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The heir of the Fox

Der Erbe des Fuchses
von

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Hiobsbotschaft

Kapitel 2: Hiobsbotschaft
 

Mehrere Monate vergingen. Nach Sasukes überraschender Rückkehr nach Konoha stellte sich der Alltag erst langsam wieder ein - und sofern es den Letzten der Uchiha betraf, gab es für ihn so etwas wie Alltag nicht. Alltag, dieses Wort schmeckte nach vertrauten, bekannten Dingen, und nichts davon schien ihm vergönnt zu sein. Nachdem er die Chuunin-Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte, zeigten sich so manche beeindruckt von seinen Fähigkeiten, und einige fingen an, ihn nach gewissem Zögern und Zaudern, als Teil der Gemeinschaft zu betrachten....aber wie gering, ja, wie lächerlich wirkte die Zahl dieser Menschen gegen jene, die ihn lieber aus dem Dorf verjagt hätten, jetzt, da sie hatten erleben dürfen, welche Kräfte er besass. Es mochte sich später herausgebildet haben, aber er hatte dasselbe Potential wie Itachi, und der Verantwortliche des Uchiha-Massakers wie auch das grausige Ereignis selbst gehörten zu einem schwarzen Kapitel in Konohas Geschichte, ein Kapitel, von dem niemand eine Wiederholung wünschte - und genug schienen eine solche zu befürchten, wenn Sasuke durch die Straßen ging.
 

Er wusste, dass sie über ihn redeten. Er fühlte ihre Blicke in seinem Rücken, sah Augen, die Mitgefühl ausdrückten, und Augen, die nur Abscheu, Verachtung, Zweifel und Misstrauen für ihn übrig hatten. Gegen die wenigen, die aufrichtiges Mitempfinden oder zumindest Bedauern ausstrahlten, standen diese abweisenden Augen wie eine Armee. Konnte er von ihnen erwarten, zu vergessen? Er war freiwillig ein Gefolgsmann Orochimarus geworden, der den traurigen und ebenso entsetzlichen Ruf genoss, einer der schlimmsten Verbrecher des gesamten Feuerlandes zu sein - sozusagen das schwärzeste aller Kapitel....und ob verschwunden oder nicht, das Kapitel war noch nicht zu Ende. Nicht, solange es keine Leiche gab. Unwillkürlich fasste er sich in den Nacken, wo unter Hemd und grüner Jacke das Siegel verborgen war, das er dem Biss der Schlange zu verdanken hatte. Die Stelle schmerzte, egal, wie oft er sie berührte. Wie eine Wunde in seinem Fleisch, die nicht heilen würde - wenn sie auch leichter zu ertragen war als die Wunde in seinem Herzen.

„Eine Blume, Sasuke-kun?"
 

Er zuckte zusammen und drehte sich um. Ohne es zu merken, hatte er das Blumengeschäft der Yamanakas erreicht und Ino war gerade damit beschäftigt, ein paar fertiggebundene Sommersträuße geschmackvoll am Eingang zu arrangieren, um Kundschaft anzulocken. Sie hatte sich nicht wesentlich verändert, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Natürlich war ihre Figur weiblicher geworden und das platinblonde Haar, zu einem hoch angesetzten Zopf geflochten, fiel fast bis zu ihren Oberschenkeln, aber trotzdem hätte er sie überall wiedererkannt. Er hatte sich noch nicht allzu häufig unter Leute gewagt und so waren seine Kontakte bisher auf Sakura beschränkt gewesen, die seine Genesung überwachen sollte. Dem Hokage begegnete er manchmal auf der Straße, aber meist hatte er irgendetwas zu erledigen, sodass sich kein Gespräch zwischen ihnen ergab. Bei all den neuen Pflichten, die er nun zu erfüllen hatte und von denen ihm pro Tag ausreichend welche aufgebürdet wurden, war das nicht weiter erstaunlich. Umso erfreuter war er, dass Ino ihn von sich aus angesprochen hatte, ohne sich darum zu scheren, was andere davon halten mochten.
 

