The heir of the Fox von google (Der Erbe des Fuchses) ================================================================================ Kapitel 1: Die Rückkehr des Uchiha Sasuke ----------------------------------------- Kapitel 1: Die Rückkehr des Uchiha Sasuke Sasuke überschritt die Dorfgrenze von Konoha-gakure. Er trug eine alte, gebrauchte, halb zerrissene Ninja-Uniform und zudem wies er Verletzungen auf, die er notdürftig mit provisorischen Verbänden umwickelt hatte. Er ließ das Bündel mit seinen wenigen persönlichen Habseligkeiten zu Boden fallen und sein Blick schweifte über die Wipfel der Bäume, sprang über die Dächer und landete schließlich auf dem Felsen, aus dem man die Köpfe aller vorangegangenen Hokage herausgearbeitet hatte. In seinem Kopf jagten sich Bilder seiner verfehlten Existenz....ja, verfehlt. Er war der allerletzte noch lebende Uchiha und hatte....Er schloss kurz die Augen, die Sonne blendete ihn. Es war, als könne er ihr Licht nicht mehr ertragen. Vielleicht konnte er das auch nicht. Seine Familie war ausgelöscht worden. Seither hatte Dunkelheit in seinem Herzen geherrscht, sein gesamtes Denken und Handeln hatte sich nur darum gedreht, den Mörder - seinen eigenen Bruder - zu töten und Blutrache an ihm zu vollziehen. Zu diesem Zweck hatte er sich Orochimaru angeschlossen, der ihm die Möglichkeit bot, sich eine Stärke anzueignen, mit der er Itachi besiegen konnte. Deswegen hatte er seine Heimat verlassen. Deswegen hatte er....Naruto....verlassen. „Naruto...." Der Name kam ihm kaum über die Lippen; er glich einem heiseren Flüstern, schien in seiner Kehle zu brennen. Ja, Itachi war tot. Die meisten anderen Mitglieder der Akatsuki-Organisation waren ebenfalls tot und jene, von denen man annahm, dass sie noch lebten, waren in alle Himmelsrichtungen verstreut. Seit drei Jahren hatte man nichts mehr von ihnen gehört. Und seit drei Jahren führte Sasuke ein Leben, das jeder Beschreibung spottete. Orochimaru war verschwunden. Wohin, wusste niemand, und die wenigsten verspürten das Bedürfnis, seinen Aufenthaltsort herauszufinden. Aber man wusste sehr genau, dass er ein Günstling der Schlange gewesen war, bevor diese wieder einmal im Schatten untertauchte, und man begegnete ihm mit sichtbarer Feindseligkeit. Seine Shinobi-Fähigkeiten wollte niemand in Anspruch nehmen, nicht einmal das niedrigst rangierende Ninja-Dorf; Misstrauen, Furcht und Abscheu waren seine ständigen Begleiter. Wer sich aus freien Stücken mit der Schlange einließ, verdiente keinen Respekt und kein Vertrauen. Er erinnerte sich an die kalten, abweisenden Augen all der Menschen, in die er geblickt hatte und hatte klar erkannt, was sie dachten. Was sie ihm wünschten. Was er ihrer Meinung nach wirklich verdiente. Den Tod. Und außerdem war er der Bruder eines Akatsuki, der Massenmord an seiner eigenen Familie begangen hatte. Konnte man denn sicher sein, dass in diesem Burschen nicht dasselbe gefährliche Potential, die Anlage zum Killer steckte? Er hatte sich mit Gelegenheitsjobs mehr schlecht als recht über Wasser gehalten, sich durchgebissen, war ruhelos von einem Ort zum anderen gezogen und hatte bald den Ruf eines nutzlosen Vagabunden weg. Jeder neue Tag war bedeutungsloser gewesen als der vorige, er hatte sich nur noch auf sein Überleben konzentriert, bis ihn seine Füße nach all diesen Entbehrungen und Demütigungen nach Konoha zurückgetragen hatten. Es war ihm zunächst nicht einmal aufgefallen, so gleichgültig war er für seine Umwelt geworden. Und nun stand er hier. Er war achtzehn