Babydoom von Nurja (Eltern wider Willen) ================================================================================ Kapitel 8: Behind Blue Eyes --------------------------- A/N: Nicht erschrecken, nicht den Arzt anrufen, ihr habt keine Halluzination und es ist auch nicht der Weltuntergang. Nur ein neues Kapitel ^^; Einerseits gefällt es mir, andererseits ist da irgendetwas, das mich stört... Ich kann nur nicht mit dem Finger draufzeigen. Aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem :) Warnungen: OOC, Soap-Drama, Ausschweifungen... ------------------------------------------------------------------------------- Zum zweiten Mal an diesem Tag stehe ich nun hier, vor seiner Tür und weiß nicht, was ich machen soll. Anklopfen? Einfach reingehen? Warten? Immerhin ist gerade diese Asuka bei ihm. Mokuba hat gesagt, die Beiden würden an irgendeinem Projekt arbeiten, aber was weiß er schon. Er ist schließlich erst dreizehn. Woher will er also wissen, dass sein großer Bruder das Mädel nicht gerade auf seinem Schreibtisch flachlegt? Ich schüttele mich. Ganz schnell an etwas Anderes denken! Doch kann ich mich nicht beherrschen und lege ein Ohr an die Tür. Gedämpfte Stimmen, aber es hört sich nicht an, als würden sie das machen. Allerdings kann ich auch nicht verstehen, worüber sie sprechen. Beziehungsweise, worüber sie spricht, denn im Moment höre ich nur Asukas Stimme. Schade eigentlich. Ich wüsste schon gern, ob ich mir in nächster Zeit einen Smoking besorgen muss. Nicht, dass er mich je zu seiner Hochzeit einladen würde. Nicht, dass ich kommen würde. Plötzlich ertönt ein ohrenbetäubendes Kreischen. Kane ist also wieder erwacht. Ich trete einen Schritt zurück, will gerade die Tür öffnen, als selbige mir schwungvoll entgegenkommt. Unsanft lande ich auf dem Hosenboden und reibe mir im nächsten Moment meine schmerzende Nase. "Oh, da bist du ja", höre ich über mir. Dort steht Asuka und mustert mich mit sorgevollem Blick, bevor sie mir ihre Hand hinhält. "Tut mir leid, hast du dir weh getan?" Ich ergreife ihre Hand und rappele mich auf. "Ach was, sowas kann ich ab!", winke ich ab, doch muss ich zugeben, dass so eine massive Holztür um einiges härter (und schmerzhafter!) ist als eine Faust. Aua... Jetzt, da ich direkt vor ihr stehe, fällt mir auf, dass sie gar nicht so jung ist, wie ich vorhin dachte. Sie sieht nicht direkt alt aus, aber auch nicht mehr wie 20. Vielleicht kommt das auch nur durch das Licht, beziehungsweise dessen Abwesenheit, denn es ist schon relativ dunkel. Ich sollte sie einfach mal fragen. ... Oder besser doch nicht, eine Frau fragt man schließlich weder nach Alter noch nach Gewicht, wie ich früher bereits schmerzlich feststellen musste. Mai hat mir auf jede dieser Fragen als Antwort eine gescheuert... "Seto-sama wünscht, dass..." "Ich hör schon, unser kleiner Fratz verlangt nach Aufmerksamkeit." Sie nickt und schenkt mir ein wirklich bezauberndes Lächeln, bevor sie sich umdreht und die Treppe runter eilt. Kurz sehe ich ihr nach, frage mich, was sie hier macht und in welcher Beziehung sie zu Kaiba steht. Ist sie wirklich nur seine Sekretärin? Sie macht eigentlich nicht einen solchen Eindruck auf mich. Und wieso sollte sie dann ausgerechnet bei Kaiba arbeiten? Es gibt doch bestimmt massenhaft Chefs, die netter sind und die sie nicht bis acht Uhr beschäftigen... Wieder kommt mir der Gedanke, dass sie was mit Kaiba hat, seine Freundin ist. Wer weiß, vielleicht hat er Mokuba nur gesagt, sie sei seine Sekretärin, weil... warum auch immer. Aber jeder Mensch hat doch Geheimnisse. Ich schüttele den Kopf. Warum mache ich mir überhaupt Gedanken darüber? Ist doch seine Sache. Jetzt ist erstmal wichtig, dass ich mir meine Note in Sozialkunde nicht versaue. Als ich das Zimmer betrete fällt mir zuerst eine Sache auf: Es ist dunkel. Ehe ich allerdings auch nur daran denken kann, nach dem Lichtschalter zu suchen, ertönt eine Stimme. "Stell es ab." Erschrocken zucke ich kurz zusammen, hatte ich doch nicht damit gerechnet. War das Kaiba? Ich meine, natürlich war er es, wer auch sonst, aber... Er klang so tonlos. Ich wende mich in die Richtung, aus der seine Stimme kam. Dort liegt