„Schön, dass ich dich endlich mal zu Gesicht kriege, du gehst so selten nach draußen. Falls du dir wegen der ganzen Miesepeter Sorgen machst, die dich so anstarren, als könnten sie‘s gar nicht erwarten, dich bei einem Fehler zu ertappen, damit sie dich zum Hokage schleifen können - ignorier sie! Ob unter Vorbehalt aufgenommen oder nicht, jetzt bist du jedenfalls hier und hier gehörst du auch hin! Gefallen dir die Sträuße? Ich hab‘ sie zusammengestellt....na ja, okay, meine Mutter und ich haben sie zusammengestellt, ich will nicht alle Lorbeeren für mich einheimsen. Was hältst du von dem da?"

Sie zeigte ihm einen Strauß aus roten und weißen Rosen, deren Knospen sich noch zur vollen Blüte entfalten mussten. Rot und Weiß....die Farben seines Familienwappens. Neben den Rosen stand eine Vase mit einer Fülle von orangefarbenen Orchideen mit dunkleren Streifen ....er lächelte. Diese Blumen erinnerten ihn an Naruto. Den Träger des Fuchsdämons zu treffen und mit ihm zu sprechen - das war für einen einfachen Chuunin wie er einer war, beinahe unmöglich, es sei denn, er meldete sich vorher an und bat um eine persönliche Audienz. Es war seltsam, doch gerade an den Menschen, dem er so viel hätte erzählen wollen, kam er nicht heran. Aufhören, an ihn zu denken, konnte er trotzdem nicht, und das nicht allein der alten Freundschaft und Verbundenheit wegen, die er für den anderen empfand. Er war gereift, innerlich wie äußerlich, und auf eine merkwürdige Art irritierte ihn auch das Äußere.
 

Das für ihn so typische Fuchsgrinsen verfügte über einen bemerkenswerten Charme, zudem war er von großem Wuchs, mit breiten Schultern, braungebrannt, athletisch und kraftvoll. Das goldene Haar, einst in sämtliche Himmelsrichtungen abstehend, schien zwar nach wie vor nicht sonderlich häufig mit einem Kamm konfrontiert zu werden, aber es lag flacher am Kopf an und verteilte sich als kinnlange Mähne um ein attraktives Gesicht mit herrlichen blauen Augen, die ihre runde, kindliche Form weitgehend verloren hatten. Er trug eine schwarze Ninja-Hose und die dazu üblichen offenen Sandalen, allerdings waren diese ebenfalls schwarz. Als Oberteil hatte er einen leicht beigefarbenen Mantel mit hohem Kragen und weiten Ärmeln gewählt; am Rücken prangte der rote Strudel als Symbol seines Namens sowie auffallende Flammenmuster, die auch an den Manschetten und den Kragenspitzen zu finden waren. Zusammengehalten wurde der Mantel von einer roten Schärpe, an der Naruto die Metallplatte mit dem stilisierten Blatt Konohas befestigt hatte, sodass diese nun wie ein Gürtel über seinem Bauch lag. Das war alles - der muskulöse Torso und ein Stück des Siegels waren sichtbar, die Kette um seinen Hals nicht zu vergessen. Kurz und gut....Naruto Uzumaki war eine imposante und sexy Erscheinung geworden. Und genau das beunruhigte Sasuke mehr, als er sich zunächst eingestanden hatte.
 

Zu Frauen hatte er sich nie sonderlich hingezogen gefühlt, und in der Pubertät war ihm dank seines Teamkameraden bewusst geworden, dass er mehr zum eigenen Geschlecht neigte . Er hatte es nicht zugegeben, bisweilen erfolgreich verdrängt oder einfach auf taub geschaltet, sobald sein Herz sich meldete....wer Rache nehmen wollte, konnte sich den Luxus von Gefühlen nicht leisten. Ein altes und effektives Prinzip. Nur den Menschen in ihm, dessen verdammte Schuldigkeit es war, zu fühlen, den konnte dieses Prinzip nicht auslöschen....und da stand er nun, mit all seinen Fragen, Verwirrungen und auf ihn einstürmenden Empfindungen, von denen sich viel zu viele auf den Rokudaime konzentrierten. Und wenn er eines hasste, dann war es Chaos, gleichgültig, ob in seiner Wohnung, an seinem Arbeitsplatz oder in seinem Kopf.

