Zum Inhalt der Seite

Die drei Affen

Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

erster Teil

Das warme, rote Licht der Abendsonne legte sich über das Land, ließ den kleinen See in der Mitte des Waldes glitzern. Ein paar Enten jagten sich schnatternd über das Wasser, weit in der Ferne war die Straße zuhören. Am anderen Ufer sprang fröhlich bellend ein Hund in das kalte Nass. Ein Tier rannte ungesehen durch das Unterholz, scheuchte schimpfende Vögel auf.

Am Ufer saßen einige Angler, ärgerten sich ein wenig über die drei Jugendlichen, die die Fische verscheuchten.

„Menno, dass ist doof! Die Tage sind viel zu kurz und bald geht auch die Schule wieder los“, seufzte die grünhaarige Jasmin und ließ ihre Füße in das Wasser baumeln. „Ich hab keine Lust auf den Stress, auch wenn es das letzte Jahr ist.“ Sie ließ sich zurück fallen, streckte die Arme vom Körper weg und genoss mit geschlossenen Augen die letzten warmen Sonnenstrahlen des Tages auf ihrem Gesicht.

„Es lässt dich aber leider nicht ändern, Jez“, entgegnete Mike, legte das Buch weg, in dem er gelesen hatte, und setzte sich auf, streckte sich. „Das wird sicher ganz locker, auch wenn Prüfungen sind.“

„Ganz locker?! Ja sichern, für dich Superhirn ist alles ganz locker! Aber was ist mit mir armes Mensch? Daran denkt mal wieder keiner, “ jammerte Jez grummelnd. Mike schüttelte nur den Kopf, fuhr sich durch die schwarzen Haare, deren Spitzen feuerrot gefärbt waren.

„Vielleicht wäre es einfach mal an der Zeit, dich hinter die Bücher zu klemmen“, bemerkte Ann, die dritte im Bunde, und zog ihr Fahrrad aus dem Gebüsch, stellte es hin. Jez gab ein beleidigtes Grummeln von sich und richtete sich auf, sah eine Weile den anderen beiden beim Einräumen ihrer Sachen zu, ehe sie mithalf.
 

„Die Sonne bekommt mir nicht! Ganz und gar nicht, “ bemerkte Mike, musterte kritisch die Haut seines Armes, die eine leichte Bräune aufwies.

„Deine Probleme möcht' ich mal haben, “ seufzte Ann. „Ich bekomm immer total schnell 'nen Sonnenbrand und du beschwerst dich, wenn du braun wirst!“

„Hey! Hast du schon mal 'nen braunen Vampir gesehen? Ich nicht, “ verteidigte er sich.

„Mike, du bist kein Vampir!“

„Wäre ich aber gern. Ist bestimmt lustig!“ Ann ersparte sich eine Antwort, schüttelte nur den Kopf. Mike lachte.

„Aber das ist schon interessant“, bemerkte Jez. „Warum gibt es eigentlich nur weiße Vampire? Das ist doch voll diskriminierend!“

„Genau! Das muss schnellstens mal geändert werden!“, nickte Mike grinsend. „Jawohl ja! Ich werde der erste schwarze Vampir!“

„Dafür musst du dich aber noch lange in die Sonne legen!“

Es war ungewöhnlich leise in dem kleinen Wald. Einzig ein paar Krähen waren zu hören, die über ihnen in den Bäumen saßen. Langsam machte sich auch der Abend bemerkbar, denn es wurde kühler. Das rötliche Licht der Sonne brach sich in den Wipfeln der Bäume, malte abstrakte Formen auf den Boden.

Ein Hase sprang aus dem Unterholz, direkt vor Anns Fahrrad. Diese konnte gerade noch anhalten, ohne dass das Tier zu schaden kam. Verdutzt blickte der Hase sie an, ehe er schnuppernd die Nase in die Luft reckte und dann hackenschlagend davon rannte.

„Gott! Hat der mich erschreckt“, murmelte Ann, schüttelte kurz den Kopf, warf dann dem lachenden Mike einen vernichtenden Blick zu. „Das findest du Arsch wohl mal wieder sehr lustig!“

„Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen“, gluckste er. Jez stimmte ihm grinsend zu. „Kreidebleich und so eine Fratze!“ Er machte ein übertrieben überraschtes, schockiertes Gesicht. Jez fing schallend anzulachen, fiel fast vom Fahrrad, als er auch noch anfing, mit überzogen hoher Stimme zu zetern wie ein altes Waschweib.

„Ach halt die Klappe!“, brummte Ann.

Etwas krachte laut durchs Unterholz, lies Mike und Jez augenblicklich verstummen. Es kam aus genau der Richtung, aus der gerade der Hase gekommen war. Kurz war es still, dann knackte es wieder, so, als wäre etwas Schweres zu Boden gefallen. Ein leises Stöhnen war zu hören, gefolgt von einem schmerzhaftem Wimmern.

