Tell me the best way I could kill you & Back to reality von abgemeldet (~ Yu Kanda x Tyki Mikk~) ================================================================================ Kapitel 13: ~3~ --------------- Dunkel war es geworden. Schwer wallte die Finsternis, ließ nichts Lebendiges zurückbleiben. Die Stille war ihr in ihrer Schwärze ein angenehmer Gefährte und dumpf offenbarte sie sich in ihrem stickigen Gewicht. Schwerer, als jede Last, undurchsichtiger als der düsterste Schacht. Trübe betrachteten sich die dunklen Augen die tiefen Schatten, während sich die Ohren in völliger Geräuschlosigkeit entspannten. Regungslos ein jeder Muskel, ausgestreckt der Körper, als er dort lag und der matte Schein des Mondes das weiße Laken erleuchtete. Geschmeidig schlängelte sich das lange Haar über den Stoff, als er das Gesicht wandte, sich seine Brust an einem tiefen Atemzug labte. Die Lippen öffneten sich einen Spalt, leise strich der Atem über sie hinweg und flüchtig zuckten die Finger der einen Hand, versenkten sich in der dünnen Decke, die ihn wärmte. Selbst die Lider regten sich unter der Bewegung der Pupillen. Es war schön hier… hier gab es nichts und weiterhin blickte er um sich, spürte die Wärme zu seinen Füßen. Spürte sie in jeder Faser seines Körpers, den sie zu durchfluten schien. Keine Zeit… hier war es immer dunkel und still… und abgeschieden. Kein Geruch… keine Kälte, keine Einflüsse, die Existenz bewiesen. Die Wirklichkeit lag woanders und abermals schöpfte er tiefen Atem, bevor sich sein Körper unter der Decke zu regen begann, sich matt zur Seite drehte und dort sofort die alte Bequemlichkeit fand. Neckend streifte eine lange Strähne seine geschlossenen Augen, drang in kein Bewusstsein. Trunken bewegte er sich in seiner Welt, einem nicht existenten Pfad folgend, ohne Ziel und Sinn. Kein Weg zu seinen Füßen, kein Himmel über ihm, auch kein weit entfernter Horizont, dem er entgegenstrebte. Taub und blind setzte er einen Fuß vor den anderen und entfernte sich von seinem Punkt. Keinen anderen schien es hier zu geben und doch unzählige von ihnen, die weiterführten und viel versprachen. Mit jedem Schritt, mit jeder Bewegung näherte er sich anderen Gefilden. Bislang noch dunkel und rätselhaft, stellten sie alles dar, wonach er sich verzehrte. Etwas Anderes, etwas Zukünftiges, das die Vergangenheit verbannte und fern hielt, offen blieb für das Neue, für das Gute. Irgendwo… in dieser Finsternis. Irgendwo. Doch er war alleine hier. Ohne Druck, ohne Hast, ohne zu flüchten. Und es ging weiter… das tat es immer. Irgendwie. Allein seine Gedanken teilten seinen Weg. Die Welt, die in ihm lebte, mit all ihren Erschütterungen, mit all ihren Schäden. ‚Hier gibt es nichts’, sagte man ihm. Nichts, das schmerzt. Nichts, das bekämpft werden muss. Und es war viel Zeit vergangen, seit er sich dessen zuletzt bewusst gewesen war. Hier in seinen Mauern, in die kein Feind zu dringen vermochte. Langsam hob er die Arme. Weit streckte er sie von sich, durchstreifte mit den Händen das Nichts, tat weitere Schritte, schloss die Augen. Ein Kampf war ausgefochten… ein Sieg errungen. Und wie leicht fühlte er sich in diesen Augenblicken und mit diesem Wissen. Wie gut mit der Gewissheit der Vergeltung, mit der Sicherheit, die öffentliche Welt nicht mehr mit einem anderen teilen zu müssen. Nun war er dort allein, nicht weniger, als auch hier. Still lebten diese Gedanken in ihm auf, warm umfing ihn der Schleier der