er auf dem Bett, nur beleuchtet von dem schwachen Licht, das durch die großen Fenster fällt, auf dem Rücken, Arme und Beine von sich gestreckt und starrt ausdruckslos an die Decke. Ganz ehrlich; Er sieht scheiße aus. Und das ist noch nett ausgedrückt. "Kaiba, was...?" "Stell es ab." Ich schlucke einen bissigen Kommentar herunter, denn so, wie er im Moment aussieht und klingt, kann er das am wenigstens gebrauchen. Er macht mich nervös, unsicher. Ihn so zu sehen, wie er so elend daliegt. Dass er es zulässt, dass ich ihn so sehe. Es wirkt so irreal, so un-Kaiba. So... Verletzlich. Es macht mir fast Angst. Was ist nur mit ihm los? Aber darüber kann ich mir auch später Sorgen... Ich meine, Gedanken machen, erstmal gilt es, die Geräuschquelle, auch bekannt unter dem schönen Namen Kane, zu lokalisieren. Also taste ich mich vorsichtig in die Richtung, aus der das Kreischen kommt. Mir fällt ein, dass er noch auf dem Schreibtisch liegen müsste und siehe da, wenige Augenblicke später habe ich ihn gefunden und mit dem Armband zum Schweigen gebracht. Meine Augen gewöhnen sich langsam an das spärliche Licht und ich kann die Utensilien für die Puppe schnell ausfindig machen. Aber was jetzt? Die Windel war ja vorhin erst, also versuche ich es zunächst mit der Flasche. Nun, man kann nicht behaupten, dass das nichts bewirkt. Allerdings bewirkt es das genaue Gegenteil von dem, was ich eigentlich wollte. Klartext: Kane brüllt wieder. "Ich sagte: Stell es ab, und nicht: Mach es lauter." "Jaja, Moment..." Schnell bringe ich ihn mit dem Armband wieder zum Schweigen. Vielleicht doch die Windel? Bitte, lass es die Windel sein. Mir ist gerade irgendwie nicht danach, die Puppe die ganze Zeit auf dem Arm zu halten und ihr über den Bauch zu streicheln. Vorsichtig, als wäre es ein echtes Baby, wechsele ich die Windel und halte den Atem an. Nur um ihn Sekunden später in Form eines frustrierten Seufzers wieder auszustoßen. Also doch kuscheln, ich hatte es befürchtet. Ein Glück – für Kane –, dass ich ein Kuscheltyp bin. So nehme ich den kleinen Polypropylen-Fratz (auch ich passe manchmal in Chemie auf...) in meine Arme und reibe das Armband eher lustlos an dessen Bauch. Tatsächlich gibt er recht zufriedene Laute von sich und ich lasse den Kopf hängen. Muss das sein? Jetzt? Ich würde ja Kaiba dazu... sagen wir, 'überreden' aber... Mit Kane auf dem Arm drehe ich mich um und sehe wieder rüber zum Bett. Er scheint sich keinen Millimeter gerührt zu haben. Nicht, dass er sonst rumhüpft wie ein tollwütiges Kuriboh, aber trotzdem. Es verunsichert mich einfach. Ich lege den Kopf schief und mustere ihn, nicht wissend, was ich tun oder sagen soll. Vorsichtig trete ich näher ans Bett, er scheint es nicht zu bemerken, als hätte er bereits vergessen, dass ich hier bin. "Kaiba...?", versuche ich zögerlich, seine Aufmerksamkeit auf mich zu lenken. Ohne Erfolg. Er wird doch nicht gestorben sein? Einfach so, puff!, aufgehört zu atmen? Ich schüttele den Kopf. Das ist lächerlich, schelte ich mich selbst. Gerade als ich ihn ein weiteres ansprechen will, höre ich hinter mir ein leises, sich schnell näherndes Tapsen und ehe ich reagieren kann, schießt zum wiederholten Mal eine kleine Fellkugel in meine Richtung. Diesmal bleibt Felix allerdings nicht vor mir stehen, sondern springt auf Kaibas Bett und leckt ihm enthusiastisch das Gesicht ab. Der blinzelt überrascht, bevor er hastig aufspringt und sich das, nun ziemlich nasse, Gesicht fluchend abwischt. Ich kann mir ein – zugegeben auch erleichtertes – Lachen nicht verkneifen, bin ich doch irgendwo froh, dass der hyperaktive Welpe ihn endlich aus seiner Lethargie gerissen hat. Da stört es mich auch nicht großartig, dass er mir mal wieder einer seiner berühmt-berüchtigten Deathglares schenkt. Nach einem kurzen Räuspern sehe ich ihn an. Einige Momente sehen wir uns einfach nur in die Augen, ich fragend, er desinteressiert. Ich will, nein, ich muss wissen, was eben mit ihm los war. Aber glaubt bloß nicht, er würde es mir freiwillig erzählen. Er doch nicht. Ist immerhin ein Kaiba. "Was ist? Habe ich etwas auf der Nase?", fragt er in seinem typischen überheblichen Tonfall, während es sich Felix