Colocation von Meroyui (Kapitel 23 online (09.12.2010)) ================================================================================ Kapitel 11: Gegen jede Vernunft ------------------------------- Viel zu sagen hab ich nicht °.°" Außer ein herzliches Danke an die Kommischreiber und Gomen, dass ich es nicht geschafft hab mich bei allen persönlich zu bedanken °__°" Auch an die Favonehmer ein danke =3 und natürlich ein riesiges an alle, die mich irgendwie bei diesem Kapitel unterstützt und mir geholfen haben Viel Spaß. *~*~*~*~*~* Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Nein, vielmehr wollte ich es nicht. Immer wieder hallten die Worte dumpf in meinem Kopf wieder und ich schaffte es nicht einmal mich vom Fleck zu rühren, geschweige denn irgendetwas zu sagen. "Was für 'ne dreckige kleine Pissnelke.", konnte ich Reita neben mir leise sagen hören, doch es kam mir so weit weg vor, dass ich genau hinhören musste. Aber auch darauf schien ich nichts erwidern zu wollen, mir wollten nicht die richten Worte einfallen. Ich starrte einfach nur auf meinen besten Freund, der gar nicht mein bester Freund war. Wie in Zeitlupe schien Yune sein Handy in seine Hosentasche zu stecken. Noch viel langsamer hob er seinen Kopf an. Als sich unsere Blicke trafen, konnte ich die Überraschung und auch die Verwunderung genau in seinem Blick erkennen. Doch ob es dabei blieb, wusste ich nicht, da ich auf dem Absatz kehrt machte und einfach los lief. Ich wollte nur noch weg. Ich wollte nicht sehen wie er zu grinsen begann. Ich wollte nicht die Worte hören, die mir bewahrheiten würden, dass der einzige Freund, den ich jemals hatte mich hintergangen hatte. Ich wollte mich jetzt erst recht nur noch verkriechen. Warum musste ich auch jetzt dahinter kommen? Warum musste ich es jetzt erfahren? Jetzt, wo ich mich einsamer fühlte, denn je?! Jetzt, wo ich jemanden brauchte. Jetzt, wo ich nicht einmal mehr den kleinsten Halt hatte, an den ich mich klammern konnte? Als ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, schluchzte ich leise auf, ohne überhaupt auf den Weg zu achten. Ich rempelte Leute an, alte Frauen wendeten sich meckernd in meine Richtung, doch ich lief weiter, wollte weg. Egal wohin. Nur weg. Weit weg. Ich hetzte durch die Straßen, bemerkte gar nicht wirklich wo ich lang lief. Erst als ich ein lautes Hupen hörte, zuckte ich zusammen, kam wieder zu mir. Ganz langsam drehte ich meinen Kopf auf die Seite, ehe ich meine Augen weit auf riss. Ein hupender Autofahrer kam mit seinem Auto direkt auf mich zu. Doch statt zur Seite zu springen blieb ich starr stehen. In diesem Moment schien mich geradezu ein Blitz zu durchzucken. Mir wurde schwindelig und ich begann mich nach dem 'Warum' zu fragen. Ich hörte die Geräusche nicht mehr, sah ins Leere. Warum musste ich leiden? Warum hatte Yune das getan? Warum hatte ich es nicht schon früher bemerkt? Warum war meiner Mutter das alles passiert? Und warum fragte ich mich das alles? War es im Nachhinein nicht egal? Lief nicht alles darauf hinaus? Darauf, am Abgrund zu stehen, nicht mehr aufstehen zu können, den Tod zu erleben? Warum dann arbeitete man auf so vieles hin? Warum bereitete man dem nicht einfach ein Ende, wenn es doch eh keine Zukunft gab? Warum? Ich konnte es mir nicht beantworten, doch mich sollte es nicht kümmern. Ich war mir sicher, es hinter mir zu haben. Das Auto war pechschwarz - war das Ironie? Sollte mir das Auto verdeutlichen, wie es bald sein würde? Dunkel? Unendlich tief? Unergründlich? War es nicht irgendwo auch egal? Egal... Dann spürte ich einen Ruck. Mit einem Mal wurde alle Luft aus meinen Lungen gepresst, sodass ich nicht einmal mehr aufkeuchen konnte. Mich überkam das Gefühl, als würde ich fallen. Tief, tiefer, immer weiter. Aufprall. Das Gefühl, als hätte ich einen Sprung hinter mir und würde nun auf allen Vieren landen überkam mich und alles um mich herum wurde schwarz. Das Schwindelgefühl blieb weiterhin bestehen, aber es war mehr diese Dunkelheit, die mich irritierte. "Bist du verrückt geworden?!" Die Stimme riss mich aus meinen wirren Gedanken. Hieß das... ich war nicht tot? Ich öffnete meine Augen, fühlte mich von dem Licht geblendet. Doch gleichzeitig war ich so überrascht, dass ich unbewusst einen Fisch nachmachte, indem