Hot N' Cold von schmoergelmotte ((ehem. Melting)) ================================================================================ Kapitel 6: Zerbrochen --------------------- Tag auch! Da bin ich wieder. Seit ein paar Tagen habe ich wieder Netz und nun kann ich endlich mal dieses Kapitel hochladen. Tut mir Leid, dass es so lange gedauert hat, aber im Moment bin ich immer recht lange auf der Arbeit und danach habe ich selten Lust, mich noch hinzusetzen und zu schreiben. Trotzdem danke für die Kommis und viel Spaß beim Lesen :) Kapitel 6: Zerbrochen Schweiß bedeckte seine Stirn und seinen restlichen Körper; ein klebriger, kühlender Film, von dem sich nur ab und zu ein kleines Tröpfchen löste, um auf den Körper unter ihm zu fallen, der jedoch ebenso mit einem feuchten Schweißfilm bedeckt war. Seine leicht zitternden Hände wanderten über die blasse Haut unter ihm, über die schlanken Arme bis hin zu den kurzen, brauen Haaren, während braune Augen ihn liebevoll und begierig zugleich ansahen. Er lächelte leicht, wurde jedoch gleich wieder durch ein Stöhnen seinerseits unterbrochen. Hitze wallte in ihm auf und er wusste, es würde nicht mehr lange dauern, bis er seinen Höhepunkt erreichen würde. Sein Herz pochte wie wild an seine Brust, während er sein Gesicht in die vor ihm freiliegende Halsbeuge drückte, um seine eigenen Laute etwas zu dämpfen. Er schmeckte die salzige Flüssigkeit an seinen Lippen, was ihn jedoch nicht störte, sondern in diesem Moment sogar fast noch anreizender wirkte. „John“, stöhnte er leise und wollte sich wieder etwas aufrichten, um in das Gesicht seines Freundes sehen zu können, als sich der Körper unter ihm plötzlich versteifte. Überrascht blickte er in das Gesicht unter ihm, das nun weiblichere Züge annahm. Das Haar wurde länger, die vorderen Haare wurden weiß. Die braunen Augen blieben, doch sie wurden etwas dunkler und sahen ihn nicht mehr zärtlich und erregt an, sondern mit einer Mischung aus Erstarrung, Wut und Schock. Unvermittelt sah er Rogue in die Augen und hoffte, dass das, was er glaubte, gesagt zu haben, nicht wirklich aus seinem Mund gekommen war. „Ähm… Schatz, alles okay?“, fragte er unsicher und hoffte, dass es irgendeinen anderen Grund für ihren Blick und ihre abwehrende Körperhaltung gab, als das, was er befürchtete. Doch anstatt ihm zu antworten, starrte sie ihn nur ungläubig an. Dann schien sie den Schock, der sie an Ort und Stelle verharren ließ, zu überwinden und drückte ihn bestimmt, fast schon grob von sich. Schließlich drängte sie sich unter ihm vom Bett und hob ihre Kleidung auf. Bobby raufte sich die Haare. Das ungute Gefühl in ihm wuchs, dass er sich Johns Namen, aus seinem Mund gesagt, nicht nur eingebildet hatte. Eigentlich sah er sich durch Rogues Verhaltensweise schon darin bestätigt. „Können… können wir…“, begann er und verfluchte sich selbst, dass seine Stimme plötzlich so heiser und brüchig klang. „Können wir darüber reden?“ Kaum zu glauben, dass er diese vier Worte wirklich plötzlich ohne zu stocken hatte sagen können. Wäre der Zeitpunkt nicht dermaßen unpassend, würde er sich selbst dafür auf die Schulter klopfen, denn so wie sein Herz raste und sein Verstand sich überschlug, hatte er das Gefühl, seine Zunge würde taub in seinem Mund liegen und jedes Wort blockieren, bevor es über seine Lippen kommen konnte. Rogue, die sich gerade hastig ihren Pullover überstreifte, wandte ihren Blick nur kurz zu ihm, ehe sie ihn wieder abwandte, so als könnte sie es nicht ertragen, ihn anzusehen. „Nein“, sagte sie und