Peace von Alibear ================================================================================ Kapitel 1: Peace ---------------- Endlich…war es vorbei. Monate waren ins Land gezogen, ohne dass man wirklich sagen konnte, wie viele es schlussendlich waren. Vielleicht waren es auch schon Jahre. Jahre, in denen dieser Kampf ausgefochten wurde. In denen dieser Krieg stattgefunden hatte. Dieser Wahnsinn seinen Lauf nahm und dabei alle Länder hinter sich in Schutt und Asche gelegt hatte, in denen er wütete. Hatte die Menschen verändert, die in ihn hineingezogen wurden. Hatte unzählige tot auf dem Schlachtfeld hinterlassen, während andere es zwar lebend verlassen konnten, aber nie mehr dieselben sein würden, sein konnten, die sie vorher waren. War transforms us… Diese Worte gingen ihm nun wieder durch den Kopf, als er mit seiner Pistole auf das Gesicht seines Erzfeindes zielte, der nun, vollkommen wehrlos, vor ihm lag. Nur noch einmal den Abzug durchdrücken – und es wäre endlich alles vorbei. Der Blick seines Opfers haftete auf dem Lauf, der auf ihn gerichtet wurde – und er konnte sich einfach nicht ein Grinsen verkneifen, als er die nächsten Worte an den Sieger richtete: „Los, drück den Abzug…“ Er war sich bewusst, dass er verloren hatte. Das alles vorbei war, seine Mühen, doch noch alles zu seinen Vorlieben zu verändern, diese Welt zu der zu machen, die sein Vater errichten wollte - Die er selbst errichten wollte. „Komm schon, Bruder, beende diesen Familienkrieg, damit die Welt endlich Frieden findet.“ Der Mann auf dem Boden schloss seine Augen und atmete tief durch – zumindest wollte er vorbereitet aus dieser Welt schreiten. „Aber bedenke, Snake. In ein paar Jahren werden sich zwar die Leute an diesen Krieg erinnern, aber wer darin involviert war, wird aus ihrem Gedächtnis gelöscht.“ Ein Lachen schallte durch die Ruinen – Überreste einer großen Stadt, jetzt nur noch einzelne Mauern und Steine, Überreste eines friedvollen Lebens. Ob sie wieder zu ihrem normalen Leben zurückkehren könnten? Zumindest etwas, das ihrem alten Leben glich? „Snake, wir sind nur die Bauern in diesem Spiel, ersetzbar, leicht zu vergessen. Niemand wird sich an dich erinnern, niemand wird sich deiner Heldentaten erinnern. Niemand wird wissen, dass du es warst, der dieses Massaker beendet hat.“ Ein letztes Mal öffnete Liquid die Augen, richtete seinen Blick auf seinen Bruder, der ein weiteres Mal über ihn triumphiert hatte. Sein Gesicht zierte ein fieses, verletzendes Grinsen. „Niemand wird sich an dich erinnern, wenn du erst einmal aus dieser Welt geschieden bist, Snake.“ Dann ertönte auch schon das Echo eines Schusses durch die Ruinen, und das Grinsen, was sich noch gerade auf Liquids Gesicht abzeichnete, war nun furchtbar entstellt von dem tiefen Einschlussloch, dass die Patrone im ins Fleisch gerissen hatte. Snake konnte dem Ganzen nicht mehr zuhören, ihm war einfach der Geduldsfaden gerissen. Ihm war schon längst klar, dass sich niemand an ihn erinnern würde, sollte er erst einmal nicht mehr auf dieser Welt sein, dahingerafft von dieser Krankheit, die durch seine Adern strömte und ihn dabei innerlich zerstörte. Es war ihm vollkommen klar – und dennoch verletzte es ihn zutiefst, wenn er immer daran erinnert wurde, egal von wem. Langsam steckte er wieder die Waffe zurück ins Holster, sein Blick immer noch auf den nun toten Körper vor ihm gerichtet. Warum musste alles immer nur in Tod enden? Warum immer nur alles in Zerstörung? Er wurde einfach müde, noch länger dies alles miterleben zu müssen. Seine Glieder schmerzten von Tag zu Tag mehr, sein Körper versagte ihm zusehends mit dem fort schreiten der Zeit – ohne aufputschende Medikamente hätte er diese Mission nicht mehr beenden können. Doch nun war ja alles vorbei, alles war ausgefochten, die Welt von der Last einer Bedrohung durch ein nukleares Massaker befreit. Zumindest vorerst… Schwerfällig machte sich Snake auf die Suche nach einer Möglichkeit, sich hinzusetzen und auszuruhen, seine geschundenen Glieder eine Pause zu gönnen nach all dem Leid, das er durchmachen musste, um zu diesem Ziel zu kommen. Kaum hatte er sich hingesetzt, hörte er das Geräusch von kleinen Rollen, die sich über den Staub des Bodens bewegten, und nur wenige Augenblicke später sah er auch schon Otacons kleine Erfindung auf sich zukommen. Ein leichtes Schmunzeln kam ihm über die Lippen, ließ seinen Schnäuzer leicht hochwandern. Dieser kleine Roboter hatte ihm wirklich unbezahlbare Dienste erwiesen – ohne ihn hätte sich alles sicher um einiges schwerer erwiesen. „Snake!“ Die aufgeregte Stimme von Otacon klang von dem kleinen Wesen wieder, als auch schon der Monitor seitlich herausfuhr und den Blick auf das Gesicht des Wissenschaftlers freigab. „Snake, du hast es wirklich geschafft! Du hast uns alle gerettet!