Jahre alt und tiefer gefallen als er je selbst vermutet hätte. Man hatte ihn nirgends akzeptiert. Würde man es hier tun, obwohl er das Dorf verraten hatte? Mechanisch packte er sein Reisebündel, warf es sich über den Rücken und ging weiter. Er verbarg sein Gesicht unter dem alten Hut eines buddhistischen Mönches, während das bunte Leben von Konoha an ihm vorbei wogte. Die Bewohner waren merkwürdig aufgeregt, sie lachten und schwatzten, und Frauen wie Männer trugen festliche Gewänder. Die Straßen waren mit Girlanden geschmückt, in der Ferne hörte er Musik. Heute war doch kein Feiertag? Er folgte der vergnügten Menschenmenge bis zum großen Dorfplatz und sah sich um. Weshalb hatte man ein Podium aufgebaut? Die Musik stieg zu ihrem Höhepunkt an, bis plötzlich abrupte Stille eintrat und sich eine Art erwartungsvolles Schweigen über dem Publikum ausbreitete. Tsunade, der Godaime Hokage, das lange Haar zu einem eleganten Knoten hochgesteckt, gekleidet in einen prächtigen Kimono, lächelte in die Runde und verkündete: „Die Zeit ist gekommen. Nach reiflicher Überlegung und in genauer Diskussion und Absprache mit dem Dorfrat steht mein Nachfolger fest. Ich trete zurück, um die Leitung des Konoha-Krankenhauses zu übernehmen, dessen Ärzteschaft mich darum gebeten hat. Möge die Initiation beginnen!" Die Musik setzte wieder ein, diesmal formeller, ernster. Die Menge teilte sich, und begleitet von den Mitgliedern des Dorfrates, unter ihnen auch der breit grinsende Jiraiya, schritt ein blonder junger Mann nach vorne zum Podium. Er trug einen traditionellen hakama, sein kräftiger, braungebrannter Oberkörper war entblößt. Die gesamte Gruppe stieg die Stufen hinauf und Tsunade umarmte den Blondschopf. Irgendwie kam er Sasuke bekannt vor, aber er konnte ihn von seinem Platz aus nicht richtig sehen. Beinahe automatisch schob er sich vorwärts, obwohl er eigentlich mit der Masse hatte verschmelzen wollen, um nicht sofort aufzufallen. Aber irgendetwas trieb ihn zu diesem Mann dort oben; eine unbestimmte Ahnung, die sein Herz packte und es erbeben ließ. Mit langsamen Bewegungen hängte Tsunade ihrem Gegenüber in ritueller Weise den Mantel des Hokage um und setzte ihm den Hut mit dem Schriftzeichen für „Feuer" auf, die Schleier verbargen sein Gesicht. Dann legte sie eine Hand aufs Herz und die andere auf seine Schulter. Auch seine Hand ruhte auf seinem Herzen. „Schwörst du, Konoha-gakure mit bestem Wissen und Gewissen zu dienen?" „Ich schwöre." „Schwörst du, die Menschen Konoha-gakures vor Schaden zu bewahren und sie mit all den dir zur Verfügung stehenden Kräften zu schützen?" „Ich schwöre." „Schwörst du, tapfer in der Schlacht zu sein und gerecht im Frieden, um dich als wahrer Hokage zu erweisen?" „Ich schwöre." „So leiste deinen Eid." „Ich schwöre, Konoha-gakure mit meinem Herzen, meinem Verstand und meiner Kraft zu dienen. Ich werde ruhig sein wie der Wald, unbewegt wie der Berg, kalt wie der Nebel, schnell im Entschluss wie der Wind und im Angriff heftig wie das Feuer." Sie lächelte ihn an, ihre Augen drückten so etwas wie mütterlichen Stolz aus, der ihn rührte. Er nickte ihr zu und sie wandte sich wieder an die Bevölkerung. Sasuke war es in der Zwischenzeit gelungen, sich weiter vor zu arbeiten und nun konnte er auch den blonden Mann erkennen, der soeben vereidigt worden war. „Bewohner von Konoha-gakure....ich gebe Euch den Rokudaime Hokage: Naruto Uzumaki!" Der Applaus brandete auf, aber der Schwarzhaarige hörte es nicht. Er hörte nichts mehr. Seine Augen sogen sich an dem Bild fest, das