ihre Stimme klang auf merkwürdige Weise gleichzeitig kalt und doch zittrig. Ohne ihn noch mal einmal anzusehen oder auf ein weiteres Wort von ihm zu warten, begab sie sich zu der Tür, die aus ihrem eigenen Zimmer führte. Doch ehe sie die Klinke herunterdrückte, hielt sie inne. „Nicht jetzt“, sagte sie so leise, dass Bobby sie kaum verstanden hatte. Er merkte, wie sie tief durchatmete. Ihre Stimme wurde wieder etwas gefasster. „Wir müssen darüber sprechen, aber nicht jetzt. Ich werde ein bisschen im Garten spazieren gehen und wenn ich wieder komme… bist du aus meinem Zimmer verschwunden, okay?“ Bobby nickte, auch wenn sie es nicht sehen konnte. Aber ihm war klar, dass sie wusste, dass er sie verstanden hatte. Während Rogue das Zimmer verließ und die Tür hinter sich schloss, griff er nach seiner Kleidung. Verdammte Scheiße! Kaum war Rogue aus dem Raum gegangen, hatte Bobby sich auch schon angezogen und war so schnell wie es ihm möglich gewesen war aus dem Zimmer verschwunden. Keine Sekunde länger hätte er in diesem Raum sein wollen. Seufzend lehnte er nun an der Innenseite der Tür seines eigenen Zimmers und atmete tief durch. Er fühlte sich miserabel. Nie hätte er gedacht, dass ihm so etwas mal passieren könnte. Immer, wenn solche Situationen in Filmen gezeigt wurden, hatte Bobby es für unmöglich gehalten, dass ein Mensch vergessen konnte, mit wem er schlief bzw. sich dabei jemand anders vorstellen konnte. Doch nun war es ihm selber passiert. Und zwar ohne dass er es bemerkt hatte. Fast so, als hätte sein Hirn sich selbstständig gemacht und ihn mit Bildern gefüttert, die er anscheinend lieber sehen wollte. Eine Gänsehaut überkam ihn, als er an Johns verschwitztes, erregt blickendes Gesicht zurückdachte, das in Wahrheit nur ein Trugbild gewesen war. Er schluckte. Er konnte nicht einmal einordnen, ob er eine Gänsehaut bekam, weil er es selbst so anregend empfand oder weil es ihn gruselte, dass er überhaupt an so etwas in Bezug auf John gedacht hatte. Doch wer ihm mehr Leid tat, als er sich selbst – und er tat sich selbst, wenn er ehrlich war, wirklich sehr Leid – war Rogue. Sie hatte einfach nicht verdient, so verletzt und beschämt zu werden, nur weil er… ja, weil er sich in letzter Zeit ganz offensichtlich mehr zu John hingezogen fühlte. Er hatte ihr nie wehtun wollen. Selbst wenn sie sich getrennt hätten, hätte er versucht, es ihr so schmerzlos wie möglich beizubringen. Der Schuss war nun aber offensichtlich nach hinten losgegangen. Er hatte wohl kaum noch Gelegenheit, ihr schonend beizubringen, dass er an ihrer Beziehung zweifelte und dass es ihn sich merkwürdiger Weise zu John hinzog. Er wusste nicht einmal, ob er ihr es überhaupt jemals gesagt hätte. Zumindest hatte er noch keinen Plan gefasst, das zu tun. Doch jetzt fühlte er sich mehr als schuldig. Er versuchte sich auszumalen, wie Rogue sich nun fühlen musste, doch immer, wenn er auch nur ansatzweise soweit kam, sich dies auszumalen, überwog ihn wieder eine Welle von Schuldgefühlen und Selbstmitleid. „Verdammte Scheiße“, murmelte er leise und ließ sich an dem Türblatt nach unten auf den Boden sinken. Niemand würde hier reinkommen können, solange er hier sitzen würde. Und das war ihm ganz recht so, denn er wollte auch niemanden sehen. Dennoch würde Rogue wissen, dass er hier sein würde und wenn sie mit ihm sprechen wollte, konnte er sich selbst kaum verleugnen. So sehr er auch vor einem Gespräch flüchten wollte, wusste er doch, dass es besser war, es jetzt schnell hinter sich zu bringen, als es tagelang