Bloody Lemons von Baku ================================================================================ Kapitel 6: Kapitel 6 -------------------- * Unsanft schleuderte Abessinier ihn auf den Rücksitz einer schwarzen Limousine, die am Rande der Plantage geparkt war. Etwas weiches, fleischiges bremste seinen Sturz und vermied, das er mit dem Kopf gegen die entgegen liegende Autotür stieß. Drinnen war es dunkel, und er konnte außer der Umrisse der Fenster nichts erkennen. Nicht ganz mühelos kroch er von diesem Etwas herunter, stieß dabei auf eine feuchte Stelle, die er angewidert zu berühren vermied und rettete sich auf den Sitz. Auf was zum Teufel hatte man ihn da drauf geworfen? Hier im Dunkeln schmerze sein Kopf nicht mehr ganz so stark und seine Gliedmaßen waren ohnehin auf dem besten Wege wieder einigermaßen funktionsfähig zu werden. Da keiner der anderen einzusteigen schien und die Tür so oder so verschlossen war - es also keine Fluchtmöglichkeiten gab - begann er damit seinen scheinbar nicht ganz fidelen Mitfahrer zu betasten. Es handelte sich um einen Menschen, das stand nach kürzester Zeit fest. Um genau zu sein einen toten Menschen. Um das erkennen zu können, hatte er in seinem Leben als Killer schon genug Leichen gesehen, bzw. angefaßt. Der Kopf schien noch fest am Rumpf befestigt zu sein, dafür jedoch schien der Körper von zahlreichen Löchern übersät. Vielleicht die eines Katanas, oder eventuell einer Pistole, das konnte er nicht ganz sagen und eigentlich war es ihm egal. Angeekelt griff er nach dem Türgriff, schlug mit aller Kraft auf die Tür ein. Er musste raus hier, musste weg von diesem Toten, dessen Gesicht er nicht einmal sehen konnte. Panik ergriff ihn, im Eiltempo begann er nach den Gedanken der anderen zu suchen. Nagi würde ihm schon sagen können was das sollte, aber vielleicht war es wieder nur ein Trick gewesen und... //NAGI!// Er lehnte sich in seinem Sitz zurück um sich besser konzentrieren zu können, versuchte dabei jedoch den Kontakt mit der Leiche zu vermeiden, dessen Blut immer noch vermischt mit dem eigenen an seinen Händen klebte. Das war ein Alptraum. Der komplette Wahnsinn, der selbst einem hartgesottenen Profikiller einen kalten Schauer den Rücken hinunter laufen ließ und natürlich hatte er Angst. Immerhin waren die anderen drei ebenfalls aufs Töten spezialisiert und vor allem Abessinier, würde nicht lange fackeln, das stand fest. Nagi reagierte nicht, minutenlang und immer noch schaffte Schuldig es genauso wenig den Kleinen auszumachen. Langsam wurde ihm mulmig, es ekelte ihn doch ein wenig an, hier vollkommen mit eigenem und fremdem Blut verschmiert auf der Rücksitz eines verdunkelten Autos zu sitzen, dass ihn nach sonst wo bringen würde. Seit ein paar Minuten hatte er beschlossen die Augen zuzumachen und sich zu entspannen, als die Tür aufging. Draußen stand, wie nicht anders zu erwarten gewesen war Abessinier, aber das nahm er kaum wahr, denn geblendet von dem Licht, das zu ihm hinein strömte konnte er nun endlich das Gesicht des Toten sehen. Insgeheim hatte er vermutet gehabt, dass das Blut an seinen Händen, das Blut dieses Toten, der für einen unbekannten Plan gestorben war, vielleicht dem eigentlichen Fahrer des Wagens gehörte, aber was er nun statt dessen sah warf ihn aus der Bahn. Obwohl er geblendet war, erkannte er sofort wer da neben ihm saß. Unverwechselbar, wenn man jemanden Jahrelang als Feind gehabt hatte, dieses dunkelbraune Haar, das obwohl es recht kurz war von einer Schutzbrille gehalten wurde. Dazu diese unverwechselbare Lederjacke und vor allem die noch ausgefahrenen Tigerkrallen - alles mit Blut besudelt -, die ihn eindeutig als Siberian auszeichneten. Ein Mitglied von Weiß also, einer von Abessiniers Kameraden, aber wieso war er tot? Immer noch schockiert löste er den Blick wieder von Ken, spürte