „J ... ja ... Denke schon ... Nein ... eigentlich ist überhaupt nichts in Ordnung“, murmelte er, stützte die Ellbogen auf den Tisch ab, vergrub sein Gesicht in seinen Händen, schwieg. „Merkt man“, seufzte Daniela. „Du bist heute wieder so launisch. Erzähl mir doch endlich, was los ist.“ „Damals, in der Schule ... Weist du noch, warum mich alle gemieden haben?“, fragte Dave, starrte in sein Glas. Etwas verwirrt nickte Daniela. Warum sprach er sie jetzt auf so etwas an? Natürlich erinnerte sie sich noch genau daran. Alle waren Dave aus dem Weg gegangen oder hatte ihn verprügelt. Keiner wollte etwas mit dem merkwürdigen, braunhaarigen Jungen zu tun haben. Es schien Daves Bestimmung zu sein, als Einzelgänger zu leben, allerdings war er nicht gerade unschuldig daran. Er machte sich nicht sonderlich die Mühe, sich anzupassen, war ein Rebell und zeigte dies auch offen und stolz. Es konnte ja niemand ahnen, was sich für eine einsame, gebrochene Seele sich dahinter verbarg. Daniela war die Erste, die ihm näher kam, was Anfangs nur an einem Schulprojekt lag, woraus sich später Freundschaft entwickelte. „Es war deine Art ... und diese Träume“, antwortete sie schließlich. „Du sagtest immer wieder Sachen voraus, die dann auch eintrafen.“ Meist hatte es sich nur um überfahrene Haustiere oder kleinere Unfälle gehandelt. Den Anderen war es unheimlich gewesen und sie fanden es krank. Allerdings waren die Träume eher nebensächlich, etwas, worüber man sich lustig machen konnte, auch wenn Dave es meistens nicht darauf einging. Eines Tages eskalierte die Sache, als er den Tod einer Mitschülerin voraus sagte. Er versuchte sie zu warnen, schrie sie an, sie solle auf ihn hören, doch alles, was er damit erreichte, war, dass er von ihrem Freund krankenhausreif geschlagen wurde. Noch am selben Tag verschwand das Mädchen. Man fand sie ein paar Tage später in einem kleinen Waldstück. Missbraucht und ermordet. Dave war hinterher lange Zeit krank. Soweit Daniela wusste, hatte kein Arzt die Ursachen für seine Träume herausgefunden und sie hatte nach diesem Tag einfach aufgehört. „Wieso ... wieso fragst du danach?“ Besorgnis schwang in Danielas Stimme mit. Dieselbe Emotion lag in ihren strahlend blauen Augen. „Sie haben doch aufgehört, oder nicht?“ „Ja ...“ Dave nickte. „Haben sie ... bis vor ein paar Tagen. Seit einigen Nächten Träume ich wieder solche Sachen, auch wenn es anders ist als damals. Es ist klarer. Ich sehe nicht mehr nur zusammenhanglose Bilder, sondern es ist wie ein Film ... Aber egal! Ist jetzt nicht wichtig! Wir haben besseres zutun“, versuchte er das Thema zu wechseln. „Was hast du geträumt?“, fragte Daniela ernst. Dave schwieg. „Hast du von dem Mord geträumt, an dem wir gerade arbeite?“ Er schüttelte langsam den Kopf. Sie konnte nicht sagen, ob es gelogen war. Nach einiger Zeit sprach sie weiter. „Warst du bei einem Arzt?“ Wieder schüttelte er nur den Kopf, lehnte sich seufzend zurück. „Was soll das bringen? Meinst du, sie finden haute mehr als damals?“ „Das war vor über zehn Jahren! Geh zum Arzt! Bitte, tu mir den Gefallen.“ Er antwortete nicht, kam nicht dazu, da sein Handy klingelte. Sie beide fuhren zusammen, als die Melodie von Indiana Jones einsetzte und das Handy auf dem Tisch anfing zu vibrieren. Dave fing es gerade noch auf, bevor es zu Boden fiel und nahm ab. „Green? ... Ja, wir kommen!“ Er legte nach kurzer Zeit wieder auf. „Das war der Doc. Er hat die Ergebnisse." Sie schloss die Augen, lauschte dem Ticken der Uhr, kauerte sich weiter zusammen, vergrub das Gesicht im Kissen, welches sie umklammert hielt und an sich drückte. Das hatte sie als Kind schon immer getan. Sich klein gemacht, mit dem Wunsch, einfach verschwinden zu können. Doch jedes Mal wenn sie den Kopf hob, stellte sie mit bedauern Fest, dass sie immer noch hier war. Sie wischte sich die Tränen aus den Gesicht. Hör auf zu Heulen! Du bist kein kleines Kind mehr! Jez und Mike haben schließlich auch nicht geheult! Es wird schon alles wieder gut! Ja sicher! Und der Weihnachtsmann existieret! Wen willst du etwas vormachen? Dir? „Es wird alles wieder gut“, murmelte sie, versuchte weiterhin sich selbst zu überzeugen. Das Klingeln des Telefons lies sie zusammenzucken. In der Hoffnung, es wäre einer ihrer Freunde nahm sie nach einigen Sekunden ab. „Ja?