vor sich her zu schieben. Genauso wenig konnte er John den Eingang in das eigene Zimmer versperren. Vermutlich würde dieser eher die antike Holztür in Flammen setzen und sich so Zutritt verschaffen, als sich aussperren zu lassen. Erneut überkam Bobby ein ungutes Gefühl. John wollte er nun wirklich nicht sehen. Er wusste nicht, ob er dem Feuermutant überhaupt in die Augen blicken können würde. Vermutlich nicht. Zu sehr schämte er sich für das, was er sich vorgestellt hatte. Nicht nur, weil es sein bester Freund war, sondern auch weil John ein Mann war. Niemals zuvor hatte er bei so etwas an einen Mann gedacht. Und irgendwie widerstrebte es ihm selbst, dass er es nun tat. Er erinnerte sich noch gut daran, als er das erste Mal bemerkt hatte, dass er über Kräfte verfügte. Damals war er 12 Jahre alt gewesen. Anfangs hatte er sich sehr darüber erschrocken, Gegenstände nach seinem Willen einfrieren lassen zu können. Eigentlich hatte er sogar ein kleinwenig Angst vor sich selbst gehabt. Ein Kleinwenig? Total! Er hatte einfach nur normal sein wollen. Wie jedes Kind in seiner Schule in Boston. Er hatte damals an Superhelden wie Spider-man gedacht und obwohl er manchmal gerne Comics darüber gelesen hatte, wollte er nicht so sein wie sie. Schlagartig musste er an ’Brokeback Mountain’ denken. Und obwohl ihm die beiden Cowboys durchaus Leid getan hatten, als Rogue ihn gezwungen hatte, diesen Film mit ihr, Kitty und Piotr zu gucken, hatte er niemals gedacht, dass ihm so etwas passieren könnte. Und gewollt hatte er es schon gar nicht. Warum konnte er nicht normal sein? Das war doch alles, was er wollte. Es reichte schon, dass er ein Mutant war, auch wenn er diesen Umstand mittlerweile in vielen Lebenslagen praktisch fand. Aber sollte er jetzt auch noch ein schwuler oder wohl eher bisexueller Mutant sein? Für die pubertäre Ausprobier-Phase war er doch wohl definitiv zu alt. Verzweifelt raufte er sich die Haare. Warum musste das Leben so unfair sein? Tropfend stieg Rogue aus der Dusche des Mädchen-Duschraums auf ihrem Flur und band sich schnell ein langes, breites Handtuch um, ehe sie ihre nassen Haare mit einem Haargummi zu einem Knoten zusammenband. Zunächst hatte sie einfach nur aus ihrem Zimmer gehen wollen, weg von Bobby, ohne ein Ziel. Doch dann war ihr klar geworden, dass sie keine Sekunde länger diese leichte, klebrige Schweißschicht und den Gedanken von seinen Händen auf ihrer Haut ertragen konnte. Sie hatte einfach alles von sich wegspülen wollen. Innerlich wie äußerlich. Doch abgesehen davon, dass sie nun frisch geduscht roch und körperlich rein war, hatte ihr die Dusche nicht viel gebracht. Noch immer spürte sie seinen Körper an sich, was sie eigentlich eher angeregt hätte, würde sich damit verbunden nicht automatisch wieder Johns Name, gestöhnt aus Bobbys Mund, in ihre Erinnerung setzen. Sie konnte kaum leugnen, schon gar nicht vor sich selbst, wie verletzt und zurückgewiesen sie sich fühlte. Und das, obwohl sie in den letzten Wochen das Gefühl gehabt hatte, ihre und Bobbys Beziehung würde nicht mehr richtig laufen. Sie konnte nicht genau bestimmen, was es war, doch sie hatte eine leise Ahnung. Es war schleichend gekommen, doch sie hatte selbst bemerkt, wie ihre Gefühle für Bobby langsam, aber stetig abgeschwächt waren. Natürlich empfand sie auch jetzt noch viel für ihn, mehr als nur für einen Kumpel. Doch es war nicht mehr dieses Kribbeln vorhanden, dass sie sonst immer bei ihm gespürt hatte und auch fühlte sie sich nicht mehr vollkommen ausgefüllt, wenn