„Hast du eigentlich schon die Neuigkeit gehört?", unterbrach Ino seinen inneren Disput und er hob fragend eine Augenbraue.

„Was meinst du?"
 

„Rate mal, zwischen welchen großen Clans ein miai vereinbart wurde!"

Ein miai war ein förmliches Treffen zweier meist angesehener Familien zwecks Verheiratung ihrer jeweiligen Kinder und in der Regel begegneten sich Sohn und Tochter bei dieser Zusammenkunft bereits als mögliche Braut bzw. als möglicher Bräutigam. Im Gegensatz zu früheren Zeiten stand es ihnen beiden frei, die angestrebte Verbindung abzulehnen, wenn die oder der Auserwählte nicht akzeptabel schien . Die einzigen wirklich großen Clans, die ihm einfielen, waren Hyuuga und....nun ja, also....wer denn noch?

„Außer dem Hyuuga-Clan wüsste ich keinen zu nennen."
 

„Das liegt daran, dass die meisten Mitglieder der anderen Familie ein relativ zurückgezogenes Leben führen. Es ist der Aburame-Clan. Ihre Technik ist so einzigartig wie das Byakugan und wird ebenfalls nur über die Blutlinie vererbt. Die miai-Zeit einer Frau aus dem Hause Hyuuga beginnt mit achtzehn, soll heißen, nach diesem Geburtstag darf sie Werber empfangen. Die sind echt streng bei denen! Ehrlich, ich würde nicht mit Hinata tauschen wollen! Schließlich ist sie das zukünftige Oberhaupt des Clans....ich gehe jede Wette mit dir ein, dass Hiashi-sama jeden einzelnen Verehrer auf Herz und Nieren prüfen wird, ehe er ihn an Neji weiterreicht, der das Ganze nochmal macht! Der arme Shino tut mir jetzt schon leid!"

„Ist Shino denn damit einverstanden, bei dem miai dabei zu sein?"

„Du glaubst doch nicht, dass man ihn gefragt hat?"
 

Tatsächlich hatte man das nicht getan. Aburame Shibi kannte seinen Sohn und wenn er ihn direkt gefragt hätte, ob er die Einladung zu dem miai annehmen würde, hätte er mit zweihundertprozentiger Wahrscheinlichkeit abgesagt, was die sorgsamen Pläne der Eltern zunichte gemacht hätte. Shino war nicht sehr begeistert gewesen, als seine Mutter ihm mitteilte, das Treffen wäre beschlossene Sache. Im Moment sass er mit seinem besten Freund Kiba unter einem Baum und sinnierte düster vor sich hin.

„Okay, es ist nicht besonders toll, dass sie sowas Wichtiges einfach über deinen Kopf hinweg entschieden haben, aber hey, wie schlimm kann es schon werden? Es ist ja nicht so, dass du Hinata nicht leiden kannst und sie mag dich auch!"
 

„Darum geht es nicht! Man hätte mich vorher darüber informieren müssen, anstatt mich vor vollendete Tatsachen zu stellen!"

„Ich finde, du solltest froh sein, dass es nur ein miai ist und man dich nicht gleich zum Sansan–Kudo verdonnert hat!"

Sansan-Kudo bedeutete „dreimal drei, neunmal", und bezog sich auf die drei Schlucke Sake aus je drei Schalen, die Braut und Bräutigam trinken, wenn der feierliche Höhepunkt einer traditionellen japanischen Hochzeit gekommen ist. Neben Sansan-Kudo gab es allerdings noch einen anderen Ausdruck für Hochzeit, nämlich „En musubi", also „die Verknüpfung des En", und mit jemandem ein En zu haben, heißt, dass eine Art besonderer geistiger Übereinstimmung besteht. Eine Heirat galt stets als eine Verbindung zweier Schicksale.
 

„Und wer sagt mir, dass sie nicht genau das erwarten?!"