der neuernannte Hokage ihm bot. Er war ziemlich gewachsen, die kindliche Weichheit seiner Züge hatte sich restlos verloren. Sein Lächeln war strahlend wie ein Sommertag und von bestechendem Charme. Er hatte es also geschafft. Naruto Uzumaki war Hokage. Sein großer Traum hatte sich erfüllt. Und er? Er brachte es nicht fertig, sich mit ihm zu freuen. Nicht, weil er neidisch war, sondern weil er den Gedanken nicht ertrug, dass sein einziger Freund ihn nicht mehr brauchte. Er hatte sein Ziel erreicht und hatte niemanden mehr nötig, der auf ihn aufpasste. Warum war er hierher gekommen? Man würde ihm nicht verzeihen. Seine Rückkehr war sinnlos. Sasuke biss sich auf die Lippen und drehte sich um, verwirrt, da sein Herz sich merkwürdig verkrampfte, schmerzhaft, brutal, als könne es nicht zulassen, dass er Naruto ein zweites Mal verließ. Was war das bloß für ein Gefühl, das ihn quälte?! Seine Freundschaft zu dem Träger des Kyuubi hatte ihm seine Menschlichkeit bewahrt - es waren die Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit, ihre gemeinsamen Erlebnisse, die ihm in den dunklen Stunden seiner Wut und seiner Verzweiflung Trost gespendet hatten. Sie verliehen ihm die Kraft, sich durchzukämpfen. Auf einmal verhielt er seinen Schritt. Er spürte einen scharfen Blick in seinem Rücken, der ihn förmlich durchbohrte. „Du da", klang Narutos Stimme an seine Ohren, tiefer, als er sie kannte. „Dreh dich um. Du kommst mir bekannt vor. Wer bist du?" Offenbar war dem Blonden seine Gestalt trotz der drei Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten, viel zu vertraut, als dass er sie hätte missachten können. Die Augen der Menge lagen auf ihm wie tonnenschwere Steine, vereinzeltes Getuschel erhob sich, Finger zeigten auf ihn, als er den Hut abnahm. Sein Herz hämmerte hart gegen seinen Brustkorb. |Warum tut es so weh, dir wieder gegenüberzustehen? Wir sind Freunde, oder? Zumindest waren wir es einmal. Rivalen und Freunde. Darf es so wehtun, wenn ich dich als Freund ansehe? Wieso....wieso ist bei dir immer alles anders?| Er wandte sich um. Das Weiten dieser blauen Augen verriet ihm, dass der schöne Fuchs bestürzt war. Er hatte mehr geahnt als gewusst, wer der Fremde war, und seinen Verdacht nun bestätigt zu sehen, traf ihn wohl doch ein wenig unvorbereitet. „Sasuke....!" Das Gemurmel verstärkte sich, einige wichen zurück oder blickten demonstrativ von ihm weg. Wie in Trance setzte er einen Fuß vor den anderen und näherte sich der Treppe des Podiums, als jemand dazwischentrat. Der besagte Jemand hatte eine Angriffshaltung eingenommen und musterte ihn mit Abneigung. Die Adern um die wie leer wirkenden, weißen Augen zeichneten sich markant ab. Das Byakugan. Aktiviert. Neiji. „Dass du dich überhaupt traust, hierher zurückzukehren, Uchiha!" stieß er hervor, bereit für eine Attacke. „Hast du dem Hokage nicht schon genug Kummer gemacht? Du bist freiwillig mit Orochimaru gegangen! Erwartest du wirklich, dass du mit offenen Armen empfangen wirst?!" „Nein." Was war in den Hyuuga gefahren? Natürlich, er war ein Konoha-Shinobi, und er hatte Konoha verraten, aber der Ältere benahm sich, als beträfe ihn diese Sache auf persönlicher, privater Ebene. ‚Hast du dem Hokage nicht schon genug Kummer gemacht?