sich mein Mund öffnete und wortlos wieder schloss. Was? Wie war er denn hierher gekommen? War er mir etwa gefolgt? Ich senkte meinen Kopf unter seinem Blick, sah auf die Arme, die sich um meine Hüfte geschlungen hatten. Er hatte mich gerettet, das wurde mir jetzt bewusst. Trotzdem brachte ich kein Wort heraus. "Alles in Ordnung?" Ich fuhr herum. Als erstes fiel mein Blick auf das schwarze Auto, dem ich nur dank meines Retters entgehen konnte. Dann erst auf den - in einen Anzug gekleideten - jungen Mann, der auf mich zu kam, mit einer tiefen Falte im Gesicht. "Er ist nicht verletzt." Ich schielte aus den Augenwinkeln zu meinem Retter hoch. Ja, dank dir. Ansonsten wäre ich jetzt wohl... nicht ganz so wohlauf, auch wenn meine Knie ganz schön zitterten. "Ein Glück! Als er auf einmal auf der Straße stand, ist mir fast das Herz stehen geblieben..." Und mir erst... Noch einmal verbeugte sich der Autofahrer, entschuldigte sich für den Unfall und verabschiedete sich rasch, er habe noch etwas zu erledigen - wovon ich ihn sicher nicht abhalten würde. Er verschwand aus meinem Blickfeld. Noch immer hielt er mich fest, irgendwie auch ganz gut so, meine Beine würden wohl sicher nachgeben. "Warum hast du das gemacht?" "Was?", gab ich leise krächzend zurück und blickte ihm verwirrt ins Gesicht. "Hast du keine Augen im Kopf? Was rennst du einfach vor ein Auto?!" "I-ich weiß nicht... Ich hab nicht gesehen,... dass rot war, ich..." Doch er schüttelte nur den Kopf, ließ mich letztendlich los. Ich wankte zwar gefährlich, konnte mich dennoch gerade so halten. "Mach's nächste Mal die Augen auf, Barbie." "Hai." Ich sah verstohlen zu ihm. Irgendwie wusste ich nicht genau was ich sagen sollte. Aber er hatte mir doch mehr oder weniger das Leben gerettet, oder mich vor schlimmeren Verletzungen bewahrt. Da sollte ich mich schon bedanken. Er bemerkte, dass ich ihn ansah, sah aus seinen dunklen Augen zu mir, hob argwöhnisch eine Braue, ganz so, als wolle er fragen 'Was?!'. Ich schluckte leicht, beschloss allerdings, mich zusammen zu reißen. "Arigatou." "Hä?!" Ich blinzelte. Verstand er nicht, dass ich mich für die Rettung bedanken wollte? "Naja, du hast mich gerettet, dafür wollte ich mich bedanken. Aber nach der Sache mit Yune ... da -" "Der Pissnelke hab ich eine über gezogen." Mir klappte die Kinnlade runter. Reita hatte Yune geschlagen? Ich wollte irgendwie gar nicht mehr an ihn denken. Sofort sah ich wieder zu Boden. "Was denn? Der hat's verdient.", fügte Reita derweil unbeeindruckt hinzu und ich nahm am Rande wahr, wie er mit den Schultern zuckte. Daraufhin erwiderte ich nichts, blieb eine Weile einfach nur stehen, während er mit verschränkten Armen den Kopf in den Nacken legte und gen Himmel sah. "Sieht nach Pisswetter aus." Nur langsam hob ich meinen Kopf, um festzustellen, dass der Schwarzblonde recht hatte. Es sah wirklich nach... Regen aus. "L-lass uns zu mir gehen... b-bevor wir uns noch erkälten." Mein Mitbewohner zuckte lediglich mit den Schultern und schon begann es zu schütten, wie auf Knopfdruck. Ich konnte Reita leise fluchen hören, doch damit wollte ich mich nicht beschäftigen und verdrängte den Gedanken, dass dieses Wetter meinem Gemütszustand mehr entsprach, als es mir lieb war und ging direkt in die Richtung, in der das Haus stand, in dem ich früher mit meiner Mutter gelebt hatte. Es dauerte nur wenige Minuten und trotzdem waren wir bis auf die Haut durchgeweicht, das hatte mir gerade noch gefehlt. Zittrig schloss ich die Tür auf. Ich ließ Reita eintreten und er streifte sich - höflicher weise - die nassen Schuhe ab und schälte sich aus der Jacke. Die Jacke hing er sogar an den vorgesehenen Haken und ich tat es ihm gleich. Derweil vertiefte ich mich wieder in meine Gedanken. Doch die wurden mir bald zu viel und ich wendete mich Reita zu. Ich musste mich davon so gut ablenken, wie es ging. Die Tasche ließ Reita einfach achtlos auf den Boden fallen. Meinen Koffer hatte ich im Krankenhaus vergessen. Ich seufzte leise. War ja typisch. Zum Glück hatte ich nicht alle Klamotten mitgenommen, als ich gegangen war. Wenigstens etwas. Doch meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als sich der Schwarzblonde sein Oberteil über den Kopf zog. Ich sah ihn ein wenig irritiert an. Irrte ich mich, oder zog er sich gerade im Flur aus? Schnell sah ich weg, wollte ihn nicht so direkt anstarren, das war unhöflich. "I-ich zieh mich eben um...