„Du hast immer noch die Wahl, Shino! Mach‘s nicht komplizierter, als es sowieso schon ist! Du solltest froh sein, dass sie dich nicht mit Ino oder Tenten zu verkuppeln versuchen. Nichts gegen die beiden, aber im Gegensatz zu Hinata kennst du sie nicht sonderlich gut. Ich meine, wenn man mich zu so ‘nem Treffen schleppen würde, wäre ich echt froh, wenn sich die Tochter des Hauses als Hinata entpuppt!"

„Ich denke, du bevorzugst...."
 

„Hä?!?! Was soll ich bevorzugen?!?!"

„Mag sein, dass ich es mir eingebildet habe, aber....ich war der Meinung, dein romantisches Interesse richte sich mehr nach Männern."

Kiba wurde röter als eine Scheibe Thunfisch, die Fangzahnzeichnungen auf seinen Wangen verschwanden fast unter seiner neuen Gesichtsfarbe. Er schnappte nach Luft, sprang auf die Füße und fuchtelte mit seinem Zeigefinger vor dem Schwarzhaarigen herum. „Bist du blöd?! Wie kommst du denn darauf?! Du willst mich bloß wieder ärgern!!"
 

„Abgesehen davon, dass du es bist, der mich die meiste Zeit ärgert, stützt sich meine Vermutung auf eine bestimmte Beobachtung. Jedenfalls lässt es einen eindeutigen Schluss zu, wenn du Shikamaru im Badehaus nicht aus den Augen lässt!"

Der Zorn des jungen Inuzuka verpuffte im Nichts wie die Luft aus einem Ballon, in den jemand eine Nadel gepiekt hat. An seiner stark gerunzelten Stirn erkannte Shino, dass die Gedanken seines Freundes einer verstopften Kreuzung glichen, in die er verzweifelt Ordnung zu bringen versuchte. Schließlich ließ er sich resigniert ins Gras fallen und murmelte: „Du weißt es....du weißt, dass es Shika ist?"

„Na ja....so, wie du ihn ansiehst...."
 

„Wie sehe ich ihn denn an?" Seine Stimme klang unsicher, verzagt, als gehöre sie einem völlig anderen Menschen. Der Kikaichuu-Ninja musterte ihn eine Weile schweigend, mit einem seiner seltenen, dezenten Lächeln und legte ihm in einer tröstenden Geste die Hand auf die Schulter.

„Deine Blicke scheinen ihm überall hin zu folgen....und es sind ernste, schmerzvolle Blicke, die mir an dir bislang fremd waren. Du bist ein hoffnungsloser Chaot mit einer vorlauten Klappe, die in einer Minute mehr redet, als du in einem Monat verantworten kannst. Und dann solche Blicke? Das gab mir sehr zu denken....Du siehst Shikamaru genauso an, wie Neji den Hokage ansieht."
 

Kiba stieß einen tiefen Seufzer aus, rollte sich auf den Rücken und starrte in den blauen Himmel, über den die Wolken in großen und kleinen Schwärmen dahinzogen. Ein sanfter Wind spielte mit den Blättern des Baumes über ihm und trug verschiedene Gerüche heran, auf die seine empfindliche Nase reagierte. Bratendüfte aus den Essensbuden - Schweiß - Wald - Erde - Tiere - Blumen....so viele Mischungen, so viele Eindrücke, dass seine Nase sich eigentlich sträuben müsste. Irgendwo roch er auch Akamaru, der heute auf Erkundungstour mit Kuromaru war, dem Hund seiner Mutter. Aber da war noch eine andere Duftnote, die sich ihnen näherte....er schnupperte und richtete sich so abrupt auf, dass er damit sogar seinem sonst so stoischen Freund einen überraschten Ausruf entlockte. Der leichte Geruch nach Kompost, den Shino vermutlich seinen Käfern zu verdanken hatte, wurde überdeckt von diesem neuen Duft, der den Herzschlag des Brünetten ums Zehnfache steigerte. Es war nichts konkretes, einmal herb, dann süßlich, in der nächsten Sekunde wieder bitter, frisch, salzig, mild, fruchtig; eine einzigartige Symphonie der unterschiedlichsten Aromen, in der er hätte schwelgen können, weil sie so reizvoll, so ungewöhnlich war. Er wandte den Kopf in die entsprechende Richtung und sah ihn. Die Sonnenstrahlen umgaben ihn mit einer bezaubernden Aureole, vor allem das lange schwarze Haar bekam einen wunderschönen Schimmer. Er hatte es wachsen lassen, sodass es nun bis über seine Schulterblätter reichte und trug es zu einem Zopf im Nacken gebunden. Wie sehr er sich wünschte, diesen Zopf zu lösen, damit die Flut dieses herrlichen, wallenden Schmucks sich ausbreiten konnte....Plötzlich blieb ihm sein Atem in der Kehle stecken, er musste husten, da Shikamaru soeben das Buch senkte, in dem er gelesen hatte und zu ihm hinüberschaute. Kiba sass da wie elektrisiert; diese Augen, schwarz wie die Nacht, schwarz wie die Schatten, die er befehligte, schlugen den Inuzuka in Bann, ehe er sich wehren konnte. Er kannte nichts, das gefährlicher war als diese unergründlichen Augen, ernst, reif, erwachsen, in ihrer geheimnisvollen Ausstrahlung wie ein Sog....sie schienen alles zu wissen.
 

