Das Licht der Freundschaft von NatsuKita (Wenn eine Legende zur bitteren Wahrheit wird..) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- In einer uralten Überlieferung, vermutlich älter als die Menschheit selbst, steht geschrieben, dass eines Tages Zwillinge geboren werden, welche das Leben der Menschheit auf den Kopf stellen würde. Doch damit noch nicht genug. Weiter heisst es, dass das Schicksal der Welt von ihnen beiden abhängen wird. Jedoch nicht durch brüderliche Liebe oder Freundschaft. In der Legende wird von einem „ultimativen Kampf“ erzählt, welcher entscheiden soll, was mit der Welt passieren wird. Doch niemand weiss, wer diese Zwillinge sein werden, noch wann sie ins Spiel kommen würden. Man konnte lediglich hoffen, dass sich dies in die Länge hinauszieht, damit diese Welt noch viele schöne Jahre hinter sich bringen kann... In der heutigen Zeit haben viele jedoch diese Legende vergessen, oder halten sie lediglich noch für einen Mythos, eine Fantasievorstellung irgendeines alten, schrumpligen Priesters oder einen bösen Traum eines kleinen Kindes. Jene, welche die Legende noch kennen, und auch wirklich daran glauben, das sind dann meist schon Grosseltern, welche ihrer Meinung nach ja doch nichts ändern könnten, sollte diese Legende eintreffen. Doch es gibt jemanden, der ganz fest an diese alte Legende glaubt. Und dieser Jemand ist noch nicht mal richtig erwachsen! Begleiten wir ihn auf seiner Reise, die sein Leben verändern wird... Kapitel 1: Ungemütliches Treffen -------------------------------- Grosser Tumult herrschte in der von hohen Stadtmauern und Schutztürmen umgebene Stadt Carnavono, einer der wohl grössten Handelsstadt in der wunderschönen, doch zeitgleich auch gefährlichen Welt Mozambique. Auf den Wachtürmen wurde fleissig Wache gehalten, am Haupttor passierte gerade die nächste Ladung Früchte, für welche Carnavono so bekannt war. Hier in Carnavono herrschten ideale Bedingungen für Bauern, welche Früchte anpflanzten. Die Ernte war immer reichlich gross, selbst die Früchte waren grösser als sonst. Kurz gesagt, man hatte einfach mehr für sein Geld, wenn man Früchte in Carnavono kaufte. Auf dem Marktplatz herrschte jedoch das grösste Getümmel, denn halb Carnavono war gerade dabei, seine Einkäufe zu erledigen. Händler priesen wie verrückt ihre Ware an, immerhin hatten sie zuhause eine Familie zu ernähren. Mitten auf dem Marktplatz, auf der kleinen Erhöhung, auf welchem wiederum der Stadtbrunnen in seiner vollen Pracht stand, sass nun ein Junge mit braunem Haar und kristallblauen Augen lässig da, mit einem Stück Brot in der einen Hand, während er die andere im kühlen Wasser schwenkte. Direkt neben ihm am Brunnenrand sass ein seltsames kleines Wesen, döste vor sich hin und genoss die warmen Sonnenstrahlen an jenem schönen Frühlingstag. „Ein schöner Tag, um einfach mal Rast zu machen, und die Gedanken hinter sich zu lassen... Nicht wahr, Ruby?“ Der kleine Dämon, der vorhin noch gedöst hatte, streckte gähnend alle Viere von sich, um sich danach eine noch bequemere Liegeposition zu suchen. Lächelnd sah er seinem Dämon dabei zu, bis er auf einmal, gar nicht weit entfernt, Musik hörte. Als er seinen Kopf zu der Richtung schwank, aus welcher die Musik kam, sah er lediglich eine Menschenmasse, welche lauthals applaudierte und jubelte. Verwundert und neugierig zu gleich schlang er den letzten Bissen Brot hinunter, stand auf und eilte auf die Masse zu. Jedoch konnte er von ganz hinten nichts erkennen, so dass er sich mehr oder weniger freundlich hindurch zwängte, um etwas zu sehen. Dabei fing er sich jedoch einige böse Blicke und unfreundliche Kommentare ein, doch dies schien ihn nicht weiter zu stören. Als er sich durchgezwängt hatte, und nun endlich ganz vorne stand, stockte ihm erstmal der Atem. Die Menschen applaudierten dem jungen, blondhaarigen Mädchen, wahrscheinlich kaum älter als er selbst, dass in der Mitte der Massen gemeinsam mit ihren katzenartigen Dämon tanzte, während die Leute rund herum ihr Geld in einen Hut warfen und sich an dem Tanz ergötzten. Ruby war dem Jungen in der Zwischenzeit gefolgt, schlich sich durch die Menschenmasse und sprang dem Jungen auf die Schulter. Was ist denn? Hast du noch nie ein Mädchen tanzen sehen? Als Ruby nur einen bösen Blick zugeworfen bekam, war sie keineswegs eingeschüchtert, sondern lachte sich nur noch mehr ins eigene Fäustchen. „Wer ist dieses Mädchen?“, fragte der Junge neugierig den Mann mittleren Alters, welcher mit seiner eigenen Tochter, die versuchte den Tanz des Mädchens nach zu ahmen, neben ihm stand. „Das Mädchen? Ich kenne sie nicht. Ich weiss nur, dass...“ Ein schriller Schrei einer jungen Frau, welche sich ebenfalls unter der Masse befand, liess alle aufhorchen und stoppte die Fröhlichkeit und Heiterkeit, die gerade eben noch vorhanden war, und nun zu Verwirrtheit und Unsicherheit geführt hat. Mit lautem Gedröhne und Gehupe näherte sich nun eine Bande, welche drei Mitglieder zählte, auf pechschwarzen Motorrädern. Die Fahrer waren in schwarze Mäntel gehüllt, Sonnenbrillen bedeckten ihre Augen, und ein dicker Schal tat dasselbe für Nase und Mund. Die Menschenmenge begann sich blitzartig aufzulösen, die Frauen und Kinder kreischten, die Männer versuchten Familie und sich selbst in Sicherheit zu bringen, nur der Junge stand völlig bedeppert, wie bestellt und nicht abgeholt, da, und fragte sich, was denn los sei und warum alle flüchteten. Das blonde Mädchen hingegen, welches vorhin noch mit so