Sorglospunks forever von Nifen ================================================================================ Kapitel 21: Silvesterrache -------------------------- Halloween, jener Vorabend von Allerheiligen, an dem die Unterwelt mit immer gigantischeren Partys versuchte die antiken Orgien des Olymps und die Weihnachtsfeierlichkeiten des Himmels in den Schatten zu stellen, hatten die Sorglospunks glücklich und glimpflich in diesem Jahr überstanden. Glücklich und glimpflich hieß im Fall dieser sorglosesten Punkband diesseits wie jenseits des Rio Spätzle, dass dieser Tag ohne merkwürdige Besucher, ohne Weltrettungsabenteuer und sogar ohne Kaffeekrise vorüber gegangen war. Dabei war angesichts der Historie dieser Band eigentlich damit zu rechnen gewesen, dass etwas derartiges geschah, zählten doch zu ihren Bekannten nicht nur der Rabe aus Poes gleichnamigem Gedicht, sondern auch Murphy, der geflügelte Dämonenkater, nach dem eben jene Gesetze – Murphys Gesetze – benannt waren. Aber es gab einen guten Grund, weshalb dieser 31. Oktober so unspektakulär über die Bühne gegangen war: Abranka, die Bandmuse, hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hatte die Situation analysiert und wusste was auf sie zukommen würde. Denn bei all den außergewöhnlichen und bisweilen außerirdischen Besuchern, die den Weg bislang ins Schwabenland gefunden hatte, hatte eine Spezies, die obendrein zu den Halloween-Klassikern zählte, ihnen noch nicht ihre Aufwartung gemacht: die Monster. Weshalb feststand, dass sie wenn in diesem Jahr von Monstern heimgesucht würden. Gehässige Seelen mochten an dieser Stelle ja darauf hinweisen, dass nach diversen Beinahekatastrophen der Teufel und die Muse verschiedene Schutzmechanismen gegen unerwünschte Besucher im Sorglospunkshauptquartier installiert hatten, allerdings keine gegen Monster. Aber mal ehrlich, man konnte es den Sorglospunks nicht verübeln, dass so jeder sich mit einer heimlichen Phobie herumschlug – seien es Vampire, Werwölfe oder Doktoren mit seltsamen Namen –, die immer dann zum Ausdruck gebracht wurden, wenn Bandmanagerin Nifen mal wieder eine ihrer berühmt-berüchtigten ebay-Auktionen startete. Und diese phobiebelasteten Besucher hatten natürlich bei der Installation dieser Schutzsysteme Vorrang gehabt. Als Abranka sich dieser Sicherheitslücke bewusst wurde und sie, weit schlimmer, feststellen musste, dass sich im Sorglospunkshauptquartier kein Monsterabwehrmechanismus installieren ließ, ohne nicht sämtlichen Kaffee ungenießbar werden zu lassen – was für die Sorglospunks selbstverständlich keine annehmbare Option war – hatte sie das getan, was alle fürsorglichen Musen für ihre Schützlinge tun würden: Sie hatte den schnellen Rechner mit Nifens Hell-o-Berry und ihrem Musenlaptop in der Wolke verbunden (ohne dabei etwas auf das Protestgeschrei seitens des Bassisten Chris, der nun nicht mehr mit seiner Freundin Umeko in Japan chatten konnte, und Bandmangerin Nifen, die nun nicht mehr ihre Neopets hätscheln konnte, zu geben) und so die größte Datenbank für Monster angezapft, die sie in den unendlichen Weiten dreier Netzwerke finden konnte. Denn sowohl die Menschen mit ihrem Internet, als auch Himmel und Hölle hatten Daten über Monster gesammelt. Sogar über alltägliche Monster, wie Selbstmitleid oder Besserwisser, denen man kaum entgehen konnte. Dergestalt informiert, hatte sie dann als Monster-Patrouille angeheuert und auch nur beim kleinsten Anzeichen eines monsterähnlichen Wesens eine ihrer Fallen ausgelöst, mit denen sie den Garten vermint hatte. Dass sie dabei auch den Bandphilosophen LennStar und sogar das Bandmaskottchen Kiwi erwischte, musste einfach unter Kollateralschäden verbucht werden, und da diese beiden Bandmitglieder ja keine echten Monster waren, hatten die Fallen ihnen auch nicht geschadet. Selbstredend waren LennStar und Kiwi da ganz anderer Meinung. Ersterer hatte einen halben