Tatsachen und seine Arme senkten sich, während sich ein Fuß noch immer vor den Anderen setzte. Es gab noch Gerechtigkeit auf dieser Welt. Seine persönliche Gerechtigkeit, die er andere spüren ließ. Andere, wie auch diesen Einen. Schuld musste beglichen, Wunden geschlossen werden. Es war alles eins. Seine Lider hoben sich und die dunklen Pupillen schienen mit der Finsternis zu verschmelzen, als sie zum Vorschein kamen, zur Seite drifteten und kein Ziel fanden. Doch etwas anderes… und seine Schritte verlangsamten sich, bis er bedächtig zum Stehen kam. Es hatte gut getan… er erinnerte sich und langsam senkte sich sein Gesicht, sowie seine Augen zu seinem bestimmten Punkt hinab. Gestein erstreckte sich unter seinen nackten Füßen. Es wirkte scharf, kantig, ließ sich jedoch nicht spüren und er verharrte reglos, starrte hinab in den Abgrund, der sich vor ihm erstreckte. Wie eine Schlucht, die weit hinabführte und bis an einen Punkt, wie es einen Tieferen nicht geben könnte. Keinen kälteren finsteren Ort, kein Schrecken, der diesem gleichkam. Und er stand hier oben. Er stand sicher und ruhig, spürte die klirrende Kälte, die zu ihm hinaufzog, seinen Körper unberührt ließ, kaum auf sich aufmerksam machte. Teilnahmslos widerstand ihr der junge Leib, während die Pupillen die Düsternis durchforsteten… und fündig wurden. Dort unten lag er… weit entfernt. Der Körper jenes Mannes, zertrümmert und leblos. Zerschlissen der edle Stoff des Fracks, verschmutzt die weißen Handschuhe, wirr das einst gepflegte, lockige Haar. Das Gesicht des jungen Mannes wies keine Regung auf. Entspannt blieb ein jeder Zug, als er seine Position auskostete, hinunterspähte zur Vergangenheit, die er mit eigenen Kräften hinabgeschmettert hatte. Die Strähnen seines Haares erhoben sich unter einer weiteren Böe, kitzelnd glitten sie über das apathische Gesicht. Er hatte ihn getötet… jedes Versprechen gehalten, das er sich selbst gab. Und es war gut gewesen. Er hob die Hand, zielstrebig streckte sie sich über die Tiefe, regte sie im kalten Zug. Die Gerechtigkeit hatte ihn an diesen hohen Ort geführt. Hierher, wo er nicht fror, wo er nicht litt und sich ‚Unbeteiligter’ nennen durfte. Hier… wo er lebte. Die Finger spreizten sich, vollends reckte sich der Arm nach vorn und knirschend löste sich das poröse Gestein unter seinen Füßen. ‚Du hast ihn getötet’, trug der Wind eine schemenhafte Stimme mit sich. Es war die Eigene, die er wiedererkannte. ‚Du hast ihn getötet und du lebst. Das ist Gerechtigkeit.’ Gerechtigkeit, die Glück schuf… Zufriedenheit zurückbrachte. Er fühlte sich gut… durch den Tod eines Anderen. ‚Du weißt, was er getan hat.’ Abermals rauschte diese Stimme in seinen Ohren, ließ ihn blinzeln. ‚Du weißt, was er DIR angetan… wie er dich verhöhnt, erniedrigt und gepeinigt hat.’ Ja… Und die dunklen Augen lösten sich von jedem Punkt, richteten sich auf die Finger, die sich krümmten, auf die Hand, die sich ballte. Nur leicht. Er schluckte. Die trockene Luft hatte in seinem Hals gebrannt, der dichte Staub sich in seine Augen gesetzt. Seine Knie waren müde gewesen, an jenem Tag, als er die Einöde hinter sich ließ, jene Gebäude erblickte… die Stadt erkannte, die unbewohnt und doch sein Schutz sein würde. Eine warme Böe erfasste ihn, unterdrückte die Kälte der Schlucht, umfing ihn rau und er starrte auf die Fetzen der Erinnerungen, die an ihm vorbeidrifteten. Wie ein Gemälde… dieser Marktplatz. Abwesend tastete seine Hand nach dem Bild, versuchte es zu erreichen und streckte sich doch nur in die Leere. ‚Tyki heiße ich.’ Geisterhaft umspielte ihn der Klang der bekannten Stimme. Nur sanft erhob sie sich, leise, verbunden mit einem Schmunzeln und er drehte sich um, blickte zurück und auf die Gestalt, die sich im staubigen Treiben der Illusion manifestierte. Riesenhaft erhob sie sich, ließ ihn hinaufstarren und reglos verharren. Vergangenheit… es waren nichts als Erinnerungen… In dieser sicheren Welt…? Bröckelnd löste sich weiteres Gestein unter seinen Füßen, rieselte hinab in die Schlucht und hinunter zu jenem leblosen Leib. Die Tiefe im Rücken, richtete er sich stockend auf. Irritation befiel seine Züge, lästig machten die wirren Strähnen auf sich aufmerksam und rasch streifte er sie zurück, öffnete wortlos den Mund. ‚Ich bin ein normaler Reisender und führe nichts Schlimmes im Schilde.’ Die Hand der Erscheinung löste sich vom schwarzen Zylinder. Gemächlich sank sie hinab und doch erwachte ein Windstoß unter ihr zum Leben, unter dem der junge Mann nach Atem rang. Schützend hob er den Arm vor das Gesicht, dumpf rauschte die Böe in seinen Ohren, drängte ihn um einen Schritt zurück. Und vor ihm jene behäbigen Bewegungen… in welchen er den Sitz der Handschuhe überprüfte, den Kragen des Anzuges richtete… den Kopf schief legte und unter den verspielten Locken grinste. ‚Weißt du, ich mag mir eigentlich gar keine Zeit für dich nehmen. Also mache ich dir einen Vorschlag. Du steckst das Messer weg, gehst nach Hause und darfst erzählen, dass du mich richtig übel zugerichtet hast. Und dann haben wir beide etwas davon.’ Die weißen gepflegten Zähne präsentierten sich, als sich das Grinsen charmant vertiefte. Ein Seufzen kam über die dunklen Lippen und dumpf lebte ein Grollen in der tiefen Finsternis der Schlucht auf. Gleich eines Gewitters wucherte es empor und schallend entrann dem jungen Mann ein Keuchen, als er herumfuhr, als seine Füße hastig nach Halt suchten und er etwas hinabschlitterte, bevor er ihn fand. Fahrig schlugen sich seine Finger in das Gestein, Schmerz lebte in ihm auf, als es sich in seine Haut fraß und ohrenbetäubend erreichte ihn das Grollen erneut. Von dort unten… als ob dort das Leben wieder auferstand…! Es war Trug… nicht die Wahrheit, keine Tatsache…! Hier in seiner Welt widerfuhr ihm nichts, das ihm Angst bereitete! Nichts, das eine kalte Gänsehaut über seinen Rücken jagte! Hier war er es, der vor Schluchten stand! Er, der triumphierte! Der gewann!! Kälte… sie umfing ihn, wie noch nie zuvor… Doch hier empfand er nichts, das ihm schadete?! Sein Atem fiel geräuschvoll und gehetzt, stieß über die Lippen, die unter einer plötzlichen Trockenheit brannten. Konfus sicherte er seinen Halt, starrte hinab zum Abgrund unter seinen Füßen. Seine Hände umklammerten das Gestein fester und ächzend schloss er die Augen, schüttelte den Kopf unter den Wahnvorstellungen. Hier konnte man ihn nicht erreichen! Hier war er sicher! Das war er doch…?! ‚Lass uns spielen.’ Nur leise erhob sich dieses Flüstern. Augenblicklich schien das Grollen seinen Klang zu verschlucken und doch erreichten ihn die Worte, als streiften die grinsenden Lippen geradewegs sein Ohr… Der Atem versagte ihm… gnadenlos verstärkte sich sein Griff in das Gestein, als er in die Höhe fuhr, sich, vom blanken Grauen gepackt, erneut jenem Anblick ergab. Starr glänzten seine Pupillen in den geweiteten Augen, ein Schauer überkam ihn und sein Unterkiefer erbebte unter einem jähen Entsetzen. Jene Gestalt… jene Silhouette des Mannes…! Soeben noch ruhig und behäbig, lebte sie zuckend auf! Ein dumpfes Knacken, unter welchem sie in die Höhe fuhr und wie ein Blitz selbst auf ihn zuschoss. Wie ein Schatten hinweg über den rauen Boden, die Hände weit nach vorn streckend… und krachend erhob sich ohrenbetäubender Lärm, in dem der gellende Aufschrei des jungen Mannes augenblicklich versiegte. Die Hände hatten sich abgestoßen, in kopfloser Panik den Halt aufgegeben, sowie ihn die Füße auch verloren. Er wich zurück, in fieberhafter Flucht vor dem Schatten, der zischend über ihn hinweg schoss, als er fiel, als er stürzte. Ungebremst hinab in die Finsternis der Schlucht und der Atem versiegte in der trockenen Lunge, als er aufschlug. Ein hohles Knacken durchfuhr seinen Körper… als würde ein jeder Knochen bersten, ein jeder Muskel reißen und gepeinigt regte er sich auf dem weichen Untergrund. Kein Gestein hatte sich in seinen Rücken gefressen… das Hindernis hatte etwas nachgegeben und plötzlicher Schweiß glänzte auf der Stirn des Mannes, als seine Fersen den Boden fanden, sich hineinstemmten, um sich Bewegung zu ermöglichen. Erdrückend lastete die Finsternis über ihm. Wie ein wolkenloser Nachthimmel, vor dem selbst die Sterne in angsterfüllter Ehrfurcht verblassten. Weit schien er gestürzt… die Schlucht schien eine einzige Ebene, ohne dass er über sich einen Hang erblickte und erstickt röchelte er unter dem Druck in seinem Körper, ächzte unter dem schrillen Fiepen in seinem Kopf, das ihn nahe um den Verstand brachte. Was geschah…?! Wo war er?! Eine fremde Regung riss ihn aus der Erschütterung, ließ ihn fahrig das Gesicht wenden, sich den Boden betrachten. Und ein jeder Glauben wurde seinem Gesicht entrissen, als sich stockend der Körper unter ihm regte. Die verschmutzten Handschuhe… zuckend versenkten sich die Finger im trockenen Gestein, wirr bewegten sich auch die schwarzen Locken durch den Staub, als sich der Kopf drehte und entsetzt schrie der junge Mann auf, als er seinen Körper zur verzweifelten Flucht trieb. Die Bewegungen fielen schwer, panisch kämpfte er sich von dem Leib, schlug auf spitzem Gestein auf, schob sich zurück und erbebte unter dem Anblick des Schattens, der vor ihm in die Höhe schoss. Kein weiterer Laut wollte ihm entrinnen, als der Mann in die Höhe schoss und sich ihm ein leichenähnliches Gesicht darbot. Geweitete Augen, in denen die hellen Pupillen zuckten, während das Blut zwischen den Lippen hervorquoll, sich düster in den weißen Kragen des Hemdes fraß. Blut… es war überall… getränkt damit waren auch die Handschuhe… der Körper, der sich, zur Hälfte zerteilt, über ihn neigte. Quietschend und erstickt erhob sich der Atem des Noah, sprudelnd schoss weiteres Blut hervor, sowie auch die Hände, die sich um die Handgelenke des Jüngeren schlugen. ‚Lass uns spielen’, erhob sich die gurgelnde Stimme, brachte einen weiteren Blutschwall über die breit grinsenden Lippen, als sich die Griffe schmerzhaft verstärkten. Das Herz schien aus der Brust des Jüngeren springen zu wollen. Selbst die pulsierende Wärme des eigenen Körpers schien sich davongestohlen zu haben, als er erstickt nach Atem rang, starr und gelähmt zu Boden gerungen wurde. Keine Gegenwehr… alles in ihm schien zu sterben bei der Furcht, die er empfand, als sich der schwere Leib auf ihn sinken ließ, das fremde heiße Blut über seine Haut perlte, sich wie Gift in ihn zu fressen schien! Bebend waren die Lippen zu keinem Ton imstande, geweitet ließen die Augen ein jedes Brennen unbeachtet und knackend legten sich die Arme des Toten um ihn, schlossen ihn in eine eiserne Umarmung. „Du duftest nach Blut.