„Da bist du ja, Kiba. Deine Schwester sucht dich. Sie ist verärgert, weil du dich vor deiner heutigen Lektion in Tiermedizin gedrückt hast."

Jetzt stand er vor ihm. Sein Blick glitt von den Augen über die feine Nase hin zu den etwas schmalen, aber dennoch makellos geschwungenen Lippen, die zu küssen er sich sehnte. Er räusperte sich verlegen und erhob sich.

„Es ist Hanas Schuld, dass ich nicht aufgekreuzt bin! Ich finde es ja nett, dass sie mir was von ihrem phänomenalen Wissen abgeben will, aber von mir zu erwarten, dass ich um sieben Uhr morgens auf der Matte stehe, grenzt an Grausamkeit! Außerdem brauchte Shino meinen fachmännischen Rat für seine Heiratsangelegenheiten!"
 

„Es ist keine Heirat!", stieß der Aburame zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „Und was die Uhrzeit betrifft, wenn wir erst um zwölf verabredet sind, sollte dich nichts daran hindern, um sieben bei deiner Schwester zu sein."

„Vielen Dank, dass du mir in den Rücken fällst!"

„Ich tue nichts dergleichen, ich streiche lediglich die Tatsachen heraus. Und nun entschuldigt mich, ich muss noch Vorbereitungen für das miai treffen." Damit entfernte er sich diskret, im Inneren aufgewühlter, als er zeigte. Natürlich, er hatte sich Kiba anvertraut, doch dieser ahnte nichts von den Zweifeln und wirren Gefühlen, die sich in Shinos Herz um die Vorherrschaft stritten. Er hatte Hinata immer gemocht, das war richtig, aber er hatte sie nie bewusst als Frau angesehen, deshalb verspürte er so etwas wie Angst vor der Zusammenkunft, da er nicht sicher war, wie er sich verhalten sollte....und weil er sich nicht sicher war, ob er dem Zauber, den sie ohne Frage besass, würde entfliehen können, wenn er erst einmal damit begann, sie nicht nur als Kameradin wahrzunehmen. Während er davoneilte, senkte sich auf die beiden zurückgebliebenen Männer ein erdrückendes Schweigen, das keiner von ihnen zu brechen wagte.
 

»Wenn man unsere Charaktere vergleicht, würde es niemandem einfallen, dass ich ein paar Monate älter bin als Shika. Okay, bloß zwei Monate, aber immerhin. Ich wünschte, er würde mich nicht so intensiv ansehen....seine Augen sind ein Risiko für mich! Sie blicken so überlegen, so unbeeindruckt in die Welt....«

Der Schatten-Shinobi war stets die Ruhe selbst, ihn konnte nichts erschüttern. Na gut, er war noch fauler als ein Faultier, aber wenn man in Schwierigkeiten geriet, konnte man sich immer auf ihn verlassen. Außerdem war er kein Feigling, sondern ein mutiger Kämpfer mit einem messerscharfen Verstand, der sich in Wort und Tat äußerte. Er bewunderte sein Genie, ohne es ihm zu neiden.
 

