Icha Icha Paradise von Vanillaspirit (Kakashi x Rin) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Wenn man Hatake Kakashi fragte, warum er immer wieder in diesem Raum landete, so konnte er darauf nicht antworten. Langeweile allein führte einen Mann wie ihn nicht in ein Zimmer, das über und über gefüllt war mit kitschigen Sammelfiguren, Anatomiebildern und Kosmetika. Und dennoch landete er seit geraumer Zeit immer wieder in diesem großen Bett, auf dessen Kante er nun saß und sorgfältig die Armschoner seiner ANBU-Uniform anlegte. Hinter ihm bewegte sich etwas und er zuckte für einen Moment zusammen. Der junge Mann hatte gehofft sein größter Fehler würde noch schlafen, wenn er längst verschwunden war. Er hasste es ihr am nächsten Morgen zu begegnen, ihre hoffnungsvollen Augen zu sehen und sie doch wieder zu enttäuschen. „Musst du schon gehen?“, fragt Rin müde, während sie sich im Bett aufsetzte und die Decke schützend bis zum Hals hochzog. Es war der erste Winter nach Kyuubis Angriff und er kam ihr kälter und rauer als alle vorherigen vor. „Ja“, antwortete ihr alter Teamkamerad kurz angebunden. Er wagte es nicht, sich zu ihr umzudrehen und ihr ins Gesicht zu sehen. Schuld nagte an seiner Seele. Vor scheinbar so vielen Jahren hatte er seinem Freund Obito versprochen sie zu beschützen, doch wer konnte sie schon vor sich selber und vor ihm schützen? Kakashi konnte sich sehr genau an den Tag erinnern, an dem alles begonnen hatte. Namikaze Minato, ihr Sensei, war im Kampf gegen Kyuubi gefallen, so wie viele andere Dorfbewohner auch. Am Morgen danach sah er Rin zwischen all den Ruinen stehen. Sie war erschöpft gewesen und an ihrer Kleidung hatte Blut geklebt. Unermüdlich hatte sie die ganze Nacht um das Leben vieler Verletzter gekämpft. Hatake wusste auch damals sehr genau, dass er ihr nur weh tun würde und dennoch brauchte er Rins Gefühle für ihn, um zu erkennen, dass er überlebt hatte, dass er nicht alle Menschen verloren hatte. Der Tod des Yondaime, die Schwächung der Truppen und die Zerstörung des Dorfes hatten die Macht Konohas geschwächt und machten es zu einer scheinbar leichten Beute für andere Ninjadörfer und Banditen. Kaum ein Ninja über dem Rang eines Ge-nin war noch dauerhaft im Dorf und wenn, dann war er meist zu verletzt um die Feinde auf Außenmissionen abzufangen. Es war für Kakashi eine Ablenkung von all dem Tumult, wenn er in Rins Armen lag. Er schämte sich zutiefst dafür sie nur zu benutzen, traute sich aber nicht ihr noch näher zu kommen. Viele scheinbare Gründe hielten ihn davon ab und er kam sich erbärmlich vor ein Gerüst aus Ausflüchten um sich aufgebaut zu haben, die doch nur als Selbstgeißelung dienten. „Kommst du bald wieder?“ Rin war näher gerückt und hatte ihre Arme um seinen Hals geschlungen. Eng schmiegte sie sich an seinen Rücken und gab dem ANBU noch etwas Wärme an diesem kalten Wintermorgen. „Das haben wir oft genug besprochen.“ Kakashi rührte sich nicht. Steif blieb er auf der Bettkante sitzen und betrachtete den Boden. Ihre Kleidung lag verstreut von der Tür bis zu seinen Füßen und dazwischen ein Buch – einer ihrer heißgeliebten Trivialromane. Er erinnerte sich, ihn in ihrer Hand gesehen zu haben, als sie ihm gestern Abend die Tür geöffnet hatte. „Ich weiß.“ Sie seufzte und entfernte sich von ihm. An die Wand am Kopfende ihres Bettes gelehnt strich Rin sich durch die zerzausten, dunkelbraunen Haare. „Ich bin diese Gespräche leid.