“ Warm besudelte dieses auch das Ohr des jungen Mannes, als die Lippen zu diesem fanden, die blutigen Zähne lieblos danach bissen. Ein Zucken durchfuhr den jungen Mann, stockend krümmten sich die Finger, als er zu schreien versuchte. Als er gegen die versteinerte Hülle ankämpfte. Schon einmal hatte er sich nicht wehren können…! Schon einmal war er unterlegen!! Und er tat es abermals, als sich der blutende Körper auf ihm zu regen begann. Die Augen starr nach oben und an den Locken vorbei gerichtet, das Gesicht kreidebleich, suchte er nach der Sicherheit seiner persönlichen Welt… nach der Gewissheit… dass all das hier nicht existierte…! Das all das nicht wirklich geschah!! Und wie der Hohn selbst, fraß sich ein Schmerz in seinen Körper, bis tief in sein Inneres, ohne, dass er es kommen sah. Eine Pein, die er erlebt… die ihn erschüttert hatte bis hin zu jedem kleinsten Fragment seiner Festigkeit. Und er hatte es vergessen… das Gefühl… hatte es sich verwehrt, daran zu denken!! Und lautlos riss sich sein Mund auf, stumm schrie er den Schmerz hinaus, der das erträgliche Maß bei weitem überstieg. Genauso gelähmt war er gewesen… genauso wehrlos… Es tat zu weh… es tat so abgöttisch weh und wie vernagelt blieb die Pein in ihm stecken. Es war zuviel… zuviel… er erstickte… und dröhnend überkam ihn plötzliche Dunkelheit. Das zitternde Bild vor seinen Augen verblasste und ein heftiger Schwindel riss ihn mit sich, hinaus aus den Händen des Peinigers und an einen Ort, an welchem sein Körper kapitulierte. Hart war das Gestein unter seinen Knien, als er sich auf sie stemmte, als sich sein Magen beißend verzerrte und er sich übergab. Eine nur zu bekannte Begebenheit, in welcher er dort kauerte, sich auf die bebenden Arme stemmte, würgte und röchelte… während die Schatten der verlassenen steinernen Häuser um ihn aufragten und bekannter Schmerz jede Faser seines Körper durchtobte. Nass haftete das Haar auf seiner Stirn, verkrampft behielt er die Augen geschlossen, als seine Schultern unter einem erneuten Würgen erbebten und er gleichsam vor Schmerz ächzte, als er sich abermals übergab. Die Finger versenkten sich im staubigen Kies, kühl umfing die kalte Nacht den nackten Körper und kaum drang das Knirschen an seine blutenden Ohren, als sich die abgenutzten Sohlen lederner Schuhe schlürfend über den Kies hinwegbewegten. Ein Schatten neigte sich über den zitternden Körper, still baute sich eine Gestalt vor ihm auf und gequält umklammerte der junge Mann seinen Bauch, beugte sich hinab, stemmte den Ellbogen in das Gestein und rang um den letztmöglichen Halt. Direkt vor ihm ragte jene Person auf und glänzend spiegelten sich die dicken Gläser der Brille im Mondlicht wider, als der Mann den Kopf schief legte. Die sich hebenden Augenbrauen verrieten eine gewisse Irritation. ‚Was schaust du so böse?’, erkundigte er sich daraufhin und augenblicklich verharrte der junge Mann zu seinen Füßen still. Verkrampft in sich selbst verkrochen, starrte er hinab auf den dunklen Kies und stockend auf zu den abgenutzten Schuhen, die vor ihm standen. Eiskalte Fassungslosigkeit glänzte in seinen Augen, als sich der Minenarbeiter vor ihn sinken ließ, bequem vor ihm kniete und ihn sich aufmerksam betrachtete. Doch zu einer