sie zusammen waren. Dennoch hatte sie es nicht gewagt, mit ihm darüber zu reden. Sie hatte ihn schon oft, bevor sie sich hatte heilen lassen, in den Ohren gelegen, dass ihr irgendetwas fehlte und ihm sogar bei Kitty unterstellt, wie alle Männer nur an Sex zu denken und sie vielleicht zu hintergehen, weil sie ihm das nicht bieten konnte. Und so hatte sie jetzt nicht undankbar erscheinen wollen, denn er hatte all die Zeit zu ihr gehalten und sie nicht ein einziges Mal betrogen – wenn man den Kuss mit Kitty mal ausnahm, aber den zählte sie mittlerweile schon gar nicht mehr und ein Betrug war es eh nicht gewesen. Doch jetzt… nun dachte er beim Sex an jemand anderen. Und auch wenn sie selbst nicht mehr so viel für ihn empfand, wie sie es eigentlich müsste, verletzte es sie, dass er sie offenbar nicht einmal mehr ansprechend genug fand, um bei so etwas nur an sie zu denken. Und dann ausgerechnet John. Nicht, dass John ein schlecht aussehender Kerl war. Auf seine Art und Weise sah er sogar ganz gut aus. Er hatte eine gewisse Art von Charme und Ausstrahlung, zumindest solange, wie er seinen Mund hielt und nicht entweder die Macho- oder Arschloch-Tour rauskehrte. Hätte irgendjemand anders, z.B. Syren, ihr gesagt, dass sie auf John stände, hätte sie es irgendwie sogar verstehen können. Aber Bobby? Nicht nur, dass er selbst auch ein Junge war, so hätte sie von Bobby nie gedacht, dass dieser mal auf das eigene Geschlecht und dann auch noch gerade auf John stehen würde. Sie atmete tief durch und ließ das Handtuch wieder sinken, um ihre Unterwäsche anzuziehen. Vermutlich würde sie das alles nicht mal stören, wenn sie nicht zusammen wären. Sie seufzte leise. Sie würde mit Bobby sprechen müssen. Sie wollte dies nicht ungeklärt lassen, auch wenn sie sich jetzt am liebsten bei Logan verkrochen hätte. Dabei wusste sie nicht einmal, ob dieser überhaupt im Haus war. Schnell zog sie das Gummi aus ihrem Haar. Sie würde sich beeilen und dann mit Bobby sprechen; so hatte sie es wenigstens bald hinter sich. Es dauerte nur wenige Minuten – Bobby kam es vor, als wären es nur Sekunden gewesen – bis jemand versuchte, die Tür von außen zu öffnen und damit das Türblatt unsanft gegen Bobbys Rücken schob. Er schluckte hart, dachte jedoch nicht daran, sich zu bewegen. Irgendwie fühlte er sich wie versteinert. Wer auch immer da draußen war, es würde sicher jemand sein, den er jetzt nicht sehen wollte. „Was für eine Scheiße“, hörte er eindeutig Johns Stimme auf der anderen Seite der Tür, die sich nur einen zentimeter-dicken Spalt geöffnet hatte, fluchen. „Bobby, bist du da drin? Warum klemmt die Scheißtür?“ Er bemerkte wie John sich stärker gegen die Tür lehnte und er wusste, dass er alles nur noch schlimmer machte, wenn er John nicht in ihr gemeinsames Zimmer ließ. Doch er wollte ihn nicht sehen. Nicht jetzt schon. Das Türblatt knallte härter gegen seinen Rücken, sodass Bobby nur mühsam ein schmerzvolles Zischen unterdrücken konnte. Er hatte keine Wahl. Holprig stand er auf und entfernte sich schnell von der Tür. John, der abermals viel Kraft hatte aufwenden wollte, um die Tür zu öffnen, flog durch den eigenen Schwung, der nun nicht mehr abgefangen werden konnte, fast in das Zimmer hinein. Kaum hatte er sich gefangen, blickte er verwundert von der Tür zu Bobby. „Was war mit dem Ding los?“ Offenbar nahm er an, dass die Tür wirklich geklemmt hatte und Bobby nur in der Nähe stand, weil er sie von der Innenseite geöffnet hatte. Bobby beschloss, ihn in dem Glauben zu lassen. „Keine Ahnung“, meinte er. „Als ich vorhin rein kam, war das noch nicht.