Tag kopfüber an einem Baum hängend verbracht – schließlich war es eine allgemein bekannte Tatsache, dass Monster in diesem Fall versucht hätten, ihren Kopf abzunehmen, um das Seil, mit dem ihr Fuß mit dem Ast verbunden war, durchzubeißen, nur um bei dem folgenden Hinabfallen den Fall aus Sichtproblemen nicht koordinieren zu können und somit für mindestens zwölf Stunden mit einer monstermäßigen Gehirnerschütterung außer Gefecht gesetzt zu sein. Letztere hatte sich in einem gigantischen Wollknäuel wiedergefunden und wegen ihres Spieltriebs keinen Ausgang gefunden – wohingegen Monster den inneren Anfang des Knäuels gefunden hätten und bei dem Versuch, sich selbst frei zu wickeln natürlich blöd genug wären, sich die Wolle um den eigenen Körper zu wickeln und sich somit selbst zu fesseln. Die Meinung der beiden wurde auch nicht dadurch gebessert, dass Abranka an diesem Tag überhaupt kein wirkliches Monster fing. Aber wenn man die Bandmuse fragte, war kein Monsterfang die beste Erfolgsquote überhaupt, bewies das doch, dass die Monster von vornherein erkannt hatten, wie unmöglich ihr Ansinnen war, bei den Sorglospunks Unheil anzurichten und sie sich somit vom Sorglospunkshauptquartier ferngehalten hatten. Doch zurück zu LennStar und Kiwi, die in einhelliger Meinung beschlossen, Abranka ihren hinterhältigen Angriff heimzuzahlen. Allerdings waren Philosoph und Maskottchen clever genug, die Racheaktion nicht gleich am nächsten Tag zu starten, denn dann hätte die Bandmuse dies allenfalls für einen verspäteten Halloweengast gehalten – man wusste ja schließlich nie, in welcher Zeitzone die einzelnen Monster lebten – und einfach eine ihrer noch nicht wieder abgebauten Fallen ausgelöst. Aber als Bandphilosoph der Sorglospunks verfügte LennStar über eine fast grenzenlose Geduld und Kiwi... nun ja, solange man die geniale Katze ausreichend mit schmackhaftem Futter bedachte, war sie bereit, ihre Pläne langsam zur Perfektion reifen zu lassen. Schließlich war sie längst über das Stadium abgerissener Knöpfe hinaus, zumal Abranka weder einen Kleiderschrank im Hauptquartier noch Knöpfe an ihren Musentogas hatte. Nach einigem hin und her, was sich insbesondere durch die Tatsache, dass Lenn keinerlei Katzisch sprach und sie den Teufel nicht als Dolmetscherin bemühen wollten, weil sie Chi dann in ihre Pläne hätten einweihen müssen, erschwert wurde, einigten sich die beiden auf den Silvesterabend als Zeitpunkt für ihren monstermäßigen Racheplan. Denn ihre Rache beinhaltete – wie könnte es anders sein – ein Monster. Silvester deshalb, weil es neben Halloween einer der vergnüglichsten Tage für Monster war: Sie bekamen ein buntes Feuerwerk zu sehen und alles, was sie dafür tun mussten, war sich nach Beendigung der Show brav nach Hause ins Bett zu begeben und die Menschen glauben zu lassen, sie hätten das neue Jahr mit ihren heidnischen Riten vor allen bösen Einflüssen des letzten Jahres beschützt. Funktionierte jedoch im Allgemeinen nur mit westlichen Monstern. Aber Lenn und Kiwi waren natürlich schlauer und so hatten sie sich für ein chinesisches Import-Monster entschieden. Was ein weiterer Grund dafür war, bis Silvester zu warten, denn solche Import-Monster kamen bekanntlich mit einer gewissen Lieferzeit, die sich durch den Weihnachtspostverkehr noch mal verzögern konnte, wenn man nicht rechtzeitig bestellte. So aber erhielt LennStar rechtzeitig und von allen anderen Hausbewohnern unbemerkt ein kleines Paket mit mehr Zollstempeln als man sich vorstellen konnte. Sofort verschanzten sich Kiwi und Lenn im Philosophenfass und begutachteten ihr Import-Monster. Es gehörte zur Gattung Reis-Zweck-E, war nach Gebrauchsanweisung dem Namen entsprechend nur mit Reis zu füttern – ein Punkt, der bei der Auswahl Kiwi sofort positiv ins Auge gesprungen war, denn sie selbst mochte keinen Reis und musste somit nicht ihr Futter mit dem Monster teilen – und sollte nach