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Die drei Affen

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen
von

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zweiter teil

„Er ist vor etwa einer halben Stunde von einem Jogger gefunden worden, er sagt ...“

„Einem Jogger?! Um diese Uhrzeit?“, fragte Dave skeptisch, gähnte bei der Vorstellung.

„Naja, du kennst doch diese Leute, die um sechs Uhr oder früher anfangen müssen zu arbeiten und vorher noch etwas Sport machen wollen“, antwortete Daniela, grinste dann. „Nein, natürlich nicht. Woher auch? Ehe du freiwillig früh aufstehst, friert die Hölle zu“, witzelte sie, verpasste ihrem Kollegen einen freundschaftlichen Stoß zwischen die Rippen. Dave grummelte mit düsterem Blick etwas Unverständliches und ging nicht weiter darauf ein. Sie schlüpften unter dem Absperrband der Polizei hindurch und zeigten dem zuständigem Beamten, der Schaulustige oder Presseleute fernhalten sollte, ihre Marken.

„Okay ... Wo waren wir stehen geblieben? Achja ... Der Jogger hat gesagt, dass sein Hund im Unterholz verschwunden ist. Auch nachdem er ein paar Mal gerufen hat, ist der Hund nicht wieder gekommen, also hat er ihn gesucht. Das Tier saß bei der Leiche. Mr Christopher hat nur ein schwarzes Bündel erkannt und wollte seinen Hund mit zurückziehen, doch der fing an zu knurren und um sich zu beißen. Erst nachdem er ihn auf den Weg zurückgezogen hatte, beruhigte sich das Tier wieder. Christopher band den Hund an einen Baum und ging zurück um nach zu sehen, was dort lag. Er fand die Leiche und rief die Polizei“, erzählte Daniela und sah von ihren Notizen auf. Dave hockte sich neben ein blaues Tuch, ließ kurz seinen Blick über den Tatort schweifen, ehe er es hoch hob.

„Oh Shit, “ murmelte er, zuckte zurück, ehe er sich den Leichnam noch einmal genauer ansah. Die Kleidung war zerrissen, das Fleisch hing nur noch in Fetzen am Knochen. Über all lagen schwarze Federn, Erst jetzt fiel Dave auf, dass es das gewesen war, was ihn schon die ganze Zeit störte.

„Krähen.“ Dave riss seinen Blick los und sah zu Daniela.

„Ich sagte, es sieht aus als wären da Krähen am Werk gewesen“, wiederholte sie, hockte sich ihm gegenüber hin. Das lange blonde Haar fiel ihr ins Gesicht. Rasch wischte sie es nach hinten.

„Noch nicht viel. Todeszeitpunkt ungewiss. Wahrscheinliche Ursache des Todes verbluten, zumindest lässt sich das anhand der Lache annehmen. Und ich würde sagen, dass die Krähen erst hinterher am Leichnam waren, “ antwortete jemand hinter Dave. Dieser fuhr zusammen und sah auf. Hinter ihm stand der Pathologe, der von allen nur „Doc“ genannt wurde. Er grinste und fuhr sich durch das lichter werdende, graue Haar. „Sie sehen ja ganz schön verkatert aus. Schlecht geschlafen?“

„Soll ich ehrlich sein, McKay? Ich habe nicht die geringste Ahnung, ob ich überhaupt länger als fünf Minuten geschlafen habe“, antwortete Dave, gähnte und stand auf. „Noch irgendetwas?“

„Nun ... ich vermute, dass er seit mehreren Stunden tot ist. 20 – 22 Uhr gestern Abend. Genau kann ich es erst feststellen, wenn ich ihn auf dem Tisch habe“, sagte der Doc. Dave nickte, sah sich noch einmal um.

„In Ordnung. Ich will alle Berichte so schnell wie möglich auf meinem Schreibtisch haben. Am besten schon, bevor ich ins Revier komme“, verkündete er. „Ich geh erstmal ordentlich frühstücken.“ Er ging zurück zu seinem Wagen, gefolgt von Daniela.

„Du hast ja sicher nichts dagegen, wenn ich dich begleite, oder?“, fragte sie munter, zog die Beifahrertür auf.

„Da du dich eh selber eingeladen hast ... Los, steig ein“, antwortete Dave, rutschte hinters Lenkrad und schnallte sich an. „Wie bist du hergekommen?“

„Mit einem Kollegen im Streifenwagen und ... Was ist bitteschön das?“ Daniela verzog das Gesicht, hob mit spitzen Fingern einen alten Pizzakarton vom Boden des Wagens hoch.

„Schmeiß es einfach nach hinten. Ich räum es später schon weg“, riet Dave, während er sich am Radio zuschaffen machte und eine CD einlegte. Begleitet von den Klängen von InFlames warf Daniela die Pizzaschachtel, Überreste einer McDonalds Bestellung und die halbleeren Colaflaschen auf den Rücksitz.