fröhlichem Blick getanzt hatte, griff nach dem Hut mit dem Geld und der Tasche nebenan mit ihrem Hab und Gut, gab ihrem Dämon ein Zeichen, woraufhin beide ebenfalls flüchteten. Doch durch die ganze Panik war es nicht leicht, abzuhauen, so dass das Mädchen erstmal den Jungen anrempelte, und alles fallen liess. Hastig bückte sich das Mädchen und versuchte das Wichtigste aus ihrer Tasche zusammen zu sammeln. Der Junge, nett wie er war, bückte sich ebenfalls und half ihr, und versuchte dabei ein Gespräch an zu fangen, was jedoch nicht klappte, da er nur einen bösen Blick zugeworfen bekam, woraufhin sich das Mädchen den Hut mit dem Geld schnappte, und weg rannte. Verdutzt las er eine Stadtkarte auf und schaute dem Mädchen, welche die Karte gehörte, hinter her. Und während er ihr hinterher schaute, fuhr mit rasantem Tempo auf einmal diese Bande mit den Motorrädern an ihm vorbei, und verfolgten das Mädchen und ihren Dämon. Der Blick des Jungen wurde ernst und er ballte beide Hände zu einer Faust, und zwar so fest, dass diese zitterten. „Komm mit, Ruby. Wir helfen dem Mädchen!“ Und ohne auch nur eine Antwort seines Dämons ab zu warten, welcher nur seufzend den Kopf schüttelte, rannte er dem Mädchen und der Bande hinterher. Obwohl er das Mädchen nicht einmal richtig kannte, wollte er ihr helfen. Er konnte doch nicht einfach zulassen, dass diese Bande wer weiss was mit ihr anstellt. Es dauerte jedoch nicht lange, da verlor er die Bande, und somit auch das Mädchen, aus den Augen. Abrupt und ausser Atem blieb er stehen, und fluchte leise vor sich hin. Und was gedenkst du jetzt zu tun?, fragte Ruby, welche gerade eben auch anhielt. Du weißt nicht, wo sie lang sind! Betrübt schaute der Junge zu Boden, denn er wusste genau, dass es stimmte, was sein Dämon ihm sagte. Doch dann fiel ihm etwas ein. Er hatte doch die Karte des Mädchens mitgenommen! Denn auf der Karte war mit einem roten Stift ein Punkt markiert worden. Vielleicht hielt sie sich an diesem Punkt versteckt. Er kramte die Karte hervor, suchte seinen momentanen Standpunkt, und als er ihn gefunden hatte und wusste, wo er lang musste, steckte er sie wieder ein, und rannte weiter. Das Mädchen hingegen hatte ihre eigenen Probleme. Sie befand sich wirklich an dem auf der Karte eingezeichneten Punkt und hatte gerade ihre Sachen und das Geld versteckt, als die Bande eintraf, und sie mit den Motorrädern umzingelte. Der Dämon des Mädchens stellte sich schützend vor sie, und sie selbst erhob die Fäuste. Der Anführer der Bande lachte jedoch nur abschätzend, als er dies sah. „Das soll deine Verteidigung sein? Wie erbärmlich...“ Erneut lachte die Bande auf und liessen ihren Motor aufdröhnen, um dem Mädchen Angst einzuflössen, doch ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, blieb sie standhaft. „Was wollt ihr von mir? Ich habe euch nichts getan!“, versuchte sich das Mädchen mit Worten zu verteidigen. Sie wollte einen Kampf um jeden Fall vermeiden. Einerseits weil die Dämonen der Bande schon ziemlich gross und stark aussahen, andererseits aber weil sie selbst das Kämpfen hasste, und ihrem Dämon keinen Schaden zufügen wollte. Der Anführer bemerkte dies, doch er versuchte nicht darauf einzugehen. „Uns hast du nichts getan. Aber du weißt genau, dass es in Carnavono verboten ist, um Geld zu betteln!“ Dieser Vorwurf traf das Mädchen hart. Sie soll eine Bettlerin sein? Welch Schwachsinn. „Ich bettle nicht, ich verdiene mir mein Geld auf eine harte, aber anständige Weise!“ Jetzt hatte sie es ihm gegeben. Sie wusste, wie man sich mit Worten zur Wehr setzte. Doch das schien den Anführer nicht gross zu beeindrucken. Im Gegenteil, er stieg sogar von seinem Motorrad ab, ging auf sie zu, und liess bedrohlich die Finger knacksen. Der katzenartige Dämon, welcher bisher immer nur bedrohlich gefaucht hatte, ergriff nun Partei, indem sie dem Anführer auf den Arm sprang und ihn in den Unterarm biss. Überrascht über die Tat des Dämons, und doch auf die Zähne beissend, weil es doch sehr schmerzte, fuhr der Anführer herum, und schüttelte den kleinen Dämon ab, indem er ihn mit voller Wucht von sich schleuderte, woraufhin er sich erstmal aufregte. „Elendes Mistvieh...“, murmelte er, und schwenkte danach seinen Blick zu dem Mädchen, welches durch den harten Aufprall ihres Dämons auf den Boden, sich selbst den Arm hielt. „So, du willst es also auf die harte Tour, ja? Bitte, das kannst du gerne haben!“ Der Anführer der Bande holte mit der Faust in hohem Bogen aus, und schlug das Mädchen kraftvoll zu Boden. Auch ihr kleiner Dämon zuckte dieses Mal zusammen, und humpelte zu ihrer Partnerin, welche sich nun mit schmerzverzerrtem Gesicht die Magengegend hielt, und dann finster zum Anführer hinauf schaute, welcher sich gerade mit den andern beiden Mitgliedern über sie lustig machten. Plötzlich wurde ihr Gelächter unterbrochen, denn ein anderer Dämon, den man als Ruby erkennen konnte, war auf den Kopf des Anführers gesprungen, und verwuschelte seine Haare und zerkratzte ihm das Gesicht. Verzweifelt versuchte der Anführer Ruby von seinem Kopf herunter zu bekommen, jedoch vergebens, denn sie war einfach zu flink. Gerade als er nach Ruby greifen wollte, sprang diese flink von seinem Kopf herunter, und stellte sich vor das Mädchen, als eine Stimme sagte: „Hat dir deine Mutter keine Manieren beigebracht? Man schlägt keine Mädchen!