“ Freudig schaute er zu dem rastenden Snake und steuerte MKII so, dass er ein paar Runden um diesen herumfuhr, Kreise um sein grummelndes Zentrum zog und fast umkippte, als er wieder zum stehen kam. „Du hast es wirklich geschafft…jetzt ist es endlich vorbei.“ Verlegenheit machte sich auf Otacons Zügen breit, das war ihm mehr als leicht durch den Monitor anzusehen. Selbst seine Wangen röteten sich etwas, was aber wohl eine unbewusste Reaktion zu sein schien. Dieser Umstand verstärkte Snakes Schmunzeln noch um einen kleinen Grad, doch war nicht die Trauer zu übersehen, die in diesem Ausdruck mitschwang. „Otacon…noch ist es nicht vorbei.“ Nur leise kamen ihm diese Worte über die Lippen, und dennoch schienen sie ihren Zweck bei Otacon zu erfüllen, der nun geschockt zu dem Mann vor sich sah. Irgendwie…wirkte Snake in diesem Moment unglaublich alt – müde vom Kampf, vom Krieg, vom Leben. Dieser Umstand rammte Otacon einen Dolch ins Herz. „Snake, was meinst du damit? Der Krieg ist vorbei, Liquid ist besiegt und die Welt gerettet! Nun red nicht so wie ein alter Herr.“ Otacon steuerte den kleinen Roboter näher an Snakes zusammengesunkene Gestalt, um ihm damit zumindest etwas das Gefühl zu geben, dass er für ihn da war, dass er ihn unterstützte und ihn durch die schweren Zeiten half. „Kopf hoch, Snake. Es ist doch alles okay.“ Ein sanftes Lächeln legte sich auf Otacons Gesicht, doch Sorge schwang dem bei. Etwas stimmte einfach nicht mit Snake und – das war nicht das erste Mal während dieser letzten Mission. „Nichts ist okay, Otacon.“ Snake griff zu der Pistole, die er gerade noch verstaut hatte, musterte sie eingehend und prüfte ihren Lauf nach. Das Magazin war noch nicht leer… „Und nichts ist vorbei…nicht, solange noch eine Schlange auf Erden wandelt.“ Sachte lud er die Waffe durch und hob sie – fast wie in Zeitlupe – zu seiner Schläfe hoch. Bei Otacon heulten die Alarmglocken los. „Snake, bist du verrückt geworden?!“ Sorge, Wut, Angst – all das spiegelte sich in ihm wieder, in seinem Gesicht, seinem Verhalten. Er wollte ihn aufhalten, um jeden Preis – MKII hatte doch eine Betäubungsfunktion, also… Otacon hab hastig den Befehl ein und - Nichts geschah. „Sorry, Otacon, aber das habe ich abgestellt. Hab mir schon gedacht, dass du mich damit aufhalten willst.“ Ein Lächeln zuckte durch das Gesicht des Mannes, wirkte deplatziert, so wie er mit der Waffe da stand, gegen die Schläfe gerichtet, abschussbereit. „Dieser Kampf wird weitergehen, wenn auch nur einer der „Les enfants terribles“ am Leben bleibt. Weiter und weiter und weiter, wie in einem Teufelskreis, kein Ende in Sicht, keine Erlösung.“ Snake starrte in den Monitor, beobachtete Otacon, der kurz den Tränen nahe war, ohnmächtig ob der Situation, die sich gerade vor ihm abspielte. Verzweifelt drückte er auf Knöpfe, hämmerte auf seine Tastatur ein, aber da er seinen Blick nur auf Snake gerichtet ließ, ging dieses Chaos blind von statten, ohne Kontrolle, ohne Wissen, ob das, was er dort tat, auch Früchte zeigen würde. Schiere Panik übermannte ihn. Und das…beruhigte Snake irgendwie. Du hattest dich wohl geirrt, Liquid. Es würde mich doch jemand vermissen. Sanft zog sich eine Träne ihre Bahn von Snakes Auge über dessen Wange, als er dies dachte, und beinahe hätte das ihn dazu gebracht, noch einmal sein Vorhaben zu überdenken, sich noch einmal davon abzulenken und doch einfach seinem Lebensabend – der dank der Krankheit nicht mehr lang sein dürfte - mit Otacon zu verbringen. Irgendwie mochte er den Kleinen. Doch es brachte nichts, hätte er gezögert, würde diese Maschinerie des Krieges nie gestoppt werden. Er wollte es beenden, solange er noch die Kraft dazu hatte. Und so richtete er noch ein letztes Mal seinen Blick auf Otacon, der mittlerweile aufgegeben hatte und nur noch wie in einem Schockzustand dasaß und ihn anschaute, nicht fähig zu reden, nicht fähig zu schreien, nicht fähig zu weinen. Snake schenkte ihm noch ein letztes Lächeln. „Hal.“ Eine kurze Pause, um Luft zu holen, den letzten Mut in sich zusammen zu kratzen. „Semper fi.“ Und damit erklang ein weiterer Schuss durch die kahle Gegend, hallte laut durch die Luft und zeugte somit vom Ende einer Legende, deren toter Körper nun nach hinten fiel und hart auf den Boden aufkam, eine kleine Lache roten Blutes bildend. Doch das war nicht das letzte Geräusch, das in dieser Ödnis zu hören war. Der verzweifelte Schrei eines Namens - seines Namens - sollte noch einige Zeit durch die Luft schallen, ehe er in einem erstickten Schluchzen erstarb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)