auf seinem Schoß bequem gemacht hat. Abwesend streichelt er ihm übers Fell, während er mich weiterhin mit seinem Blick taxiert. "Kaiba..." Sein Name. Ist doch schon mal ein guter Anfang. Weiter so, Katsuya! "Was..." Gut so, gleich hast du es geschafft! Nur noch ein paar Worte dranhängen. ... Sei doch mal still, du blödes Hirn! "Was war eben los?" Endlich ist die Frage raus und ich sehe ihn wie gebannt an, warte auf eine Antwort. Er muss mich doch soweit kennen, als dass er weiß, dass ich nicht locker lasse, dass ich jetzt eine klare Antwort will. Doch... "Was meinst du?" Also noch mehr nachbohren, gut, kann er haben. "Na, das eben! Wie du da eben auf dem Bett gelegen hast..." "Ich darf mich doch auch einmal entspannen, oder nicht?" Er hebt eine Augenbraue, als könnte er nicht fassen, was für dumme Fragen ich stelle. "Entspannen?", echoe ich daher. "Entspannen sieht anders aus! Du sahst aus wie... wie... warte..." Ich schnuppere kurz, kann aber nichts Verdächtiges riechen. Dennoch muss ich fragen. Und sei es nur, um ihn auf die Palme zu bringen. "Du kiffst doch nicht etwa?" Das brachte wenigstens den gewünschten Erfolg, er starrt mich fassungslos – sogar mit offenem Mund, ha! – an. Augenrollend seufzt er und schüttelt den Kopf. Sehe ich da den Anflug eines Lächelns? "Auf was für Ideen du immer wieder kommst..." Er hebt Felix von seinem Schoß und setzt ihn neben sich aufs Bett, dieser gibt ein enttäuschtes Fiepen von sich, dann steht Kaiba auf und kommt auf mich zu. Direkt vor mir bleibt er stehen und ich hasse es, dass ich wieder leicht den Kopf heben muss, um ihm weiterhin in die Augen sehen zu können. Woher der plötzliche Drang, dies zu tun, kommt, weiß ich selber nicht. Es ist seltsam, manchmal starre ich ihn minutenlang an, frage mich, was er gerade denkt, fühlt. Was ihm durch den Kopf geht. Ob ihn wirklich alles so kalt lässt, wie er immer tut? Obwohl ich erst ein paar Stunden hier bin, denke ich doch, ich habe bereits mehr von dem echten Kaiba gesehen als bei jeder unser täglichen Auseinandersetzungen. Und irgendwie, irgendwo in meinem Inneren, habe ich den dringenden Wunsch, noch viel mehr zu erfahren, zu erfahren, wie er wirklich tickt. Vielleicht ist er ja in Wirklichkeit ein netter Typ. Jemand, der gerne ins Kino geht, Eis isst und... Schneemänner baut... Ich meine, jemand der sich die Zeit nimmt, mit seinem kleinen Bruder einen Schneemann zu bauen, kann doch kein so schlechter Mensch sein, oder? Ich schlucke. Jetzt stehen wir hier schon einige Momente und sehen uns einfach nur in die Augen. Langsam aber sicher wird mir das unangenehm. Immer mehr wirkt er auf mich wie ein lauerndes Raubtier, das auf eine günstige Gelegenheit wartet, sich auf sein Opfer zu stürzen und es zu zerreißen. Und doch... So er ich es auch will, ich kann den Blickkontakt einfach nicht unterbrechen. "Was starrst du mich so an, Hündchen?" Im Begriff, ihm zum wiederholten Male zu erklären, dass ich kein Hund bin, halte ich inne. Endlich weiß ich, was hier los ist, warum er mich nur ansieht. Unterwerfung. Wer zuerst wegsieht, unterwirft sich dem Anderen. Das habe ich mal in einer Tiersendung gesehen, in der es um Hundeerziehung ging. Bitte, ich wiederhole es noch einmal; Hunde-Erziehung. Meine Augen werden augenblicklich schmaler, als mich diese Erkenntnis trifft und er hebt zur Erwiderung eine Augenbraue. Gerade öffne ich den Mund, um ihm einmal mehr etwas nicht sehr Nettes zu entgegnen, da kommt er mir zuvor. "Es ist spät. Geh schlafen." 'Spät'? Es ist noch nicht einmal halb neun! Was ist daran denn spät? Mit diesen Worten geht er an mir vorbei zur Zimmertür. Angepisst schnappe ich nach Luft. Er kann doch nicht einfach...! Ruckartig drehe ich den Kopf in seine Richtung. "Kaibaaaah!" Die Hand bereits auf der Türklinke hält er inne und rührt sich nicht. Oh, wie er es hasst, wenn ich seinen Namen derart dehne. Die Quittung dafür bekomme ich sofort. Langsam, fast wie in Zeitlupe, wendet er mir sein Gesicht zu, sein Blick eiskalt. Innerlich wappne ich mich schon für die bissige Bemerkung, die nun folgen müsste, doch es kommt nichts. Er schüttelt nur kurz den Kopf, öffnet dann die Tür und geht hinaus. Verwirrt