Kurzgeschichte von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: Die Zeit ------------------- Aus dem kalten Dunst des frühen Nebels erhob sich ein Geschöpf. Ohne Leiden, ohne Seele. Wiedergeboren in Staub und Wasser der Flut. Federn bedeckten die Wasseroberfläche, in der sich das wenige weiße Licht lau spiegelte. In der Ferne rauschte der Bach. Schilf wiegte am Ufer der See, ein Taum in grau und schwarz umwob die Stille des kühlen Monduntergangs. Es erhob sich das Haupt, bedeckt von weiß glänzenden, schwarzen Haaren, auf der weißen Haut wallend bis zum Rückenende. Die Blutumwobenen spitzen der Knochen ragten aus den Fetzen der abgerissenen Haut, dort, wo einst die hellen, glänzenden Schwingen in den kühlen, gehobenen Körper mündeten. Wenig der roten Flüssigkeit glitt den nackten Rücken herab. Scheinende Federn, die das frische Licht des Mondes im Ende spiegelten, klebten noch um die mit rotem Wasser benetzten Wunden. "Die Zeit heilt keine von ihnen." Der eisige Wind aus Osten verwehte die helle, ausgerissene Gefiederpracht in weißen Wirbelformen. Niemand bringt sie zurück. Kein Wort spricht das Wasser über die Missetat der Nacht. Es hat keinen Grund zu sprechen. Alles Schweigt. Verlassen kullert die einsame Träne am Auge vorbei. Niemand spricht. Eine blaue Böhe zieht das Augenwasser mit sich und keiner hält es auf. Die Perle sei verronnen, seuselt die Trauerweide, zeigte nur die tote Seite. Innen stöhnen die Eingeweide laut auf: "Keine Zeit heilt die Wunden." Es kann sich nicht mehr halten. Ohne Kraft droht zu fallen, was irgendwann mal fest zu stehen vermochte. Doch in letztem Moment schickt das kalte Wasser die Hilfe, fängt auf, was nicht mehr zu halten war, mit warmen Händen. Ohne Flügel inmitten des Todes geht sich der Weg schwer. Kein Engel, aber ohne Flügel nun. "Keine Zeit heilt deine Wunden. Doch lass mich es tun." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)