“ „Essen ist fertig“, hörte sie die Stimme ihrer Mutter. Abweisend, kühl wie immer. Ann nickte, wurde sich dann erst bewusst, dass ihre Mutter es nicht sehen konnte. „Ich komme“, antwortete sie leise, legte auf und stellte das Telefon zurück auf die Ladestation. Sie seufzte ein letztes Mal, ehe sie aufstand und nach unten ging. Schweigend durchquerte sie das Wohnzimmer, setzte sich an den Esstisch. „Sieh an“, lachte ihr Bruder. „Der Schwabbel ist nach unten gerollt!“ Ann biss sich auf die Unterlippe, ignorierte wie immer die Bemerkungen ihres Bruders. Genauso wie ihre Mutter, die schweigend den Tisch deckte. „Steve! Du sollst deine Schwester nicht so nennen! Wie oft soll ich es dir noch sage!“ Jack, der Lebenspartner ihrer Mutter kam ebenfalls in den Raum, gab Anns Mutter einen Kuss und setzte sich. „Ich dachte, man soll immer die Wahrheit sagen!“ Wieder lachte Steve, fand sich unheimlich komisch. „Sie ist nun mal ein Fettschwabbel! Und ich sag es so oft, wie es mir passt!“ Jack warf Steve einen warnenden Blick zu. „Ein dicker, dummer Fettschwabbel.“ Steve nahm seine Gabel, stach Ann damit in den Arm. „Hör auf damit“, wehrte sie sich, versuchte die Gabel zu packen, war zu langsam. „Beschwer dich nicht! Das dringt doch gar nicht durch diese Massen an Fett. Das kannst du nicht spüren!“ „Halt die Fresse!“, knurrte Ann gereizt, wünschte sich, nie runter gekommen zu sein. „Ann! Hör auf, so mit deinem Bruder zureden!“, mahnte ihre Mutter. „Aber er ...“ „Du bist erwachsener, also benimm dich auch so!“ „Lasst uns essen“, sagte Jack schnell, versuchte damit den heran nahenden Streit zu schlichten. „Ja, wir sollten uns beeilen, bevor Fettie alles frisst“, höhnte Steve, verzog missmutig das Gesicht, als seine Schwester nichts entgegnete. „Was ist, Fettfresse? Hat das ganze Fett schon dein kümmerliches Gehirn blockiert?“ „Es reicht!“, ging Jack dazwischen. „Wenn du nicht gleich ruhig bist, dann ...“ „Lass ihn doch. Was wahr ist, soll man nicht leugnen, oder?“, sagte Karla. Schweigend stand Ann auf, Tränen schossen ihr in die Augen. „Och! Jetzt heult der Speckemo gleich wieder!“ Steve lachte. Ann rannte nach oben, schloss sich in ihr Zimmer ein. Schluchzend ließ sie sich auf ihr Bett fallen. Vergrub ihr Gesicht in ihrem Kissen. Ein Flattern ließ sie zusammen fahren. Sie sah auf, entdeckte allerdings nichts, dass als Ursache dafür in Frage kam, so nahm sie an, dass einfach nur ein Vogel nah an ihrem offenen Fenster vorbei geflogen war. Sie setzte sich auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und schloss das Fenster. Da war wieder dieses Flattern! Und diesmal war es definitiv kein Vogel! Es war in ihrem Zimmer. Sie fing an zu Zittern. Etwas Kaltes legte sich um ihr Inneres. Langsam drehte sie sich um, sah direkt in sein grinsendes Gesicht. Sie schrie nicht, war nicht in der Lage dazu. Wich einfach nur zitternd zurück, stieß gegen ihr Bett, fiel rückwärts darauf, starrte ihn an. „Hallo Ann“, sagte er leise, lachte. „Schön dich wieder zusehen.“ „D ... du ... der M ... Mörder“, stammelte sie. „Ja, der Mörder. Aber die meisten nennen mich doch Aramis“, stellte er sich vor, deutete eine Verbeugung an. Erst, als sie das Messer in seiner Hand aufblitzen sah, schrie sie auf, versummte jedoch schon nach wenigen Sekunden, denn er machte einen Satz nach vorne, presste ihr seine Hand auf den Mund. „Ihr hättet brav weiterfahren sollen! Aber was soll's? Dann bekommt ihr eben die Konsequenzen zu spüren!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)