The worst part of you is me von alu ================================================================================ Kapitel 1: For the loveless lonely nights ----------------------------------------- 1. Kapitel - For the loveless lonely nights Weihnachten! Die für ihn mit Abstand schlimmste Zeit des gesamten Jahres. Er hasste Weihnachten. Er hasste die ihm in jedem Geschäft fröhlich entgegenstrahlenden Nikoläuse, die von hunderten von Lichtern erhellten Straßen, die überall herumwuselnden Menschenmassen, welche wie Insekten in den Kaufhäusern der Stadt durcheinander schwirrten. Diese geschmacklose, vorgetäuschte Harmonie. Er wand seinen Blick von dem Panorama des nächtlichen St. Erpelsburg ab und sah in die Ecke des düsteren Zimmers, in der ein noch vom Verkauf zusammengeschnürter Weihnachtsbaum stand. Vom Verkauf. Ha, natürlich hatte er ihn gestohlen. Als ob er sich einen Weihnachtsbaum kaufen würde. Besorgt hatte er ihn sich nur, damit er ihn verbrennen konnte an diesem hochheiligen Abend, sehen konnte, wie die Nadeln sich schwarz unter der Gewalt der Flammen zusammenkrümmen würden. Das würde ihm Befriedigung verschaffen, nicht diese geheuchelte Festlichkeit mit ihren nutzlosen Gaben. Der Baum stand immer noch unangetastet in der Ecke des Raumes. Fiesoduck durchstreifte indessen die an diesem Abend verlassenen Straßen von St. Erpelsburg, seinen düsteren Gedanken nachsinnend. Aus gutem Grund hatte er das Feiern des Heiligen Abends im Kontraversum strikt untersagt. Und würde auch nur einer wagen sich ihm zu widersetzen… das hatte er zuvor dem lästigen Balg von Stieftochter schon klargemacht. Angewidert kniff Fiesoduck plötzlich die Augen zusammen. Was für ein schrecklicher Anblick sich ihm dort bot! Ein Haus, über und über mit mehrfarbigen Lichterketten behangen, in dessen Einfahrt sich zu allem Übel auch noch gemacklose, überdimensionale Leuchtfiguren tummelten. Es ekelte ihn an. Doch auf seltsame Weise angelockt von dem abstrusen Schauspiel, das sich vor seinen Augen darbot, trat er näher an die Behausung heran. Er schlich über den vom Schnee bedeckten Rasen bis hin zum größten Fenster des Hauses und spähte vorsichtig hinein. „Paps, Quack und ich gehen kurz zu den Wirrfußens rüber, schließlich muss doch mit Alfred testen, ob mein nagelneuer Schlitten etwas taugt!“ „Aber verarbeite ihr Mobiliar im Gegensatz zu unserem bitte nicht zu Kleinholz“, murrte Eddie Erpel und fegte die Überreste einer blauen Blumenvase vom Wohnzimmerteppich auf. „Kein Problem Darkwing, ich passe auf sie auf!“, grinste Quack, was Eddie nur ein verzagtes Seufzen entlockte. „Von mir aus, aber sei zeitig wieder hier! Schließlich muss ich dir doch noch die Weihnachtsgeschichte vorlesen und dann werden wir zum Abschluss des Festes ein paar hübsche Gesellschaftsspiele spielen…“ „Wie ich dieses Highlight des Abends herbeisehne…“, sagte Kiki und verdrehte theatralisch ihre grünen Augen, ehe sie mit einem hastigen „Bis später, Paps!“ mit Quack und ihrem neuen Schlitten durch die Tür verschwand. Fiesoduck traute seinen Augen kaum. Doch er war sich sicher. Dieser biedere und tugendhafte Erpel jenseits der Fensterscheibe konnte nur Darkwing Duck sein. Er schnaubte. Das sah seinem abstoßendem Ebenbild ähnlich, ein übertrieben festlich geschmücktes Haus, das Image des liebevollen Familienvaters pflegend… dieser Heuchler. Aber der „Weihnachtsmann“ scheint sich ein ganz besonderes Geschenk für mich ausgedacht zu haben, dachte Fiesoduck und lächelte heimtückisch. Bei all den schlechten Taten muss ich doch irgendetwas Gutes getan haben… wobei ich mir bei Gott nicht vorstellen kann, was das gewesen sein soll, brummte er und schlich zur Haustür. Das plötzliche Schellen der Klingel ließ Eddie Erpel aufschrecken. „Kiki ist aber schnell wieder zurück! Ich befürchte Schlimmes für die Einrichtung der Wirrfußens…“, sagte Eddie Erpel gedankenverloren zu sich selbst und ging, das Kehrblech zuvor noch in der Abstellkammer aufhängend, in den Flur. Er legte die Hand auf die Klinke und öffnete die Haustür. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass dies ein ganz besonderes Weihnachten für die beiden Kontrahenten werden würde. Kapitel 2: Relive your fall --------------------------- 2. Kapitel - Relive your fall Die dunkle Silhouette seines verhassten Rivalen hob sich klar vom hellen Schein der Innenbeleuchtung ab. Sein ungewohntes Aussehen irritierte Fiesoduck, war es doch seltsam, seinen ärgsten Feind nach so vielen Jahren der andauernden Konfrontationen ohne seine übliche Aufmache und ohne einen seiner lächerlichen Auftritte vor sich stehen zu sehen. Er wirkte so… normal. Sofern man das von einem Erpel, der als Darkwing Duck durch die Nacht streifte und sich durchaus auch schon mal als die holländische Bedienungsanleitung zu deinem japanischen Videorekorder ausgab, jemals behaupten konnte. Er grinste in das verschreckte Gesicht seines Feindes. „Wenn du dich nicht hinter deiner Maske versteckst bist du ziemlich armselig, Darkwing…“ Die Tür knallte krachend ins Schloss. Eddie blickte mit Entsetzen in das Gesicht des Erpels, das ihm zum Verwechseln ähnlich sah und durchaus bekannt war. Sehr bekannt sogar. „Fiesoduck!“, keuchte er und presste sich intuitiv gegen das kalte Holz der Tür. „Ich dachte, ich statte dir an diesem wundervollen“, er spie das Wort förmlich aus, „Abend einen kleinen Besuch ab, um dir ein unvergessliches Geschenk zu machen“, kicherte Fiesoduck und griff unter seinen schwarzen Umhang. Im schwachen Lichtschein der unzählbaren Lichterketten seines Hauses sah Eddie blanken Stahl aufblitzen, der ihm kurz darauf unter den Schnabel gedrückt wurde. „Was willst du von mir? Du weißt genau, dass ich dir jederzeit…“ „Aber bedenke die unangenehme Lage, in der du dich befindest. Und nun wage es nicht auch nur noch ein Wort von dir zu geben, Doofwing.“ Eddie schluckte und erblickte sein Spiegelbild in den bösartigen Augen seines Gegenübers, während Fiesoduck immer näher an ihn heranrückte. „Was glaubst du, wie viele unzählige Nächte lang ich mir diesem Moment herbei gesehnt habe, Darkwing? Aber dass du mir eines Tages so vor meiner Nase präsentiert werden würdest, damit habe ich nie gerechnet.“ „Oh, glaub mir Fiesoduck, es ist auch nicht gerade das, wovon ich jede Nacht sehnsuchtsvoll geträumt habe...“ „Schnauze!“, knurrte Fiesoduck und glitt mit seiner Pistole hinunter zu Darkwings Brust. Oh Gott Kiki, bitte bleib noch ein wenig länger mit Quack bei den Wirrfußens, betete Eddie, der seine Tochter auf keinen Fall in diese Situation herein geraten lassen wollte. Kiki… es sollte so ein wundervolles Weihnachten werden, ein ruhiges und friedliches Beisammensein, einmal im Jahr vollkommen ungestört von den schändlichen Missetaten der Schurken St. Erpelsburgs. Er wollte die neuen Geschenke zusammen seiner Tochter ausprobieren, mit ihr Plätzchen backen, einen Schneemann bauen, natürlich auch ihren neuen Schlitten testen… Er versuchte erneut, den sich in seinem Hals bildenden Knoten herunterzuschlucken und blinzelte. „Unser kümmerlicher Doofwing wird doch jetzt etwa rührselig werden?“, lachte Fiesoduck und drückte die Waffe gegen Darkwings Rippen. Er genoss es seinen Gegenüber leiden zu sehen. Bereits bevor er in diese Welt gekommen war, war es immer sein inständigster und finsterster Wunsch gewesen, ihn zu vernichten. Er wollte nicht, dass er mit einem solchen Trottel in tiefer Verbindung stand. „Einen letzten Wunsch, Darkwing?