Möglichkeit einen Namen bekommen, der mit E anfing. Ganz im Sinne der Demokratie stellte Lenn auch gleich eine Liste mit E-Namen auf, die ihm gefielen und las sie dann Kiwi vor, die mittels Miauen ihre Meinung kund tat. Letztlich einigten sie sich darauf, dass das neue Reiszweckenmonster Emil heißen sollte. Jetzt galt es nur noch, das Monster bis Silvester vor den Augen der anderen Sorglospunks zu verstecken. Zum Glück aber hatte Lenn ja seit Easys Rebellion einen Keller unter seinem Fass und Reiszwecke Emil mochte Kellerlöcher. Weit weniger leicht dagegen ließ sich der plötzliche Reisverbrauch im Sorglospunkshauptquartier erklären, geschweige denn, wieso Lenn versuchte, beim allmonatlichen Einkauf im WWWB-Markt eine Reispflanzung statt der üblichen Kaffeeplantage in den Einkaufswagen zu schmuggeln. Aber Lenn war schließlich nicht von ungefähr der Bandphilosoph der Sorglospunks und heimlicher Schüler von Oma (des Teufels Großmutter) und von daher nie um eine Ausrede verlegen. ‚Er betreibe Kreativitätsreisgenforschung, nach den neusten quantenphilosophischen Maßstäben, und schließlich könnten die Sorglospunks sich ja nicht immer nur von Ideenschokolade ernähren und gleichzeitig erwarten, immer noch in ihre Bühnenoutfits zu passen. Reis würde entwässernd wirken und wenn es ihm gelang, diesen auch noch kreativitätsfördernd zu züchten, wäre das allemal einen Versuch wert. Darüber hinaus könnten sie alle misslungenen Experimente heimlich den Carelesspunks untermogeln und so ein wenig Sabotage hinter den Linien betreiben.’ Dergestalt überzeugt, bekam Lenn seine Reispflanzung, wenngleich nur die Bonsai-Ausgabe, da der Speicher ja schon mit der Kaffeeplantage reichlich überfüllt war. Aber mit einem Zelt auf dem Philosophenfass hatte Lenn sich fix seinen eigenen Dachboden geschaffen. Dann war endlich Silvester. Easy dekorierte freudestrahlend den von Nifen so liebevoll geschmückten Weihnachtsbaum mit Luftschlangen, Jack stellte den Sekt kalt und Chris wünschte Umeko acht Stunden vor dem örtlichen Feuerwerk ein fröhliches Neues Jahr. Nifen holte noch das letzte Geschenk aus dem Neopets-Adventskalender (und hätschelte nebenbei noch einmal die fleißigen Krabbelviecher ihrer neusten Ameisenfarm) und Abranka sonnte sich in der Gewissheit, dass an diesem Feiertag ausnahmsweise ihre übernatürlichen Sinne nicht gebraucht würden. Bis... Bis Easy beim Dekorieren des Wohnzimmers plötzlich in eine Reiszweckenspur tappte und schmerzverzerrt aufjaulte. Dicht gefolgt von einem verblüffend ähnlichen Jaulen ihrer Zwillingsschwester Jack, die in der Küche auf eine ähnliche Spur der Verletzung gestoßen war. (An dieser Stelle sei angemerkt, dass diese Reiszwecken wie Reißzwecken aussahen, allerdings statt des Metalldorns einen Dorn aus hartem Reis aufwiesen, deswegen aber nicht weniger spitz oder schmerzhaft waren.) Von dem Lärm herbeigerufen traten auch prompt noch Nifen und Chris in die ihnen am nächsten liegende Reiszweckenspur und das Chaos war perfekt. Und Abranka fragte sich, was sie übersehen hatte, beziehungsweise, wie sie von dem herannahenden Chaos nichts hatte mitbekommen können. Aber so war das eben mit chinesischen Import-Monstern – sie waren alle in der Kunst der Monster-Ninja ausgebildet und wurden sie erst einmal von einem Hausbewohner eingeladen, konnten sie sich überall in dem Haus unbemerkt hinschleichen. Selbst die übersinnlichen Musenkräfte hatten der Kunst der Monster-Ninja nichts entgegenzusetzen. Einzig LennStar mit der Reis-Zweck-E-n-Pfeife und Kiwi als Besitzer des Monsters waren in der Lage Emil immer und überall aufzuspüren. Doch solange nur ein paar Fußsohlen darunter litten (und die Hausbewohner lernten, erst hinzusehen, ehe sie die Füße auf den Boden setzten), sahen die beiden noch nicht ein, ihr neues Monster wieder zurückzupfeifen. Dafür genossen sie Abrankas Verwirrung viel zu sehr. Die Verwirrung nahm auch nicht ab, als