“ Alle wandten sich zu der Stimme um, und lässig, mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht, trat der braunhaarige Junge hinter einer Ecke hervor. Als Ruby seinen Partner erblickte, eilte sie zu ihm, und kletterte an seinen Beinen, über seinen Rücken auf seine Schulter. „Gute Arbeit, Ruby.“, lobte der Junge seinen Dämon, und wandte seinen Blick wieder den andern zu. Die Augen des Mädchens weiteten sich langsam, und verdutzt stotterte sie: „D-Du bist doch... Der von vorhin...“ Das Grinsen des Jungen weitete sich. Sie konnte sich an ihn erinnern, das war ein gutes Zeichen. „Du machst uns keine Angst! Viper!“ Der schlangenartige Dämon des Anführers horchte auf, und machte sich bereit für einen Kampf. Doch der Junge wusste genau, was er zu tun hatte, um einen Kampf zu vermeiden. „Willst du wirklich gegen uns kämpfen? Kein guter Entscheid. Denn obwohl mein Dämon klein ist, so kann er sich schon weiter entwickeln. Und du willst dich ja nicht vor deinen Kumpels blamieren, oder?“ – „Dein Zwerg von einem Dämon kann sich entwickeln? Das glaube ich dir nicht!“ Etwas beleidigt griff der Junge in seine Tasche, und kramte ein Gerät hervor, dass einem Handy gar nicht so unähnlich sah. Aber dennoch sah es nicht aus wie ein Handy. „Mist... Er hat also nicht nur geblufft!“, murmelte der Anführer in sich hinein. „Los, wir ziehen uns zurück. Aber keine Angst, wir sehen uns wieder!“ Gedemütigt stieg die äusserst peinlich bloss gestellte Bande auf ihre Motorräder und düste davon. Eine gewisse Zeit lang sah der Junge der Bande mit ernstem Blick hinterher, doch als er sie nicht mehr sehen konnte, wurde sein Blick sanfter, und er näherte sich dem Mädchen, welches immer noch auf dem Boden sass, und nicht richtig realisierte, was gerade eben vorgefallen war. Verwundert schaute sie ihn an, wie er auf sie zukam, und sie machte sich ihre eigenen Gedanken, bis sie sich dabei erwischte, wie sie ihn anstarrte. „Was wollten die Typen von dir?“ – „Nichts. Sie dachten nur, ich wolle mein Geld auf unehrliche Weise verdienen.“, lautete die knappe Antwort des Mädchens, welches mit leicht rotem Gesicht zur Seite blickte, nur um ihn nicht schon wieder an zu schauen. Als sie jedoch einen Blick riskierte, hielt der Junge seine Hand ausgestreckt, und fügte hinzu: „Mein Name ist Matthew Speelers, und das ist mein Dämon Ruby.“ Ein kleines Lächeln von sich gebend, winkte Ruby, von der Schulter ihres Partners aus, dem Mädchen zu, welches nun seine Hand ergriffen hatte, und sich hochziehen liess. „Ich bin Kaori Kita, und das ist mein Dämon Lili-Sue, aber sie möchte lieber Sue genannt werden.“ Kaori klopfte sich kurz den Dreck von den Kleidern und schaute hinüber zu Matthew, welcher sie gerade eben gemustert hatte, und ihr nun direkt in die Augen sah. Kaori wurde leicht heiss, doch sie wandte den Blick nicht ab, und langsam stieg ihr auch die Röte ins Gesicht. Die ganze Situation passte Lili-Sue jedoch gar nicht. Eifersüchtig blickte sie zwischen den Beiden hin und her, bis sie in die Höhe sprang und Matthew an der Wange kratzte, um sich dann beleidigt weg zu drehen. Einen leichten Schrei des Schmerzes ausstossend, blickte Matthew verwundert zu Lili-Sue, und dann, eine Erklärung fordernd, zu Kaori. Ihr schien es peinlich zu sein, so dass sie ziemlich schnell erklärte: „Du musst sie entschuldigen. Sie mag keine Fremden, insbesondere keine Männer.“ Und als Kaori den seufzenden Blick Matthew’s sah, fügte sie lächelnd hinzu: „Du kannst zu mir nach Hause kommen, dann kann ich dir ein Pflaster geben.“ Als Lili-Sue dies gehört hatte, drehte sie sich ihnen blitzartig wieder zu, und legte Protest ein: Kaori! Du kannst doch nicht einfach einen Fremden mit nach Hause nehmen! Wir wissen nicht über ihn! - „Ich habe es nicht vor, dich oder Kaori zu verletzen. Sei nicht so misstrauisch.“, entgegnete Matthew grinsend, und strich Lili-Sue frech über den Kopf und die Ohren, was ihr sehr wohl gefiel, doch sie zeigte es nicht. Kapitel 2: Seltsamer Traum -------------------------- „Du bist ein Reisender, nicht wahr?“, fragte Kaori Matthew während die Beiden, mit ihrem Dämonen auf der jeweiligen Schulter, durch die Stadt liefen. Verwundert über Kaori’s schnelle Auffassungsgabe brachte er lediglich ein stummes Ja hervor, doch schnell fügte er hinzu: „Woher weißt du das?“ Kaori konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, doch als sie merkte, dass ihr Matthew einen leicht beleidigten Blick zuwarf, antwortete sie schnell: „Ich habe dich hier noch nie gesehen.“ An der nächsten Ecke bogen sie ab, und Kaori’s Zuhause kam in Sicht. Es war ein schmächliches Häuschen in einer abgelegenen, ruhigen Ecke, nahe des Stadtparks von Carnavono, doch Kaori gefiel es und sie mochte es. Als sie sich der Tür näherten, kniete sich Kaori zu einem Blumentopf hinunter, und griff nach dem in der Erde versteckten Schlüssel für die Haustür hervor. Sie schloss auf, machte das Licht an und warf als erstes den Hut mit dem Geld und die Tasche mit ihren Sachen auf die Couch, bevor sie ins Badezimmer eilte, um eine Salbe und Pflaster zu holen. Matthew währenddessen setzte sich auf die Couch und nahm ein bisschen das Wohnzimmer unter die Lupe, bis er auf einer Kommode ein Foto entdeckte, dass seine Neugierde weckte. Er stand wieder auf, warf einen Blick zu Ruby, welche sich auf der Couch zu einer Kugel zusammen gerollt hatte und erneut döste, ging hinüber zur Kommode und nahm behutsam das Foto in die Hand. Darauf zu sehen waren Kaori und Lili-Sue als sie noch ein paar Jahre jünger waren und ein anderer Junge mit seinem Dämon, welcher kaum älter als Kaori zu sein schien. Alle Vier schienen sich gut zu verstehen und zu kennen und Kaori wirkte richtig glücklich an seiner Seite. „Wer ist dieser Junge? Ist das... ihr Freund?