“, höhnte er und zog dabei den Abzug der Pistole langsam zurück. „Fahr zu Hölle, Fiesoduck.“, brachte Darkwing keuchend hervor. „Glaub mir, nichts anderes hatte ich vor“, antwortete Fiesoduck mit einem wahnsinnigen Funkeln in seinen blauen Augen. Und drückte ab. Kapitel 3: The worst part of you is me -------------------------------------- 3. Kapitel - The worst part of you is me Eddie Erpels Körper schlug hart auf der gefrorenen Rasenfläche auf, welche sofort von einem Schwall aus Blut benetzt wurde. Endlich war dieser elendige Bastard tot. Und er, Fiesoduck, hatte letzten Endes triumphiert. Darkwing drehte sich vor Schmerzen krümmend auf die Seite. „Vielleicht ein wenig zu voreilig geurteilt…“, zürnte Fiesoduck und feuerte erneut, um mit einen letzten Schuss Darkwings Leben endgültig ein Ende setzen. Die Kugel erreichte nie Darkwings am Boden liegenden Körper, zerschoss sie doch das Wohnzimmerfenster, während Fiesoduck selbst plötzlich von Schmerzen gepeinigt auf die Knie sank. „Was zum Teufel…“, keuchte Fiesoduck und kniff die Augen zusammen, um dem ohnmachtartigen Schwindel zu entgehen. Sich hustend mit den Handflächen auf dem Boden aufstützend, sah er zu Darkwing herüber, der nun trotz fehlgeleitetem zweitem Schuss ganz still dalag. Unter ihm bildete das dickflüssige, rote Blut einen markanten Kontrast zu der schneebedeckten Wiese des Vorgartens. Wie vollkommen es doch anzusehen war… Fiesoduck genoss den Anblick seines augenscheinlich toten Antagonisten auf dem frischen Schnee, ein Bild, das er in seinem ganzen Leben nicht vergessen würde. Doch er hustete erneut und starrte erschreckt zu Boden. Bevor er realisieren konnte was geschah, schüttelte ihn ein zweiter Hustenanfall und er bespuckte sein Oberteil mit frischem Blut. Ungläubig fuhr er mit seinem Finger über den gelben Stoff. „Dieser missratene Schwachkopf…“, röchelte Fiesoduck, "ich hätte es wissen müssen. Oh Gott, ich habe es doch geahnt… Nun werden wir beide zu Grunde gehen, wenn ich nicht… Fiesoduck zog sich an der Hauswand hoch und schloss die Augen. Er schlug mit dem Griff seiner Pistole die zerbrochene Fensterscheibe weiter ein und verschaffte sich Zutritt ins Haus. „Wo bin ich?“, hörte er eine schwache Stimme fragen, die er kaum als die seine identifizieren konnte. Seine Brust schmerzte bei jedem Atemzug, ansonsten vermied er es sich zu bewegen. „In Sicherheit, Paps“, erklärte ihm eine helle Stimme, die Darkwing jäh die Augen aufschlagen ließ. „Kiki, mein Engel…“, sagte er und streckte die Hand aus, um seinem kleinen Rotschopf durch die Haare zu streicheln. „Mir sagst du, ich soll die Einrichtung nicht demolieren und kaum komme ich nach Hause, liegst du angeschossen im Krankenhaus!“ „Ja Darkwing, da hat sie schon nicht ganz Unrecht“, grinste Quack, der bisher still in der Ecke des Raumes gestanden hatte. „Was in aller Welt ist passiert? Wieso liege ich hier und überhaupt…“, murmelte Darkwing und schloss von Schmerzen gequält die Augen. „Wir wissen nur, dass du bereits auf dem Weg ins Hospital warst, bevor wir von den Wirrfußens wieder Heim gekommen sind. Und ich gehe nicht davon aus, das du in deinem Zustand…“ „Die Besuchszeit ist vorüber“, meckerte eine cholerische alte Krankenschwester und trat trampelnd ins Zimmer, bereit, Quack und Kiki unverzüglich hinauszufegen. „Der Patient braucht Ruhe!