blinzelnd lege ich den Kopf schief und sehe ihm nach. Irgendetwas stimmt mit ihm ganz und gar nicht. Normalerweise hätte er mich mindestens einen räudigen Köter genannt und mir mit einer einstweiligen Verfügung gedroht, die es mir verbietet, seinen Namen je wieder so auszusprechen. Wie gesagt, mindestens. Aber jetzt... Nichts. Er erscheint mir irgendwie friedlicher, fast schon nett. Sagt man nicht immer, dass es einen verändert, Kinder zu bekommen? Vielleicht... Ach, das ist doch Blödsinn! Immerhin ist Kane nichts weiter als eine Puppe, wie er selbst mich ständig erinnert. Und diese Szene eben, wie er auf dem Bett lag... Seine Blicke... Dazu Mokubas Bemerkungen... Irgendetwas bildet sich in meinem Hinterkopf, versucht, sich zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Aber es ist wie mit einem Traum; Je angestrengter man versucht sich daran zu erinnern, desto mehr und mehr verblasst er. Ein mulmiges Gefühl breitet sich in mir aus. Es muss etwas mit mir zu tun haben, aber was? Okay, ich verstand mich schon immer recht gut darin, Kaiba aus dem Konzept zu bringen, jedoch nicht auf diese Art. Früher wurde er aggressiv, jetzt verhält er sich eher defensiv. Als würde er mir ausweichen. Wieder diese Frage; Warum? Was geht in ihm und seinem Leben vor, dass er sich plötzlich so verhält? Das gedämpfte Rauschen von Wasser reißt mich aus meinen Gedanken. Wasser? Da war doch was... Ach ja, Körperpflege. Mist, ich hab ja nicht mal eine Zahnbürste dabei! Aber Kaiba ist ja reich, der leiht mir bestimmt eine. ... Das habe ich nicht ernsthaft gerade gedacht, oder? Der und mir etwas leihen? Mir!? Da lachen ja die Hühner! Obwohl, wenn ich ihn genug nerve, könnte es klappen. Ganz behutsam lege ich Kane auf Kaibas Bett, damit der ja nicht wieder auf dumme Ideen kommt und losbrüllt. Ich warte kurz... Gut, alles ruhig, dann wollen wir mal. Aber erst auschecken, wo das Bad überhaupt ist. Jetzt, wo ich so darüber nachdenke, war ich schon lange nicht mehr für Königstiger. Uuuh, ich muss mal... Ich trete auf den Flur und lausche, woher das Wasserrauschen kommt. Aha, links. Nein, warte, rechts. Moment. Eindeutig links. So gehe ich den Gang entlang und meine Vermutung scheint sich zu bewahrheiten, denn das Rauschen wird lauter. Was sich nicht gerade angenehm auf meine Blase auswirkt. Ich bleibe stehen, hier muss es sein. Ohne großartig nachzudenken (da das, laut Kaiba, eh nicht zu meinen Stärken gehört) reiße ich die Tür auf. ...Und schließe sie direkt wieder, nachdem mich ein recht nackter Kaiba perplex angesehen hat. Verdammt, kann der nicht wie jeder normaler Mensch die Tür abschließen, wenn er duscht!? Oder sich wenigstens einen Duschvorgang zulegen!? Er ist doch so reich! "Ich hab nichts gesehen!", versichere ich ihm mit vor Hysterie quiekender Stimme. Was natürlich (leider!) nicht stimmt. Ich habe mehr gesehen als mir lieb ist, mehr als ich jemals sehen wollte. Nicht, dass ich jemals irgendetwas sehen wollte! Ich kann mich nicht einmal darüber freuen, dass ihm meinetwegen die Gesichtszüge entgleist sind. Das Wasserrauschen verstummt. Das heißt, er kommt jeden Augenblick raus. Was wiederum heißt, dass ich mich schleunigst vom Acker machen sollte, wenn ich nicht bald herausfinden will, ob es wirklich ein Leben nach dem Tod gibt. Aber... irgendwie kann ich mich nicht bewegen. Bin wie festgefroren. Und ich bekomme dieses Bild einfach nicht aus meinem Kopf. Dieses... Bild! Noch mehr als die Tatsache, Kaiba nackt zu sehen, schockt mich die Tatsache, dass es mich gar nicht so sehr schockt, wie es sollte. Zugegeben, ich bin nicht ganz so heterosexuell wie alle glauben, aber das hier ist etwas anderes. Hier geht es immerhin um Kaiba! Was braucht der eigentlich so lange? Kann er nicht endlich rauskommen und mich ankeifen, mich umbringen oder was auch immer? Ich will nicht mit meinen Gedanken allein sein, die nehmen sonst wieder so seltsame Richtungen. Wie hieß es doch gleich? 'Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst; es könnte in Erfüllung gehen'. Wie wahr. Denn in diesem Moment geht die Tür auf und ich verliere das Gleichgewicht, da ich mich an ihr angelehnt hatte. Ich kippe nach hinten