The Resurrection of Hyperion von Phantom (Final Fantasy Ⅷ –) ================================================================================ Kapitel 9: Sadism ----------------- „Squall?“ Besagter blieb stehen. „Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?“ Er wandte sich um. „Nur kurz. Sie wissen… Ellione… Wir sollten keine Zeit verlieren.“ Direktor Cid nickte mit einem auf den Boden gerichteten Blick. „Ich weiß.“ „Worum geht es denn?“ Er kehrte die paar Schritte zum Zentrum des Direktorats zurück. Die Sonne schien warm und friedvoll durch das Glas und verhehlte jeden Anschein darauf, dass andernorts der Teufel los war. „Um Cifer.“ Squall merkte irritiert auf. Sein Arbeitgeber kratzte sich verlegen am Kopf. „Er ist doch an der Sache beteiligt, wenn ich Ihr Gespräch mit Quistis richtig interpretiert habe?“ „Er ist höchstwahrscheinlich an Elliones Verschwinden beteiligt“, stellte der SEED kälter als gewollt korrekt. Cid Kramer räusperte sich und verschränkte die Finger hinter dem Rücken. „Bitte verstehen Sie das jetzt nicht falsch, aber… verurteilen Sie ihn nicht.“ „Nicht verurteilen?“ Es gelang Squall nicht, mit etwas anderem als völligem Unverständnis zu reagieren. „Ich muss Ihnen keinen Vortrag darüber halten, was er angestellt hat, oder?“ „Mir ist bewusst, was er angestellt hat; ich war wie Sie selbst bei dem Gerichtsprozess in Esthar zugegen.“ Auf einmal schien Cid die Kraft zu verlassen. Er setzte sich, beugte sich vor wie ein sehr alter Mann und faltete die Hände wie zu einem Gebet, von dem er wusste, dass es wirkungslos bleiben würde. „Wissen Sie von Cifers Traum?“, schien er jählings ein anderes Thema zu beginnen. „Ich kenne niemanden, der nicht davon weiß. Cifer lässt ja keine Möglichkeit aus, jeden lang und breit darüber in Kenntnis zu setzen.“ „Erzählen Sie mir davon.“ „Er will Hexen-Ritter sein. Er nennt es seinen [Romantischen Traum]. Soweit ich mich erinnere, hat er in der Bücherei auch das Drehbuch zu einem gleichnamigen Film angefordert.“ „Kennen Sie diesen Film?“ Squall nickte, führte es jedoch nicht weiter aus. In einer der durch Ellione verursachten Traumsequenzen war er selbst dabeigewesen, als der Film gedreht wurde. Er erinnerte sich nicht gerne daran. „[Der Hexen-Ritter], mit Laguna Loire in der Hauptrolle“, sinnierte Cid. „Eine recht kitschige und auch ziemlich erfolglose Produktion. Aber er hat sie geliebt. Edea und ich haben ihn damals, aus Gründen, die ich Ihnen jetzt noch nicht eröffnen möchte, in ein altes Filmtheater gesetzt, und zwei Stunden lang war er still. Wir haben es wieder und wieder getan… Ich weiß gar nicht, wie oft er diesen Film letztendlich gesehen hat.“ Irgendwie merkwürdig, dass ausgerechnet Laguna Loire offenbar Cifer Almasys großes Idol gewesen war. „Es war einer unserer vielen Fehler“, gestand sich der Direktor schamvoll ein. „Sie haben uns zu SEEDs ausgebildet, die gegen die Hexe kämpfen sollten. Aber Cifer hat von Anfang an eine Art andere Ansicht kennengelernt. Kein Wunder, dass er nie SEED geworden ist“, verstand Squall. „Er wollte es nie.“ „Er hat sich auf Edeas Seite gestellt und damit auf die Seite des Übels. Es ging ihm nicht primär um meine Frau persönlich, und eigentlich nicht einmal um das Wohl der Hexe, sondern allein um seinen Traum. Er war sich der Konsequenzen der Verwirklichung dieses Traums gar nicht bewusst, weil nur die romantisierte Version des Films in seinem Kopf herumspukte und er von der wahren Bedeutung eines Hexen-Ritters keinerlei Ahnung hatte. So nahm er nicht wahr, was er tatsächlich dadurch anrichtete… und wie er selbst immer mehr daran zerbrach…“ Squall passte der Ton nicht, den sein Vorgesetzter angeschlagen hatte – nicht, wenn es Cifer war, von dem er sprach – aber er hatte das Gefühl, dass es notwendig und an der Zeit war, Cid Kramer ausreden zu lassen. „Inzwischen wissen Sie so gut wie ich: Hexen-Ritter wird man nicht dadurch, dass man es will. Und wenn man es nicht will, kann man dieser Bestimmung nicht einfach entgehen. Die Hexen entscheiden darüber, wer es wird und wer nicht. Wie so vieles hat Cifer das niemals akzeptieren können. Er wird Sie zum ersten Mal wirklich hassen, wenn er erfährt, dass Sie – vermeintlich ohne Zutun – eben das geworden sind, für das er vergeblich all die Anstrengungen und Jahre aufgebracht hat, weil Rinoa Sie dazu kürte. Er hat sich aus seiner Verzweiflung heraus ein Ziel gesetzt und wollte beweisen, dass er Ziele auch erreichen kann… Ich bin überzeugt, dass er, wenn er nur gewusst hätte, was für unverzeihliche Verbrechen er begehen müsste, um weiterhin von Artemisia toleriert zu werden, sich niemals auf sie eingelassen hätte. Er war verzweifelt.“ Der Schulsprecher konnte nicht länger schweigen: „Und mit dieser Begründung verlangen Sie von mir, dass ich ihm alles durchgehen lasse? Sorry, aber das kann ich nicht. Die Zeiten, in denen Cifer einfach nur über Unterstufler hergezogen oder sich über die Ausbilder hinweggesetzt hat, sind vorbei. Er hat Menschen ermordet. Und er wird es wieder tun, wenn ihm irgendwas nicht in den Kram passt.“ „Natürlich erwarte ich nicht von Ihnen, dass Sie Cifer verschonen“, begehrte Cid schwach auf, ließ sich aber gleich wieder fallen. „Nein. Letztlich bin ich an allem schuld.“ „Wie meinen Sie das?“ „Wir hätten ihn niemals…“ Er brach ab. Squall forschte auch nicht weiter nach. „Tun Sie Ihr Möglichstes, Squall. Tun Sie Ihr Möglichstes für ihn.“ Es fiel ihm schwer, ihn nicht belehren zu wollen. Doch weil der Direktor viel für sie alle getan und geopfert hatte und weil Squall wusste, dass er ihm trauen konnte, nickte er schließlich. „Ich werde tun, was ich kann.“ Wohl war ihm nicht. Würde er Cifer gegenüberstehen, wozu es gewiss käme, würde ihn der Gedanke an Direktor Cid hemmen. Cifer würde das ohne Skrupel auszunutzen wissen. Edeas Hexen-Ritter senkte das Gesicht in die Hände. „Wenn Sie sich jetzt fragen, warum ich Sie um so etwas Abwegiges gebeten habe, nur zu. Fragen Sie.“ Und dennoch wirkte er, als würde ihn jemand zu der Erklärung zwingen wollen. „Warum sollte ich?“, fragte Squall tonlos. „Trotz allem, was im letzten Jahr passiert ist, sind Sie immer noch Direktor dieses Gardens, und ich bin Ihr SEED. Sie haben mir eine Mission auferlegt; was gibt es da noch zu hinterfragen? Ein SEED fragt niemals Warum, das sollten Sie am besten wissen.“ „Das ist keine Mission, Squall. Es ist eine persönliche Bitte.“ Die Haltung des jungen Mannes lockerte sich. „Sie und Edea haben uns aufgezogen“, rief er ihm verständnisvoll wach. „Wir müssen für Sie beide wie leibliche Kinder gewesen sein. Ich verstehe, dass Sie sich um jeden einzelnen von uns sorgen, was immer ihm auch widerfährt, oder was er auch tut. Wenn mehr dahinter steckt, dann brauche ich das nicht zu wissen.“ Cids Gesicht war voll Elend. Seine feuchten Augen klammerten sich mutlos wie erleichtert an ihn. „Ich danke Ihnen, Squall.“ Es war ein Wettrennen zur Raketenbasis. „Hau rein, Quistis!“, brüllte Xell auf dem Beifahrersitz, während er das Fenster herunterkurbelte. „Was hast du vor?“, wollte sie wissen, hegte aber bereits eine Vorahnung. Wenn sie der Wahrheit entsprach, würde sie Xell nicht von seinem riskanten Plan abbringen können. Dieser Hitzkopf! Gleiches schoss wohl auch Wedge in dem anderen Auto durch den Kopf, als sein Kommandant sich aus der Tür auf das Dach des fahrenden Kleinlasters schwang. Er fasste seinen Kontrahenten ins Visier, warf den Mantel zurück und zog die Gun-Blade aus ihrer Scheide. Blicke trafen sich wie Klingen. In beiden Augenpaaren loderte das Feuer der Kampfbereitschaft. Xell beobachtete, wie sein Gegenüber das Schwert mit träger Anmut senkrecht vor sein Gesicht führte; er selbst schlug zur Drohung zweimal in die hohle Luft, um ihm zu bedeuten: Es kann losgehen! Cifer startete das Duell mit einem Hast-Zauber auf sich selbst – offensichtlich wollte er das hier schnell hinter sich bringen. Xell reagierte sofort: Er drawte Anti-Z von ihm, um es gleich auf ihn zu verwenden. Für die grollende Miene des Gun-Bladers hatte er nur ein triumphierendes Grinsen übrig, dann musste er ein Feuga über sich ergehen lassen. Der Fahrtwind trieb es über seinen gesamten Körper; er war bemüht, nicht vom Wagen zu fallen. Es galt durchzuhalten! „Feura!“ Xell schleuderte nun seinerseits einen heißen Zauber auf den ewigen SEED-Anwärter. Getroffen! Dann verringerte sich der Abstand zwischen den Fahrzeugen und Quistis fuhr neben Wedge, sodass die beiden Kämpfenden keinen Meter voneinander getrennt waren. Xell registrierte Cifers abwertendes Grinsen. Er war nicht Squall – er würde die Schwerthiebe einer Gun-Blade kaum parieren können. Schon setzte der gefallene Hexen-Ritter zum Schlag an. Xells einzige Chance bestand darin, gegen die flache Seite der Klinge zu boxen, um sie auf diese Weise von sich zu stoßen, allerdings verfügte Cifer über eine ungeheure Kraft, die sich nicht so einfach zurückdrängen ließ. „Ich sehe, du hast… nicht… nachgelassen!“, presste der Jüngere zwischen den Zähnen hervor, während er versuchte, die gefährliche Waffe von sich abzuwenden. „Wie schade, dass ich das nicht zurückgeben kann. Zu viele Hotdogs im letzten Semester, Xell?“, höhnte Cifer mit seinem kennzeichnenden Lächeln, ehe er nachgab, die Gun-Blade aber unmittelbar wieder in Angriffsposition brachte. Der SEED stürmte über den Abgrund der Autodächer auf ihn zu, holte aus und wurde prompt ausgetrickst, sodass nicht seine Faust in Cifers, aber Cifers Knie in seinem Magen landete. Xell röchelte, rollte sich jedoch zur Seite, bevor Hyperion ihn zweiteilen konnte. Es gab ein markerschütterndes Geräusch, als sie stattdessen durch den Lack des Daches schliff. Xell fluchte. So würde er seinen Rivalen niemals besiegen können! Ein immenses Rumpeln. Cifer ging in die Knie, um nicht zu stürzen; Xell hingegen verlor das Gleichgewicht, tanzte und ruderte hilflos herum, fand allerdings keinen Halt, sodass er schreiend über den Rand fiel. Der Gun-Blader amüsierte sich herrlich. Von unten vernahm er ein schwer verständliches „’Tschuldigung!“ von Wedge, während er beobachtete, wie Quistis hart bremste und zügig in der Ferne kleiner wurde. Sie hatten sie abgehängt. Ob der naive Hasenfuß tatsächlich geglaubt hatte, ihm das Wasser reichen zu können? Und ob! Da Cifer sich dem Rand näherte, nahm er sonderbare Geräusche wahr. Er blickte hinab. „Wenn… du denkst… das… war’s schon… dann… muss ich… dich ent…täuschen!“ Mit aller Kraft krallte sich Xell an der Rückstange des Lasters fest und ließ dabei zu, dass er bei dieser Geschwindigkeit über den rauen Boden geschleift wurde wie ein Stein, der keine Gefühle empfindet. Die Prellungen, die Schürfwunden, die Schmerzen schienen ihm nichts auszumachen. Er lächelte sogar noch! Cifer war nicht klar, was er von diesem Anblick halten sollte. War das mutig oder schlichtweg verrückt, was der Hasenfuß da leistete? „Lass los!“, gebot er ihm bar jeden Mitleids. „Das hat doch keinen Sinn!“ „Ich… höre… nicht mehr… auf das… was… du sagst!“, hielt ihm der andere mühevoll entgegen. Da veränderte sich der Ausdruck des Überlegenen schlagartig. Er sah eine Möglichkeit, wie er diese Situation zur persönlichen Unterhaltung nutzen konnte. Xell lief es bereits bei diesem Anblick kalt über den Rücken. Cifer war keinesfalls zu unterschätzen. Er erinnerte sich noch lebhaft daran, wie er Squall damals ohne Gnade gefoltert hatte. Gelacht hatte er, indessen der Strom durch den gefesselten Leib des Schulsprechers zischte wie Gift. „Gib Gas, Wedge!“, befahl Cifer nach hinten. Obzwar der Angesprochene nur bemerkt hatte, dass es über ihm nicht mehr polterte und rummste, sonst aber keinen Schimmer hatte, was dort vor sich ging, drückte er fester auf das Pedal. Der Wagen raste. Xell verkrampfte sich, um die Schreie zu unterdrücken. Die harten, spitzen Steine rissen seine Kleidung, sein Fleisch auf. Die Qual war höllisch; Cifers erniedrigende Kommentare streuten Salz in die frischen Wunden. Er hörte ihn widerwärtig lachen. „Na, Hasenfuß, wie gefällt dir die Ganzkörpermassage?“ „Sch…eiße… Mann…!“ „Vielleicht ist das besser?“ Er hob die Gun-Blade zum finalen Angriff. Xell sah sie im Sonnenlicht blitzen. Ihm wurde übel. „STOPP!“ Alles, was er sah, war der lange, dunkle Stoff ihres Kleides, das sich weit über das Parkett erstreckte. Ein penetranter, verführender Duft drängte sich in seine Nase. In seinem Griff spürte er die Hyperion neben sich liegen, eisern umklammert, als wäre sie der letzte Halt vor dem Absturz in eine sehr tiefe und finstere Schlucht. Der Raum schien kein Ende zu kennen. Der Boden endete in einem schwarzen Nichts. Ein Schlund, der alles verhungernd in sich aufsog, was sich ihm näherte, und nie wieder freigab. Wie war er hergekommen? Schmerz durchzuckte ihn. Er keuchte auf; einzelne Schweißperlen tropften hinab und schienen sogleich zu verdampfen. „Konzentration!“, donnerte es von oben auf ihn nieder. Er hasste diese Peitsche. Noch mehr hasste er die tiefe Demütigung, die sie ihm mit jedem Biss erteilte, indem sie ihn wieder und wieder auf die Knie zwang. Zwei lange Beine, die er nicht sehen, aber vermuten konnte, regten sich: Eines legte sich geschmeidig über das andere. Er hörte die Seide rauschen. „Wiederhole.“ Die Stimme, dominant und kalt, hallte wie aus dem Nichts auf ihn zu. „Wie… oft denn noch?“, presste er genervt hervor. Wieder ein Schlag. Er zuckte zusammen. „Wiederhole.“ „Soldaten… Sie haben sie… haben sie…“ Seine Stimme zitterte. „…getötet.“ „Wer?“ „Soldaten…“ „Sicher?“ „J-ja, verdammt…!“ Der folgende Schlag ließ ihm schwarz vor Augen werden. Ja… Die befreiende Ohnmacht… „Du sagst nicht die Wahrheit. Du warst es. Du hast sie getötet. Wer hat sie getötet?“ „Ich…“ „Was?“ „Ich… habe sie getötet.“ „Wiederhole.“ „Ich habe sie getötet.“ „Wen?“ „Meine… Eltern.“ „Sehr brav. Was geschah dann?“ „Ich weiß es nicht…“ „Was geschah dann?“ Er dachte kurz nach. Zu lang. Wieder biss die Schlange zu. Springt eine Hexe so mit ihrem Ritter um? „Ich sagte es dir! Man hat dich zu mir gebracht! In meinem Waisenhaus bist du aufgewachsen! Ich habe dich genährt, dich erzogen! Um einen Mörder habe ich mich gesorgt!“ Er antwortete nicht. Im nächsten Moment nahm er wahr, wie sie aufstand und ihm seinen Mantel hinwarf. „Die SEEDs… Ich wusste, sie würden herkommen, würden sich erinnern. Ja… Dort, meine Kinder, seid ihr aufgewachsen. Dort, im Haus am Meer. Doch bevor ihr in eurer wunderschönen Vergangenheit schwelgt, lasst eure euch liebende Mutter euch in ihre Arme schließen.“ Sie drehte sich zu ihm um. „Bereite die Truppen für den Angriff vor. Wir werden mit dem feindlichen Garden kollidieren. Dann sollen sie zum direkten Angriff übergehen. Hast du verstanden?“ Squall… Er würde dort sein. Rinoa… Der Direktor… Er wollte sich rächen… Mit Mühe richtete er sich auf und zog den Mantel über. „Ja. Verstanden.“ „Gut…“ Lange Spinnenfinger berührten sein Gesicht regelrecht liebkosend, als wollten sie die soeben zugefügten Schmerzen gutmachen. „Dann lass mich dir etwas zeigen.“ Widerstandslos folgte er ihr. Er konnte nicht anders. Die Oberin würde ihn sicher leiten. Nach dem Hall ihrer Schritte urteilte er, dass der verfinsterte Raum, in dem sie zum Stehen kamen, sehr groß war. Der hiesige Geruch war ihm nicht fremd, und dennoch entwickelte sich in ihm das Bedürfnis, auf der Stelle kehrt zu machen und wegzulaufen. Edeas Hand um die seine machte das unmöglich. Er fügte sich ihr. Die Oberin würde ihn sicher leiten. Das Licht ging an. Mit einem Schlag schien der Sauerstoff nicht mehr in seine Lungen zu gelangen; er atmete schwer und keuchte und konnte nicht glauben, was seine Augen ihm gerade präsentierten. So etwas in dem Garden, in welchem sie die ganze Zeit über unterwegs waren? „Du wirst bleich…?“, fragte Edea mit einer Spur von Erstaunen. „Wer war das?!“, schleuderte er ihr entgegen. „Wer hat das hier angestellt?!“ Es brachte sie nicht aus der Ruhe. Als sie leise lachte, verstand er nichts mehr. „Das, mein lieber Junge, warst du.“ Er wusste nicht, ob es die vorangegangene Folter, dieser Anblick oder ihr Satz war, der seine Beine plötzlich einknicken ließ. Blut. „Nein…“ Von Panik und Pein verzerrte Fratzen. „Ich…“ Was mussten sie durchgemacht haben? Was hatten sie gefühlt? „Ich war das nicht…“ Was war das für ein Empfinden? Warum war es so zufriedenstellend? Er begann sofort, es zu hassen, aber zu behaupten, er würde es nicht unbedingt spüren wollen, wäre eine schlichte Lüge. Hitze und Kälte. Schauer und Wohltat. Abscheu und Genuss. Cifer hasste es und hasste sich selbst dafür. „ICH WAR DAS NICHT!“ Xell mobilisierte seine letzten Kräfte, zog sich von der Rückstange auf den Laster hin und verpasste Cifer einen Schlag ins Gesicht, worauf dieser hart auf das Dach aufschlug. Der Faustkämpfer spuckte aus und beobachtete grinsend, wie sein Kontrahent sich hastig zurück in den Stand kämpfte. „Nicht aufgepasst?“, stachelte er ihn an. „Nur ein kleiner Aussetzer.“ Cifer schniefte und funkelte das Gegenüber verdrossen an, während er sich den Blutbart fortwischte. Dann holte er zum Gegenangriff aus. „Herr Almasy? Wir sind daahaaa~!“ Beide blickten in die Fahrtrichtung. Und tatsächlich: Dort lag die Raketenbasis. Der Wagen verlor an Tempo und kam schließlich zum Halten. Die Duellanten sprangen vom Dach, landeten nebeneinander und fixierten sich argwöhnisch. Jeder dachte wohl dasselbe… Vorne stieg der Galbadia-Soldat aus und knallte die Tür unachtsam zu. „Woooow! Die steht ja doch noch! Sollte sie nicht zerstört sein?“ Er eilte voraus. Cifer und Xell folgten ihm. Wenn schon nicht sie, dann sollte nicht er der Erste sein, der die Basis betreten würde! Doch während Cifer weiterlief, fiel Xell etwas – oder jemand – ins Auge. Er bremste, änderte die Richtung und rannte über den Wüstensand hin zu Selphie, die ihm den Rücken zugewandt hatte und anscheinend weinte. Der größere Schock jedoch erwartete ihn, als er Irvine und dessen verheerende Wunde entdeckte. Er schreckte zurück. „Verdammt, Selphie… Ist er tot?“ Ein vages Kopfschütteln der ansonsten so lebensfreudigen Person. „Nein. Er ist bewusstlos. Aber wenn wir ihn nicht bald versorgen…“ Der strohblonde SEED kniete sich zu ihnen hinab. Irvine sah wirklich übel aus. Er hatte die Zeit vergessen, daher konnte er nicht sagen, wie viel davon seit dem warnenden Funkgespräch vergangen war, aber allein dem Anblick nach zu urteilen befand sich sein Kumpel in höchster Gefahr. Noch dazu die ganzen äußeren Umstände: Die Hitze, der Wassermangel, Cifer. Cifer! Xell schaute zur Raketenbasis, in die Cifer und dieser Wedge verschwunden waren. Dummerweise konnte er ihnen nicht folgen, weil er es für unverantwortlich hielt, Selphie und Irvine noch länger allein zu lassen. Das arme Mädchen stand unter Schock. Besonnen legte er eine Hand auf seine Schulter. „Squall wird bald hier sein. Ich bleibe solange bei euch, okay?“ Selphie nickte nur schwach. „Danke…“ Die Tür war nicht verschlossen, aber das wunderte Wedge gar nicht. Er dachte auch nicht einen Moment darüber nach, dass es sich um eine Falle handeln könnte. Er stürmte einfach ins Innere und kreischte enthusiastisch den Namen seines Ex-Kollegen, woher auch immer er mit Sicherheit wissen wollte, dass dieser hier wäre. Cifer, der das Massaker auf der Alclad-Ebene im Kopf hatte, rechnete hingegen fest mit einer unschönen Überraschung. Als tatsächlich etwas im Dunkel des Korridors aufblitzte, reagierte er sofort: „Wedge, Halt!“ Schlitternd kam der zum Stehen. Sie starrten unmittelbar in den Lauf einer feuerbereiten Schusswaffe. Cifer spannte den Arm an, der die Gun-Blade hielt. Wenn sie zuerst Wedge umballern würden, war das seine Chance. Es war wohl das erste Mal, dass er froh war, ihn mitgenommen zu haben. Als lebendes Schild und Ablenkungsmanöver könnte er durchaus nützlich sein. Doch unvermittelt preschte Wedge los. Selbst Cifer entglitten da sämtliche Gesichtszüge vor so unfassbar viel Leichtsinn. War der Kerl jetzt völlig durchgeknallt? Wollte er jetzt sterben? Er öffnete den Mund, um ihn zurückzurufen, streckte mahnend eine Hand nach ihm aus. Doch es war zu spät: Schüsse fielen… und der galbadianische Soldat ging zu Boden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)