‘ Er fixierte dieses entschlossene Antlitz und begriff die Tragweite und Bedeutung dieses Satzes. Er bezog sich auf den neuen Hokage, der diesen Titel gerade mal seit zwei Minuten führte und doch benutzte ihn Neiji bereits in respektvollem Ton. Seine Anklage lautete nicht: „Du hast das Dorf verraten!", seine Anklage lautete: „Du hast Naruto verletzt!" Das, und das allein, war der Vorwurf. „Genug!!" Der Rokudaime hielt Neiji an der Schulter zurück, sein Blick war gefasst und ernst. Einer Eingebung folgend, verneigte sich Sasuke. „Was willst du?" „Ich....ich kann....ich kann nicht von Euch verlangen, mir zu verzeihen. Aber ich habe das ziellose Herumziehen satt. Gestattet mir, in Konoha zu bleiben. Alles, was ich benötige, ist eine kleine Unterkunft und eine sinnvolle Arbeit. Glaubt Ihr, dass Ihr mir das gewähren könnt?" Naruto betrachtete ihn. Er erinnerte sich gut an dieses Gesicht, auch wenn es jetzt männlicher und kantiger war als früher. Die tiefschwarzen Augen, unergründlich und geheimnisvoll wie die Nacht, beschirmt von dichten Wimpern, und das ebenfalls schwarze Haar, das einst einen seidigen Glanz besessen hatte, doch nun war es ungepflegt und stumpf. Die Kleidung war schäbig und verschmutzt, die Wunden, die er sich sonst wo zugezogen hatte, waren nur sehr schlecht verbunden, und er wirkte ausgezehrt und unendlich erschöpft. Dennoch....die fein gemeißelten Züge hatten nichts von ihrer edlen Ausstrahlung eingebüßt, die Haut, wenngleich spröde und trocken, verfügte immer noch über diese reine, alabasterweiße Tönung, die Lippen waren nach wie vor bemerkenswert sinnlich. Wie brachte er es fertig, selbst in seinem Leid, selbst in diesem heruntergekommenen Zustand, eine solche Schönheit zu verkörpern? Was hatte er während der vergangenen drei Jahre erlebt, was hatte er durchgemacht? »Es hat mich sehr verletzt, dass du dich Orochimaru angeschlossen hast. Aber am schlimmsten brannte in mir die Gewissheit, dass nicht einmal ich dich davon abhalten konnte. Ich hatte mir eingebildet, dass du auf mich hören würdest, selbst wenn du alle anderen abweist. Ein Trugschluss. Und als ich dich wiedersah....du warst so stolz und zugleich so hochmütig.... Aber ich kann nicht leugnen, dass du mir schrecklich gefehlt hast. Du warst mein erster wahrer Freund, ist dir das überhaupt klar?« „Seit deinem Verschwinden ist das Haus des Uchiha-Clans versiegelt. Ich nehme allerdings nicht an, dass du alleine in dem großen Anwesen leben möchtest?" „Nein. Da sind....zu viele Erinnerungen. Zu viele....Gefühle. Eine kleine Wohnung für eine Einzelperson genügt mir vollauf. Erlaubt mir noch eine Frage....könnte ich mich zum Chuunin-Examen anmelden?" „Aufgrund deiner Abwesenheit war es dir nie möglich, die Chuunin-Prüfung zu wiederholen, ich erinnere mich. Du bist immer noch Genin, nicht wahr?" Ein kaum merkliches Nicken und heftig zusammengeballte Fäuste. Das einzige Zeichen verletzten Stolzes und Ehrgefühls, das sich der Schwarzhaarige erlaubte. Naruto sah es, sagte aber nichts. „Du bist reif für den Chuunin-Rang, kein Zweifel. Dennoch werde ich mit dem Dorfrat über dein Anliegen beratschlagen müssen. Bis auf weiteres giltst du als Fremder, bis der Rat und ich eine Entscheidung getroffen haben. Unterkunft wird dir vorläufig ein Ryokan bieten." Sasuke schluckte, seine Kehle war rau und ausgedörrt. Er hatte den Eindruck, als hätte sich zwischen ihm und seinem Freund aus Kindertagen eine unüberwindliche Schlucht aufgetan, ein gähnender Abgrund, über den niemand eine Brücke bauen konnte. Drei Jahre - und Naruto hatte alles erreicht, was er sich je gewünscht hatte. Er war jetzt der Rokudaime Hokage....und er nichts weiter als ein einfacher Genin, der, verblendet von Rachedurst und Zorn, einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte....die reinen blauen Augen