- fühl... d-dich wie zu Hause." Schnell verschwand ich die Treppen hinauf. Und hätte ich mich noch einmal umgedreht, hätte ich gewusst, dass Reita angefangen hatte zu grinsen. Ich schloss meine Zimmertür hinter mir und atmete erst einmal durch. Warum mir das so unangenehm war, dass Reita sich im Flur auszog, war mir selbst schleierhaft, aber ich wollte mich jetzt auf andere Dinge konzentrieren. Schnell zog ich mir meinen pitschnassen Pullover über den Kopf, legte ihn über den Stuhl, damit er trocknen konnte und die Hose folgte. Nachdem ich mich schließlich wieder mit trockenen Sachen versehen hatte, machte ich mich auf den Weg nach unten, um nach meinem Gast - konnte man Gast sagen? - zu sehen. Und Reita konnte es mal wieder nicht lassen mich in unangenehme Situationen zu bringen. Er stand in einer schwarzen Stoffhose an der Wand gelehnt da - und das war's. Kein T-Shirt oder so etwas in Sicht. Freie Sicht auf seinen muskolösen Oberkörper. Ich blieb noch auf der letzten Stufe stehen und sah ihn mit einem undefinierbarem Blick an. Was sollte das? Der andere hob den Blick, sah mich kurz an, ehe er wieder zu grinsen begann. "Angucken, ja - Anfassen, nein." Wie so oft klappte mir die Kinnlade herunter. Wieso sollte ich...?! Doch darüber wollte ich nicht mehr nachdenken, sondern wandte meinen Blick demonstrativ zur Seite, ignorierte dabei, dass sich meine Wangen rosa färbten. So ein...! "Ich hab Hunger." Eh? Ich sah wieder zu ihm. Mein Blick musste Bände sprechen, denn er sah mich ein wenig genervt an. "Boah! Barbie! Schwing deinen Arsch in die Küche, ich will was zum Spachteln!" "...Und warum sollte ich?" Okay, er war mein Gast, aber ich hatte ihm gesagt, er solle sich wie zu Hause fühlen und er machte auf mich eh nicht den Eindruck, als würde er Probleme damit haben, anderer Leute Küchen zu benutzen. "Weil das Frauenarbeit ist." Bitte was?! Ich verzog leicht das Gesicht, gab mich allerdings geschlagen. Es machte keinen Sinn mit Reita zu diskutieren, da er sich gar nicht auf eine ernste Konversation einlassen würde. Breit grinsend folgte er mir in die Küche. Dort öffnete ich seufzend einen der Schränke. Jedoch fand ich nicht gerade viel Essbares. Eigentlich nur Instant-Nudeln. Dann würde der Schwarzblonde eben damit Vorlieb nehmen müssen, ob es ihm passte oder nicht. Ich richtete mich wieder auf. Kurz hielt ich ihm die Schachtel unter die Nase, sodass er schauen konnte, was er gleich in seinem Magen haben würde. Danach kramte ich auch schon nach dem Wasserkocher, fand ihn glücklicherweise, füllte ihn - und dann hieß es erst einmal warten. "Fertigfutter?" "Wir haben nichts anderes.", meinte ich leise und hing bereits wieder meinen Gedanken nach. Wie sollte es denn jetzt weitergehen? Ich wusste, dass ich nicht allzu lange hier bleiben konnte, aber ich wollte meine Mutter nicht allein lassen. Ein wenig konnte ich doch noch bleiben. Mein Mitbewohner konnte ja wieder nach Hause fahren, ich würde ihn nicht hier halten. Ich brauchte eh Zeit zum Nachdenken, da käme mir die Ruhe doch gerade recht, nicht wahr? "Ja ja~." Das überhörte ich jetzt einfach mal. Der Höflichste war er wirklich nicht, aber allmählich gewöhnte ich mich ja doch dran. Als dann das Wasser kochte, bat ich Reita sich zu setzen, was dieser sogar tat. Ich goss das Wasser in den Becher und kramte bereits nach Stäbchen. Die waren schließlich auch gefunden und ich ging mit beidem zum Tisch, um es Reita vor die Nase zu stellen. Jetzt bediente ich ihn auch schon, ohne dass er etwas dazu sagen musste. Doch diese Erkenntnis ließ mich nur leise seufzen. Ich hatte andere Probleme. Also ließ ich mich ihm gegenüber nieder, während er ungeduldig mit seinen Fingern auf die Tischplatte trommelte. Man musste eben drei Minuten warten, daran war nichts zu ändern. Dennoch wunderte ich mich, dass ich nicht weinte. Ich hatte meinen besten Freund verloren, erfahren, dass er mich die ganze Zeit über nur angelogen hatte und... es machte mir nichts aus? Nein. Ich glaube ein großer Teil in mir, hat es nur noch nicht akzeptiert, noch nicht verstanden. Vielleicht wollte ich es auch nicht? Doch. Ich musste