weiteren Regung war der junge Mann nicht imstande… nicht einmal die leiseste Gegenwehr, als der Ältere die Hand hob, sich sein rauer Zeigefinger unter sein Kinn legte, sein Gesicht anhob. Ergeben ergab sich der Körper diesem Zwang und atemlos starrte der junge Mann in das Gesicht des Anderen… auf die undurchlässigen, dicken Brillengläser, auf das wirre Haar… und auf die Lippen, auf denen das Schmunzeln verblasste, als er ihn sich so betrachtete. Abermals schien die Irritation ihn einzuholen und er schnappte nach Luft. ‚Hey!’, stieß er ungläubig aus, ‚du siehst ja aus, wie eine Frau!’ Weiterhin hielt er das junge Gesicht zu sich erhoben, fand zu dem alten Grinsen zurück, als dieses starr und erschüttert verharrte, sich die Finger verkrampft in den Bauch drängten. ‚Du solltest etwas lockerer werden!’ Unter einem belustigten Lachen holte der Mann aus, hart traf seine Hand die Schulter des Jüngeren und haltlos stürzte dieser zur Seite, blieb im Staub des Bodens liegen, ächzte und röchelte. Wirr verdeckte das Haar sein bleiches Gesicht, gnadenlos zog ihm die Kälte des Gesteins entgegen, als er kaum zu einer weiteren Regung fähig war und die verletzte Schulter unter dem Hieb schmerzhaft pulsierte. Nur flüchtig und trübe durchstreiften die dunklen Augen die Umgebung… den verlassenen Platz. Er war alleine hier… in dieser Stadt, an diesem Ort und eine kühle Böe zog über ihn hinweg, als er den Arm vom Bauch löste, etwaige Übelkeit unbeachtet ließ und verschwommen in die Dunkelheit hineinblinzelte. ‚Wie geht’s?’ Kaum folgte eine Reaktion auf diese ebenso bekannte Stimme. Lediglich ein trübes Blinzeln, ein benommenes Suchen der Augen nach der Gestalt, die sich vor ihm aufbaute. Annähernd grell war die Helligkeit des weißen Mantels und regungslos blieb er liegen. Wissend und nachdenklich blickte Komui auf ihn herab. ‚Gut? Mm… das beruhigt mich.’ Unter einem leisen Seufzen ließ er die Hände in den Taschen des weißen Mantels verschwinden, straffte die Schultern und ließ den Blick abschweifen. ‚Es beruhigt mich wirklich, weil ich nämlich daran zweifle.’ Abwesend blieben die dunklen Augen auf ihn gerichtet, verhangen und undeutlich sah er seinen Vorgesetzten vor sich, sah, wie er eine Hand aus den Taschen befreite, um sich den Nacken zu reiben. Und stockend bewegten sich die trockenen Lippen… und bekamen keinen Ton zustande. ‚Kanda’, fuhr Komui da fort, ließ die Hand sinken und gestikulierte flüchtig mit ihr. ‚Du weißt, dass ich dir vertraue und dass ich dein Können respektiere, nur gab es in der letzten Zeit so einige Geschehnisse, die mich mit ernsthafter Sorge erfüllen und ich weiß nicht genau, was wir jetzt tun sollen.“ Ein mattes Blinzeln verbarg die dunklen Pupillen flüchtig, betäubt regten sich die Finger des jungen Mannes und nur flüchtig stockten die Bewegungen der Lippen, als er eindringlich von oben gemustert wurde. Schweigsam blickte Komui ihn an, stemmte die Hände in die Hüften und beugte sich über ihn. ‚Kannst du deinen jetzigen Zustand denn richtig einschätzen?’ ‚Hattest du noch nie einen schlechten Tag?!’ Jäh und gellend erhob sich eine Stimme zur Antwort, ließ den jungen Mann zusammenzucken, während Komui sich nur aufrichtete. ‚Es war nur eine Anreihung von unvorteilhaften Geschehnissen und mein Können hat nicht gelitten! Meine Fähigkeiten haben nicht nachgelassen!