Behind the obvious von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 2 -------------------- Kapitel II Sooo, um das Ganze noch ein wenig zu komplizieren, hier ein dritter Handlungsstrang, falls ihr den Prolog als einen solchen sehen wollt^^ keine Sorge, es wird sich alles nach und nach auflösen und zueinander finden. Und falls sich jemand dran gestört hat: Der Brief sollte so hochgestochen und altmodisch sein^^ ~~~~~~~~~~~~ Jedes einzelne Buch hat eine Seele. Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seelen derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben. Carlos Ruiz Zafón (Der Schatten des Windes) ~~~~~~~~~~~~ Paris, 16. April 2008 Ein leises Stöhnen entwich der Gestalt auf dem Bett. Unruhige Worte, im Halbschlaf gemurmelt, flossen in das abgedunkelte Zimmer, durchschnitten die drückende Stille eines neuen, unerfreulichen Morgens. Ein paar Umdrehungen und die Gestalt lag wieder still. Ruhige Atemzüge drangen unter einem pechschwarzen, verstrubbelten Haarschopf hervor, bis auf einmal das schrille Kreischen des Weckers den erst wieder gewonnen Frieden vernichtete. Mit einem Satz war das Mädchen aus dem Bett gesprungen und ließ ihre Hand auf den Störenfried herunterfahren. Mit einem letzten, abgewürgten Piepsen wurde es wieder still. Genervt fuhr sich die junge Frau durch die Haare und warf einen Blick auf die Uhr: 07.30 Uhr. Eindeutig zu früh am Morgen. Leise vor sich hinfluchend schlurfte sie in die Küche und setzte Kaffeewasser auf, dann tapste sie ins Bad und stellte sich unter die Dusche. Mit genießerisch geschlossenen Augen ließ sie das heiße Wasser über ihren Körper laufen, ehe sie den Hahn mit einem Ruck auf eiskalt drehte. Der Schrei hallte vermutlich durch das gesamte Haus. Noch viel schlechter gelaunt, aber endlich wach und vollständig bekleidet, begab sie sich wieder in die Küche um ihren heiß ersehnten Kaffee zu kochen. Dies war ein ganz gewöhnlicher Morgen im Leben der 23jährigen Studentin, reine Routine und nichts Besonderes mehr. Ihre Mitmieter störten sich schon seit einiger Zeit nicht mehr an ihren morgendlichen Schreien und sobald sie erst einmal Kaffee intus hatte, würde auch ihre Laune von „absolut unerträglich mies und schrecklich“ in höhere Regionen klettern. Mit einer dampfenden Kaffeetasse in der einen und einem Müsliriegel in der anderen Hand stand sie nun vor dem Kühlschrank und betrachtete missmutig ihren Vorlesungsplan. Warum fingen diese verdammten Vorträge auch so unverschämt früh an? Seufzend warf sie das nun leere Papier in den Müll und machte sich daran ihre Unterlagen in ihre Umhängetasche zu packen. Erste Vorlesung: 8.30 Uhr – Wirtschaftsrecht, zweite Vorlesung: nein danke, heute nicht. Strafrecht. Ihr absolutes Lieblingsthema. Ob sie schwänzen sollte? Grübelnd und grummelnd füllte sie den restlichen Kaffee in eine Thermoskanne und verstaute diese ebenfalls in ihrer Tasche. Dann stürzte sie den letzten Schluck ihres Lieblingsgetränks hinunter, schnappte sich die Hausschlüssel und verließ ihre hübsche, winzige Pariser Wohnung. Auf der Straße umhüllte sie sofort die vertraute Pariser Atmosphäre. Nicht das Touristengetue oder sonstiges klischeehaftes Kitschgehabe, aber eben das echte Paris. Freundlich lächelnd nickte sie der alten Dame von Wohnung 03 zu und winkte dem Bäcker der Boulangerie an der Ecke. Verschiedenste Gerüche umwehten sie, von frischem Baguette, über knusprige Croissants bis hin zu dem leicht modrigen Geruch der Seine, der die Stadt kaum merklich aber beständig