loslassen, auch wenn es seltsam war, den letzten Halt zu verlieren. Wieder zuckte ich leicht zusammen, als Reita laut fluchte. "Barbie! Wie lange denn noch?!" "Eine Minute weniger, als vorher.", meinte ich leise und erhaschte seinen giftigen Blick. "Verarsch mich nicht!" Das würde mir nie einfallen. "Es dauert noch. Du wirst dich schon gedulden müssen." "Da hab ich aber keinen Bock drauf!" Wieder seufzte ich leise. Und das war seine einzige Sorge? Quälend langsam erhob ich mich und blickte kurz auf Reita, der gerade versuchte die Instant-Nudeln mit seinem Blick auf zu spießen und einen stummen Krieg mit ihnen führte. "Ich geh ins Wohnzimmer.", nuschelte ich ihm lediglich leise zu und verschwand dann auch schon. Ich hatte keine Lust auf so eine sinnlose Unterhaltung, zumal es mir eh suspekt vor kam, dass ich mit Reita so 'normal' reden konnte, ohne dass er mir auf die Pelle rückte. Kannte er etwa seine Grenzen und wusste, wie schlecht es mir ging? Sollte er am Ende dann wirklich so rücksichtsvoll sein? Der Gedanke kam mir irgendwie noch suspekter vor, weswegen ich ihn auch gleich wieder abschüttelte. Egal. Mit halb geschlossenen Augen ließ ich mich dann einfach auf das Sofa sinken und seufzte auf. Meine Augen schlossen sich schon wie von allein. Meine Gedanken schweiften ab, fernab von dem ganzen Chaos hier. Fernab von der Tatsache, dass meine Mutter vielleicht nie wieder aufwachen würde. Fernab von Yunes Verrat. Nein. Nicht ganz. Ich erinnerte mich plötzlich wieder so gut daran. Wie wir Freunde geworden waren. Tss. Freunde. Er hatte mich belogen und doch war es eine schöne Erinnerung für mich... endlich jemand, der mich zu akzeptiert zu haben schien... =*=*=*Flashback*=*=*= Schon den ganzen Schultag hatte ich vor mich hingeschwiegen. Die Stichelleien und Beleidigungen ignorierte ich wie immer so gut wie es ging. Zu meinem Pech allerdings sah man mir den Schmerz immer an, ebenso wie es mich verletzte, wie die anderen mit mir umgingen. Dazu kam dann noch, dass ich mich nie wehrte. Ich war das perfekte Opfer. Ich gab auch nie einem Lehrer Bescheid, auch wenn diese mich dann und wann mal ansprachen und mir sagten, dass ich, wenn ich Probleme hatte, immer zu ihnen kommen könnte. Ich hatte lediglich genickt. Wirklich zu ihnen gehen würde ich nicht. Ich wollte weiteren Ärger nur vermeiden. In der Pause hatte ich mich wieder zurückgezogen, so wie ich es immer tat. Ich stand unter einem der wenigen Bäume. Eigentlich ein sehr beliebter Platz, doch da es draußen in Strömen regnete, war niemand in der Nähe. So konnte ich diesen Platz auch einmal genießen. Das Blätterdach schützte allerdings nicht sonderlich gut vor dem Regen, weswegen ich schon bald nass wurde. Doch das kümmerte mich nicht. Vielleicht hatte ich Glück und würde mir eine dicke Erkältung einfangen. Dann bräuchte ich ersteinmal nicht in die Schule zu gehen. Ja, das wäre was. Jeder Schultag war eine Qual für mich. Ich blickte auf meine Füße und hing meinen Gedanken nach. Ich spürte das regelmäßige Klopfen des Regens auf meinem Kopf. Dann allerdings stutzte ich - es hatte aufgehört. Ich blickte auf, sah direkt in dieses Gesicht. "Du wirst ganz nass." Da stand er, hielt mir seinen Regenschirm über den Kopf, sodass er selbst ein kleines bisschen nass wurde. Konnte es ihm nicht egal sein, ob ich nass wurde? Ich war hier schließlich allen egal, außer wenn es darum ging mich fertig zu machen. Irgendwie bekam ich kein Wort raus und sah zur Seite. Dies schien den anderen irgendwie zu amüsieren. "Hast du etwa deine Zunge verschluckt?" "Iie.", war meine leise Antwort. Ich konnte sehen, dass der Junge schmunzelte. Doch irgendwie war es anders als sonst. Es war nicht höhnisch. Er machte auf mich nicht den Eindruck, dass er sich über mich lustig machen wollte. Ich blinzelte leicht über diese Tatsache, wollte dennoch nicht weiter darauf eingehen. "Warum stehst du hier eigentlich ganz allein im Regen?" Der legte es doch tatsächlich darauf an ein Gespräch mit mir anzufangen, oder? Naja. Ich wollte mal nicht so sein. "Weil ich die Ruhe genießen wollte." Die Ruhe vor den Sticheleien, Beleidigungen und blöden Blicken. Ich konnte sehen, dass der Junge nickte. "Und wovor?" "Vor den anderen.", war die leise genuschelte Antwort und ich sah ihn an. Was sollte ich