“, dachte sich Matthew mit leicht enttäuschtem Blick. Er war so in seine eigenen Gedanken versunken, dass er nicht einmal bemerkte, wie Kaori mit Salbe und Pflaster ins Wohnzimmer kam, die Sachen auf den Tisch legte, und sich schräg hinter ihn stellte und ihm zusah, wie er sich, wie in seiner eigenen Welt versunken, das Foto anschaute. „Das sind ein Nachbarsjunge und guter Freund und ich, kurz bevor er und seine Familie... weggezogen sind.“, sprach sie in traurigem Ton und leicht zittriger Stimme. Erschrocken drehte sich Matthew nach ihr um, bemerkte ihren Blick und stellte hastig das Foto wieder an seinen Platz und verstaute seine Hände in die Hosentaschen, um nicht noch mehr auf die Sache ein zu gehen, und um sie damit schlussendlich nicht noch zum Weinen zu bringen. Auch Lili-Sue hatte das ganze Szenario mitbekommen, fauchte unhörbar für die anderen und ärgerte sich über Matthew: Dieser Idiot! Ich wusste, das konnte nicht gut gehen wenn sie ihn nach Hause nimmt! Aber auf mich hört ja wieder mal keiner! Wenn so etwas noch mal passieren sollte, dann schwöre ich, zerkratze ich ihm das ganze Gesicht! Ohne auch nur ein Wort zu sprechen, setzten sich Matthew und Kaori auf die Couch, und Kaori begann seine Wange zu verarzten, welche mittlerweile zwar nicht mehr blutete, aber immer noch sehr schmerzte, wenn man zu fest aufdrückte. Doch Kaori war ganz vorsichtig, denn sie wollte ihm auf keinen Fall weh tun. Behutsam drückte sie ihm das Pflaster auf die Wange und brachte die restlichen Pflaster und die Salbe zurück ins Badezimmer. Während sie weg war, bemerkte Matthew, dass Lili-Sue ihm verächtliche Blicke zuwarf, und er konnte nicht so richtig verstehen wieso, denn er hatte ja nichts getan. Deswegen versuchte er die Blicke zu ignorieren und zu warten, bis Kaori zurück kam. Als die Besagte zurück kam und sich erneut auf der Couch niederliess, schaffte er es nicht sie anzusehen, sondern säuselte lediglich ein leises Danke. Kaori warf ihm ein sanftes Lächeln zu und kratzte ihren ganzen Mut zusammen, nur um zu fragen: „Haben du und Ruby eigentlich schon eine Unterkunft für die Nacht gefunden?“ Matthew, welcher Ruby in der Zwischenzeit auf seinen Schoss gelegt hatte und ihr über den Kopf streichelte, schien überrascht, doch konterte er schnell mit der Antwort: „Nein, wir sind nicht dazu gekommen. Aber wenn du wünschst dass wir gehen, dann werden wir dein Zuhause so schnell wie möglich verlassen.“ Das wiederum überraschte Kaori, denn das war nicht dies, was sie eigentlich wünschte. „S-So habe ich das nicht gemeint! Eigentlich... wollte ich euch anbieten über die Nacht hier zu bleiben, da die Gaststätten in Carnavono ziemlich teuer sind.“ Als Lili-Sue dies gehört hatte, schreckte sie regelrecht auf, sprang auf die Couch und warf Kaori einen unheimlich bösen Blick zu, woraufhin Kaori ihr einen typischen Sei-nicht-so-unfreundlich-Blick zuwarf. Lili-Sue sprang wieder von der Couch runter, und machte sich mürrisch auf ins Schlafzimmer während sie noch still in sich hinein murmelte: Das ist ja nicht zu fassen, dass sie ihn auch noch bei uns übernachten lässt! - „Das Angebot nehmen wir natürlich sehr gerne an.“ Glücklich über die positiv ausgefallene Antwort von Matthew, begaben sich Kaori und Matthew in den Keller, um dort eine Matratze zu holen, auf welcher einer der Beiden dann schlafen würde, da Kaori kein Gästezimmer hatte und es auf der Couch unbequem werden würde. Gemeinsam trugen sie die Matratze nach oben und stellten sie ins Wohnzimmer, da sonst nirgends genügend Platz herrschte. Später bereitete Kaori das Abendessen für die Vier vor und zauberte etwas ganz Spezielles für ihre Gäste. Die Zeit verging wie im Fluge und schon bald war es draussen dunkel geworden und Matthew, Kaori und ihre Dämonen wurden von der Müdigkeit heimgesucht, so dass sie sich dazu entschlossen, schlafen zu gehen, um am nächsten Tag fit und ausgeschlafen zu sein. „Gute Nacht, ihr Beiden.“, waren Kaori's letzte Worte bevor sie sich in ihr Schlafzimmer begab und die Türe leicht zuschob, jedoch weit genug offen liess, damit sie bemerken konnte, falls etwas passieren sollte. Völlig erschöpft liess sie sich in ihr Bett fallen und seufzte erstmal tief, aber glücklich. Kaori, dieser Junge... Ich habe kein gutes Gefühl was ihn betrifft..., versuchte Lili-Sue eine Konversation über Matthew zu beginnen, in welcher sie Kaori ihre direkte Meinung über ihn sagen wollte. „Du hattest noch nie ein gutes Gefühl wenn es um einen Jungen ging. Ausser bei Toshi, der ja leider weggezogen ist.“, sagte Kaori monoton und schaute dabei starr an die Decke. „Und ausserdem... Ich finde ihn ganz nett.“ Sie musste leicht lächeln, und ihr Blick wurde etwas verträumter. Aber! Ich denke nicht, dass er eine gute Partie für dich ist. Das war Lili-Sue’s Schlusswort, und sie legte sich neben Kaori’s Kopf auf das Kissen, und tat so, als würde sie schlafen, obwohl sie nicht schlief, sondern Kaori’s weitere Reaktion sehen wollte. Auch draussen im Wohnzimmer wurde noch eine Diskussion geführt, wobei diese anders ablief, denn Matthew war der Auslöser. „Jetzt mal ganz ehrlich, Ruby... Was denkst du über Kaori und Sue?