“ Die Zunge hinter ihrem Rücken rausstreckend gab Kiki ihrem Vater abschließend einen Kuss auf die Wange und verließ mit Quack das Zimmer. Darkwing fand in der darauf folgenden Nacht keinen Schlaf. Die stechenden Schmerzen waren einem stetigen Hämmern gewichen und als er sich zur Seite drehte, konnte er den silberigen Mond durch die Fensterscheibe beobachten. Es war eine Nacht, wie sie für Darkwing Duck geschaffen war. Und beinah hätte er sie nicht überlebt. Sein Blick glitt von dem Fenster hinüber zu seinem Nachtisch, auf dem ein Glas Wasser und eine kärgliche Vase mit einer einzigen vertrockneten Tulpe standen. Schlaflos wie er war, langte er in die Schublade des Tisches, um dort vielleicht eine Zeitung zu finden, die ihn ablenken konnte. Er zog an dem kalten Stahl des Griffes und seine Finger glitten in die Lade, sich langsam in ihr hervortastend. Er bekam einen Kugelschreiber zu packen, legte diesen an die Seite des Schubfachs und griff weiter hinein. Unerwartet fuhren seine Finger über ein glattes Stück Stoff. Beinah wäre ihm das Tuch durch die Finger geglitten, doch er hielt es nun fest in seiner Faust. Angenehm kühl fühlte sich das Leinen in seiner Hand an, so vertraut… Er zog den Fetzen aus seiner Schublade, nahm ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und zog ihn auseinander. Ihm stockte der Atem. Seine Maske! Was machte seine Maske… Bis er im fahlen Mondlicht erkannte, dass die Maske aus schwarzen Stoff war. Beinah hätte er diese verfluchte Nacht nicht überlebt. Er hatte am Abgrund seines vermaledeiten Lebens gestanden, genau wie sein elendes Ebenbild, Darkwing Duck. Fiesoduck schüttelte den Kopf und bereute es, ließ diese unscheinbare Bewegung doch nur weitere Krämpfe durch seinen gepeinigten Körper fahren. Er war selbstsüchtig gewesen. Selbstsüchtig, habgierig, bestialisch, gefühllos. Einsam. Sein ganzes Leben lang. Nie hatte er irgendetwas in seinem Dasein vermisst, hatte es ihn doch gänzlich ausgefüllt, anderen Leuten Qualen zuzufügen, ihnen zu nehmen, woran ihr Herz am meisten hing. Und nun wurde ihm genommen, was ihm für ihn lebenswichtig gewesen war. Seine Fassade, sein Schutzschild vor der Gesellschaft. Und vor sich selbst. Er hatte erkannt, wer er wirklich war. Und wer Darkwing Duck war. Beziehungsweise, wer sie nicht waren. Er war nicht Fiesoduck. Er war ein Teil Darkwing Ducks, er war das, was er sein Leben lang zu leugnen versucht hatte. . Es war töricht gewesen zu glauben, dass er über eine eigene Identität verfügte. Ich bin nicht ich… ich bin nur ein billiges Abziehbild. Ich bin seine verdorben Seite, der schlechteste Teil Darkwing Ducks, dachte Fiesoduck freudlos. Deswegen hatte er ihn nicht töten können. Sie konnten nicht miteinander leben, doch erst recht nicht ohne einander. Fiesoduck sah zum Fenster hinaus, blickte auf sein ihm vor wenigen Tagen noch so glänzend vorkommendes, von Abgasen umnebeltes St. Erpelsburg im Kontraversum. Der Horizont verdunkelte sich zusehends, seit seiner Rückkehr wurde die Erde von unregelmäßigen Beben erschüttert. Er seufzte erneut. Mit seiner Tat hatte er nicht nur sein Innerstes zerstört. Das Kontraversum begann zu verfallen. Kapitel 4: I'm another in the night ----------------------------------- 4. Kapitel - I'm another in the night Eddie Erpel legte die Tageszeitung beiseite. Mittlerweile war er wieder zu Hause, zwar immer noch stark geschwächt, doch seine Genesung schritt günstig voran. Schließlich musste er wieder seiner Berufung als Schrecken, der die Nacht durchflattert, nachgehen, um ruchlose Räuber und schändliche Schurken ihrer gerechten Strafe zuzuführen! Nicht umsonst war er die Laufmasche in einer billigen Strumpfhose, der Dosenöffner an der Sardinenbüchse der Gerechtigkeit, der… „Paaaaaaps, Vorsicht!