auch lügen? Es war ein offenes Geheimnis, dass ich an der Schule keine Freunde hatte, dass ich überhaupt keine Freunde hatte. Einen kurzen Moment sah er mich an, ehe er auf eine seltsam ehrliche Art und Weise zu lächeln begann. "Ich versteh gar nicht, warum sie immer so zu dir sind." Darauf sagte ich nichts, blickte nur stur zur Seite. Er verstand es nicht? Und was sollte mir das jetzt sagen? "Ich find dich ganz nett." Ungläubig sah ich ihn nun an. Wie bitte? "Nani?" "Ich find dich sympathisch." Nochimmer schien ich nicht begriffen zu haben, denn er widerholte seinen Satz noch ganze drei Mal, ehe ich ein wenig verlegen auf meine Füße sah. "W-wirklich?" "Ja." Irgendwie war das ein komisches Gefühl. Wir kannten uns gar nicht und er mochte mich irgendwie? Er hatte nichts gegen mich, weil ich anders war? Das war... toll. "Arigatou." Ich konnte nicht anders, als zu lächeln. Weiterhin hielt er den Schirm über mich. Seine freie Hand streckte er mir nun entgegen. "Ich bin Yune." Kurz betrachtete ich die Hand, ehe ich in seine Augen sah, wieder anfing zu lächeln und dann ein wenig zögerlich seine Hand ergriff. "Uruha." "Ich weiß." Aus dieser unscheinbaren Begegnung im Regen wurden wir schließlich Freunde. Yune war wirklich mein erster und bester Freund. Er verstand sich wunderbar mit meiner Mutter und wir trafen uns fast täglich. Es hatte mich ein wenig gewundert, dass er mich nie seinen anderen Freunden vorstellte, doch eigentlich war das auch ganz gut so. Wer wusste schon, wie die so drauf waren? Ich war eh zu zurückhaltend, um mich großartig mit anderen zu unterhalten. Immer wenn es regnete und ich Leute sah, die zu zweit unter einem Schirm standen, musste ich an den Anfang unserer Freundschaft zurückdenken... =*=*=*Flashback Ende*=*=*= Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich meine Augen mit Tränen gefüllt hatten. Sie liefen mir über die Wangen und erst, als sie auf meinen Handrücken tropften, hatte ich sie registriert. Doch ich kümmerte mich nicht weiter darum. Diese schöne Erinnerung war nur eine von vielen, doch diese hatte sich besonders in mein Hirn gebrannt, weil ich mein Glück, endlich jemanden gefunden zu haben, der mit mir befreundet sein wollte, obwohl ich so anders war, nicht hatte fassen können. Meine Beine zog ich nun an und schlang meine Arme darum, um meinen Kopf schließlich auf meine Knie zu betten. Alles Lüge! Yune! "W-warum?!" Warum hatte er mich damals nicht einfach in Ruhe lassen können? Warum hatte er so getan, als sei er mein Freund? Warum musste er mich so verletzen? Ich wusste kaum noch was ich denken oder fühlen sollte. Sollte ich Enttäuscht sein? Enttäuscht darüber, wie er nur zu so etwas fähig war? Oder sollte ich wütend sein? Wütend auf meine Dummheit ihm einfach so vertraut zu haben? Ich wusste es nicht. Hemmungslos schluchzte ich auf. Warum musste das nur alles auf einmal passieren? Warum hatte ich es erfahren müssen, als ich auch so schon verletzt genug war? Was hatte es überhaupt noch für einen Sinn?! Ich sollte einfach - "Bist du schon wieder am heulen, Barbie?!" Ich schreckte auf und sah direkt in Reitas - nicht ganz so - amüsiertes Gesicht. Sein Grinsen war nicht schadenfroh, aber ich konnte den Ausdruck nicht so recht deuten. War er etwa schon fertig mit Essen? Musste wohl so sein. Ungefragt ließ er sich neben mir nieder, verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf und ich konnte seinen Blick deutlich in meinem Nacken spüren. "L-lass mich doch... kann dir doch egal sein." Ich wischte mir hastig über das Gesicht, doch der Tränenfluss wollte nicht aufhören. Frustriert darüber schluchzte ich wieder. Dabei hatte ich doch beschlossen vor Reita stark zu sein, damit er meine Schwäche nicht mehr ausnutzen konnte. Das ging jetzt aber dann mal gründlich in die Hose. Ruckartig hoben und senkten sich meine Schultern, ich konnte einfach nicht aufhören. Desto mehr ich es versuchte, umso schlimmer schien es auch noch zu werden. Ich zuckte zusammen, als Reita seine Arme um mich schlang und mich an sich drückte. Meine Augen weiteten sich und für eine Schrecksekunde vergaß ich zu atmen. Mein Herz schlug mir nun wieder bis zum Hals. Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass er mich mal umarmen würde. Und war es ganz ohne Hintergedanken, wollte er mich trösten? Ich wollte es glauben. Ich hoffte es. Denn auf diese Annäherungen konnte ich verzichten, als hätte ich nicht schon genug mit meinem Gefühlschaos zu kämpfen. Mit einer Hand streichelte er mir leicht über den Rücken, woraufhin ich meine Augen langsam schloss. Noch immer schluchzte ich leise, fühlte mich aber irgendwie besser - es tat gut getröstet zu werden. Mein Gesicht versteckte ich an seiner Schulter. Ich konnte es kaum glauben. Reita tröstete mich? Das kam mir so absurd vor... ... und ich hätte es besser wissen müssen. Schon nach kurzer Zeit fanden sich seine Lippen an meinem Hals ein. Also langsam glaubte ich doch nicht, dass er mich trösten wollte. Doch ich schaffte es nicht mich zu wehren. So schlimm war es auch gar nicht. Es half mir irgendwie auf andere Gedanken zu kommen. Immer weiter verdrängte ich meine Probleme, konzentrierte mich auf die Frage, warum der Schwarzblonde das alles tat, warum ich ihm nicht einfach egal war. Warum er ohne zu nörgeln mitgefahren war, warum er sich jetzt um mich kümmerte. Ich traute mich nicht mein Gesicht von seiner Schulter zu nehmen. Auch nicht, als er weitere kleine Küsse auf meinen Hals verteilte. Die Umarmung wurde noch ein wenig fester, sodass ich glaubte, dass wir uns nicht noch näher kommen konnten. Meine Hände legte ich auf seinen Rücken, da ich nicht so richtig wusste wohin mit ihnen. Irgendwann dann lösten sich seine Lippen von mir und ich war auf eine gewisse Weise erleichtert, andererseits irritiert. Und ich ahnte Schlimmes, bezüglich dessen, was jetzt wohl noch kommen würde. Ich spürte wie er die Umarmung ein wenig löste, ein Arm verschwand um meinen Körper und er hob mein Kinn ein wenig an, sodass ich gezwungen war ihn anzusehen. Er blickte mir tief in die Augen und irgendwie schaffte ich es nicht, weg zu sehen. Ich glaubte zu wissen, was jetzt kam, da sich sein Gesicht dem meinen immer weiter näherte. Und das was ich ahnte, sollte wohl Wirklichkeit werden. Ein wenig unsanft legte er seine Lippen auf meine. Klasse, Uruha. Das ist neuer Rekord. Jetzt wurdest du an einem Tag von zwei verschiedenen Kerlen geküsst. In den einen hast du dich verknallt und vor dem anderen hast du fast schon Angst, klasse Kombination. Wie weit wollte es Kami noch mit mir treiben? Doch eine Sache wunderte mich. Ich fand es in keiner Weise schlimm. Es war etwas anderes als bei Atashi, dennoch hatte ich nicht den Wunsch Reita von mir zu stoßen. Ich war vielleicht sogar ein bisschen dankbar für die Nähe, die er mir gab. Er gab mir das Gefühl, nicht ganz so abartig zu sein, wie ich allmählich glaubte, dass ich es war. Yune hatte sich von mir abgewandt, doch Reita nicht. Yune hatte mich verraten, Reita nicht. Okay, das konnte man nicht vergleichen, aber ich suchte selbst krampfhaft nach einer Erklärung für meine Gefühle. Fordernd drückten sich seine Lippen gegen meine und erst jetzt reagierte ich wirklich und hielt meine dagegen. Mein ganzer Körper spannte sich an und meinen Herzschlag hatte ich schon vor einigen Sekunden ignoriert. Mit nun geschlossenen Augen versuchte ich meine wirren Gedanken zu verdrängen. Konnte ich wirklich so verzweifelt sein, dass ich mich jemandem hingab, von dem ich mich fernhalten wollte? Als Reita bemerkte, dass ich den Kuss erwiderte, konnte ich spüren, dass er schon wieder siegessicher zu grinsen begonnen hatte und schlang seine Arme nun wieder ein wenig fester um mich. Fordernd strich seine Zunge über meine Unterlippe. Ich wusste, was er wollte, doch sollte ich diesen Schritt wirklich wagen? Würde ich es nicht bereuen? Bereute ich nicht jetzt schon? War ich mir nicht sicher, dass ich mich morgen am Liebsten dafür auf den Mond schießen würde? Doch was kümmerte mich morgen? Wer wusste denn schon, ob ich morgen überhaupt noch einmal aufwachen würde? Ich öffnete dennoch zögerlich meine Lippen einen Spalt breit und schon drang eine vorwitzige Zunge in meine Mundhöhle ein, erforschte diese ausgiebig. Ich hatte nicht einmal die Kraft mich zu wehren. Oder war das nur eine Ausrede, warum ich es nicht tat? Wollte ich es am Ende nicht? Nein. Eigentlich wollte ich das Ganze nicht! Wie konnte ich mich hier auf dem Sofa meiner Mutter von meinem Mitbewohner küssen lassen, während sie im Koma lag, mit dem