“ Matthew schaute mit ernstem Blick an die Decke und wartete gespannt auf Ruby’s Antwort und persönliche Meinung, denn ihm war es sehr wichtig, zu wissen, was seine Partnerin denkt. Kaori denke ich, ist ein sehr nettes und höfliches Mädchen, und ich bin ihr sehr dankbar, dass wir bei ihr übernachten dürfen. – „Ja, stimmt. Aber ich glaube, Sue mag mich nicht leiden. Sie wirft mir immer böse Blicke zu, und beobachtet jeden Schritt, den ich mache.“ Matthew seufzte. Das kommt daher, weil Sue sehr besorgt um Kaori ist. Sie möchte nicht, dass ihr etwas passiert, und das ist ihre Art, sie zu beschützen. Matthew drehte den Kopf zu Ruby. „Aber ich will ihr ja nichts tun...“, versuchte Matthew sich zu rechtfertigen. Kann es sein, dass du dich ein bisschen in sie verliebt hast, oder täusche ich mich da? Diese Frage war Matthew sichtlich peinlich, denn langsam stieg ihm die Röte ins Gesicht, und als Ruby’s angriffslustiges Grinsen sah, änderte das nichts daran, ausser dass er dies leugnete: „N-Nein, gar nicht wahr.“ Er drehte sich auf die Seite, flüsterte ein leises Gute Nacht, und versuchte zu schlafen, während sich Ruby, zufrieden grinsend weil sie wusste, dass sie schon ein bisschen Recht hatte, und eine bequeme Liegeposition suchte und als sie diese gefunden hatte, mit einem verstohlenen Grinsen einschlief. Als Kaori das nächste Mal die Augen aufmachte, befand sie sich nicht mehr in ihrem Bett, und auch Lili-Sue war nicht mehr bei ihr. Beängstigt über die Tatsache, dass ihr Dämon zum ersten Mal nicht bei ihr war, setzte sie sich auf und schaute sich im Raum, in welchem sie sich befand, um. Es war dunkel, kalt und nass und von überall vernahm man unheimliche, erschreckende Geräusche, welche man nicht identifizieren konnte. „W-Wo bin ich?“, stotterte Kaori, und kauerte sich zusammen, um möglichste wenig Platz zu besetzen, denn wer weiss, was noch in diesem Raum ist. Auf einmal hörte sie ein gefährliche Zischen und sie wusste sofort, dass dies nur Schlangen sein konnten. In dem Raum wurde es ein bisschen heller und Kaori’s Vermutung bestätigte sich; sie war von tausenden von Schlangen umgeben. Sie stiess einen spitzen Schrei aus, doch niemand konnte sie hören. Die Schlangen näherten sich Kaori immer mehr, und als sie kurz davor waren, sie zu berühren, da fiel plötzlich etwas undefinierbar ekliges von der Decke auf Kaori’s Kopf und Körper, woraufhin sie erneut geekelt aufschrie und auch vor Angst begann zu weinen. „Sue... wo bist du? Ich habe Angst...“ Kaori konnte nicht aufhören zu weinen, auch wenn sie es noch so sehr versuchte, die Angst war einfach zu gross. Sie zitterte am ganzen Körper und die Tatsache, dass die Schlangen immer näher kamen, machte ihr auch nicht neuen Mut. Voller Verzweiflung und von Angst durchströmt hob Kaori schützend die Arme über den Kopf und schrie immer weiter. Genaustens wissend, dass niemand sie hören konnte schrie sie immer weiter. Doch plötzlich durchbrach etwas die Decke, und das Licht der Tagessonne konnte durchdringen. Als Kaori von der Sonne geblendet nach oben sah, konnte sie einen Jungen in ihrem Alter erkennen, edelmütig auf einem schneeweissen Tiger sitzend, auf dem Dach des Raumes stand. Kaori erkannte den Jungen. „Matthew!“, rief sie zu ihm hoch, dieser regte sich und der weisse Tiger sprang elegant zu ihr hinunter. Den Tränen nahe, wagte sie einen Versuch und stand auf. Ziemlich wackelig auf den Beinen näherte sie sich dem Jungen und fiel ihm vor lauter Freude, dass Matthew sie rettet, um den Hals und rief weinend immer und immer wieder seinen Namen. Als dieser jedoch keinen Wank machte, schaute Kaori an ihm hoch und sah ihm das erste Mal richtig in die Augen. Erschreckend stellte sie fest, dass dies nicht Matthew’s Augen waren, denn sie waren nicht so kristallblau, wie Kaori sie kannte, sondern sie waren grasgrün! Entsetzt liess sie den Jungen, welcher Matthew zum Verwechseln ähnlich sah, los und stotterte nur immer wieder, dass dies nicht sein könne. Plötzlich regte sich der Junge und starrte finster zu Kaori runter, welche noch nie so einen düsteren und furchteinflössenden Blick gesehen hatte, hob seine Hand und schnippte mit den Fingern, was wohl ein spezielles Zeichen war, denn der Tiger, welcher bis eben pflichttreu hinter seinem Partner stand, begann sich zu regen und ging mit langsam Schritten auf Kaori zu. Nicht einmal einen Meter von ihr entfernt blieb er stehen, öffnete sein riesiges Maul und liess seine scharfen Zähne zum Vorschein kommen. Für Kaori schien es so, als würde er sie regelrecht verschlingen wollen. Der Tatsache ins Auge sehend, dass sie sterben wird, kniff sie die Augen fest zusammen, um nicht zu sehen, wie es passieren würde. Doch plötzlich rief eine ihr bekannte Stimme ihren Namen: „Kaori!“ Immer und immer wieder, erst leise, dann immer lauter. Es schien, als ob die Stimme näher kommen würde, doch Kaori, welche die Augen in der Zwischenzeit wieder geöffnet hatte, konnte niemanden erkennen ausser dem Tiger und dem Jungen, welcher Matthew so ähnlich sah. „Wer ist da?“, rief sie verzweifelt, doch sie bekam keine Antwort. Mittlerweile schien es, als würde die Stimme, welche immer ihren Namen rief, direkt neben ihr stehen, doch sie sah niemanden. Ein letztes Mal rief die Stimme laut, klar und deutlich: „Kaori!“ Kaori öffnete ruckartig die Augen und sah direkt in die Gesichter des besorgten Matthew, welcher sie an den Schultern gepackt hatte, und erleichternd seufzte. Schnell setzte sich Kaori auf und sah sich um; sie befand sich in ihrem Zimmer und Lili-Sue war auch da. Alles schien normal. „W-Was... ist passiert?