und natürlich direkt in Kaibas Arme (was ist das hier, ein schlechter Film??). Beziehungsweise gegen seine Brust, der würde schließlich nicht einmal im Traum daran denken, mich aufzufangen. Das braucht er auch gar nicht, denn als hätte mich ein Stromschlag getroffen, springe ich zurück und bringe drei Meter Sicherheitsabstand zwischen uns. Leider geht das Ganze nicht ohne ein – total männliches! – Quieken von statten. Dass ich wie ein Reh im Scheinwerferlicht schaue, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen. Und er? Zeigt er wenigstens, dass auch ihm die ganze Sache zumindest ein klein wenig peinlich ist? Ist es ihm das überhaupt? So wie er dasteht, ganz lässig an den Türrahmen gelehnt, die Arme wie üblich verschränkt und mich mit dem gewohnt überlegenen Gesichtsausdruck angrinsend – wohl eher nicht. Verdammt sollst du sein, Kaiba! "Ich weiß ja, dass Götter früher mit größter Ehrfurcht betrachtet wurden, aber..." Verdammt, hörst du!? Wie ich es hasse, dass er den zweiten Teil des Satzes in der Luft hängen lässt. Moment, hat er sich gerade zu einem Gott erhobenen? Eigentlich sollte ich ihm ja dankbar sein, immerhin habe ich dank ihm meinen Schock endlich überwunden. "Du bist sowas von arrogant, Kaiba", knurre ich mit zusammengepressten Zähnen. Wenigstens weiß ich jetzt, wo diese Arroganz herkommt... Da hatte ich vorhin doch tatsächlich Unrecht. Und wie! Nein, aus! Nicht dran denken, bloß nicht dran denken. Aber es hilft nichts, ich habe immer noch dieses Bild im Kopf. Natürlich habe ich hingeguckt. Da hin. Jetzt guckt nicht so! Das würde doch jeder machen, wenn urplötzlich ein nackter Mann vor einem steht. Das geht doch ganz automatisch, kann man gar nichts gegen machen. Augen und... Intimbereich ziehen sich eben magnetisch an. Zu allem Überfluss merke ich, wie mein Gesicht bei diesen Gedanken anfängt, heiß zu werden. Das fehlt mir auch noch, vor ihm rot zu werden. Gerade da ich es doch war, der vorhin so großmäulig von dem Thema angefangen habe! (Gut, streng genommen war es ja Mokuba, aber ich musste es ja wie immer auf die Spitze treiben...) Um mir keine Blöße zu geben, stürme ich mit gesenktem Kopf an ihm vorbei ins Badezimmer. Jedenfalls habe ich das vor, doch er, ganz der Kontrollfreak der er ist, hält mich am Arm fest. "Wo willst du denn hin?" Ohne ihn anzusehen reiße ich mich los. "Ich muss mal", gebe ich unwirsch zurück. Stimmt ja auch! Als ich die Tür fester und lauter zuschlage als beabsichtigt (und den Schlüssel zweimal rumdrehe), kann ich sein überhebliches Grinsen förmlich spüren. Soll er doch denken, was er will. Ist schließlich ein freies Land!? Aber natürlich wurmt es mich. Ich will nicht, dass er denkt, ich zieh den Schwanz ein nur weil ich seinen gesehen habe! Na warte, Kaiba, das büßt du (auch wenn du eigentlich nichts dafür kannst...)!! Und zwar jetzt sofort, denn für den setz ich mich bestimmt nicht hin. HA! So verrichte ich also mein Geschäft und unterdrücke dabei doch den Drang, mal 'ganz aus Versehen' nach rechts und links auszuscheren. Ich bin eben doch ein sozialer Mensch, schließlich will ich nicht, dass das arme Hausmädchen meinen Kleinkrieg mit Kaiba ausbaden muss. Beim Händewaschen werfe ich einen kurzen Blick in den Spiegel, der mir verrät, dass ich immer noch ziemlich rot im Gesicht bin. Also kaltes Wasser ins Gesicht, kurz warten, abtrocknen, schon besser. Und vor allem nicht mehr daran denken. Als ich wieder in den Gang trete ist Kaiba weg. Nicht, dass ich erwartet hätte, dass er auf mich wartet. Ich bin sogar ein wenig erleichtert. Gerade als ich mich frage, wo ich eigentlich hinmuss (den Weg hab ich im Eifer des Gefechts glatt wieder vergessen – typisch), höre ich auch schon unseren kleinen Sonnenschein schreien. Wie süß von ihm, dass er mir den Weg weisen will. "Verdammt!", höre ich Kaiba fluchen und schon kommt er mir entgegen. "Da bist du ja. Stell das mal ab." Er deutet hinter sich in sein Zimmer und einen Moment frage ich mich ernsthaft, was er nur meinen könnte...? Ob es wohl das ohrenbetäubende Kreischen ist? "Mach's doch selbst, hast doch auch ein Armband", pflaume ich ihn trotzig an. Er hält sein Handgelenk, um welches ich