wie die Angst langsam unerträglich zu werden schien. Sein Herz schien panisch zu rasen, als er seine Augen auf Abessinier richtete, der damit beschäftigt war die sterblichen Überreste seines ehemaligen Teammitgliedes aus dem Wagen zu schaffen. "Was hat das zu bedeuten?", fragte er und hatte das Gefühl seine Stimme überschlug sich, so schnell sprudelten die Wörter aus seinem Mund. Selbstverständlich gab ihm der andere Rotschopf auf diese Frage keine Antwort, sah ihn nicht einmal einen einzigen Moment mit seiner gewohnten eiskalten Miene an, bevor er wieder aus dem Blickfeld des Telepathen verschwand und Nagi wich. Der Kleine lächelte, hielt jedoch seine Lippen verschlossen und seine Gedanken versiegelt. "Komm mal her Omi.", sagte er plötzlich in einem ruhigen Tonfall und winkte den anderen Jungen zu sich heran, der dieser Aufforderung folgte und nun ebenfalls, wenn auch augenscheinlich stark eingeschüchtert, neben dem Auto auftauchte. Irgendwie war es zu erwarten gewesen, dass Nagi nicht mit mehreren Schwarzmitgliedern zusammenarbeitete, doch ob grade diese kleine Blonde in das Bild passte? Mit einem verärgerten Knurren senkte er den Blick. Diese beiden so zusammen sehen, Bombay wie er dicht an den kleinen Telekineten gedränt dastand, das ekelte ihn an, ließ ihn sogar seine Angst vergessen und machte ihn wütend. Mit einer geschickten Bewegung drehte Nagi den Älteren herum und schubste ihn sanft in Richtung des Wagens. Wieder lehnte Schuldig sich zurück. Er wollte nicht sehen wie die beiden scheinbar einen auf Freundschaft machten und es dabei schafften den bitteren Hintergedanken einer Feindschaft zu vergessen, die man eigentlich niemals vergessen konnte. Sie waren Schwarz und Weiß und das würden sie selbst dann noch bleiben, wenn die Gruppen aufgelöst oder vernichtet wurden. Beizutreten war eine Entscheidung fürs Leben gewesen, - selbst wenn der Beitritt nicht freiwillig gewesen sein mochte - und man konnte sich nicht davor verstecken. Wenigstens sah er das so. Eine leichte Erschütterung, dann ein leises Lachen und schließlich das dumpfe Geräusch der Tür, die sich hinter den beiden Jungen schloss. "Fahr los Aya.", befehligte Nagi, während er sich anschnallte und eine Pistole aus seiner Tasche legte, die er auf den Schoß legte. "Nur sicherheitshalber.", erklärte er, aber Schuldig beachtete ihn kaum noch. Wenn man ihm nicht augenblicklich wenigstens ansatzweise erklärte was hier gespielt wurde, würde er sich nicht mehr friedlich verhalten. Was nützte ihm sein Leben noch, wenn er von zwei Kindern und einem Irren gefangengehalten wurde? Abessinier fuhr an, das spürte er obwohl er nichts sehen konnte. Wütend drehte er seinen Kopf nach links und stellte fest, dass nicht Nagi sondern ein völlig verschreckter Bombay neben ihm saß und mit großen Augen zu ihm auf sah. Weiß hatte nicht besonders viel Erfahrung mit seiner Telepathie und deshalb war der Kleine wohl kaum in der Lage seine Gedanken so anzupassen, wie er es bei Nagi erlebt hatte. Diese Angst und die Ungewissheit waren echt. Hatte wenigstens ein Teil von Nagis Geschichte gestimmt, aber das begründete die Geschehnisse noch lange nicht. Trotz der kurzen Überlegung tiefer in Bombays Gedanken einzudringen und so mehr herauszufinden ließ er nun gänzlich von dem Blonden ab und wandte sich mit erstem Blick in Nagis Richtung. Der Telekinet lächelte immer noch, hielt die Pistole mit einer Hand fest während die Finger seiner anderen Hand - Sicherheit bietend mit Omis verschlungen - auf dem Sitz ruhten. Schuldig brauchte ihn nicht darauf aufmerksam zu machen, dass er noch eine Menge offener Fragen zu klären hatte, denn das musste er einfach wissen und tat es offensichtlich auch. "Wir wollen allem ein Ende setzen.", erklärte er knapp und schien sich sichtlich zusammenreißen zu müssen um mit bebender Stimme