„Kommst du mit?", störte Shikamaru seine Betrachtungen und er blinzelte.

„Damit du mich zu Hana verfrachtest und sie mir eine ordentliche Strafpredigt über meine Unreife und meine Verantwortungslosigkeit halten kann? Na ja, was bleibt mir übrig? Besser, ich bringe es sofort hinter mich, bevor sie noch im Dreieck springt. Begleitest du mich?"

„Das geht nicht. Ich muss zu meinen Schülern. Wenn ich noch länger warte, breche ich demnächst Kakashis Rekord im Zuspätkommen. Nicht unbedingt erstrebenswert. Wir sehen uns. Bis dann, Kiba."
 

Seine Schüler, natürlich, die hätte er fast vergessen. Mit siebzehn war Nara zum Jounin ernannt worden und man hatte ihm drei Genin zugeteilt, die er ausbilden sollte. Team 5. Außer ihm, Neji und Naruto hatte aus ihrer Altersgruppe sonst noch keiner den Jounin-Status erhalten, und was den Blondschopf anging, der war ohnehin eine Ausnahme, denn jetzt war er sogar Rokudaime Hokage. Er beobachtete, wie sein heimlicher Schwarm mit lässigen Schritten davon marschierte, kurz innehielt und sich eine Zigarette anzündete. Er rauchte seit dem Tod von Asuma-sensei und verwendete im Kampf auch dessen besondere Chakra-Messer. Er seufzte. Er hätte ihn gern ein wenig aufgeheitert, schien er doch seit damals noch ernster geworden zu sein.

»Puh, dann mal zu Hana. Sie wird mir zwar den Kopf abreißen, weil ich geschwänzt habe, aber solange sie mich danach wieder zusammenflickt, kann mir nichts die Laune verderben....Vorher suche ich Akamaru.«
 

„Was?!"

Homuras stimmliches Organ war für sein Alter noch bemerkenswert laut, wenn ihm etwas nicht gefiel. Er schüttelte den Kopf, nachdem Naruto sein Vorhaben angekündigt hatte. Im Verhandlungsraum des Dorfrates waren auch die übrigen Mitglieder versammelt und Jiraiya musterte den aufgebrachten Mann mit amüsiertem Spott.

„Warum so erbost, Homura-san? Was passt dir denn nicht an einer Leibwache?"

„Es wäre schlicht und ergreifend unsinnig, eine Leibwache zu formieren. Die Anbu haben die Aufgabe, den Hokage zu beschützen. Darüber hinaus ist jeder andere Ninja darauf eingeschworen, das Oberhaupt zu verteidigen. Ich sehe keine Notwendigkeit darin."
 

Der Rokudaime erwiderte: „Die Anbu unterstehen zwar meinem direkten Befehl, aber ihre vordringlichste Aufgabe ist nicht mein Schutz oder die Verteidigung des Dorfes. Sie sind in erster Linie für Attentate und S-Klasse-Missionen verantwortlich. Erinnern Sie sich an die Invasion von Suna- und Oto-gakure? Jenes....Fiasko, bei dem der Sandaime starb? Warum wurden die Anbu erst so spät gerufen, um sich am Gefecht zu beteiligen? Warum konnten diejenigen, die den Hokage hätten beschützen sollen, dennoch nichts ausrichten? Und wenn es ihnen schon nicht möglich war, in das Duell zwischen Sarutobi-sama und Orochimaru einzugreifen, weshalb sind sie dann herumgestanden und haben sich nicht ihren Mitstreitern angeschlossen? Ich habe ihre Berichte gelesen, aber keiner von ihnen schien mir das erklären zu können! Die Idee einer dauerhaften, für den Hokage zu jeder Zeit verfügbaren Leibwache klingt doch nicht unvernünftig, oder? Oh, sicher werden Sie gleich sagen, dass der Hokage der stärkste Shinobi des Dorfes ist und keinen Schutz nötig hat. Das ist unsinnig, Homura-san. Selbst der Daimyo des Feuerlandes, der als tapferer und ausgezeichneter Krieger bekannt ist, verfügt über eine persönliche Garde aus ausgebildeten Kämpfern - Sarutobi Asuma war einst einer von ihnen. Eine Gruppe von Ninjas hinter dem Hokage, vertrauenswürdig und loyal, von der das Oberhaupt in Notzeiten selbst ein aktiver Teil sein könnte....was spricht dagegen?"