des anderen schienen ihm mit ihrem klaren, ungetrübten Blick fast die Haut zu versengen. Warum nur schmerzte es so sehr?! Die Festlichkeiten wurden, wenn auch etwas zögerlich und weniger schwungvoll, fortgesetzt, während ein junger Bursche den Achtzehnjährigen in eines der ortsansässigen Ryokan brachte, während der Dorfrat seinen Pflichten nachkam, denn der Fall „Sasuke Uchiha" verlangte sofortige Verhandlung. Er achtete nicht sonderlich auf seinen Begleiter, mit seinen Gedanken noch ganz bei dem Blonden. „Die Wirtin ist nicht entzückt, ausgerechnet dem Verräter ein Quartier anbieten zu müssen, aber sie akzeptiert den Befehl des Hokage. Ich gehe nicht davon aus, dass die Beratung lange dauern wird. Ich kenne Naruto-sama. Er wird Ihnen sicher vergeben - auch wenn ich nicht behaupten kann, dass ich dafür Verständnis habe." Der Uchiha wollte dem unverschämten Bengel über den Mund fahren, als er inne hielt und ihn erstmals genau unter die Lupe nahm. Er trug sein langes braunes Haar zum Pferdeschwanz gebunden, die schwarze Hose hatte ein abgerissenes Bein, das Netzhemd war unter einer typischen Chuunin-Jacke verborgen. Er mochte etwa fünfzehn Jahre alt sein. „Wer....wer bist du?" „Ich bin der Enkel des verstorbenen Sandaime, Sarutobi Konohamaru." Der kleine Konohamaru! Das versetzte ihm erneut einen schmerzhaften Stich. Die Zeit verging, weil sie es nicht besser wusste - aber merkwürdigerweise kam es ihm so vor, als wäre sie hier im Dorf davongerast, während die letzten verfluchten Jahre seiner eigenen Existenz das Schneckentempo gepachtet zu haben schienen. Er fühlte sich verbraucht und müde und empfand sich selbst fast wie einen Fremdkörper an diesem Ort, den er einmal seine Heimat genannt hatte. Ein Fremdkörper, ein Eindringling, ein Virus....etwas, das Schlechtes mit sich brachte und krank machte. Er schauderte bei dieser Assoziation. Er hatte die Feindseligkeit um sich herum deutlich gespürt, ein ätzendes, eisiges, abscheuliches Fluidum negativer Schwingungen, das ihm die Luft abzuschnüren drohte und ihn dazu zwang, seine gesamte Hoffnung auf Narutos Schultern abzuwälzen....auf das Vertrauen in ihre alte Freundschaft, auch wenn er dieses Recht eigentlich verwirkt hatte. Ihm war übel. „Ich werde Sie holen, sobald der Rat entschieden hat. Es wäre besser für Sie, wenn Sie sich bis dahin möglichst unauffällig verhalten, Uchiha-san." Damit verschwand Konohamaru, der ihn offenkundig nicht leiden konnte, wie die meisten hier. Konnte er ihnen Vorwürfe machen? Nein, das konnte und durfte er nicht. Es war seine eigene Schuld, dass er als Verräter galt - er war einer. Es half nichts, es schön zu reden. Er musste die Konsequenzen seiner Handlungen tragen, ohne wenn und aber. Es klopfte. „Herein?" Die junge Frau, die sich in das Zimmer schob, war keine Unbekannte. Sie hatte medizinisches Utensil bei sich und steuerte ohne Zaudern auf ihn zu. „Naruto....ich meine, der Hokage hat mich gebeten, mich um deine Verletzungen zu kümmern. Mach bitte den Oberkörper frei und leg dich auf den Futon." Keine langen Umschweife, sondern direkt zum Thema. Sakura wirkte auch völlig unbeeindruckt, beinahe so, als hätte sie damit gerechnet, dass er zurückkehren würde. Umsichtig dröselte sie die schmutzigen Verbände auf und begann, die nur sporadisch verheilten Wunden zu reinigen. Sie war sehr geschickt darin, wie er feststellte; ihre Finger übten die nötigen Handgriffe rasch aus und binnen eines kurzen Moments war er in vernünftige Verbände gehüllt, eitrige oder infizierte Verletzungen hatte sie