Leben kämpfte und mein angeblich bester Freund mich hintergangen und verletzt hatte? Ich wusste, dass das, was ich hier tat falsch war. Es konnte nicht richtig sein, aber ich hatte nicht die Kraft mich zu wehren. Meine Vernunft sagte mir, dass ich endlich aufhören sollte, aber ich konnte es einfach nicht. Ich wollte ja auf sie hören, doch es gelang mir nicht. Eine Weile lang ließ ich ihn einfach machen. Großartig wehren konnte ich mich nicht, mein Widerstand war komplett verschwunden. Reitas Hand wanderte unter mein Oberteil. Okay. Langsam wurde mir doch mulmig. Besser, wenn ich mich jetzt aus seinem Griff befreite. Aber wie sollte ich das anstellen? Er war doch stärker als ich und er machte auf mich nicht den Eindruck, als würde er mich so schnell - und vor allem freiwillig - wieder loslassen. Ne, eher im Gegenteil. Außerdem kam ich gegen ihn nicht an. Doch einen Versuch wollte ich starten. Ich wollte mir später nicht zu viele Vorwürfe machen müssen. Meine Hände legte ich auf seine Schultern und wollte ihn von mir weg drücken. Doch noch ehe ich diesen Plan ausführen konnte, zuckte ich zusammen. Ein schrilles Geräusch ließ uns auseinander fahren. Er hatte zuerst seine Fassung wiedergewonnen und rollte genervt mit den Augen. "Bestimmt so'n notgeiler Sack, der uns bespannt hat und jetzt mitmachen will..." Ich brauchte kurz, bis ich seine Worte dem Geräusch zuordnen konnte. Telefon! Hastig schlüpfte ich aus Reitas Griff. Dieser war sichtlich angepisst davon, dass das Telefon unseren 'Spaß' unterbrochen hatte und lehnte sich genervt zurück, die Arme verschränkend. Ich wollte gar nicht wissen, wie weit er es noch getrieben hätte. Okay, Uruha. Falsche Wortwahl. Wie weit er noch gegangen wäre, klang viel weniger zweideutig. Mein Herz schlug mir immer noch bis zum Hals, von der Röte in meinem Gesicht mal ganz zu schweigen. Mit zitternden Händen hob ich ab. Natürlich fragte ich mich, wer hier wohl anrief. Dennoch: Perfektes Timing. "Moshi moshi?" "Ruha?" "...Aoi?! W-was gibts denn?" "Eto~ ich wollt fragen, wie's dir jetzt so geht - warst schon im Krankenhaus, ne?" "...hai... Wie es mir geht? Ano... naja..." "..Ah...versteh' schon. Kai hat nur gesagt, ich soll anrufen und so, ne?! Hoff' dir geht's bald wieder besser~ Sag mal... wann wolltest' denn wieder hier vorbei schneien mit unserem Punk?" "Ano... ich weiß nicht genau..." "Hrm. Naja, okay. Richt' Yune schöne Grüße aus, ne?!" Ich ließ den Höhrer sinken. Ich sollte ihn grüßen? Wie sollte ich das bitte anstellen? Ich war wie gelähmt, hatte komplett vergessen, dass Aoi noch am Ende der Leitung war und gerade sicherlich verwirrt, weil ich nicht mehr antwortete. Ich konnte hören, dass er etwas sagte, doch die einzelnen Worte verstand ich nicht. "Y-yune..." Kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, erhob sich Reita auch schon von der Couch und trat einfach auf mich zu, nahm mir den Höhrer aus der Hand und legte ihn an sein Ohr. "Wer's da?" Ungeduldig trommelte er auf dem kleinen Tischchen herum. Aus den Augenwinkeln sah er zu mir, doch ich konnte seinem Blick nicht standhalten und sah weiterhin auf meine Füße. Meine Gedanken waren ganz weit weg. Wie sollte ich denn jetzt klarkommen? Ich hatte meinen besten Freund verloren. Wie würde ich mich verhalten, wenn ich ihn noch einmal sah? "Boah! Ne, is alles okay bei ihm, Spielverderber. Mach kein Theater.... Woher soll ich denn wissen, was er hat?!" Sichtlich genervt führte Reita das Gespräch noch ein bisschen weiter. Dann allerdings nahm er kurz den Höhrer von seinem Gesicht. "Wie lang bleiben wir'n noch?" Ich antwortete nicht. Reitas Augen verengten sich zu Schlitzen. Er hasste es mindestens genauso sehr ignoriert zu werden wie Ruki. "Wir kommen übermorgen wieder." Das hatte er jetzt einfach beschlossen und ich widersprach ihm auch nicht. Vielleicht war es auch besser, wenn ich ersteinmal ein wenig Abstand zu Yune aufbaute, von daher... Das weitere Gespräch von Aoi und Reita bekam ich nicht mit, aber irgendwann musste der Schwarzblonde aufgelegt und sich zu mir umgedreht haben, da ich irgendwann seinen stechenden Blick fühlen konnte. Unsicher hob ich den Kopf und blickte ihm in die Augen. "Was war eben?!", fragte er und sein Ton ließ keine Lügen zu. "I-ich weiß nicht... Er hat etwas