“, fragte Kaori in die Runde und zitterte am ganzen Körper aus Angst, als seie dies nur ein Traum. Du hattest einen Alptraum, Kaori, entgegnete ihr Lili-Sue besorgt. Ein Alptraum? Rasch wandte Kaori ihren Blick zu Matthew, welcher sich inzwischen auf die Bettkante niedergelassen hatte und sie noch immer sehr besorgt anschaute, als wolle er gleich fragen, ob alles in Ordnung sei. Tränen stiegen ihr in die Augen, sie konnte ihre Emotionen nicht mehr zurück halten und fiel dem richtigen Matthew um den Hals und weinte sich aus. „K-Kaori!“, stammelte dieser überrascht während ihm die Röte ins Gesicht stieg, und wusste erst nicht, was er tun sollte. Als er sich nach ein paar Sekunden wieder gefasst hatte, umarmte er Kaori und zog sie ganz nahe an sich heran, als wolle er sie beschützen. Auch Lili-Sue schien überrascht über die Reaktion ihrer Partnerin und wollte erst Protest einlegen, doch Ruby hielt sie zurück, und schüttelte nur den Kopf, zum Zeichen dass sie es lassen soll. Vielleicht habe ich mich doch in ihm getäuscht... Vielleicht ist er derjenige, der Kaori in Momenten der Dunkelheit ins Licht führen kann... Kapitel 3: Zerstörtes Zuhause ----------------------------- Als Kaori am nächsten Morgen langsam die Augen öffnete, weil die lauen Sonnenstrahlen ihre Nase kitzelten, bemerkte sie als erstes die dicke Decke, welche jemand über sie gelegt haben musste. Als sie dann jedoch bemerkte, dass Lili-Sue nicht neben ihr lag, wurde sie leicht nervös, in Gedanken an ihren Traum von letzter Nacht, stand auf und ging instinktiv als erstes ins Wohnzimmer, welches sozusagen de Mittelpunkt ihres Zuhause war. Kaori geriet leicht in Panik, denn die Matratze, sowie deren letzte Benützer Matthew und Ruby waren ebenfalls verschwunden. Mit leicht tränenden Augen sprang Kaori regelrecht in die Küche, stoppte abrupt und verlor dabei fast das Gleichgewicht, als sie Matthew, Ruby und Lili-Sue gemütlich in der Küche sitzen sah, während Matthew gerade das Brot aus dem Küchenschrank in der Hand hielt. Sprachlos drehten sich alle nach Kaori um und schauten sie fragend an, bis Matthew grinsend die Stille durchbrach: „Guten Morgen, du kleine Schlafmütze!“ Kaori errötete leicht, da ihr nun klar wurde, dass Matthew die dicke Decke über sie gelegt hatte. „Was.. machst du da?“ – „Als Gegenleistung deiner Gastfreundschaft spendier’ ich dir ein Frühstück.“ Matthew grinste erneut. Ein Grinsen, welches Kaori nicht so schnell vergessen würde. Aber wenn er ihr ein Frühstück spendierte, musste das heissen, dass Matthew schon am frühen Morgen auf dem Markt war, um frisches Brot und andere Sachen, wie etwa Früchte, zu kaufen. Ob du’s glaubst oder nicht, er ist zur frühen Morgenstunde aufgestanden um das frischste Brot kaufen zu können, erklärte Lili-Sue gerissen, als ob sie ihn genau beobachtet hätte, dabei schlief sie selbst noch zur frühen Stunde. Über Lili-Sue’s Aussage erfreut lächelte Kaori Matthew an, welcher inzwischen begonnen hatte, das Brot in nicht zu dünne, aber auch nicht zu dicke Scheiben zu schneiden. Als Ruby Kaori’s Blick bemerkte und zwischen ihr und Matthew hin und her schaute, war ihr klar, was sie zu tun hatte. Hinterlistig grinsend schlich sie sich aus dem Wohnzimmer, von Matthew und Kaori völlig unbemerkt, jedoch von Lili-Sue sehr wohl bemerkt, in den Garten, woraufhin ihr Lili-Sue neugierig folgte, während sie noch einen letzten Blick zurück warf um zu schauen, ob alles in Ordnung war. Draussen liess sich Ruby in einem Bett aus lauter Anemonen fallen, welche in lauter verschiedener Farben blühten, von einem sanften babyrosa bis zu einem kräftigen aquamarinblau. Lili-Sue stellte sich neben sie und schien sichtlich verwirrt; war Ruby nur nach draussen gegangen, um sich in einem Blumenbeet fallen zu lassen? Auf eine leichte Kopfbewegung Ruby’s einen kurzen Blick durch das Küchenfenster werfend, gesellte sich Lili-Sue seufzend zu Ruby, denn ihr war nun klar geworden, weshalb Ruby sich aus dem Haus schlich. In der Küche jedoch war die Luft zum Schneiden, eine unheimliche Stille herrschte, denn keiner von beiden getraute sich etwas zu sagen. Matthew bereitete weiter alles für das Frühstück vor und Kaori stand mit verschränkten Armen im Türrahmen und starrte Löcher in die Luft, doch eigentlich beobachtete sie insgeheim Matthew aus dem Augwinkel. Als dieser fertig gedeckt hatte, warf er einen Blick zum Küchenfenster hinaus, wo er Ruby und Lili-Sue auf der Wiese liegen sah, schmunzelte leicht, und wollte sich gerade aus der Küche in den Garten begeben um die beiden Dämonen an den Tisch zu holen, da hielt Kaori ihn auf: „Danke..“ – „Wofür?“ – „Einfach für’s Dasein.“ Matthew wusste nicht genau, wie er das verstehen sollte, aber es schien ihm egal zu sein, denn für einen Moment blieb er neben Kaori im Türrahmen stehen und schaute lediglich auf den Boden, bis er ihr antwortete: „Keine Ursache. Für das sind Freunde da.“ Er setzte sich in Bewegung und ging hinaus in den Garten, wo er Ruby und Lili-Sue erschreckte indem er ihnen einen Eimer Wasser über den Kopf schüttete, welchen er zuvor an der Haustürecke mitgenommen hatte. Freunde! Er hat gesagt, sie seien Freunde! Kaori’s Herz machte einen Freudensprung, doch schnell versuchte sie sich wieder zu beruhigen. Vermutlich waren viele Mädchen und Jungen seine Freunde, dass musste nichts Spezielles heissen. Später beim Frühstück schien die ganze Stimmung aufgetaut, alle sassen zusammen und lachten zusammen. Es gab frisches Brot vom Bäcker, diverse frische Früchte von der ersten Lieferung, welche in Carnavono ankam, und alles sonstige, was Matthew im Kühlschrank oder den Küchenschränken finden konnte. Doch die fröhliche, unbeschwingte Stimmung änderte sich rasch, als Matthew eine Frage wegen gestern Nacht in den Raum warf: „Kaori, von was hast du letzte Nacht geträumt, dass du so geschrien hast? Das muss ja etwas Schreckliches gewesen sein..