“, kreischte Kiki, die mit ihrem Skateboard die Treppe heruntergeflogen kam. Einen kurzen Schwenk um das Geländer der Treppe machend, raste Kiki ins Wohnzimmer, schlug einen schnellen Salto über den Tisch, um letzten Endes auf ihrem Bürzel zu landen, während das Skateboard weiterschlitterte und krachend gegen die neue Vase schlug, die ihr blaues Vorgängermodell einige Wochen vorher ersetzt hatte. „Hups…“, grinste Kiki entschuldigend ins Gesicht ihres Vaters. Darkwings Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. „Das gibt Stubenarrest, Stubenarrest und noch mal Stubenarrest! Und dein Taschengeld werde ich auch kürzen, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht…“ „Jaaaa, Paps“, unterbrach Kiki ihn eilig, „Ich wollte nur sagen, dass ich mich jetzt mit Alfred treffe; bin zum Abendessen pünktlich wieder da. Bis später“, sagte sie, packte ihr Skateboard und hastete in Richtung Tür. „Fräulein, ich sagte…“, setze Darkwing an. Die Tür knallte ins Schloss. „…Stubenarrest“, beendete er seufzend seinen Satz und ließ sich ins Kissen zurückfallen. Währendessen hatte Fiesoduck sein finsteres Reich verlassen. Ein letztes Mal wollte er an den Ort seiner Selbsterkenntnis zurückkehren, um anschließend seinen Frieden machen zu können. Wie an jenem verdammten Weihnachtsabend schlich er erneut durch die Straßen von St. Erpelsburg. Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen, der Schnee war mittlerweile fast geschmolzen, und die vereinzelt an den Straßen gebauten Schneemänner wirkten entgegen ihrem am Heiligen Abend ausstrahlenden Glanzes gegenwärtig nur noch wie verkümmerte Abklatsche ihrer selbst. Seit wann hatten sie für ihn überhaupt jemals zuvor einen Glanz ausgestrahlt? Sicher nicht am Abend des Geschehens selbst, denn nie zuvor hatte er Augen für die Schönheit der Welt gehabt. Sein Streben war immerzu von materiellem Interesse gewesen und die Kleinigkeiten, die das Leben erst wirklich lebenswert machten, hatte er bereits in jungen Jahren weit hinter seinem Interessenfeld gelassen. Erst heute, viele Jahre später, drohte ihn alles einzuholen. Endlich erblickte er das Haus. Die großen Leuchtfiguren in der Einfahrt waren mittlerweile verschwunden, die Lichterketten jedoch hingen immer noch die Hauswände hinunter. Auch die Fensterscheibe war ersetzt worden, nichts erinnerte mehr an die Ereignisse des Abends. Fiesoduck streckte sich und schritt auf das Haus zu. Er würde nun zu Ende bringen, was er auf solch infame Weise begonnen hatte. Und dann würde er Abschied nehmen. Er schlich durch die Dunkelheit des staubigen Lagerhauses. Fiesoduck hatte ihn hierher beordert und in der Tat erschien Darkwing die verkommene Halle ganz nach dessen Gusto. Wachsam huschte er zwischen einigen angeschimmelten Kartons vorbei, um anschließend vor einer Treppe stehen zu bleiben. „Ich dachte mir, dass du kommst“, ertönte eine Stimme oberhalb der Treppe. Fiesoduck stand dort auf einer kleinen Plattform und lehnte lässig gegen das Geländer. „Schließlich will ich doch keine unserer stets vergnüglichen Kaffeestündchen versäumen“, bemerkte Darkwing süffisant und ließ seine Hand langsam unter sein Cape wandern. „Lass das Schwadronieren sein und hör mir zu“, grollte Fiesoduck ging die Treppenstufen herunter. Darkwings Hand hatte mittlerweile seine Gaspistole umschlossen und zog diese hervor, um sie anschließend auf Fiesoduck zu richten. „Ich kann deinen Argwohn nachvollziehen, dennoch würde ich dir raten, sie beiseite zu legen wenn du hören willst, was ich dir zu sagen habe“, sprach er, schritt jedoch trotzdem so nah an Darkwing heran, dass die Waffe nun unvermittelt auf seine Brust drückte. Sein Blick wanderte zu Darkwings blauen Augen. Wie die seinen waren sie, und er erblickte in ihnen sein Spiegelbild. Wie befremdlich war es doch, jemandem ins Angesicht zu schauen und sich selbst nicht nur in dessen Augen, sondern in dessen gesamten Antlitz wiederzuspiegeln. „Wofür hast du mich nun hierher gerufen?