das Armband gebunden habe, hoch und erwidert in einem gespielt bedauernd Tonfall: "Oooch, das habe ich zum Duschen abgemacht und im Badezimmer vergessen. Zu dumm." Er will spielen? Kann er haben. Ich mache wortlos auf dem Absatz kehrt und marschiere zurück ins Bad, entdecke nach kurzer Suche das Armband und gehe wieder zu ihm. "Da!", sage ich, schnappe mir sein Handgelenk und binde ihm das formschöne Stück Plastik wieder um, ein klein wenig fester als vielleicht nötig. Zugegeben, so fest, dass ihm in paar Minuten die Hand absterben wird. Ich gebe mich eben auch mit kleinen feinen Racheakten zufrieden. Er verzieht das Gesicht, nicht aus Schmerz – ein Kaiba kennt schließlich keinen Schmerz! – sondern aus Unmut, sagt aber nichts. Stattdessen dreht er sich rasch um und geht zurück ins Zimmer. Ich grinse. Na also, geht doch! Als ich hinter ihm sein Zimmer betrete, steht er, den Rücken zu mir gewandt, am Schreibtisch. Er tut es also tatsächlich, ich kann es ja kaum glauben. Ich werde also wirklich noch einmal in den Genuss kommen zu erleben, wie er sich um Kane kümmert. Er scheint es wohl endlich ernst zu nehmen, ohne Murren, ohne fiese Sprüche. Naja, immerhin geht es ja auch um seine Note! Obwohl ich mir kaum vorstellen kann, dass Kisaki-Sensei ihm, ausgerechnet ihm, Kaiba Seto, eine schlechte Note geben würde. Nicht ihm, nicht in einem Fach, von dem sie ganz genau weiß, dass es die meisten Schüler – und auch ein Großteil der Lehrer – als unnütz, lächerlich und Zeitverschwendung ansehen. Und vor allem nicht bei einem Baby-Projekt, das während der Projektwochen stattfindet. Denn aufgrund der katastrophalen Ausgänge der letzten Jahre sind wir nie benotet worden. Wofür denn auch? Was sollte denn benotet werden? Wer am weitesten kotzen kann? Oder am schönsten? Wer sich beim Dosensuppensammeln die meisten Zehen abgefroren hat? Es war einfach unmöglich. Deswegen kann ich es Kaiba auch nicht verdenken, dass er das Projekt nicht ernst nimmt. Wahrscheinlich denkt er, dass es auch dieses Jahr in einer Katastrophe endet. Ich nehme es ihm nicht einmal übel, denn ich bin der einzige Augenzeuge, der damals mitansehen musste, wie er sich übergibt. Ja, auch er hat dieses erniedrigende Schicksal erleiden müssen. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen und kann mich nicht einmal darüber lustig machen, dafür war es viel zu traumatisierend. Und ich selbst war ja auch nicht besser. Wäre ich einem anderen Partner zugeteilt worden, würde ich diese Baby-Sache auch längst nicht so ernst nehmen. Ich würde sie wahrscheinlich einfach in meinem Schrank unter einem Haufen Kissen deponieren und es aussitzen. Oder im nächsten Fluss versenken. Oder einfach meinem Partner Schrägstrich Partnerin aufs Auge drücken. Aber bei Kaiba ist eben alles anders. Ich liebe es nunmal, ihn auf die Palme zu bringen. Ihn wahnsinnig zu machen. Außerdem bin ich nicht sein Schoßhund! (Auch wenn er das gerne hätte.) Er soll nicht glauben, dass er das Projekt auf mich abwälzen kann. Und das hat er anscheinend auch endlich kapiert. Siehst du Kaiba, menschliches Miteinander ist viel einfacher und angenehmer, wenn man bereit ist, sich ein wenig entgeg--- Ich stocke, als er sich wieder zu mir umdreht. Denn was er da in der Hand hält, sind nicht etwa Flasche und Windel – es ist eine Packung Ohropax. Er will doch nicht... Er kann doch nicht... Doch, er kann. Und wie. Mit einem herablassenden Gesichtsausdruck holt er zwei Ohrenstöpsel heraus und steckt sie sich in die Ohren. Vergesst mein ganzes Gerede über sozial und so. Er ist und bleibt ein Arschloch! "Oh, Kaiba, du mieser, hinterlistiger, aufgeblasener Bastard!", grolle ich, doch er zeigt mir mit gespielt unschuldigem – pah! Der und unschuldig!? – Blick auf seine Ohren und zuckt mit den Schultern. 