‘ Flüchtig weiteten sich die Augen des jungen Mannes unter dieser Erinnerung. Sie suchten… richteten sich jedoch zurück auf Komui, dessen Gestalt allmählich verblasste, davongetragen wurde, als bestünde sie aus Sand. ‚Ich bin einer der besten Exorzisten!’, erhob sich die fahrige Stimme erneut und das Gesicht des jungen Mannes verzog sich gequält, als sie um ihn dröhnte. ‚Es reicht doch, wenn du mir nur einen Tag freigibst. Ich schlafe mich aus und…’ Die aufgebrachten Worte versiegten unter dem leisen Ächzen, welches sich jäh erhob. Es kam über die leicht geöffneten Lippen des jungen Mannes, als dieser die Augen geschlossen hielt, die Zähne aufeinander biss und das Gesicht zum Gestein hinab wendete. Die Hand ballte sich zur Faust, kitzelnd vergrub das Haar die bleiche Mimik unter sich, als er sich stockend auf den Bauch rollte, im Staub des kalten Bodens liegen blieb. Das hier war kein Sieg… Das hier war keine Zufriedenheit… Es war eine einzige Lüge, mit welcher er sich zu Sicherheit zwang…! Nicht das, was er sich wünschte! Nicht das, was er erreichen wollte! Nicht das, was er zu sein versuchte! Es war alles so… falsch… so trügerisch…!! ‚Was soll ich tun…?’, die eigene Tränenerstickte Stimme schallte in seinen Ohren und deutlich war auch die Erinnerung an jene Lichtung, auf der sich alles abspielte. Auf welcher er zusammenbrach… Auf welcher er etwaige Festigkeit verlor… Auf welcher er sich so zeigte, wie er war… wie er sich fühlte… mit all der Schwäche und Verzweiflung, die in ihm lebten. ‚… wann ist das endlich vorbei…?’ Er erkannte den Klang seiner Stimme nicht wieder… zitternd, erschöpft… und das vor den Augen eines Anderen. ‚Was soll ich noch… machen…?’ Ein Gesicht… Aus der Dunkelheit, die er seinen Augen schuf, erwachte ein seltsames Bild zum Leben, welches er sich starr betrachtete. Auch dieses kannte er… kannte es nur zu gut… Die schwarzen Locken wirkten wirr, mitgenommen von einem schweren Kampf, der vor kurzem sein Ende gefunden hatte. Die dunkle Haut, benetzt vom Dreck des Bodens, auf welchen er ihn oft gezwungen hatte. Er stand dort vor ihm und seine Lippen glänzten vor Blut, als sie sich zu einem seltsamen Lächeln verzogen. Für Reue war es zu spät… und doch gab es in diesem Ausdruck wirklich ein stilles Bedauern, in welchem er den Kopf neigte, sich seinem Schicksal ergab. ‚Mein Fehler…’ Ein leises Ächzen brach sich an den steinernen Wänden, als sich der junge Mann zu regen begann. Nur stockend und ziellos hoben sich die Hände, zermürbt wälzte er sich zurück auf die Seite und laut zitterte sein Atem in der stillen Dunkelheit des Zimmers. Schweiß glänzte auf dem Gesicht, welches sich im Kissen vergrub und während er in dieses keuchte, machte sich sein Leib bereits daran, zur alten Beweglichkeit zurückzufinden. Die Hände tasteten über die Matratze hinweg, rasch fand die eine die Kante des Bettes und schwer atmend richtete er sich auf. Nur um ein Stück und ausreichend genug, um sich zu jener Kante zu ziehen. Sein gesamter Körper badete im Schweiß, als er sich aus dem Bett schob, die Füße auf den steinernen Boden setzte und doch keine Anstalten machte, sich zu erheben. Kraftlos folgte der Körper den Füßen und letztendlich schob er sich lediglich ins Freie, ließ sich neben das Bett sinken und verharrte dort. Die Decke hatte sich in seinen Beinen verfangen, war mit hinunter gezogen wurden und blieb unbeachtet, während sich Kanda in die Matratze klammerte, ebenso das Gesicht auf sie presste und mit tiefen röchelnden Atemzügen um Fassung rang. *tbc* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)