“, unterbrach Darkwing seine Gedanken. Fiesoduck seufzte. Auf diesen Moment hatte er lange gewartet und doch ihn so sehr meiden wollen. „Du wärst beinah gestorben“, begann er schließlich. „Ach nein! Oh Gott, Fiesoduck, woran könnte das nur liegen? Vielleicht, weil du mich wie eine Gans auf der Jagd abgeknallt hast!” fuhr Darkwing ihn erbost an. „Du verstehst mich nicht.” Schweigen. „Ich habe dich gerettet.“ „Ich weiß“, gestand Darkwing, „auch wenn es mir vollkommen schleierhaft ist, wieso du mich erst umbringen willst und anschließend ins Krankenhaus bringst.“ „Ich habe es nicht für dich getan. Wir wären beide beinah zu Grunde gegangen.“ Darkwing horchte auf. „Nachdem ich auf dich geschossen habe und du am Boden lagst, ging auch ich auf die Knie, gepeinigt von Schmerzen.“ „Du meinst also, wenn ich umgekommen wäre, wärst du ebenfalls gestorben?“, hakte Darkwing nach und legte die Stirn in Falten. „Exakt.“ Einige Sekunden schwiegen die beiden erneut, dann wurde die Ruhe durch das Zerreißen von Fiesoducks Oberteil durchbrochen. „Sieh mich an.“ Darkwings Blick wanderte von Fiesoducks Hals bis hinunter zu seiner Brust, die - wie die seine - von einer Wunde gezeichnet war. „Mein eigenes, selbstsüchtiges Werk“, bemerkte Fiesoduck schlicht. „Sie begann aufzureißen, kurz nachdem ich dich niedergeschossen hatte.“ Darkwing starrte ihn ungläubig an. „Ist es nicht eine Ironie des Schicksals? Ich versuche, mich meines Erzfeindes zu entledigen und bringe mich dadurch fast selbst um mein Leben.“ Fiesoduck legte die Hand auf Darkwings Gaspistole und schob diese langsam von seiner Brust weg. „Ich werde ins Kontraversum zurückkehren. Und dort werde ich sterben. In Zukunft wirst du keine Scherereien mehr mit mir haben.“ „Was…“, stockte Darkwing und ließ seinen Waffenarm sinken. „Das Kontraversum verfällt. Ich habe mich verändert, meine ganze Persönlichkeit hat sich verändert. Ich bin nicht mehr Fiesoduck. In Wirklichkeit war ich es nie. Fiesoduck hat niemals existiert. Ich bin nur ein billiger Abzug Darkwing Ducks, eine Persönlichkeit, die all das Grauen in sich vereinte, das du zu bekämpfen versuchst. Und diese Persönlichkeit ist zerbrochen an jenem Abend, an dem ich dich umbringen wollte. Ich habe dich gehasst, ich konnte es nicht ertragen, dass so ein Schwächling wie du mir ebenbürtig sein sollte.“ Fiesoduck drehte sich abrupt um. „Und nun sieh mich an! Mit meiner Tat habe ich mich selbst zerstört. Meine einzige Bestimmung war es, Schrecken und Leid zu bringen. Und dessen bin ich nun nicht mehr fähig. Das Kontraversum wandelt sich, weil ich mich verändere. Erdbeben erschüttern die Straßen, bald wird alles zu Ende sein. Ich werde heimkehren und dort mit meiner Welt untergehen. Keine Angst, dir wird nichts passieren. Wenn ich dort sterbe wirst du in deiner Welt weiterleben können.“ Er schritt an Darkwing vorbei und ging auf den Ausgang der Lagerhalle zu. „Halt!“, rief Darkwing, packte Fiesoducks Schulter und drehte ihn wieder zu sich herum. „Was willst du noch von mir?“, fragte Fiesoduck, jedoch ohne seinen einst so charakteristischen wutentbrannten Tonfall. Es war bizarr, Fiesoduck derart kläglich zu sehen. „Du kannst nicht gehen.“ „Wieso sollte ich nicht?“ „Du gehst zurück, weil du sterben willst, weil das Kontraversum zerfällt, da du dich verändert hast. Wenn du ihm fernbleibst, wird es dann nicht untergehen?“ „Vielleicht“, antworte Fiesoduck vage. „Du willst also dorthin zurück um zu sterben und gleichzeitig alle anderen Bewohner mit in den Tod reißen, wo sie doch die Möglichkeit hätten zu überleben, wenn du nicht zurückkehren würdest? Was soll das?