Die beiden Sannin nickten zu diesen Worten, und sogar die alte Koharu wirkte nach diesen Ausführungen überzeugter.
 

„Aber wie sollen die Mitglieder dieser Garde ausgewählt werden? Welche Kriterien wollt Ihr dafür erfüllt wissen?"

„Das habe ich mir bereits überlegt. Erstens: Es gibt keine Rangzwänge. Jounin und Chuunin können gleichermaßen mit der Aufgabe eines Leibwächters betraut werden. Zweitens: Die Mitglieder sollten nicht älter als maximal fünfzig Jahre sein. Das heißt nicht, dass ich das Alter diskriminieren will, aber ich stelle mir einen festen Stamm aus Shinobi vor, die mich für die hoffentlich lange Dauer meiner Regierungszeit begleiten können. Und drittens, das ist die entscheidende Bedingung: Ich muss jedem einzelnen dieser Truppe absolutes Vertrauen entgegenbringen und mich hundertprozentig auf ihn verlassen können, egal, in welcher Situation. Außerdem ist die Tätigkeit als Leibwächter als Ehrenamt und spezielle Position zu verstehen, nicht als neuer Rang oder etwas ähnliches. Eben wie bei den Anbu, denn auch ‚Anbu‘ ist kein Rang, sondern lediglich die Abkürzung für ‚Ansatsu Senjutsu Tokushu Butai‘. Noch Fragen?"
 

„Sofern Ihr die Dienste der Garde nicht verlangt, können deren Mitglieder also Ihren normalen Aufgaben nachgehen?"

„Natürlich. In Friedenszeiten werden sie hauptsächlich repräsentative Pflichten an meiner Seite haben - und für den Fall, dass es mal wieder Ärger gibt, werden sie eine Kampfeinheit unter meinem Kommando bilden, die Kitsune-Nin."

„Die ‚Kitsune-Nin‘? Fuchs-Ninja?!"
 

„Was soll diese entsetzte Miene, Homura-san? Diese Gruppe braucht auch einen Namen.... wenn Sie mir allerdings Vorwürfe machen wollen, weil der Name so viel Bezug zu Konohas Vergangenheit hat, erlaube ich Ihnen, mich als Träger des Fuchsdämons meines Amtes zu entheben und mich hinauszuwerfen!"

„Ich weise Euch darauf hin, dass der Angriff des Neunschwänzigen Fuchses eine schreckliche Katastrophe für das Dorf war." antwortete der alte Mann pikiert.

„Glauben Sie mir, niemand weiß das besser als ich. Sie meinen wohl, ich sollte mir lieber einen anderen Namen ausdenken, da dieser zu viele Wunden aufreißt? Was soll das? Der Fuchs ist ein Teil von mir, solange ich mich zurückerinnern kann....und das soll in diesem Namen zum Ausdruck kommen. Sagt man nicht, der Fuchs sei ein geschickter Jäger, schlau und intelligent? Sagt man nicht, er sei schnell und gewandt? Genau das sollen die Kitsune-Nin sein. Ich bin es leid, dass man nur Schlechtes und Bösartiges damit verbindet! Was ist mit mir? Halten Sie meine Wahl zum Hokage plötzlich für falsch?"
 

Homura merkte, dass er dünnes Eis betreten hatte. Er schwieg, besah sich die ernsten Züge des neuen Regenten, suchte in diesem entschlossenen, stolzen Gesicht nach den Spuren des kleinen Jungen, den er viel besser zu kennen glaubte als diesen Mann, der nun vor ihm stand. Sein frischer, mitunter recht unkonventioneller Regierungsstil hatte ihm bisher nicht selten Reibereien mit Koharu und Homura eingebracht, denn sie waren weitaus konservativer als Jiraiya oder Tsunade. Aber Narutos Stil hatte zweifellos begonnen, den Alltag des Dorfes zu beeinflussen. Ein neuer Wind wehte in Konoha.