offenbar mit ihren besonderen Kräften als Medizin-Ninja versorgt. „Danke.", murmelte er leise. Sie lächelte. Es war ein ehrliches Lächeln, das sich auch ihren Augen, ihrem gesamten Gesicht mitteilte. „Keine Ursache, Sasuke-kun. Da Tsunade-sama Mitglied des Rates ist, hat sie es mir überlassen, dich zu pflegen. Weißt du....ich habe eigentlich immer geahnt, dass du eines Tages zurückkehren würdest. Wissen wäre zu viel gesagt. Nenne es Intuition, wenn du willst. Aber ich war zuversichtlich. Solange Konoha Naruto bedeutet....würdest du irgendwann Mut fassen und heimkehren. Und hatte ich nicht recht?" „Solange Konoha Naruto bedeutet....? Was meinst du damit?" Sie musterte ihn erstaunt. Verstand er wirklich nicht? Sie konnte zwar nicht behaupten, nicht doch ein wenig schockiert gewesen zu sein, als ihr klar wurde, welcher Art die Bindung zwischen ihren beiden Teamkameraden war, aber damals hatte sie sich bereits weitgehend von ihrer Schwärmerei für Sasuke gelöst und hatte das Ganze nüchterner betrachten können. Und nun, da sie noch ein Stück älter und reifer geworden war, begrüßte sie diese Entwicklung sogar. Vielleicht, weil sie gelernt hatte, dass sich Gefühle nicht erzwingen ließen. Vielleicht, weil sie begriffen hatte, dass niemand Sasuke näherstand als Naruto - und niemand Naruto näherstand als Sasuke, mochte es auch gegenteilige Stimmen geben, die den „Verräter" am liebsten in der Luft zerfetzt hätten. Ihr gefiel diese allgemeine feindselige Stimmung keineswegs. Was geschehen war, war geschehen - musste man ihm jetzt auch noch Vorhaltungen machen? Aber Menschen waren nachtragend und taten sich schwer, zu vergessen. Sie seufzte. Er wartete immer noch auf eine Antwort. Würde er die Stimme seines Herzens denn nie verstehen? „Du weißt nicht, was ich meine? Dann werde ich auch nichts sagen. Es gibt Dinge, die man einem anderen nicht erklären sollte. Er muss sich zuerst selbst verstehen. Bevor er das nicht kann, kann er auch einen anderen nicht verstehen, Sasuke-kun." Ihre Blicke kreuzten sich. Wieder lächelte sie. „Ich hoffe, dass du bald gesund sein wirst, mein Freund. Das Dorf kann starke Männer wie dich brauchen." „Ich bezweifle, dass das Dorf mich braucht. Hast du es nicht bemerkt, Sakura? Viele hätten mir am liebsten auf der Stelle den Hals umgedreht - allen voran Neiji." Zu Neiji schwieg sie sich aus. Aufgrund ihrer Freundschaft zu Hinata, die in den vergangenen Jahren gewachsen war und ein vertrauensvolles Band zwischen den beiden jungen Frauen geschaffen hatte, war sie im Bilde über die Gefühle des Hyuuga. Früher oder später würde auf diesem Boden ein Konflikt keimen....ein sehr ernster Konflikt. „Ja. Aber kannst du es ihnen verübeln? Trotzdem - sei ohne Furcht. Das letzte Wort in dieser Sache hat der Hokage....und ich denke, dass Naruto dir noch eine Chance geben wird." „Was macht dich da so sicher?" „Sein Herz." Damit ließ sie ihn allein, verwirrt und durcheinander. Er war schon früher nicht aus ihr klug geworden, doch jetzt war es noch schlimmer, weil sie seine Gefühle offenbar begriff, während er die meisten seiner Emotionen, die nicht Hass, Wut oder Verachtung hießen oder sonst wie negativ behaftet waren, immer noch als Bücher mit sieben Siegeln betrachtete. Er war das, was man gerne als den „einsamen Wolf" bezeichnete - und es war in der Tat so, dass er nur sehr wenige Menschen an sich heranließ. Seit seine Familie ausgelöscht worden war, hatte sich eine dichte, unergründliche Finsternis um sein Herz gelegt wie ein Bollwerk, nicht gewillt, auch nur