Chi, die selbstredend zu der bevorstehenden Silvesterparty eingeladen war, im Hauptquartier ankam. Denn obgleich der Teufel, kannte sie sich nur rudimentär mit nicht-westlichen Monstern aus. Immerhin war sie in der Lage zu erkennen, dass es sich bei dem Reiszweckenleger um ein Monster handelte, aber viel weiter brachte sie diese Erkenntnis nicht. Weshalb insgesamt die Party unter dem allgemeinen Motto „Such das Monster“ stattfand. Da aber außer Lenn und Kiwi niemand wusste, wie Emil aussah, war die Suche ziemlich erfolglos. Obwohl Lenn und Kiwi sich natürlich der Suche anschlossen, allein schon, um sich von jeglichem Verdacht rein zu waschen, aber sie waren natürlich klug genug, immer in gänzlich anderen Ecken nach Emil zu suchen und auch niemandem zu verraten, dass das Monster Emil hieß. So näherte man sich der Mitternacht und als der einsam vor sich hin plärrende Fernseher im Wohnzimmer auf den üblichen vormitternächtlichen Schwenk durch die Nation umschaltete, erkannten die Sorglospunks, dass es jetzt wichtigeres gab, als Monstersuche. Denn schließlich galt es die bandagierten Füße in dicke Socken und noch dickere Schuhe zu packen, den Sekt zu öffnen und die Raketen bereitzuhalten, wollten sie doch auf keinen Fall den Beginn des neuen Jahres verpassen. Und das Monster konnte man ja auch noch im neuen Jahr suchen, schien doch niemand von der Band davon auszugehen, dass selbiges sich Punkt Mitternacht in Luft auflösen würde. Gut, vielleicht hegten Muse und Teufel diese schwache Hoffnung, aber auch sie waren sorglospunksrealistisch genug, um der Hoffnung nicht allzu viel Nahrung zu geben. Wie erwartet, war es ein prächtiges Feuerwerk, das in dem kleinen Dorf im Schwabenland abgebrannt wurde. Es war natürlich bei weitem nicht so koordiniert wie ein offizielles Feuerwerk, für das eine Stadt einem Pyrotechniker viel Geld bezahlte, aber es war viel bunter und viel lauter und somit viel schöner. Und natürlich hatten es sich die Sorglospunks nicht nehmen lassen, spontan ein Neujahrsbegrüßungskonzert zu geben – denn was die Wiener Philharmoniker konnten, konnten die Sorglospunks allemal. Selbst wenn es im eigenen Vorgarten und nicht in einem schicken Konzertsaal war. Und dann ging die Suche nach dem Reiszweckenmonster weiter. Natürlich. Denn als die Band wieder ins Haus zurückkehrte, waren da mehr Reiszwecken als je zuvor. Sie schienen überall zu sein, weshalb Jack, als Bandvernunft, erst einmal Abranka auf ihrer Wolke vorschickte, um einen Besen zu organisieren, damit sich der Rest einen Weg frei fegen konnte. Eine solche Reiszweckenschwemme schien sogar Lenn etwas zu viel des Guten zu sein, aber er kannte seine Bandkollegen zu gut, um jetzt damit herauszurücken, dass er hinter der Monsterattacke steckte. Sonst müsste er am Ende das ganze Haus alleine fegen. Aber ein kurzer Blick zu Kiwi überzeugte das Maskottchen, dass es jetzt vielleicht an der Zeit war, Emil zu suchen und auch zu finden. Nicht, dass das Reiszweckenmonster es ihnen leicht gemacht hätte – sogar eine so geniale Katze wie Kiwi brauchte ausnahmsweise eine überraschend lange Zeit, ehe sie Emil unter Jacks Bett fand. Denn wie sich hinterher herausstellte, hatte Emil Angst vor rot leuchtenden Feuerwerkskörper – aber nur vor roten – und hatte sich in Silvesterpanik unter dem Bett versteckt, mit vollem Einsatz seiner Monster-Ninja-Kräfte, um ja nicht gefunden zu werden. Aber Emils Angst hatte auch ihr Gutes: Denn als das total verschüchterte Import-Monster unter dem Bett hervorgezogen wurde, sah es so knuffig aus, dass niemand Lenn und Kiwi ernsthaft böse sein konnte. Eher lachten sie alle, Abranka eingeschlossen, über die Früchte, die der Monsterwahn der Bandmuse im Oktober getragen hatte und wie nicht anders zu erwarten gewesen war, gab es auch gleich ein paar Stimmen, die den Wunsch äußerten Emil behalten zu können... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)