'Ich kann dich nicht hö~ren.' Er verschränkt die Arme und sieht mich abwartend und herausfordernd zugleich an. Ich muss den Impuls unterdrücken, mich auf ihn zu stürzen und zu erwürgen. Oder ihm mit Kane den Schädel einzuschlagen. Ich wende mich ab, denn wenn ich ihn noch länger ansehen muss, kann ich nicht garantieren, dass ich ihn nicht doch umbringe und die Leiche in seinem eigenen Vorgarten verscharre. Wütend beiße ich mir auf die Unterlippe, so fest, dass ich schon einen metallischen Geschmack im Mund habe. Aber das könnte mir im Moment nicht egaler sein. Wie ich diesen Kerl hasse! Ich bringe Kane zum Schweigen und gehe zum Schreibtisch. Kaiba geht einen Schritt zur Seite, ich sehe ihn nicht an und greife nach der Flasche. Als ich Kane damit 'füttere', gibt er zufriedene Schmatzlaute von sich. "Braves Hündchen." Ich kann sein überhebliches Grinsen geradezu hören. Meine Hand zittert als ich sie um die Flasche fast schmerzhaft verkrampfe. "Halt die Klappe", bringe ich hervor. "Wie bitte?" Ich fahre zu ihm herum und funkele ihn wütend an. "Du sollst die Klappe halten!" "Oha, wird das Hündchen jetzt bissig?" "Allerdings!" Er hebt eine Augenbraue, erwidert aber nichts, sondern nimmt die Ohrenstöpsel wieder raus und wirft sie in den Mülleimer. Das verstehe ich als Aufforderung, ihm all meine Wut und meinen Frust zu offenbaren. "Kannst du dich zur Abwechslung nicht mal wie ein Mensch benehmen? Nur mal ab und zu? Das ist gar nicht so schwer, weißt du? Nur hier und da mal ein nettes Wort, eine nette Geste! Du musst dich ja nicht komplett aufgeben! Wir haben dir mehr als genug Chancen gegeben! Wir waren immer bereit, deine Freunde zu sein und sind es noch! Aber du bist viel zu stur um...!" "Hündchen", unterbricht er mich, aber ich bin gerade viel zu sehr in Fahrt. "Ja! Ja, ich weiß, du bist ein superwichtiger Firmenboss und alles! Aber du bist auch ein Teenager" Du bist 17, verdammt! Mit 17 keinen einzigen Freund zu haben ist einfach... das ist..." Traurig? Deprimierend? Einsam? Unnatürlich? "Hündchen..." Er reibt sich mittlerweile die Nasenwurzel und etwas in seinem Ton lässt mich innehalten. Er klingt fast... bittend... "Ist dir schon einmal in den Sinn gekommen, dass ich mir keine Freunde leisten kann?" Ich atme ein, um etwas zu erwidern. Muss ich jetzt meinen ganzen Vortrag wiederholen? Doch bevor ich auch nur einen Ton herausbringen kann, kommt er mir zuvor. "Nein, nicht weil ich ein 'superwichtiger Firmenboss' bin, wie du so schön festgestellt hast. Nicht, weil ich zu beschäftigt bin – ob du es glaubst oder nicht, auch ich habe ab und an mal Freizeit –, nicht, weil ich nicht will. Sondern weil..." Er hält inne und fährt sich seufzend durch die Haare, sodass sie ein wenig unordentlich werden. Ich stelle immer wieder fest, wie viel besser ihm das steht. Es macht ihn so viel jünger. Oder eher... altersentsprechend. "...weil sie dann laufend in Gefahr wären." Gefahr...? Einen Moment runzele ich die Stirn, ehe meine Augen weit werden, als mich die Erkenntnis wie ein Faustschlag trifft. Fuck, daran hatte ich gar nicht gedacht. Natürlich! Diese ganzen Psychos, die ihm die letzten Jahre immer wieder ans Leder und an seine Firma wollten, was haben die denn als erstes gemacht? Sie haben Mokuba entführt, weil sie genau wussten, dass er der einzige Mensch ist, der Kaiba wirklich nahe steht und ihm etwas bedeutet. Hätte er Freunde, würde es denen wohl auch nicht viel besser ergehen. Das haben wir ja schon erlebt, wann immer wir ihm zur Hilfe eilten. Hat er sich deshalb immer so von uns distanziert? Um uns nicht in Gefahr zu bringen? Hat er uns deshalb immer auf Abstand gehalten, uns in einer Tour niedergemacht, weil er nicht wollte, dass man uns und ihn als Freunde ansieht? Damit uns... nichts passiert?? Meine Gedanken überschlagen sich. Das ist alles so abwegig, so un-Kaiba, und doch... ergibt das auf seltsame Art einen Sinn. Kaiba... hast du etwa doch... ein weiches Herz? Und da ist es wieder. Ein Stückchen 'Kaiba pur', ein Blick hinter seine Maske aus Eis. Das fühlt sich so intim an, dass ich rot werde. "...weil sie dann laufend in Gefahr wären.", echot es in meinem Kopf. "Oh...", hauche ich. Mit diesem einen Satz hat er mir komplett den Wind aus den Segeln genommen. Meine Wut ist wie weggeblasen, einfach verpufft. Ich schüttle den Kopf und muss grinsen. Heißt das... heißt das etwa, dass er eigentlich mit uns befreundet sein will? Mit... mir? Ich lege Kane beiseite und gehe einen Schritt auf Kaiba zu. Mein Grinsen wird immer breiter, als ich weiter über diese Möglichkeit