“ Und mit einem Schlag erinnerte sich Kaori an den Traum von letzter Nacht. Wie sie in dem dunklen Raum gefangen war, wie der Junge ihr Hoffnung gemacht hatte, welche aber so schnell wieder zerstört wurde. Lili-Sue sprang auf Kaori’s Kopf und warf Matthew erneut einen bösen Blick zu, ehe sie besorgt fragte: Kaori? Wenn du es nicht erzählen willst, dann lass es sein, und hör nicht auf ihn. Doch Kaori schüttelte lediglich den Kopf, und doch begann sie leicht zu zittern. „Nein.. Ich.. muss es euch erzählen..“ Ihre Stimme wurde immer zittriger und für einen kurzen Moment hätte man meinen können, in ihren Augen eine Träne gesehen zu haben, ehe sie langsam und genaustens begann zu erzählen, was sie geträumt hatte. Alle hörten gespannt zu, und als Kaori an die Stelle kam, an welcher dieser Junge, der wie Matthew aussah, auftauchte, horchte dieser auf, und begann sich zu fragen, was Kaori’s Traum wohl zu bedeuten hatte. Ruby jedoch war mittlerweile klar geworden, was dieser Junge für eine Bedeutung hatte. Matt! Ist dir klar, was das bedeutet? Und auch Matthew war nun klar geworden, was dies zu bedeuten hatte. Kaori und Lili-Sue schauten sich dagegen nur fragend an, bis Matthew ihnen erklärte, was es mit dem Traum auf sich hatte. „Kennt ihr die alte Legende, welche besagt, dass eines Tages Zwillinge geboren werden, welche über das Schicksal der Welt entscheiden werden?“ Das liess Kaori aufhorchen, denn auch sie war höchst interessiert an dieser alten Legende, Lili-Sue hingegen traute dem ganzen nicht über den Weg und setzte zu einer schnippigen Antwort an: [7]Und nur, weil Kaori von einem dir ähnlich sehendem Jungen geträumt hat, denkst du jetzt, du wärst einer der Zwillinge, und der Typ aus Kaori’s Traum ist dein Zwilling? Das ist höchst unwahrscheinlich. Ein böser Blick Kaori’s reichte, um Lili-Sue zum schweigen zu bringen, denn dies eben war sehr unhöflich von ihr gegenüber Matthew, und das Schlimmste daran war, dass es Lili-Sue genau bewusst war. Besorgt blickte Kaori wieder zurück zu Matthew, und erzählte ihre Schlussfolgerung ihres Traumes, aufgrund der neuen Tatsachen: „Also ich denke, dass.. es sehr gut sein kann, dass Matthew einer dieser Zwillinge ist.. Dieser Traum schien so real..“ Kaori faltete ihre Hände zusammen und begann erneut zu weinen, was normalerweise nicht ihre Art ist, doch dieser Traum liess sie nicht los. Jetzt hast du sie schon wieder zum Weinen gebracht! Das gibt’s ja nicht! Und ich dachte bis eben, du seist ganz okay! Soviel dazu., bemerkte Lili-Sue scharf, setzte sich auf Kaori’s Schulter und versuchte sie zu beruhigen. Auch Ruby zeigte ihr Mitgefühl, liess sich auf Kaori’s Beinen nieder und stupste sanft mit ihrer Nase diejenige von Kaori an. „Kaori.. T-tut mir Leid..“ Plötzlich erklang von draussen das Dröhnen dreier Motorräder, und dies konnte ja nichts Gutes heissen, denn anscheinend wollte sich die Bande für die Aktion des gestrigen Tages rächen. Schnell wischte sich Kaori die Tränen aus den Augen und trat an das Küchenfenster hinan, um zu sehen, was draussen los war. Der Anblick der sich ihr bot, liess sie tief durchatmen, denn diese Rowdys hatten ihr schönes Blumenbeet gnadenlos mit ihren Motorrädern nieder gewälzt und keine einzige Blume stehen gelassen. Desweiteren lagen auch all ihre Blumentöpfe mit den restlichen verschiedenen Pflanzen zerscherbelt auf dem Gehweg, welcher von der Strasse direkt an das kleine Häuschen führte. Als sie dann ihren Blick zu der Bande wandern liess, bemerkte sie deren schamloses Grinsen und ahnte Schlimmes. Kaori wandte ihren Blick von der Bande ab und schaute Lili-Sue tiefgründig an, welche sofort wusste, was sie zu tun hatte. Doch gerade als Lili-Sue zur Küche hinaus wollte, gab es vom Flur her ein Heidenlärm und alle Vier eilten geschockt ins Wohnzimmer, wo sie den Anführer der Bande auf dem Motorrad vorfanden, welcher gerade eben die Haustür eingefahren hatte. „Du!“, er zeigte mit dem Finger direkt auf Matthew, welcher sich, mit Ruby auf der Schulter schützend vor Kaori gestellt hatte, „Das ist die Rache für gestern!“ Und auf ein Fingerschnippen seinerseits stürmten die anderen beiden Mitglieder der Bande ins Haus und verwüsteten die Wohnung von Grund auf, sie liessen keinen Stein auf dem andern stehen, selbst das Foto von Kaori und Toshi liessen sie nicht stehen. Es fiel auf den Boden und der schöne Rahmen zersprang in tausend Stücke. Das verhiess nun sieben Jahre Pech. Diese Schweine.. So was nennen die Rache.., war in diesem Moment das einzige, was Ruby vor lauter Wut hervor bachte. „Na los, wenn du den Mut hast, kämpf gegen uns.. Oder bist du zu feige?“, lachte der Anführer erniedrigend, woraufhin es ihm die andern beiden gleich taten. „Nenn mir deinen Namen...“, fing Matthew leise an, ehe der Anführer ihn unterbrach: „Wie war das?“ Matthew ballte beide Hände zu einer Faust und zitterte schon fast vor lauter Wut. „Nenn mir deinen Namen.. Damit ich weiss, gegen wen ich gewinnen werde!“, wiederholte er, am Ende schon fast schreiend. „Matthew, bist du irre? Das schaffst du niemals!