“ In diesem Punkt konnte er ihr aus vollem Herzen zustimmen. Er war es leid, aber er wusste, dass es durch seine Schuld immer wieder dazu kommen würde. Vielleicht konnte er die ganze Geschichte irgendwann als „ich war jung und dumm“ abhaken, doch im selben Gedankengang wusste der Junge, dass es nicht so einfach war. Zur Ablenkung hob er das Buch vom Boden und blätterte darin. Anscheinend hatte er ihren Geschmack total verkannt. Einen Schnulzenroman hatte sich der junge Mann wesentlich jugendfreier vorgestellt. „Pervers“, kommentierte er das Werk und zog die Aufmerksamkeit des Mädchens auf sich. Neugierig geworden rückte sie wieder näher und schaute über seine Schulter. Ihre Augen musterten das Buch einen kurzen Moment. „Nein, ist es nicht. Es ist lustig, ein wenig schlüpfrig, aber in erster Linie lustig.“ Rin hatte nicht erwartet, dass Kakashi derart prüde sein konnte. Nicht nach all dem, was sie bisher von ihm kennenlernen durfte und was ihr, allein beim Gedanken daran, einen gesunden, roten Ton auf die Wangen zauberte. „Jiraiya-sama hat es geschrieben“, versuchte sie ihre Literaturwahl zu verteidigen. „Na, das sagt doch schon alles.“ Mit einem schnellen Griff zog sie Kakashi das Buch aus den Händen und brachte es hinter ihrem Rücken in Sicherheit. „Ich mag es“, erklärte die junge Frau schmollend. „Es ist lustig und ich werde auch den Nachfolger davon lesen, sobald er veröffentlicht ist.“ Kakashi schüttelte nur den Kopf und erhob sich. Zum ersten Mal an diesem Morgen blickte er sie an, nur einen kurzen Moment, bevor er die Maske vom Kragen bis über die Nasenspitze hochzog und sich zur Tür drehte. „Kakashi-kun!“ Innerlich seufzte er auf und wünschte, sie hätte es bei der lockeren Atmosphäre belassen und ihn einfach ziehen lassen, aber wie so oft war Streit unvermeidlich. Er dachte schon darüber nach, wie er es dieses Mal wieder gut machen sollte. Einfach vor ihrer Tür auftauchen und einen geschlagenen Eindruck machen, wie beim letzten Mal? Wozu überhaupt? Ihm tat es nicht weh, bei ihr zu sein und danach zu gehen. Nicht wirklich. Nicht offensichtlich. Absolut gelogen. In Wahrheit schämte er sich jedes Mal aufs Neue und schaffte es dennoch nicht ihr einfach fern zu bleiben. Es wurde Zeit, sie dazu zu bringen, sich selbst zu lösen und der Scharade endlich ein Ende zu bereiten. „Obito …“ „Obito ist tot“, fiel Rin ihm harsch und genervt ins Wort. Überrascht wirbelte er um seine Achse und starrte sie an. Ihre Zähne bohrten sich in ihre Unterlippe, die Finger in die Decke gekrallt. Das Thema fiel ihr gewiss nicht leicht und darüber zu reden oder gar nachzudenken riss alte Wunden auf. Beide spürten, wie sich ein Abgrund zwischen ihnen auftat. „Obito ist tot“, setzte sie ruhiger, trauriger nach. Immer wieder das gleiche Thema. Kakashi schien Freude daran zu haben, ihre Schuldgefühle zu wecken und sie immer wieder daran zu erinnern, dass sie unfähig war Obitos Leben zu retten. „Er hat dich geliebt.“ Seine Stimme war ruhig, aber durchzogen von Melancholie und Schuld. „Und ich liebe dich.“ Die Tragweite ihrer Worte ließ ihn taumeln. Hastig vergrößerte er die Kluft zwischen ihnen und betrachtete sie unruhig. Es war lange her, dass er diese Worte von ihr gehört hatte. Begreifen konnte er es nicht. Er hatte darin versagt, sie vor allem zu schützen, schlimmer noch, er hatte mit ihr seinen besten Freund verraten und trotz allem liebte sie ihn immer noch. Unsicher wie er reagieren sollte, blickte er zur Seite und sucht nach den richtigen Worten, die es nicht zu geben schien. „Lass uns darüber reden, wenn ich zurück bin!“ Wieder eine Ausflucht, die alles nur hinausschob. Kakashi fühlte sich erbärmlich und mutig zugleich. Wenn sie nicht wollte, musste er dieser Geschichte ein Ende setzen. Das hätte er schon vor langer Zeit tun sollen. „Rin?“ Noch immer hatte sie ihre Finger in die Decke gekrallt und weigerte sich ihn anzusehen. Anstatt sauer zu werden oder sich noch mehr zu schämen, lächelte Kakashi resignierend. Es lief besser als sonst und wenn sie schmollte, hatte sie ohnehin etwas sehr niedliches. „Rin?