“, fragte Darkwing und sah Fiesoduck durchdringend an. „Sie haben es nicht verdient zu leben. Sie sind, wie ich, nur armselige Karikaturen. Niederträchtige Personifikationen der Bewohner St. Erpelsburgs. Von daher werde ich die erste und letzte gute Tat in meinem Leben vollbringen und sie alle mit mir in den Tod reißen.“ Darkwing packte Fiesoduck an beiden Schultern und zog ihn so nah an sich heran, dass dieser den Atem auf seinem Federkleid spüren konnte. „Du hast nicht den gerinsten Anspruch, dies zu entscheiden“, wies Darkwing ihn zurecht. Fiesoduck schluckte, als Darkwing nun direkt in seine Augen sah und ganz und gar in ihn hinein zu sehen schien. „Du bist kein Abziehbild, du hast es am Anfang doch selbst gesagt: Du bist ein Teil von mir. Denkst du nicht, du fehltest mir, wenn es dich nicht mehr gäbe? Dadurch würde ein Stück meiner selbst verloren gehen, Fiesoduck. Überall dort wo Licht ist, existiert auch Schatten. Und nur weil du denkst, dass alles vorbei ist, werde ich dich nicht gehen lassen.“ Darkwing griff in seinen Umhang und zog einen schwarzen Stoff hervor. Fiesoducks Maske. „Nimm sie. All die Jahre unserer Fehden sind vergangen. Schließ mit deinem alten Leben ab. Aber nicht mit dir selbst.“ Fiesoduck griff nach seiner Maske. „Und nun komm mit“, sagte Darkwing und ließ Fiesoducks Schultern los. Epilog: The dawn of the end --------------------------- Epilog - The Dawn Of The End “Edddie! Eduaaard! Ich habe euch noch einige leckere Kokonussburger auf den Grill gelegt!“, verkündete Herr Wirrfuß freudestrahlend und mit einer derartigen Lautstärke, sodass sicher nun gesamte Nachbarschaft exakt darüber informiert war, was auf Herb Wirrfuß’ Grill vor sich hin kokelte. „Habe ich Kokosnussburger gehört?“, rief Quack hingegen aufgeregt und setze sich in Richtung Bratrost in Bewegung, um dessen Leckereien genauer in Augenschein zu nehmen. „Ich hasse die Wirrfußens“, sagte Eddie schmunzelnd zu seinem Tischnachbar, „du nicht auch, mein werter Herr Bruder?“ „Sie sind in der Tat etwas… befremdlich. Ich weiß nicht, ob ich ihnen doch meine Wirrfußens aus dem Kontraversum vorziehen sollte.“ Darkwing erinnerte sich mit Schrecken daran, dass diese anstatt friedlich Kokosnussburger zu rösten, ihn selbst damals auf den Grill befördert hatten. „Aber an sie werde ich mich wohl eher gewöhnen als an meinem neuen Namen. Eduard Erpel! Was hast du dir eigentlich dabei gedacht?“, murrte Fiesoduck und zupfte zugleich an seinem roten Pullunder, den er ebenfalls Darkwing zuzuschreiben hatte. „Nur ein kleiner kreativer Einfall meinerseits, kein Grund direkt in endlose Dankbarkeit zu verfallen“, grinste Eddie Erpel seinen vermeintlichen Bruder an, der seinen Dank mit einem gespielten Augenverdrehen zur Geltung brachte. Aber in Wirklichkeit war er wirklich dankerfüllt für alles. Dass gerade dieser Erpel ihn letzten Endes zu sich genommen hatte, ihn, der ihn sein Leben lang verfolgt hatte. Dass er derjenige gewesen war, der ihn wieder aufgerichtet und nicht in seiner schwächsten Stunde alleine gelassen hatte. Ihm verdankte er, dass er nicht mehr bloß ein Schatten war. Und das würde er Darkwing Duck niemals vergessen. I was a bastard As cruel as one can be And he was the daring hero Always haunting me. From the beginning I was never free Because I am him and he is me A link exists I never knew And after all The worst part of me is you. Now I just realized that I was too blind to see I am you and you are me This is how everything ends Setting both of us free The worst part of you always has been me. Anmerkung: Danke an alle, die diese Geschichte gelesen haben! Ich hoffe, sie hat euch gefallen! ^_^ Im Moment schreibe ich an einer Fortsetzung, die ihr hier lesen könnt: http://animexx.onlinewelten.com/fanfiction/182105/ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)