„Ordnung ist und bleibt für dich ein Fremdwort, oder?“, seufzte sie, als sie die letzten Krümel vom Sitz fegte und sich in den Wagen setzte.

„Ordnung? Was ist das? Kann man das essen?“, fragte Dave grinsend und startete den Motor. Daniela schüttelte nur verzweifelt den Kopf.
 

Schon den ganzen Morgen über war es bewölkt gewesen, nun regnete es in Strömen. Fernes Donnergrollen zeugte von einem sich nahendem Gewitter, einem Sturm, der seine Tribute fordern, Unheil über Unschuldige bringen würde.

„Dieses Wetter deprimiert mich“, murmelte Mike, lehnte seine Stirn gegen die kühle Scheibe des Fensters. Mit der einen Hand kraulte er den schwarzen Schäferhund, der neben ihm saß und sich an ihn schmiegte. „Dich doch sicher auch, Noir. Immerhin ist es Sommer. Es sollte warm sein, die Sonne sollte scheinen. Daran ist nur die Globale Erwärmung schuld! Jawohl ja!“ Nach einiger Zeit riss er seinen Blick vom Fenster los und drehte die Musik lauter. Oder das Wetter passt sich meiner Stimmung an. Das wäre auch 'ne Erklärung. Er ließ sich auf sein Bett fallen und vergrub den Kopf in seinem Totenkopfkissen, driftete gedanklich ab.

Ein Schlag auf den Rücken holte ihn brutal in die Realität zurück. Schreiend fuhr er hoch, stieß mit dem Kopf schmerzhaft gegen das Regal über seinem Bett. „Au ...“, murmelte er, rieb sich den Hinterkopf und sah auf, blickte direkt in Jez' breitgrinsendes Gesicht.

„Alles in Ordnung?“, fragte sie glucksend. Die schwarze Katze auf ihrem Arm blinzelte Mike schnurrend an und maunzte ihm zu, ehe sie sich aus Jez' Griff befreite und aufs Bett sprang, wo sie es sich in Mikes Decke bequem machte.

„Geht schon“, brummte Mike. „Wie bist du rein gekommen?“ Er hob die Katze hoch, welche demonstrierend miaute. „Runter mit dir, Gizmo! Du sollst da doch nicht liegen.“ Kaum saß die Katze auf dem Boden, sprang Noir an ihren Platz. Das Resultat war, das am Ende beide Tiere auf dem Bett lagen.

„Wer sagt denn dass ich hier bin? Vielleicht bin ich auch nur eine Imagination deiner überbeanspruchten Psyche“, antwortete Jez' setzte sich auf Mikes Computerstuhl. „Dein Bruder hat mich reingelassen“, fügte sie schließlich hinzu, als sie Mikes skeptischen Blick bemerkte. „Oder ich bin eingebrochen. Such dir eine Variante aus.“

„Das letztere würde ich dir am Ehesten zutrauen.“

„Willst du ärger?“

„Nein nein, lass gut sein. Ich hol kurz was zu trinken.“ Mike verschwand kurz nach unten, kam beladen mit Cola, Schokolade und Gummibärchen wieder nach oben. Er ließ es aufs Bett fallen, schreckte kurz die Katze auf, die sich aber nur genüsslich streckte und weiterschlief. Eine der kleinen Flaschen gab er Jez, den Rest behielt er selbst.

„Es ist merkwürdig. Bei der Menge an Süßigkeiten die du täglich in dich reinstopfst, dürftest du gar nicht mehr durch die Tür passen“, bemerkte Jez, während Mike sich wieder auf das Bett setzte. Er zuckte nur mit den Schultern und zog die Beine an den Körper, machte die Musik leiser.

„Was gibt's?“, fragte er, gähnte, legte sein Kinn auf seine Knie.

„Eigentlich nichts Wichtiges“, antwortete Jez, kratzte sich am Hinterkopf, sah aus dem Fenster. „Ich brauch einfach etwas Gesellschaft.“ Kurz schwieg sie, starrte ins Leere. „Ich hab gestern kein Auge zugekriegt“, sagte sie dann leise, sah Mike an. „Ich hatte zuviel Angst. Jedes Mal, wenn ich die Augen schließe, sehe ich sein Gesicht, sehe, wie er mir zulächelt, es in seinen grausamen Augen gierig glitzert, wie er mit dem Messer in der Hand auf mich zukommt, sagt, dass er mich finden wird.“ Sie vergrub ihr Gesicht in ihren Händen, fing an zu zittern.