einhüllte. Es war kalt. Fröstelnd betrat sie die Rue des Ecoles. Ihre Wohnung lag perfekt, kaum fünf Minuten Fußweg zur Uni und ungefähr genauso weit vom Jardin du Luxembourg. Ein echter Glückstreffer und nicht einmal übermäßig teuer, was aber auch daran liegen konnte, dass in dem engen Haus keine Studenten, sondern junge Ehepaare mit Kindern lebten. Den Rest konnte man sich ja denken, vor allem die nächtlichen Schreie der unzufriedenen Babys. Aber was tat man nicht alles für ein Dach über dem Kopf. Seufzend schüttelte die Studentin ihre Gedanken ab und betrat die Uni. Eine interessante Vorlesung erwartete sie. Hoffte sie zumindest. Mit einem dumpfen Aufprall ließ sie ihre Tasche neben den Stuhl fallen. Ihr Gegenüber sah auf, als sie sich mit einem Seufzen setzte. „Hi Mél, was läuft?“ Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Mélanie erwiderte es und betrachtete ihn genauer. Er sah zufrieden aus. „Nur das Übliche, Alex, das Übliche. Und was ist mit dir? Du strahlst ja förmlich!“ Die Bedienung der kleinen, gemütlichen Brasserie tauchte auf und nahm ihre Bestellung auf. Mit einem freundlichen Nicken verschwand sie wieder um das Gewünschte zu beschaffen. Entspannt lehne Mélanie sich zurück und blickte sich um. Der Raum war in ein warmes Licht getaucht, das den mit dunklem Holz verkleideten Boden und die hellgelb gestrichenen Wände schimmern ließ. An den Wänden hingen Bilder berühmter französischer Persönlichkeiten, mitsamt Unterschrift. Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Simone de Beauvoir, Juliette Gréco, und so weiter. Auf den schmalen Fenstersimsen standen üppig blühende Topfpflanzen und vor den Fenstern hasteten die Menschen vorbei. Die Studentin pustete sich eine Strähne aus dem Gesicht. Das Café kam ihr wie ein ruhiger Hafen inmitten der unruhigen Großstadt vor. Ihr Blick kehrte zurück zu ihrem besten Freund und sie nahm den Faden wieder auf: „Also?“ Ein amüsiertes Funkeln hatte sich in Alexandres strahlend blaue Augen geschlichen und er fuhr sich mit der Linken durch das kurze, dunkelbraune Haar. Das tat er immer, wenn er im Begriff war eine große Ankündigung zu machen. „Erinnerst du dich an unsere Ferienpläne?“ „Natürlich, wir wollten in den Süden: Wärme, Strand, viel Ruhe und ab und zu ne ordentliche Party.“ Die Semesterferien würden erst in knapp zwei Monaten beginnen, doch alle waren schon kräftig am Planen. „Ganz genau“, knüpfte der junge Mann nun an ihre Aussage an. „Und ich habe die perfekte Location gefunden.“ Mélanie hob fragend eine Augebraue, während ihre Finger erwartungsvoll an ihren langen, schwarzen Haaren zwirbelten. „Das Haus meiner Großmutter in La Rochelle.“, triumphierend richtete Alex sich aus seiner zuvor lässigen Pose auf und lachte. „Es liegt im Westen, ich weiß, und nicht im Süden. Aber es ist warm, nicht so überlaufen wie Marseille oder Nice. Das Haus liegt außerhalb der Stadt, mitten im Grünen. Erbaut Ende 19. Jahrhundert, neugotischer Stil. Fließendes Wasser, Strom, Pool, 20 Minuten Fußweg zum Meer, eine halbe Stunde Autofahrt bis zur Altstadt. Keine Nachbarn. Na, was sagst du?“ „Du hast eine Großmutter?“ „Hatte“ „Oh, sorry. Und wem gehört das Haus jetzt?“ „Meinen Eltern, aber du weißt ja, die sind wieder in England. Im Moment kümmert sich ein Verwalter um das Ganze, ich hab’ ihn aber davon überzeugt mir die Schlüssel auszuhändigen. Für zwei Monate.“ Soweit Mélanie informiert war, waren Alex Urgroßeltern Ende des 19. Jahrhunderts aus England über den Kanal gekommen und hatten sich hier in Frankreich eine neue Existenz aufgebaut. Sie musste grinsen. „Alles klar, dann sollte ich wohl schon mal packen, oder?