in einer tiefgreifende Gefühle ausdrückenden, schwankenden und gebrochen Tonlage weiter sprechen zu können. "Weiß und Schwarz, wir habend das nicht mehr nötig,. Niemand hat das nötig, das weißt du genauso gut wie wir. Wenn Aya mit den Takatoris abgerechnet hat, dann ist seine Mission abgeschlossen und er wird uns in Ruhe lassen. Wir sind doch eigentlich nur dabei weil wir nichts anderes gefunden haben und..." Er stockte. Schuldigs Miene hatte sich extrem verfinstert und nur zu klar erkennbar passte ihm eine Menge an der ganzen Geschichte nicht. Zunächst würde sich Abessinier niemals nur mit dem Ende der Takatoris zufriedengeben, denn hatte er nicht selbst gesagt, dass er auch Schuldigs Tod wollte und außerdem: Woher wollte der Kleine wissen, dass er sich wirklich zurückziehen wollte? Dieser Kerl war nicht der Typ von Mensch, die ihre Rache einfach für abgeschlossen erklärten wenn der Hauptschuldige beseitigt war. Kurz entschlossen setzte er dazu an zu widersprechen, wollte versuchen wenigstens etwas Logik in das ganze zu bringen, doch der Kleine schüttelte nur den Kopf. "Sie sind ohnehin schon alle tot, oder anderweitig aus dem Verkehr gezogen. Nur noch wir drei und ein Teil der Leute hinter Schwarz leben noch." Nagis Stimme schwankte. Er musste gewusst haben, dass Schuldig in Reaktion auf diese Offenbarung nicht grade in Jubel ausbrechen würde, denn sein Griff um die Waffe auf seinem Schoss festigte sich und kaum sichtbare Schweißperlen traten auf seine Stirn. Der Telepath schluckte, drehte seinen Kopf nachdenklich in entgegengesetzte Richtung obwohl es dort kein Fenster gab aus dem er hätte sehen können. Er wusste nicht was er denken oder sagen sollte. Noch an diesem Morgen hatte er darüber nachgedacht, wie er seinen Patzer mit Crawford klären sollte und vor allem wie die Sache Takatori Reiji beizubringen war, falls es überhaupt für nötig ersehen wurde von der Sache zu berichten... doch nun? Wenn man Nagi glauben konnte, und ausnahmsweise war er der festen Überzeugung, dass dies möglich war, dann waren alle tot. Unwiederbringlich vernichtet ohne ihn nach seiner Meinung zu fragen. War überhaupt jemand gefragt worden? Warum hatten sie grade ihn, der doch selbst ebenfalls dem Tode geweiht war auserkoren auf ihrer zweifelhaften Seite zu kämpfen und nicht ein anderes Mitglied der beiden Gruppen? "Warum?", fragte er schwach. Er hätte darüber lachen können, hätte diese ganze Sache für einen furchtbar schlechten Scherz halten können, aber das war es nicht. Sie saßen in diesem Auto - alle drei - und fuhren vermutlich dem Ort entgegen an dem die letzen Menschen, die etwas von der Existenz der beiden Gruppen wussten, sterben sollten nur damit sie frei waren? Dieser Plan war total irrsinnig. "Schuldig...Wir würden so oder so alle irgendwann bei einem unserer Aufträge sterben. Warum können wir nicht versuchen uns aus diesem Teufelskreis zu befreien?" Wagte es Nagi tatsächlich immer noch eine Antwort geben zu wollen? Hatte er nicht schon genug falsch gemacht? Jetzt widersprachen ihm schon seine eigenen Gedanken. Seine Augen starrten den Telekineten wieder gebannt an, zwangen ihn langsam zu begreifen was er sah. Das war ein Kind, ein Kind welches keine andere Möglichkeit hatte das Leben zu bekommen, das es eigentlich verdiente, als all diese Menschen zu töten. Sie alle hatten ihre Seele dem Teufel verkauft als sie den ersten Mord begingen und nun würden sie sie sich gewaltsam zurückholen oder selbst sterben. "Dann schieß mal los mit deinem Plan." Er wunderte sich selbst darüber, dass er überhaupt etwas sagte, grade das. Fast mechanisch bewegten sich seine Lippen und unaufhaltsam formten sie nun ein noch gequältes Lächeln. Er grinste, wie er es häufig tat und versuchte das Beste aus der Sache zu machen. * Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)