„Was war das?“, fragte Ann flüsternd, starrte in das undurchsichtige Dickicht am Wegrand.

„Ich weiß es nicht“, antwortete Jez, ebenfalls leise.

„Lasst uns nachsehen“, schlug Mike voller Neugierde vor. „Es hat sich angehört, als wäre jemand gestürzt. Vielleicht braucht er ja Hilfe.“ Er stieg von seinem Fahrrad und ließ es achtlos fallen. Voller Tatendrang suchte er sich einen Weg durch das Gestrüpp, die beiden Mädchen folgten ihm.

„Ist euch eigentlich schon mal aufgefallen, dass in solchen Situationen immer geflüstert wird?“, fragte Mike, gluckste leise. „Wahrscheinlich um die Stimmung nicht kaputt zu machen.“

„Ist doch vollkommen egal! Lasst uns lieber umkehren und einfach nach hause gehen. Das ... Das war bestimmt nur ein dicker, morscher Ast, der von einem Baum gebrochen ist oder so“, flüsterte Ann leise, nervös, mit ungutem Gefühl.

„Sie hat recht, Mike. Mir ist das ganze nicht geheuer! Wir sollten einfach wieder auf unsere Fahrräder steigen und...“, drängte nun auch Jez, Mike fiel ihr zischend ins Wort.

„Ja, sicher und ein Ast stöhnt auch schmerzvoll, wenn er auf dem Boden kracht! Ich will wissen, was da ist!“ Er hielt abrupt an, hockte sich hin. Die Mädchen taten es ihm gleich.
 

„Was ist los?“, fragte Ann. Mike deutete ihr erneut, diesmal energischer an, still zu sein und zeigte nach vorne. Jez schob das Gestrüpp etwas zur Seite um mehr zu sehen.

Vor ihnen lag reglos eine Gestalt auf dem Boden, das Gesicht nach unten. Die Kleidung war zerrissen, an einigen Stellen rot. Das blonde Haar hatte am Kopf stellen weise dieselbe Farbe

Was ist das? Blut?, fragte sich Mike, neugierig und beunruhigt zu gleich. Ein kalter Schauer lief ihn über den Rücken, es schüttelte ihn kurz.

Ein Mann trat vor. Er war jung, nicht älter als 25. Sein schwarzes Haar war von blonden Strähnen durchzogen. Vollkommen lautlos lief er über das trockene Laub, kein Ast knackte, als er auftrat, nicht einmal ein Rascheln war zu hören. Über ihm in den Bäumen saßen ein paar Krähen. Vollkommen still. Es war, als hätte jemand den gesamten Wald verstummen lassen.

Der Mann hockte sich zu der Gestalt am Boden, drehte sie auf den Rücken. Das Gesicht war grässlich entstellt. Die Haut verbrannt, die Nase gebrochen, ein Auge ausgestochen. Quer über die Brust verlief ein tiefer Schnitt, Blut quoll daraus hervor.

„N ... Nein ... B ... Bi ... Bitte ...“, wimmerte der Mann am Boden schwach, das verbleibende Auge angstvoll aufgerissen. Der Andere verzog keine Miene, holte ein Messer aus seiner Tasche, packte die Haare des vor ihm Liegenden, riss den Kopf nach hinten. Einen Moment lang sah er nachdenklich auf das grausig zugerichtete Gesicht.

„Abschaum“, knurrte er dann, setzte mit einer geübten Bewegung das Messer an und schnitt die Kehle durch. Auch als das Blut aus dem Hals des am bodenliegende Mannes strömte, dieser sich röchelnd im Todeskampf wandte, blieb das Gesicht des Schwarzhaarigen vollkommen ungerührt. Er stand auf, wischte das Messer an seiner Hose ab und trat einen Schritt zurück. Wie auf Kommando stürzten sich die Krähen auf den frischen Leichnam.

Plötzlich sah der Mann direkt in ihre Richtung, ein kaltes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Ann fiepte erschrocken, Mike presste ihr seine Hand gegen den Mund, verharrte so. Eine Weile lang sah der Mann sie durchdringend an, oder vielleicht auch einfach nur zufällig in ihre Richtung, doch daran glaubte keiner der Drei. Dann, von einem Augenblick auf den anderen, war er verschwunden. Keiner hatte ihn gehen sehen. Er war einfach weg, als wäre er nur eine Einbildung gewesen.

„H ... ha ... hat er uns gesehen?“, fragte Jez mit zitternder, heiser Stimme.

„Los! Wir müssen hier weg!“, keuchte Mike, sprang auf und rannte, gefolgt von den anderen, zurück zu ihren Fahrrädern.
 

„Wir müssen zur Polizei gehen! Der Psycho hat ihn umgebracht!“

„Er hat uns gesehen! Wenn wir zur Polizei gehen sind wir selber dran!“

„Ach?! Sollen wir es einfach dabei belassen?! Verdammte Scheiße, das kann alles einfach nicht wahr sein.“ Mike hörte auf, wild in seinem Zimmer hin und her zulaufen und ließ sich mit einem Seufzer auf sein Sofa fallen, vergrub das Gesicht in den Händen, stütze die Ellbogen auf die Knie. „Wir müssen doch irgendwas tun“, murmelte er.