“ Aus den Augenwinkeln sah er eins von Johns alten, zerkratzten Feuerzeugen auf dem Boden liegen. Die Rettung! „Das lag vor der Tür. Vermutlich hat es sich dann zwischen Schwelle und Türblatt verklemmt“, sagte er schließlich schnell und zuckte mit den Schultern. Ohne ein Wort zu sagen, bückte John sich und nahm das Feuerzeug in die Hand. „Tja…“, sagte er lang gezogen. „Vielleicht sollte ich doch mal wieder aufräumen.“ Würde er nicht innerlich zittern und sich furchtbar unwohl in Johns Nähe fühlen, hätte Bobby jetzt laut aufgelacht. John war und blieb ein Chaot und dass er dies jetzt endlich selbst einsah, grenzte fast an ein Wunder. Doch in diesem Moment bekam Bobby gerade mal ein schiefes Lächeln zustande. Johns Gegenwart ließ ihn noch mehr verzweifeln und obgleich sein Herz so schnell schlug, als hätte er einen Sprint hinter sich, hatte er gleichzeitig das Gefühl, ein schwerer Bleiklotz würde darauf liegen. Nur kurz wagte er es, den Blick zu heben und zu John zu gucken, welcher nun weiter in Richtung seines Bettes ging. Von dem Gesicht des Feuermutanten sah er gerade mal etwas mehr als das Profil. Doch das genügte schon, um Bobby heißes Blut in die Wangen schießen zu lassen. Dass er sich wirklich dieses Gesicht lustvoll blickend und verschwitzt vorgestellt hatte, ließ seinen Hals trocken und schmerzhaft rau werden. Schnell senkte er seinen Blick wieder, als er bemerkte, dass John sich halb zu ihm umdrehte, um die Schublade in seinem Nachttisch zu öffnen. „Wolltest du nicht eigentlich den Nachmittag mit Rogue verbringen?“, hörte er schließlich John sagen und merkte, wie dieser sich auf sein Bett setzte. Bei dem Gedanken an Rogue und ihrem Namen aus Johns Mund wurde ihm schlagartig wieder bewusst, wie sehr er sie verletzt hatte. Nicht, dass er dies auch nur für seine Sekunde wirklich vergessen hatte. Es war über Johns Auftauchen nur etwas in den Hintergrund geraten. Das schlechte Gewissen nagte erneut an ihm. „Hat sich was geändert“, presste er mühsam heraus und hoffte, dass John nicht weiter fragen würde. Eigentlich war es nicht mal gelogen. Es hatte sich tatsächlich viel geändert, auch wenn John vermutlich eher davon ausging, dass sich nur der Tagesablauf, den er und Rogue geplant hatten, geändert hatte. „Das heißt, ihr geht heute Abend nicht aus?“ Ein weiterer Stich. Warum musste John einem auch jedes Detail aus der Nase ziehen? Aber so war es ja immer schon gewesen. Und dabei eher weniger auf neugierige Art und Weise, sondern eher auf spöttische, bedrängende. Bobby fühlte sich schlecht. Am liebsten würde er sich übergeben. Oder zumindest fühlte sich sein Magen so verkrampft an, dass er alles Essen sicher am liebsten loswerden würde. „Vermutlich nicht“, sagte Bobby, auch wenn er sich ganz sicher war, dass er und Rogue heute Abend nicht mehr zusammen weggehen würden. Wenn sie überhaupt jemals wieder etwas miteinander unternehmen würden. Dass er sie als feste Freundin verloren hatte – das war ihm klar. Denn selbst wenn sie ihm das verzeihen würde – und er könnte sie gut verstehen, wenn sie das nicht tun würde – wäre für ihn klar, dass ihre Beziehung kaum noch einen Sinn hatte. Das hatte er in den letzten Wochen gemerkt und dass er jetzt, während er mit ihr schlief, an jemand anders dachte – er versuchte vehement zu verdrängen, dass dieser Jemand gerade im selben Raum war – bewies, dass er nicht mehr genug für sie empfand. Doch noch bevor John eine weitere Frage stellen konnte, hörten die beiden jungen Männer ein Klopfen an der Tür, die sich Bruchteile einer Sekunde später auch öffnete, ohne dass einer von ihnen etwas gesagt hatte. Wie Bobby befürchtet hatte, stand Rogue im Türrahmen. Sie sah frischt geduscht aus und an ihrem recht neutralen Gesichtsausdruck hätte niemand sehen können, dass sie etwas bedrückte. Doch Bobby wusste, dass dies nur Fassade war. „Kannst du mal eben mitkommen?