„Verzeiht. Ich wollte Euch nicht beleidigen, Hokage-sama."
 

„Das weiß ich. Ihr beide habt lange Sarutobi-sama gedient und dann musstet Ihr Euch mit Rebellen wie Tsunade-san und mir herumschlagen." Er schmunzelte. „Doch ich möchte, dass Ihr Euch über eines immer klar seid: Ich will das Beste für meine Heimat. Ich habe geschworen, für Konoha zu leben und zu sterben, wenn es sein muss. Hokage zu werden, ist kaum ein ausreichendes Ziel. Aber der springende Punkt ist auch gar nicht, Hokage zu werden. Der springende Punkt ist, Hokage zu SEIN - und dafür werde ich alles geben!"

Jiraiya grinste wie ein Honigkuchenpferd und schlug dem Achtzehnjährigen so derb auf die Schulter, dass er unweigerlich in die Knie ging. „Große Klasse, ehrlich! Aus Euch wird ein hervorragender Hokage, das hab ich im Gefühl! Also - sollen wir eine Liste der Kandidaten aufstellen, die für den Job als Kitsune-Nin in Frage kommen? Dürfen auch Frauen dabei sein?"
 

„Damit du sie ‚anwerben‘ kannst, wie?!" zischte der ehemalige Godaime und hob drohend ihre Faust, als wolle sie ihm eine Kostprobe ihrer übermenschlichen Kraft gönnen, woraufhin er in beunruhigendem Maße erblasste.

„Selbstverständlich dürfen auch Frauen dabei sein. Aber sie werden nicht ‚angeworben‘ - ist das klar, Jiraiya-san!?"

„Was haben bloß alle gegen mein Hobby....?"
 

Sasuke hatte sich indessen von Ino verabschiedet und wanderte ein wenig ziellos durch die Straßen. Er bekleidete einen eher unwichtigen Verwaltungsposten, mit dem er sich sein Geld verdienen konnte, aber er forderte ihn in keiner Hinsicht. Der schwierigste Auftrag, den man ihm seither gegeben hatte, hatte darin bestanden, eine Katze von einem Baum herunterzuholen! Nicht sehr anspruchsvoll....aber noch hatte er sich nicht das Recht erworben, komplexere oder gefährlichere Missionen zu erhalten, da er noch nicht rehabilitiert war. Naruto hatte ihn darauf hingewiesen, aber trotzdem nagte diese Tatsache an seinem Stolz. Er, der Letzte der berühmten Uchiha, und dann schickte man ihn in Omas Vorgarten!

Aber er allein war Schuld an dieser Misere. Da war kein Platz für Selbstmitleid. Er sah auf die Uhr. In einer Viertelstunde war seine Mittagspause zu Ende und er musste an seinen Schreibtisch zurück. Plötzlich hielt er inne, ein Gefühl von etwas Fremdem lief seinen Rücken hinauf und ließ ihn herumfahren. Einige Meter von ihm entfernt kroch eine Gestalt, die in einen langen, halb zerfetzten Mantel gehüllt war, eine Art Poncho, wie ihn Wüstenbewohner trugen. Wüstenbewohner? Er rannte zu dem Mann hinüber und half ihm auf. Dabei entdeckte er, dass der andere schwer verletzt war - er blutete aus mehreren Schnittwunden, eine Hand presste er an seine linke Körperseite und unter den verkrampften Fingern quoll ebenfalls dunkles Blut hervor. Er hatte kurzes braunes Haar, das Gesicht war rot bemalt wie das eines Kabuki-Schauspielers. Kankuro, der ältere Bruder von Gaara!
 

„Kankuro-san, was ist passiert? Wer hat dich angegriffen?!"

„Bring mich....zum Hokage....ahh...." Eine Welle des Schmerzes spülte über ihn hinweg und er wäre fast gestürzt, wenn Sasuke ihn nicht festgehalten hätte. „Suna....ist in Gefahr...."



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2008-01-31T13:56:12+00:00 31.01.2008 14:56
Erste!
super kapi:)
bin ma gespannt was in suna los is


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