„E ... Er hat ihn einfach umgebracht! Er hat ihm die Kehle durchgeschnitten ... Ei ... einfach so ...“, wimmerte Ann, zog die Beine an den Körper, ihr Blick war ins Leere gerichtet, stumme Tränen rannen ihr übers Gesicht. Jez setzte sich zu ihr, legte ihr einen Arm um die Schulter, fühlte sich entsetzlich hilflos. Bedrückendes Schweigen breitete sich aus. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Dann setzte Mike sich auf, rückte kurz seine Nietenarmbänder zurecht und begann wieder, wahllos im Zimmer auf und ab zu laufen.

„Okay ... Wir ... wir sollten vielleicht doch erstmal abwarten“, murmelte er. „Auch wenn ich immer noch dafür bin, zur Polizei zu gehen! Immerhin können wir denen 'ne komplette Beschreibung von dem Psycho geben!“

„Schon mal daran gedacht, dass er vielleicht wollte das wir ihn sehen?“, gab Jez zu bedenken. „Scheiße! Mike! Ich .... ich hab Angst! Er wird uns auch umbringen!“

„Oh ja! Sicher! Damit wir auch ganz sicher wissen, wie er aussieht! Damit wir auch ganz genau ein Phantombild erstellen können! Hältst du mich etwa für blöd? Und wie zur Hölle soll er uns umbringen, wenn er uns nur kurz gesehen hat? Wenn überhaupt“, fauchte Mike gereizt, fuhr sich mit zittriger Hand durchs Haar.

„Natürlich hat er uns bemerkt!“, giftete Jez zurück. „Denkst du etwa, der Kerl ist zu blöd, um uns zu sehen und grinst einfach so in der Gegend herum?!“

„Habt ihr seine Augen gesehen?“, fragte Ann leise. Mittlerweile hatte sie sich wieder etwas beruhigt, zumindest weinte sie nicht mehr. Rasch wischte sie sich mit dem Handrücken die Tränen aus dem Gesicht. Jez und Mike nickten. Wie konnten sie dieses helle, kalte, fast schon weiße Grau vergessen? „Sie sahen mehr aus wie die Augen eines wilden Tieres, als die eines Menschen...“

„Ich weiß, was du meinst“, antwortete Jez leise.

„Scheiße! Das ist doch alles nicht echt! Als wären wir in einem irrealen Traum gefangen, “ murmelte Mike, setzte sich wieder.
 

Ein nerviges, penetrantes Klingeln drang schwer durch den dunklen Schleier, der sein Bewusstsein umschlungen hielt. Grunzend schlug er nach dem Wecker, der auf seinem Nachtschrank lag, griff ins Leere. Ehe er es registrierte, segelte er schon auf den Boden.

„Ich will sterben“, stöhnte er. Mit dem Gesicht nach unten blieb er noch eine Weile liegen, verfluchte still das Klingeln, das seine Kopfschmerzen verschlimmerte und ihn auszulachen schien. Nach einiger Zeit rappelte er sich auf, lehnte sich mit dem Rücken gegen das Sofa, fragte sich, warum er nicht in seinem Bett lag. Der Kater erklärte es von allein. Angestrengt versuchte er sich an etwas vom vergangenen Abend zu erinnern, gab es nach einiger Zeit auf, suchte stattdessen nach dem Ursprung des Klingeln. Er kroch über den Boden, zog schließlich sein Handy aus seiner Hose, nachdem er sie gefunden hatte, beschloss er sich endlich einen anderen Klingelton anzuschaffen und nahm ab.

„Ja?“, gähnte er lang gezogen ins Telefon, schaffte es irgendwie sich unfallfrei wieder aufs Sofa zu setzen. „Ich hoffe, dass es wirklich wichtig ist! Schließlich ist es ... sechs Uhr morgens, “ brummte er, nachdem er sich mit einem Blick auf die Uhr davon vergewisserte.

„Na, Dave?“, flötete die Anruferin fröhlich. „Wieder mal 'ne durchzechte Nacht gehabt?“

„Frisch wie der junge Morgen, was Dan? Du solltest mir mal dein Geheimnis verraten, “ nuschelte Dave, versuchte umständlich, sich im Sitzen und mit nur einer Hand die Hose anzuziehen.

„Oh ... Da gibt es kein großes Geheimnis ... früher schlafen gehen, weniger saufen und voilá! Schon kannst du früher aufstehen!“

„Ach halt die Schnauze“, brummte Dave unzufrieden, rieb sich die Stirn und fuhr sich durch das braune Haar. „Sag mir lieber, warum du zu dieser unmenschlichen Stunde bei mir anrufst!“

„Komm vorbei und sieh es dir selber an!“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück