Verbunden von Elementargeist (SS/HP) ================================================================================ Kapitel 1: ... in dem ein nächtlicher Besucher ankommt. ------------------------------------------------------- 1. Kapitel … in dem ein mitternächtlicher Besucher ankommt. ~ Fünf Stunden früher ~ An den hohen Zaun gelehnt, stand eine schlanke Gestalt und sah zu dem Haus hinüber. Der nächtliche Besucher hatte tatsächlich fast eine Stunde gebraucht, um in Feinarbeit mit dem Zauberstab alle magischen Barrieren zu überwinden. (Etwas, dass nebenbei kaum ein anderer Zauberer in derselben Zeit geschafft hätte). Jetzt waren nur noch die Hauselfenmagie und die Apperiersperre übrig. Er war sehr behutsam vorgegangen, trotzdem war der junge Zauberer sicher, dass der Hausherr seine Ankunft dennoch bemerkt hatte. Alles andere wäre enttäuschend gewesen. Der Ankömmling ließ seinen Blick durch den verwilderten Garten wandern. Selbst mitten in der Nacht war nicht zu übersehen, dass die Brennnesseln hüfthoch wuchsen, Laub die Beete bedeckte und die hohen Hecken seit wenigstens einem Jahrzehnt nicht mehr gestutzt worden waren. Im Haus selbst rührte sich nichts. Die Fenster waren allesamt dunkel – bis auf eines, das hinter einem verwinkelten Erker im Verborgen lag. Tatsächlich wäre er überrascht gewesen, wenn der Hausherr nachts geschlafen hätte. Als der Zauberer sich bei diesem Gedanken ertappte, lächelte er leicht, als würde er sich an etwas lang Zurückliegendes erinnern. Nach einem letzten Zögern und sehr wohl wissend, dass sein altes Leben in Kürze zu Ende sein würde, wie auch immer die Sache ausgehen mochte, zog Harry Potter an der altmodischen Klingelschnur und eine Bleckglocke gellte in den Tiefen des Hauses auf. Obwohl er nur einmal klingelte verstrichen mehrere Minuten, bis die Tür endlich von Innen aufgerissen wurde und eine einzelne Lampe im Flur eine düstere Gestalt beleuchtete. Severus Snape hatten die Jahre des Friedens gut getan. Seine Züge waren eine Idee weicher geworden, sein hageres Gesicht einen Hauch voller und seine Haut war nicht mehr krankhaft gelb, sondern einfach nur noch blass. Was allerdings nichts daran änderte, dass ihm die schwarzen Haare immer noch strähnig ins Gesicht hingen, seine Zähne Lockhardts natürlicher Aufheller gut vertragen hätten und der Blick aus den schwarzen Augen unheilschwanger wie eh und je war. Einen Moment lang wankte Harry wieder in seinem Entschluss. Dann fielen ihm die Alternativen ein. „Guten Abend, Professor Snape“, grüßte er höflich, gerade so, als hätten sie sich nicht zu letzt vor fünf Jahren auf einem Schlachtfeld gesehen. „Störe ich?“ „Immer, Mr. Potter!“, blaffte Snape zurück. „Außerdem unterrichte ich schon lange nicht mehr!“ „Ich weiß, ich habe Ihre Karriere in der Zeitung verfolgt.“ „Ich Ihre auch, so weit das möglich war.“ Severus Snape hatte sich scheinbar erstaunlich gut auf die Zeit nach dem Krieg vorbereitet. Kurz nach Voldemorts Untergang brachte er zwei umfassende Nachschlagewerke heraus – einen über Tränke und einen über dunkle Künste – die innerhalb kürzester Zeit einen Klassikerstatus und nie dar gewesene Auflagezahlen erreichten. Gleichzeitig patentierte er eine Reihe von Tränken, die ihm innerhalb eines Jahres ein beträchtliches Vermögen einbrachten und den Rückzug aus der Öffentlichkeit erlaubte. Zwar gab es eine relatives kurzes Verfahren, nachdem Snape angeklagt worden war, Albus Dumbledore umgebracht zu haben, aber selbst dieses wurde aus Mangel an Beweisen eingestellt. Das Harry heute trotzdem hier