“, fragte sie an Bobby gerichtet und er war sich sicher, dass nur er merkte, dass sie wenige Millimeter an ihm vorbeiblickte. Am liebsten hätte er „Nein“ gesagt, doch er wollte nicht mit ihr streiten. Das hatte sie nicht verdient. Er nickte nur wortlos und ging ihr langsam hinterher, als sie sich wieder von der Tür entfernte. Doch er merkte, wie Johns Blick skeptisch auf seinem Rücken ruhte. Stillschweigend folgte Bobby Rogue, wohin auch immer sie mit ihm gehen wollte. Mit jedem Schritt jedoch sank sein Herz wie von einem Bleiklotz gezogen weiter nach unten. Der Drang, einfach umzukehren und wegzulaufen, war stetig da, doch er wusste selbst, dass er das nie tun würde. Verdutzt folgte er ihr in den Aufzug, der nach unten zu den Trainings- und Ausrüstungsräumen, sowie Cerebro und dem Labor führte. Er wusste ebenso gut wie sie, dass man im oberen Bereich der Schule immer Gefahr lief, dass jemand in ein Zimmer rein kam und Syren, die sich mit Rogue ein Zimmer teilte, würde sicherlich auch bald aus der Stadt zurückkommen. Aber an einem Sonntag wie heute würde sich unten im Keller keiner aufhalten, seit Scott und Jean nicht mehr lebten. Storm hielt sich meist oben im Direktorenbüro auf, Logan war momentan unterwegs. Früher war Jean oft im Labor gewesen und Scott als kleiner Workaholic hatte manchmal sogar sonntags an einigen technischen Ausrüstungen oder am Jet gebastelt. Ohne die beiden war es im Keller praktisch wie ausgestorben. Als die Aufzugtüren sich öffneten, trat Rogue als Erste heraus und Bobby hatte fast das Gefühl, dass sie es möglichst eilig hatte, den engen Raum, den sie ein paar Sekunden mit ihm hatte teilen müssen, zu verlassen. Verdenken konnte er es ihr nicht. Nach ein paar Schritten jedoch hielt sie wieder an und setzte sich auf eine kleine Aushöhlung in der Wand. Bobby blieb aus Anstand einige Schritte vorher stehen. Nun, wo sie nicht mehr liefen, schien die Stille zwischen ihnen noch drückender zu sein. „Ich weiß nicht so recht, wo ich anfangen soll“, begann Rogue, doch Bobby – überrascht von sich selbst – unterbrach sie recht schnell. „Es tut mir Leid“, sagte er und schaffte es nicht, sie dabei anzusehen. „Ich hab keine Ahnung, wie das passieren konnte.“ Rogue sah auf und blickte zu ihm, ehe sie sich wieder der Wand ihr gegenüber zuwandte. „Ich denke, das weißt du durchaus.“ Ihr Ton war schneidend und verletzt. Bobby fühlte sich, als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst. „Wir sollten ehrlich reden“, sagte sie schließlich ruhiger und wesentlich leiser. Bobby nickte. Nervös strich Rogue sich durch die Haare, nahm schließlich eine ihrer vorderen, fast weißen Strähnen und drehte sie um ihren Zeigefinger, nur um sie wieder locker in Kringeln ausschwingen zu lassen. „Es geht nicht nur um das, was heute passiert ist“, begann sie erneut und es schien, als würde sie durch ihre eigenen Worte zusammenzucken. „Ich hatte schon seit längerem das Gefühl, dass…“ Sie brach ab und biss sich auf die Lippen. Doch Bobby hatte das Gefühl, er wusste genau was sie sagen wollte. „Dass irgendetwas sich verändert hat?