über Yune gesagt und da... da..." "Da hast du die Nerven verloren.", beendete er meinen Satz, doch auf diesen erwiderte ich nichts. Widersprechen war bei ihm doch auch so sinnlos. Dass ich nicht antwortete, quittierte Reita mit einem leisen Schnaufen. Doch auch das beeindruckte mich nicht. Auf einmal war ich müde. Ich wollte einfach nurnoch schlafen, um vor diesem Albtraum von Tag zu flüchten. "Ich geh schlafen." "Ach?! Und wo soll ich pennen?" Kurz sah ich ihn verblüfft an, ehe ich überlegte. Stimmte schon. Wo sollte er schlafen? "Geh in mein Zimmer. Ich schlaf bei meiner Mutter." Das waren die letzten Worte, die ich an diesem Tag an Reita gerichtet hatte, denn ich hatte mich - ohne ihm eine gute Nacht zu wünschen - in das Zimmer meiner Mutter verzogen. Dort sah ich mich ein wenig - fast wie in Trance - um. Auf einmal kam ich mir wieder vor, als wäre ich sieben. Wieder hatte ich das Gefühl mitten in der Nacht ängstlich aufgewacht zu sein, weil ein Albtraum mich quälte und die Monster unter meinem Bett und in meinem Schrank mich nicht in Ruhe ließen. Mit nackten Füßen war ich durch den Flur gehastet, da die Dunkelheit mir unheimlich war. Mit einem Stofftier im Arm hatte ich dann die Tür zu Mutters Schlafzimmer geöffnet. Meistens war sie noch wach gewesen, hatte etwas gelesen. Lächelnd hatte sie dann immer wieder über ihr Buch gesehen. "Hattest du einen Albtraum?", flüsterte ich leise. Hai. Genau das hatte sie immer zu mir gesagt. Daraufhin hatte ich schüchtern genickt und war direkt auf ihr Bett zugegangen, war hinaufgeklettert, zu ihr gekrabbelt und hatte mich von ihr umarmen lassen. Sie hatte vorher ihr Buch zugeklappt und auf den Nachttisch gelegt. "Darf ich bei dir schlafen?" War jeden Abend die Frage gewesen, auf die sie lächelnd genickt hatte. Ich war mit unter ihre Decke geschlüpft und sie hatte mir durch das Haar gestrichen, mir eine Geschichte erzählt, als Vater noch bei uns gewesen war. Aber dass ich keinen Vater hatte, hatte mich nicht gestört, ich hatte meine Mutter. Das reichte mir. Ich war bei ihr gut aufgehoben gewesen, war schnell eingeschlafen und schlief bis zum Morgen durch. Wenn ich aufgewacht war, hatte sie immer mit einem Frühstück und einem Lächeln auf mich gewartet. Doch heute war sie nicht da. Sie laß kein Buch, sie lächelte nicht oder nahm mich in den Arm. Sie war im Krankenhaus und ich war hier. Vielleicht würde ich nie wieder bei ihr schlafen können. Okay. Aus dem Alter war ich raus, aber ich vermisste es. Besonders jetzt, wo mir klar wurde, dass es vielleicht nie wieder so sein würde. Wie hieß es noch? Man lernt erst etwas richtig zu schätzen, zu vermissen, wenn man es fast oder ganz verloren hat? Allmälich wurde mir klar, dass da doch mehr dran war, als ich immer angenommen hatte. Doch nun wünschte ich mir, es nicht auf so schmerzhafte Art und Weise erfahren zu haben. Ich sah in den großen Spiegel, der an einer Schranktür befestigt war, sah in mein blasses Gesicht. "Mum..." Wieder liefen mir Tränen über die Wangen und ich sah weg. Ich konnte mir nicht selbst beim Heulen zuschauen, damit mir klargemacht wurde, wie schwach ich war. Ich zog mir einfach mein T-Shirt über den Kopf, dann folgte die Hose schon schnell. Ich faltete die Sachen sorgsam und legte sie auf den kleinen Nachttisch, schließlich hasste meine Mutter Unordnung. Ich tappte leise zurück zum Schrank, vermied jeglichen Blickkontakt mit dem Spiegel. Ich öffnete eine der Türen, die leise knarrte. Hatte der Schrank schon immer solche Geräusche von sich gegeben, oder erst seid meine Mutter weg war? Ich wusste es nicht, nicht mehr. Ich zog eines von den T-Shirts meiner Mutter raus. Sie würde mir schon nicht böse sein. Es war blau. Sie liebte blau. Deswegen waren auch viele ihrer Kleidungsstücke in dieser Farbe. Ich zog es mir über. Es war ein bisschen zu kurz, aber das kümmerte mich nicht. Es hielt mich warm. Es gab mir wenigstens ein bisschen das Gefühl, dass sie bei mir war. Ich schloss die Schranktür wieder, begab mich zum Bett. Ich schluckte den schweren Kloß in meinem Hals hinunter. Nachdem ich die Bettdecke beiseite geschlagen hatte, legte ich mich hin. Ich schloss meine Augen, zog die Decke bis zu meinem Kinn rauf. "O yasumi nasai, Mum..." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)