“, versuchte Kaori ihn verzweifelt davon abzuhalten, jedoch vergebens. „Tut mir Leid, dass ich dich da mit hinein ziehe, Ruby, aber.. Wenn jemand einen so miesen Charakter hat, dass er meine Freunde seine Rache spüren lässt, muss etwas dagegen unternommen werden! Bist du bereit diesen Trotteln eins zu verpassen?“ – Immer, wenn du es bist, Matt! Ich wollte diesem gehirnlosem Muskelprotz sowieso gleich erneut an den Hals springen! Matthew grinste herausfordernd und hob bereits drohend die Fäuste zum Zeichen, dass es losgehen konnte. „Kaori, sieh zu dass du hier raus kommst. Das könnte gleich ein wenig gefährlich werden!“ – „Denkst du wirklich, ich bin so feige und lass dich hier allein?“, lautete die kecke Antwort Kaori’s welche sich nun, mit ernstem Blick und ebenfalls mit Lili-Sue auf der Schulter, neben Matthew gestellt hatte. Sechs gegen zwei, wie unfair.. Ausserdem haben wir sowieso noch eine Rechnung mit den Typen offen! Aber nur dass wir eines klar stellen, Matthew! Ich mach hier nur mit, weil Kaori es so will und ich dem Typ noch die Augen auskratzen muss! Doch Matthew war sehr wohl bewusst, dass auch Lili-Sue ihm helfen wollte. Still schweigend und nur das Dröhnen der Motorräder hörend, starrten sie sich drohend an, standen sich gegenüber und keiner wagte auch nur einen Schritt oder ein Wort zu sagen. „Kleine Kinder sollten lieber ihre Klappe halten wenn Ältere reden! Ich, Don Zaloog, werde dir zeigen, dass sich niemand so schnell mit unserer Bande anlegt!“ Und auf ein Handzeichen hin griff sein Dämon Viper Ruby an und biss mit seinen giftigen Zähnen in ihr Ohr, woraufhin diese aufschrie. Auch Matthew schrie auf und sackte leicht zusammen, bis Kaori ihn ermahnte: „Pass besser auf deine Deckung auf! Hast du etwa schon vergessen, dass wenn dein Dämon Schmerzen erfährt, dass du die selben spürst?“ – „Das ist mir schon klar! Ich hab.. nur gerade nicht aufgepasst, das ist alles..“ „Das sagen sie alle! Los Ryu, mach ihm mal Feuer unter’m Hintern!“, rief einer der beiden anderen Mitglieder aus, woraufhin sein drachenartiger Dämon tief Luft holte und liess eine ziemlich grosse Feuerwelle auf Matthew sausen, woraufhin dieser sich rettete, in dem er zur Seite sprang und so auch gleich Kaori zu Boden riss. Die Feuerwelle jedoch machte ihren Weg zu Ende und steckte somit die Couch in Brand, welche immer stärker begann zu rauchen. Lili-Sue hatte sich derweilen unbemerkt an Ryu herangeschlichen, sprang ihn von hinten und rammte ihm ihre Krallen in den Hals, woraufhin dieser bewegungslos umfiel, und sein Partner es ihm gleich tat. Sie waren beide tot. Denn wenn der Dämon stirbt, so stirbt auch der Partner und umgekehrt. Matthew und Ruby kämpfen derweilen verbittert gegen Viper und Don Zaloog, doch es schien keine Hoffnung in Sicht. Ruby hatte schon zu viele Bisse und Schläge einstecken müssen, als dass sie jetzt noch einmal mit voller Wucht zurück schlagen könnte. Auch Matthew war kurz vor der Erschöpfung, hielt sich schnaufend den Arm und dachte nach, um doch noch eine gute Strategie aus dieser Misere zu finden. Matt, ich habe eine Idee.. Aber es könnte gefährlich werden.. Vertraust du mir dennoch? – „Immer.“ Ruby kletterte auf den Wandschrank, welcher schon lange nicht mehr stabil war, und sprang weiter auf die Deckenbalken, welche gut zu sehen waren, da mittlerweile die halbe Decke bereits eingestürzt war. Lili-Sue hatte Ruby’s Plan verstanden und stellte sich schützend vor Matthew und drohend vor Viper und begann, ihn zu provozieren, um ihn von Ruby ab zu lenken. Ich dachte immer, du seist so stark.. Aber nun muss ich feststellen, dass dem nicht so ist. Wie erbärmlich.. Und Lili-Sue kicherte fast, obwohl sie innerlich eher ein wenig Angst verspürte, da sie genau wusste, wozu Viper fähig war. Du wagst es wirklich, mich zu beleidigen? Das wird dir noch Leid tun.., zischte Viper und gerade als er auf Lili-Sue losgehen wollte, krachte von oben der Rest der sowieso schon total demolierten Decke auf Viper hinunter und begrub ihn unter sich. Kaori schrie leicht auf, Lili-Sue sprang mit einem Satz zurück um nicht auch noch begraben zu werden, und Matthew kniff die Augen zusammen vor lauter aufgewirbeltem Staub und Asche. Als er sie langsam wieder öffnete, sah er Ruby ganz gelassen auf dem Haufen Holz sitzen und grinsen. Tut mir Leid, dass es so knapp wurde., sagte sie lässig und sprang dann ermüdigt auf Matthew’s Schulter und ruhte sich erst mal aus. Doch dazu blieb nicht wirklich Zeit, denn dadurch, dass Ruby die Decke noch mehr zerstört hatte, drohte nun das ganze Gebäude zusammen zu brechen. „Wir müssen hier raus!“, schrie Kaori, deutete zum kaum noch erkennbaren Ausgang und eilte hinaus, woraufhin ihr Lili-Sue und Matthew mit Ruby folgten. Gerade als Matthew den letzten Schritt hinaus machte, brach das Gebäude in sich zusammen, und Kaori’s Zuhause war vollkommen zerstört. Kaori, was machen wir denn jetzt? – „Ich weiss es nicht. Wir werden wohl weg ziehen müssen..“ Kaori schaute betrübt zu Boden. Sie war hier gross geworden, alle ihre guten sowie schlechten Erinnerungen hingen hier fest. Auch Matthew wirkte bedrückt, denn es war auch teils seine Schuld. Doch er machte ihnen ein Angebot: „Wenn ihr möchtet, könnt ihr mit uns mitkommen. Wir sind zwar nur Reisende, aber.. Das ist besser, als gar kein Zuhause zu besitzen.“ Schon fast weinend blickte Kaori Matthew in die klaren Augen, warf einen kurzen Blick zu Lili-Sue, welche immer noch nicht fassen konnte, dass ihr Zuhause in Schutt und Asche lag, wandte sich zurück an Matthew und stimmte mit einem stummen Nicken zu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)