“, fragte er leise und erschrak etwas darüber, wie sehr seine Stimme zitterte. Rogue nickte nur. „Unsere Beziehung ist nicht mehr so wie früher“, meinte sie und sprach damit das aus, was Bobby die letzten Wochen gedacht hatte. „Und ich denke, es hat angefangen, als ich mich habe heilen lassen.“ Bobby schwieg und überlegte kurz. Er hatte nie einen bestimmten Zeitpunkt festmachen können, ab wann sich ihre Beziehung verändert hatte bzw. ab wann seine Gefühle für Rogue nachgelassen hatten. Aber er war sich sicher, dass dieser Zeitpunkt ungefähr hinkommen könnte. „Meinst du, dass das der Grund war?“ Rogue schüttelte den Kopf. Bobby sah sie verwirrt an. „Der Grund nicht unbedingt“, sagte sie und zog eins ihrer Beine hoch, um ihre Arme darum zu schlingen und ihr Kinn auf das Knie zu stützen. „Vielleicht war es auch schon viel früher so, wie wir es jetzt empfinden und wir haben es nur nicht gemerkt.“ „Was meinst du?“, fragte Bobby, der ihr nicht ganz folgen konnte. Natürlich hatten sie auch schon vorher ihre Differenzen und Probleme gehabt, aber er hatte damals nicht so wie jetzt gedacht, dass er zu wenig für sie empfand. „Alle Probleme, die wir damals hatten und alles, was zwischen uns nicht richtig lief, haben wir auf meine Kräfte geschoben“, erklärte sie und ihre Stimme klang ernst und einsichtig zugleich. „Immer, wenn wir unzufrieden mit uns waren, haben wir es darauf geschoben, dass wir uns nicht berühren konnten. Wir haben einfach gedacht, das wäre das einzige Problem und wenn ich geheilt wäre, würde alles super sein. Und das war es ja auch… für eine kurze Zeit. Aber ich denke, mittlerweile wissen wir beide, dass es nicht genug ist.“ Mit ’es’ meinte sie eindeutig ihre Gefühle zueinander. Bobby verstand langsam, was sie meinte. „Vermutlich hast du Recht“, gab er zu und lehnte sich seufzend gegen die Wand. „Aber ich war nicht nur aus Mitleid mit dir zusammen und hab auch nicht nur zu dir gehalten, weil du unberührbar warst und ich dachte, ich könnte dich deshalb nicht verlassen.“ „Das habe ich auch nicht behauptet“, gab Rogue zurück und hörte sich ein wenig beleidigt an. „Hat sich aber so angehört“, erwiderte Bobby und ließ sich auf den Boden sinken. Er hatte viel zurückgesteckt die letzten Jahre und oft ihre Launen über sich ergehen lassen müssen, wann immer sie unzufrieden mit sich und ihrer Beziehung und der Tatsache, dass sie niemanden berühren konnte, gewesen war. „Ich glaube nicht, dass du in der Lage bist, beleidigt zu sein, Bobby“, sagte sie, als könnte sie seine Gedanken lesen. Bobby schüttelte nur den Kopf. „Ich weiß durchaus, dass ich Mist gebaut habe…“, sagte er. „Trotzdem bin ich nicht allein Schuld, dass wir jetzt hier sitzen.“ Rogue seufzte hörbar und stand auf. „Badest du gerade im Selbstmitleid, Bobby?“, fragte sie ihn und klang genervt. „Mit welchem Wort habe ich behauptet, dass du an allem Schuld bist? Mit keinem einzigen. Du interpretierst meine Worte so, wie du sie gerade hören willst. Ich könnte ja jetzt auch mal anfangen, zu interpretieren, warum du Johns Namen rufst, anstatt meinen, denn ich denke, ich habe gerade wesentlich mehr Recht auf dich sauer zu sein, als du auf mich! Ich weiß durchaus, dass ich nicht immer einfach gewesen bin, aber tu nicht so, als wärst du der Einzige, der verletzt ist!“ Bobby zuckte zusammen. Mit jedem Wort war Rogue ein wenig lauter geworden. Die Erinnerung daran, dass er vorhin Johns Namen gerufen hatte, aus ihrem Mund zu hören, tat noch mehr weh, als seine Gedanken, die ihn stetig daran erinnerten. „Also dann ist es jetzt vorbei?