den winzigsten Lichtstrahl hindurch zu lassen, bis....bis er mit dem Träger des Kyuubi in ein Team kam. Naruto war ihm von Anfang an weder distanziert noch misstrauisch begegnet, wie so viele andere, bei denen er nicht (so wie bei den Mädchen) mit seinem guten Aussehen hatte punkten können. Naruto hatte ihn einfach so genommen, wie er war, weil er selbst daran gewöhnt war, wie ein Außenseiter behandelt zu werden. Er trat den Menschen offen und ohne Argwohn gegenüber, aus dem simplen Glauben heraus, dass diese Menschen ihn nicht mehr ablehnen würden, wenn er zeigte, dass er sie akzeptierte, wie seltsam sie sich auch geben mochten. »Du hast mir eine Freundschaft aufgezwungen, die ich zunächst gar nicht wollte....doch heute bin ich dir dankbar dafür....denn du warst das einzige Licht in meiner Finsternis....und wie habe ich dir das vergolten? Ich habe Konoha verraten....und dich mit ihm....Natürlich, ich bin stark geworden und konnte mich endlich rächen....aber zu welchem Preis?« Er starrte zum Fenster hinaus, lauschte den Klängen der festlichen Musik. Sein Schweigen war die einzige Antwort, die er fand.... Der Rat wurde entlassen, nur Tsunade, Jiraiya und der neue Hokage blieben im Beratungsraum zurück. Er war nicht zufrieden. Seine Stirn lag in Falten, die Hände waren im Rücken verschränkt. „Fünf Mitglieder....und eine knappe Entscheidung. Drei Stimmen für und zwei Stimmen gegen Sasuke. Warum habt Ihr Euch für ihn entschieden, Jiraiya-san?" Der Angesprochene antwortete nicht sofort. „Hättet Ihr es begrüßt, wenn ich es nicht getan hätte?", fragte er schließlich mit dem Anflug eines Lächelns. „Jeder, dessen Herz nicht von Grund auf verdorben ist, verdient es, sich erneut zu beweisen. Außerdem glaubt Ihr an ihn. Das genügt mir." Er nickte seinem ehemaligen Schüler respektvoll zu, schickte noch ein dreistes Grinsen in Richtung Tsunade und ließ sie allein. „Ja, er hat recht. Ich glaube immer noch an Sasuke, auch wenn er mir sehr wehgetan hat. Aber was ist mit den anderen Bewohnern Konoha-gakures? Die meisten von ihnen kennen ihn nicht so, wie ich ihn kenne. Sie sehen ihn als den jüngeren Bruder Itachis, der dasselbe gefährliche Potential in sich tragen könnte wie dieser, sehen ihn als Orochimarus Gefolgsmann. Man kann ihm nicht trauen, das ist ihr Urteil. Angesichts meiner neuen Verantwortung....kann ich es mir da leisten, eine Entscheidung zugunsten Sasukes zu treffen, die kaum jemand verstehen wird?" „Die Mehrheit des Rates steht hinter Euch." „Nein. Der Hokage hat die absolute Entscheidungsgewalt. Er kann seinen Willen durchsetzen, selbst wenn der Rat gegen ihn ist. Folglich sind zwei Ratsmitglieder meiner Meinung und zwei nicht. Das ist nicht gut, gleichgültig, ob meine Stimme letztendlich die wichtigste ist oder nicht. Uneinigkeit ist ein Problem. Wird das Volk meinen Entschluss akzeptieren?" Sie sagte nichts. Er war sich seiner Position sehr genau bewusst, nahm es nicht auf die leichte Schulter. Seine Fröhlichkeit, sein aufbrausendes Temperament, sein Hang zu Späßen, all das waren nach wie vor Aspekte seiner Persönlichkeit, aber mit dem Älterwerden hatte sich in schwierigen Situationen jene Ernsthaftigkeit in ihm gefestigt, die er schon in jungen Jahren bei ähnlich komplizierten Szenarien gezeigt hatte. Nach außen hin fiel es den meisten nicht auf, aber in seinem tiefsten Inneren war er nicht mehr so unbekümmert wie früher. „Ihr seid der Hokage. Und wenn Ihr überzeugt seid, dass Sasuke Uchiha eine zweite Chance verdient hat, so wird das Volk Euch glauben." „Das