“ „Übertreib es nicht Mél, sonst schläfst du auf der Terrasse!“ Während die beiden lachten, brachte die Bedienung Méls Café au Lait und ein großes Stück Erdbeertarte. Den Rest des Nachmittags vertieften sich die Studenten in eine angeregte Diskussion über die bevorstehenden Prüfungen, ebenso wie über ihren äußerst zerstreuten Professor, der wieder einmal sein gesamtes Material zu Hause liegen gelassen hatte und deshalb einen sehr freien und äußerst lustigen Vortrag zu einem völlig fremden Thema gehalten hatte, anstatt über die geplante EU Haushaltsreform zu sprechen (worüber keiner sonderlich enttäuscht war). Leise pfeifend und mit federnden Schritten lief Mélanie die Treppe zu ihrem Appartement hinauf. Auf halbem Weg kam ihr ihre Nachbarin entgegen, die trotz ihres jungen Alters (sie war gerade einmal zwei Jahre älter als Mélanie) schon zweifache Mutter war. Sie trug ihren jüngsten Sohn auf dem Arm und hielt den älteren der beiden Jungen fest an der Hand. Wie immer hatte sie einen dauergestressten Gesichtsausdruck. „Bonjour Madame.“, grüßte Mél und drückte sich an die Wand, um die Drei vorbei zu lassen. Doch die Frau blieb stehen und lächelte leicht gequält. „Ah, Mademoiselle, Sie sind es. Vorhin war die Post da, trotz des Streiks kommen tatsächlich noch ein paar Dinge an.“ Sie seufzte. „Schrecklich, diese ständigen Streiks. Morgen wollen die öffentlichen Verkehrsmittel den Dienst einstellen! Stellen Sie sich das mal vor… Aber ich halte Sie bestimmt auf, was ich eigentlich sagen wollte: Es kam ein Päckchen für Sie. Ich habe es entgegengenommen, es macht doch hoffentlich nichts? Sie können ruhig bei mir klingeln, Adrien ist da und wird Ihnen das Packet schon geben.“ Damit grüßte sie und verschwand mit ihren nun quengelnden Kindern nach unten. Die junge Frau runzelte die Stirn und setzte ihren Weg fort. Von wem könnte sie denn ein Päckchen erhalten? Es sei denn… Voll freudiger Erwartung drückte Mélanie den Klingelknopf der Familie Du Bois. Vor Ungeduld hüpfte sie fast auf und ab, und konnte sich schließlich nur schwer zu einem freundlichen Grüßen durchringen. Adrien du Bois schien das zu bemerken, denn er holte schnell ein kleines, in braunes Papier geschlagenes Päckchen hervor und drückte es dem Mädchen in die Hände. „Was wichtiges?“, grinste er. „Nicht wichtig, aber unglaublich toll!“, erwiderte sie mit strahlenden Augen. Der Mann lachte. „Na dann, viel Spaß damit!“ In ihrer Wohnung warf sie sich sofort aufs Bett und begann das Papier von dem Päckchen zu reißen. Hervor kam ihre ganz große Leidenschaft: Bücher. Bücher, die sie sich schon immer gewünscht hatte und die ihre Mutter endlich aufgetrieben hatte und ihr geschickt hatte. „Danke Maman!“, quietschte Mélanie voller Freude und breitete die Schätze vorsichtig vor sich aus. Drei Stück waren es, alles Erstauflagen. Vom Anfang des letzten Jahrhunderts. Von Simone de Beauvoir! Mél war selig. Hätte Alex in dem Moment neben ihr gestanden, hätte er über so viel Aufhebens um ein bisschen Papier wohl bloß den Kopf geschüttelt. Aber gut, jeder brauchte seinen Tick. Und Mélanie hatte eben einen Büchertick. Okay, wer sich jetzt über den letzten Absatz wundert: Der Büchertick wird noch sehr wichtig für die Geschichte, also wundert euch nicht, dass ich so was anscheinend sinn- und bedeutungsloses in die Story bring^^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)