“, fragte er leise und konnte nicht umhin, das Ende ihre Beziehung trotz allem als schmerzhaft zu empfinden. Rogue musste hart schlucken. Ihr war anzusehen, dass sie verletzter war, als sie zugeben würde. „Ich denke schon.“ „Nur wegen der Sache mit John?“ Rogue schüttelte den Kopf und ließ sich neben Bobby auf den Boden sinken. „Nein, nicht nur deswegen“, antwortete sie leise. „Wir wissen doch beide, dass wir nicht mehr genug empfinden, um die Beziehung weiterzuführen, oder nicht?“ Bobby nickte leicht. Ja, das war ihm durchaus bewusst und wenn er ehrlich war, dann war es das auch schon länger. „Sonst hätte ich dir das mit John wahrscheinlich verziehen“, gab sie leise zu und wirkte nun wesentlich entspannter als zuvor. „Auch wenn es mich verletzt hat.“ „Es tut mir Leid“, wiederholte Bobby erneut, doch diesmal sah er sie an. Ihre braunen Augen sahen ihn nicht mehr so wütend aus, wie vor wenigen Minuten, doch er bemerkte, dass sie sich tapferer gab, als sie war. „Aber vielleicht hättest du mich ja auch trotzdem nicht mehr gewollt“, meinte sie schließlich und ein leicht schräges Lächeln huschte über ihre Lippen. „Was ist das mit dir und John?“ Leicht erschrocken über die Frage wandte Bobby den Blick wieder ab. „Zwischen mir und John ist gar nichts“, sagte er prompt und merkte zu spät, wie verbittert er dabei klang. „Er weiß nicht mal etwas davon und ich… ich hab keine Ahnung, was mit mir los ist. Ich komm mir vor, wie in einer schlechten Comedy, in der der Prinz zu spät merkt, dass seine Prinzessin auch ein Prinz ist.“ Er hörte Rogue neben sich auflachen. „Hat er denn auch ein rosa Kleidchen getragen?“, stichelte sie und schien gar nicht aufhören zu können zu lachen. „Hör auf damit“, meinte Bobby gequält. „Das ist nicht lustig.“ Er merkte, wie sie eindeutig versuchte, ihr Lachen zu unterdrücken, doch das gelang ihr nicht vollkommen. „So schlimm?“ Bobby nickte nur, auch wenn er nicht genau wusste, was sie meinte. Aber er fand im Moment alles an dem Thema ’John’ schlimm, von daher war es zumindest nicht gelogen. „Liebst du ihn?“ Bobby zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht. Eigentlich weiß ich gar nichts mehr.“ Rogue legte ihm kurz die Hand auf die Schultern, stand dann aber wieder auf. Bobby tat es ihr gleich. Ehe sie einen Schritt machen konnte, hatte er seine Arme um sie gelegt. „Denkst du, wir können wenigstens wieder Freunde sein?“, fragte er leise. Rogue verspannte sich leicht in seinen Armen, stieß ihn aber dennoch nicht weg. „Ich denke schon. Es wäre zumindest schön.“ TBC So ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Der arme Bobby ^^" - Aber ich kenne wirklich jemanden, dem das mal passiert ist und ihm sei hiermit gesagt, dass ich ihn auf alle Zeit bemitleiden (und auslachen) werde. Aber na ja... Dinge passieren. Allerdings hab ich im Nachhinein das Gefühl, dass diese Szene zu abrupt bzw. zu früh passiert ist und auch denke ich, merkt man im Kapitel vielleicht nicht unbedingt, dass wieder einige Tage/Wochen vergangen sind. Na ja... nichts ist perfekt. Ich hatte keine Lust mehr, es umzuändern. Ägern tut es mich trotzdem... ^^" Wenn ihr möchtet, könnt ihr gerne wieder einen Kommi hinterlassen. Vielleicht wollt ihr mir ja zustimmen, dass das alles wirklich zu früh war. Oder ihr überzeugt mich vom Gegenteil oder zumindest davon, dass es nicht schlimm ist *lol* Bis zum nächsten Kapitel, das - in der Hoffnung auf weniger Überstunden - vielleicht etwas schneller als dieses hier kommen wird, motte Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)