ist die Idealvorstellung. Manche werden mir glauben....und manche nicht. Ich bin erst achtzehn. Sicher gibt es genug, die mich für diesen hohen Posten als zu jung erachten. Sie werden sagen, dass ich noch zu ungestüm bin und zu wenig nachdenke. Hokage zu werden war mein großes Ziel. Nun, da ich es bin, mache ich mir Sorgen, ob ich den Anforderungen gerecht werden kann, die man an mich stellen wird." „Sarutobi-san wurde ebenfalls in sehr jungen Jahren Hokage, vergesst das nicht." „Bei ihm ist das etwas anderes. Er war zehnmal begabter als ich und wurde ‚Der Professor‘ genannt, weil er unzählige Jutsus kannte. Er war zweifellos ein Meister in jeder Bedeutung des Wortes. Aber ich?" „Egal, warum Ihr Euch Gedanken macht....seid nicht so hart zu Euch selbst. Für mich seid Ihr wie ein jüngerer Bruder, ein Freund und auch ein Shinobi, dem ich vertrauen und den ich respektieren kann. Manchmal empfinde ich sogar....mütterliche Gefühle für Euch, betrachte Euch als den Sohn, den ich niemals hatte. In den letzten Jahren seid Ihr einer der stärksten Ninjas dieses Dorfes geworden, mit sechzehn habt Ihr die Chuunin-Prüfung als Bester bestanden und wurdet mit siebzehn schon Jounin. Und wieder ein knappes Jahr später seid Ihr Hokage. Das ist ein bemerkenswerter Aufstieg. Ihr seid Konohas Zukunft, das ist meine Überzeugung. Hört auf Euer Herz, so wie Ihr es immer getan habt, denn Euer Verstand mag sich täuschen lassen, aber Euer Herz niemals." Sie schloss ihn in die Arme und drückte ihn fest, um ihm Mut zu machen. „Vielen Dank, Tsunade-san." „Es war mir eine Ehre, Hokage-sama." Konohamaru betrat wieder das Ryokan, in dem Sasuke untergebracht war. Er war verstimmt, wie seine frostige Miene verriet, und sagte ziemlich kurzangebunden: „Er will dich sehen!" Mit schweren Schritten folgte ihm der Schwarzhaarige zum Audienzsaal des Hokage und sank auf die Knie, wie das Protokoll es verlangte. Die Mitglieder des Dorfrates waren anwesend, auch Koharu und Homura, die ehemaligen Berater des Sandaime, die sich gegen ihn entschieden hatten. Ihre Blicke waren unfreundlich, wie er feststellte und Unbehagen erfüllte ihn. Würde man ihn verbannen? „Uchiha Sasuke", begann Naruto, und bei dieser Anrede krampften sich seine Finger in den Stoff seiner schäbigen Kleidung, „....die Entscheidung ist gefallen. Deine Rückkehr nach Konoha-gakure wird gebilligt und du wirst eine Unterkunft erhalten, sowie das Recht, das Chuunin-Examen zu absolvieren. Es können dir auch Missionen übertragen werden, nimm aber bitte zur Kenntnis, dass du noch nicht rehabilitiert bist und somit vorläufig nur für einfachere Aufträge in Frage kommst, was dir jedoch nicht den Grad deiner Fähigkeiten absprechen soll. Ich hoffe, du erweist dich meines Vertrauens als würdig." Sasuke hob den Kopf und sah in diese strahlenden blauen Augen, deren frische, klare Farbe an einen wolkenlosen Himmel gemahnte und schluckte kaum merklich. Er wusste nicht, weshalb sein Herz plötzlich wie wild zu pochen anfing, doch es interessierte ihn auch nicht weiter, da er eine so unendliche Dankbarkeit in sich spürte, dass sie alle anderen Empfindungen unter sich begrub. Naruto....gab ihm....eine zweite Chance....! Und bei allen Göttern, er würde diese Chance nicht ungenutzt verstreichen lassen! Er verneigte sich so tief, dass seine Stirn den Boden berührte. „Habt vielen Dank für Eure Güte. Dieses Mal....werde ich Euch nicht enttäuschen...." Er zögerte einen Moment und fügte dann hinzu: „....Hokage-sama." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)