“, widerholte er amüsierter, aber ohne Hoffnung mehr zu erreichen. „Wenn ich zurück bin, reden wir über uns.“ „Erwartest du, dass ich solange auf dich warte? Ich bin hübsch, ich kann jeden haben!“, entgegnete das Mädchen biestiger als gewollt. Beiden war klar, dass sie gerade eine kindische Lüge aufgetischt hatte, um ihn zu reizen. Um so mehr überraschte es sie, dass er tatsächlich grinste. Augenblicklich schlug ihr Herz einen Takt schneller. In all den Jahren hatte sie ihn noch nie ehrlich lächeln oder scherzen gesehen. Hatake Kakashi war jene Sorte Wunderkind gewesen, die niemanden an sich heran ließen und zum Lachen in den Keller gingen. Er war schon immer ein rationeller, ernsthafter Shinobi gewesen und ihn zum Grinsen gebracht zu haben war eine größere Ehre als Ernennung zum Hokage. Dieser Wintermorgen schien alles leise und nachdrücklich ändern zu wollen. „Nur ein paar Tage. Du hast dein Buch, lies es zu Ende, sollte dich genug beschäftigen.“ Er zuckte mit den Schultern und wunderte sich innerlich, wann die Stimmung von den üblichen Verletzungen zu heiter und unbeschwert übergegangen war. Wenn er von der nächsten Mission zurück war, würde er mit ihr reden und er würde sich bis dahin endlich damit auseinandergesetzt haben, wie stark seine Gefühle für dieses Mädchen wirklich waren. Das raue Leder seiner Handschuhe strich über ihre Wange, um noch einmal zu verdeutlichen, dass er dieses Mal nicht vor ihr fliehen würde und irgendwelche Dinge vorschieben würde. Alles sah so aus, wie er es verlassen hatte. Die Luft war stickig und von einem süßen, schweren Duft durchtränkt. Rins Kleidung lag noch immer auf dem Boden verstreut, aber der Kleiderschrank, auf ihrer bevorzugten Seite des Bettes, war aufgerissen und einer ihrer weißen Kittel fehlte. Sie hatte es eilig gehabt zu ihrem Notfall zu kommen. „Wir konnten nichts mehr für sie tun“, erklärte eine raue, alte Stimme von der Schlafzimmertür aus. Der mitleidige Blick des Sandaime haftete auf Kakashi, als dieser sich in Rins Schlafzimmer umschaute. Lange betrachtete er jedes der Fotos auf der niedrigen Kommode am Fußende des großen Bettes. Sie waren ihm früher nie richtig aufgefallen. Seltsam, dass man vieles erst dann bemerkt, wenn es zu spät war. Ob Rin das Kunai auch erst wahrgenommen hatte, nachdem es zu spät gewesen war? Warum hatte sie sich dem Kiri-Ninja überhaupt genähert? Hätte sie ihn doch einfach verbluten lassen. Schwerfällig sank Kakashi auf das Bett nieder. Dieses Mal wollte er es richtig machen und hatte doch wieder versagt. Bei Obito war er ein überheblicher Junge gewesen, bei Namikaze-sensei ein überforderter ANBU, doch dieses Mal einfach nur ein Versager und Feigling. Sein Hirn registrierte, wie Sandaime etwas zu ihm sagte, doch verstand er den alten Mann nicht. Seine Gedanken wirbelten umher und wurden erst wieder in gerade Bahnen gelenkt, als seine Finger gegen etwas stießen, das zu hart war um zum Bettzeug zu gehören. Langsam drehte er sein unbedecktes Auge zu seinen Fingerspitzen und entdeckte Rins Buch. „Icha Icha Paradise“, las er den Titel flüsternd, bevor er es aufhob und darin zu blättern begann. Überall waren handschriftliche Notizen an den Seitenrändern, die Stellen kommentierten, die der Medical-kunoichi besonders gut gefallen hatten. Kakashi lächelte leicht. Es war eine ihrer vielen Macken. Doch irgendwann hörten die Notizen schlagartig auf und markierten die Stelle bis zu der sie gelesen hatte. Sie wollte es doch noch zu Ende lesen und auch den Nachfolger, kein allzu schwieriges Ziel, das sie nun nicht mehr erreichen konnte. Der Sandaime redete weiter, wandelte durch das Zimmer und versuchte zu trösten. Kakashi reagierte nicht. Kakashi las. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)