stand, lag unter anderem daran, dass ihn Dumbledores Porträt auf Hogwarts über die wahren Hintergründe seiner Ermordung aufgeklärt hatte. Im Laufe der vergangenen fünf Jahre war Snape zu einer unbekannten Größe in der magischen Welt geworden. In den Hinterzimmern der Nocturn Gasse wurde gemunkelt, dass er während des Krieges genug dreckiges Material über beide Seiten gesammelt hatte, um sie bis ans Ende aller Zeiten zu erpressen. Fakt war, dass er von Todessern und Ministeriumsbeamten gleichermaßen in Ruhe gelassen wurde. Alle paar Wochen wurde sein Rat als Zaubertrankmeister erbeten - und wenn Snape Zeit und sein Auftraggeber genug Gold hatte, bekam man erstklassige Arbeit. Severus Snape nutzte das auf die Schwelle fallende Licht, um seinerseits ungeniert den Helden der magischen Welt zu mustern. Harry wusste, was der Zaubertrankmeister sah, einen schlaksigen, jungen Mann mit wirr abstehenden schwarzen Haaren. Die Narbe war nach Voldemorts Tod fast verblasst. Und die Brille hatte er schon zur Beginn seiner Flucht durch einen Zauber ersetzt, weil sie ein zu auffälliges Kennzeichen war. Aber in Wahrheit sah Severus viel mehr. Es waren Kleinigkeiten. Einem Fremden wären sie kaum aufgefallen, aber immerhin hatte er den Jungen sieben Jahre lang täglich gesehen. Obwohl Harry erst Anfang Zwanzig war, hatte sich ein bitterer Zug in seinem Mund festgesetzt, seine ganze Haltung drückte angespannte Vorsicht aus und sein Auftreten war erstaunlich selbstbewusst. Von seiner naiven Unschuld war kaum etwas übrig geblieben. Außerdem, dachte Severus, hat er mit Sicherheit seit Ewigkeiten nicht mehr richtig geschlafen. Mit Augenringen und blutleeren Wangen kannte er sich schließlich aus. Lucius und die Lestranges müssen ihm dicht auf den Fersen sein. Was, bei Salazar, will er aus gerechnet bei mir? Harry bemerkte, dass Snapes eingehende Musterung abgeschlossen und seine ehemaliger Professor neugierig geworden war. „Erstaunt?“, fragte er. „Ein wenig“, gab der Zaubertrankmeister zu. Dann trat Snape zur Seite um den Helden der Zauberwelt einzulassen. Er führte ihn (wie hätte es anders sein können?) direkt in sein Büro. Es war genauso eingerichtet, das alte in den Kerkern von Hogwarts. An den Wänden standen Gläser voll mit Flüssigkeiten, in denen seltsame Geschöpfe schwammen und dümpelten. Aber im Gegensatz zu dem alten Büro besaß dieses außer einem Kamin auch noch zwei Sessel aus abgeschabten Leder. Severus schenkte ihm ein Glas mit einer dunklen Flüssigkeit aus einer höchst staubigen Flasche ein. Sofort sah der Junge ihn wieder mit demselben jugendlichen Misstrauen an, dass er ihm schon als Schüler entgegen gebracht hatte. „Was ist das?“, verlangte Potter zu wissen, ohne das Glas aus Severus Hand entgegen zu nehmen, „Gift, ich träume seit Jahren davon, Ihnen welches zu geben!“ Severus verdrehte die Augen. „Merlin, Potter, es ist bloß Nesselwein!“ Während der Junge sich in seinem besten Sessel niederließ und höchst flegelhaft die Beine von sich streckte, das Glas auf der Lehne balancierend, nahm Severus mit überschlagenen Beinen im einzigen anderen Sessel Platz. Einen Moment lang musterte er Potter prüfend und wieder fielen ihm die tiefen Augenringe und die Blässe auf. Es war als hätten sie die Rollen getauscht, denn er selbst fühlte sich blendend. „Sollten Sie nicht eigentlich tot sein?“, fragte Snape, nachdem er Harry eine ganze Weile lang schweigend gemustert hatte. „Sie haben es geglaubt?“, wollte sein ehemaliger Schüler wissen. „Nicht eine Minute lang.“ „Ihr Freund Malfoy leider auch nicht. Ganz im Gegensatz zum Ministerium.