Mike brauchte etwas, ehe er antwortete. „Jetzt weiß ich wenigstens, dass es nicht nur mir so geht.“ Jez sah auf. „So etwas Ähnliches hab ich auch geträumt. Ich trau mich schon gar nicht mehr, nach draußen zu gehen.“

„Verständlich.“ Langes Schweigen breitete sich aus. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach oder wusste einfach nichts zusagen. Nach einiger Zeit wurde es Jez zu unangenehm. „Wir sollten uns irgendwie ablenken. Lass uns zu Ann gehen“, schlug sie vor und stand auf.

„Dir ist schon bewusst, dass es in Strömen regnet“, bemerkte Mike, deutete zum Fenster.

„Gut, dann eben nicht. Dann lass uns etwas zocken. Ich brauch Ablenkung.“
 

„Tropf ... tropf ... tropf ... tropf ... tropf ...“

„Sag mal, weißt du eigentlich wie sehr du einen auf den Geist gehst?“, fauchte Daniela gereizt. Dave grinste nur, sah weiter aus dem Fenster und beobachtete den Regen.

„Tropf ... tro ...“

„DAVE! Halt die Schnauze, “ fuhr Daniela ihn an.

„Kaffee“, flötete er munter. „Besorg mir Kaffee und ich bin ruhig.“

„Geh und hol ihn dir selber, Faulpelz! Ich bin nicht deine Dienstmagd!“, antwortete Daniela seufzend. Dave stand auf und streckte sich gähnend.

„Möchte Madame auch einen Kaffee, oder steht ihr eher der Sinn nach etwas anderem?“, fragte er mit einer angedeuteten Verbeugung, verschwand schnell durch die Tür, als ihm Danielas Stift entgegen flog.

„Sieh zu, dass du verschwindest“, murmelte diese und widmete sich wieder den Berichten und den Fotos.

Es dauerte eine Weile, ehe Dave, bewaffnet mit zwei großen Bechern Kaffee und drei Mars, wieder kam. Einen der Riegel reichte er Daniela, ebenso wie einen Becher und setzte sich wieder auf seinen Stammplatz auf der Fensterbank.

„Wag es ja nicht, wieder anzufangen, sonst fliegt mehr als nur mein Stift“, ermahnte ihn Daniela. „Und danke für den Kaffee.“

„Gern geschehen. Steht was Interessantes drin?“, fragte Dave, nippte an seinem Getränk. „Bäh ... lauwarm.“

„Angesichts der wirklich spärlichen Überreste kann der Doc nicht viel zur Todesursache sagen. Beide Arme sind mehrfach gebrochen, die Schultern ausgerenkt ebenso gebrochene Rippen und ein angebrochenes Bein. Er hat außerdem geschrieben, dass das arme Schwein eine ziemlich unschöne Zeit vor seinen Tod gehabt haben muss. Folter oder so etwas in der Art. Ein Unfall war es bestimmt nicht, immerhin wäre uns das gemeldet worden.

Die Spurensicherung hat nichts gefunden, außer so viele Krähenfedern, dass man locker zwei Kissen hätte ausstopfen könnte“, fasste sie zusammen. „Alles, was gefunden wurde, war ein Geldbeutel, der wahrscheinlich dem Opfer gehörte, aber außer einem geringen Bargeldbetrag und zwei Visitenkarten wurde nichts gefunden.“

„Visitenkarten?“

„Ja, von einem zwielichtigen Nachtclub und einem Buchladen in der Innenstadt. Ich lass gerade beide überprüfen.“

„Mhh ...“ Nachdenklich sah Dave aus dem Fenster. „Ein unbekannter Toter, ein Tatort ohne Spuren, keinerlei Hinweise ... ach, wie sehr ich das liebe, “ murmelte er und seufzte.

„Der Doc lässt das Gebiss überprüfen, so sollten wir wenigstens den Namen unseres Opfers herausfinden. McKay meint, dass der Mann Zähne hatte, wie jemand aus der Doktor-Best-Werbung.“ Dave nickte zur Antwort abwesend, sah weiterhin nach draußen in den Regen, der sich in ein handfestes Sommergewitter verwandelt hatte.

„Was ist los“, fragte Daniela aufmerksam, besorgt.

„Ich habe ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache“, antworte Dave, lehnte seine Stirn an die kühle Fensterscheibe und schloss die Augen. Ein verdammt Ungutes ...

„Lass uns etwas Essen gehen“, schlug Daniela nach einiger Zeit vor, um die Stille zu durchbrechen, die sich ausgebreitet hatte. „Dann kommst du vielleicht auf andere Gedanken und wir können hier im Moment sowieso nichts mehr tun.“ Sie stand auf und zog sich ihre Jacke an. Dave nickte nach einiger Zeit und riss sich vom Fenster los.



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