“ „Wundert Sie das?“ „Nicht wirklich. Tote Helden sind leichter zu handhaben.“ „Zynismus steht Ihnen nicht, Mr. Potter!“, bemerkte Severus sachlich. „Und das von Ihnen!“, konterte sein Gast sarkastisch. „Warum sind Sie hier?!“ Harry dehnte die ausgestreckten Beine und drehte das Weinglas in den Händen. Es fiel ihm schwer jetzt still zu sitzen und gleichzeitig wollte er das kaum wahrnehmbare Band, dass die kurze Unterhaltung zwischen ihnen geknüpft nicht mit einer abrupten Bewegung zerstören. „Sie glauben also nicht, dass ich Sehnsucht nach Ihnen hatte? Nach Ihrer warmen Art und Ihrer erfrischenden Ehrlichkeit?“ „Bedürfen Sie Ehrlichkeit?“ Harry lachte auf. „Ich bedürfte eines Versteckes, dass seid hundert Jahren niemand mehr gefunden hat. Oder eine Armee von Leibwächtern. Aber davon abgesehen, ja, Ehrlichkeit wäre nicht schlecht.“ „Sie können nirgendwo mehr hin?“ „Zu letzt war ich nicht einmal mehr in der Kammer des Schreckens sicher.“ „Ich denke, dass beantwortet meine Frage.“ Severus legte die Fingerspitzen aneinander und betrachtete den Jungen über das Dreieck seiner Hände hinweg. „Und was wollen Sie jetzt tun? Bis zum bitteren Ende kämpfen oder mich um ein schnell wirkendes Gift bitten?“ „Das Sie mir sicher mit Freude geben würden.“ Snape lächelte ominös, widersprach aber nicht. Harry trank einen tiefen Schluck und legte dann den Kopf zurück, um den Blick aus den dunklen Augen nicht länger ertragen zu müssen. „Ich bin an keinem Ort der Welt länger sicher und Ihre Todesserfreunde werden vor dem Morgengrauen hier eintreffen, so schrecklich melodramatisch das klingt.“ Harry hatte immer gewusst, dass dieser Tag kommen würde, aber er hatte nicht erwartet, dass er am Ende so große Angst davor haben würde. Denn tatsächlich wollte er leben, all der Widrigkeiten, Verluste und Schmerzen in seinem Leben zum Trotz, hielt er sich mit verzweifelter Kraft am Leben fest. Unauffällig sah er zu Snape hinüber. Während er in der Kammer des Schreckens gehaust hatte, nachts heimlich Essen stahl und sich nur mit den Porträts unterhielt, hatte er dank eines uralten, längst verstorbenen Zauberers einen Weg gefunden, sich zu retten. Einen altmodischen, aber anerkannten Weg. Und Snape spielte eine wesentliche Rolle dabei. Der Zaubertrankmeister hatte den Blick noch immer auf ihn gerichtet, sinnierend die dünnen Lippen gespitzt. „Sie sind also in einem Augenblick hierher gekommen, in dem Sie keinen Ausweg mehr finden? Ausgerechnet zu mir? Sie sehen mir erstaunt!“ Severus Snape hatte nie weniger erstaunt ausgesehen, als in diesem Moment. Tatsächlich schien er das Ganze sogar heimlich zu genießen. Potter, überlegte Severus, hat sich bisher immer mit mehr Glück als Verstand aus jeder Notlage heraus gewunden. Vielleicht war er wirklich nur aus Verzweiflung und Nostalgie zu seinem alten Hasslehrer gekommen. Aber Potter hatte auch Jahre gehabt, um sich auf diesen, letzten Kampf mit den Todesser vorzubereiten. Und so unwahrscheinlich es schien – vielleicht hatte der Junge einen Plan! „Sie haben also nichts mehr zu verlieren!“, begann er seinen nächsten Zug. „Wenn Sie lebend gefasst werden, erwarten Sie Tage, wenn nicht Wochen in Gefangenschaft. Sie werden auf alle erdenkbaren Arten gedemütigt, geschändet und gefoltert werden. Wenn Sie Glück haben, sterben Sie früh.“ „Ich wusste, dass ich auf Ihr Einfühlungsvermögen und Ihr goldiges Herz bauen kann!“, fauchte Harry zornig. Einen Augenblick lang schien er Snape fast wieder zu hassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)