nachdenke. "Kaiba, Kaiba..." Er verschränkt die Arme und beäugt mich misstrauisch, so als würde er irgendeinen dummen Spruch von mir erwarten, als würde er es bereuen, das gesagt zu haben. Was er sicherlich auch tut, denn jetzt werde ich erst recht nicht locker lassen. Woher dieser plötzliche Wunsch, mich mit Kaiba – dem Kaiba, meinem persönlichen Intimfeind Kaiba – anzufreunden, kommt, weiß ich selbst nicht. Es ist mir aber auch egal. Ich will es und wenn ich etwas will, lasse ich nicht locker, bis ich es bekomme. Hey, das ist unsere erste Gemeinsamkeit! Und Gemeinsamkeiten sind ja bekanntlich wichtig für eine gute Freundschaft. Ich stehe vor ihm und grinse ihn an, er erwidert meinen Blick kritisch. "Bei mir brauchst du dir keine Gedanken machen, ich kann schon auf mich aufpassen." Er schnaubt verächtlich und verdreht die Augen. "Ja, ich habe gesehen, wie gut du auf dich aufpassen kannst." "Aaach, die zwei-, dreimal, die ich meine Seele verloren habe", winke ich ab, als wäre es nichts. "Und ich habe sie ja immer wieder zurückbekommen." Er schüttelt den Kopf und wendet sich ab, allerdings nicht schnell genug, denn ich erhasche noch einen kurzen Blick auf das Lächeln, das dabei ist, sich auf seinen Lippen auszubreiten. "Wirklich, das ist ein sehr überzeugendes Argument." Er geht zum Bett, setzt sich darauf und nimmt ein kompliziert aussehendes Gerät zur Hand, welches auf dem Nachttisch steht. Er drückt ein paar Knöpfe und stellt es zurück, und mir klar, dass das wohl ein Wecker sein muss. Bei ihm muss anscheinend alles extravagant sein, was hat er denn gegen gute, altmodische, analoge Wecker? "Wenn du nun die Güte besäßest, dich bettfertig zu machen? Ich würde gern schlafen." Was ein Themenwechsel! Und wieso fällt mir erst jetzt auf, dass er schon die ganze Zeit einen eisblauen Pyjama trägt? Ich war ja schon immer einer von der schnellen Sorte... "Na gut, ausnahmsweise. Aber komm nicht auf die Idee, dass ich schon mit dir fertig bin, Freundchen!" Ich strecke ihm die Zunge heraus. "Wie käme ich denn dazu..." Ich nehme Kane, Flasche und Windel und begebe mich zu der gemütlichen Couch, auf der ich die Nacht verbringen werde. A propos... "He, Kaiba?" Er hebt die Augenbraue, sagt aber nichts. "Uhmm... Du hast nicht zufällig noch einen Schlafanzug für mich? Oder ein T-Shirt?" Er hebt den Kopf und legt ihn leicht schräg, damit er mich so herablassend wie möglich ansehen kann. "Es entspricht den Tatsachen, dass ich diese Dinge besitze. Allerdings wüsste ich nicht, weshalb ich dir eines davon geben sollte." Ich muss ein Grinsen unterdrücken, denn mir war schon klar, dass er so reagieren würde und habe mir die passende Antwort bereits zurechtgelegt. So unschuldig wie möglich zucke ich mit den Schultern. "War ja nur 'ne Frage. Dann schlaf ich eben nackt..." Seine Augen verengen sich zu Schlitzen. "Das wagst du nicht", zischt er bedrohlich leise. Gespielt überrascht blicke ich ihn an. "Aber... ich kann doch nicht in meiner Schuluniform schlafen!" Demonstrativ ziehe ich mein Shirt aus. Als ich gerade im Begriff bin, meine Hose aufzuknöpfen, höre ich ein entnervtes Stöhnen seinerseits und das leise Knarren der Matratze, als er sich erhebt. Er murmelt – garantiert nicht jugendfreie – Flüche und geht an mir vorbei zu einer Tür, die sich, als er sie öffnet, als Tür zu einem begehbaren Kleiderschrank entpuppt. Kurz verschwindet er darin und als er wieder herauskommt, hält er etwas in den Händen, das ich als Allerletztes erwartet hätte. Denn es ist... bunt! Wirklich, richtig bunt. Ich meine, so mit Farben und so! "Was?", fragt er scharf, als ihm mein Blick bewusst wird und mir den Pyjama in die Hand drückt. "Ähm..." "Der war ein Geschenk von Mokuba, okay?", beantwortet er meine noch nicht gestellte Frage in einem Ton, der keine Widerworte zulässt. Ich lege das bunte Etwas aufs Sofa, schnappe mir das Oberteil und entfalte es, um es in seiner ganzen Pracht bewundern zu können. Unwillkürlich muss ich lachen, denn ich stelle mir gerade Kaiba darin vor. Aus den Augenwinkeln sehe ich wie er die Augen verdreht. Er geht zurück zu seinem Bett, knipst die Nachttischlampe an, ehe er zur Tür geht und das Licht löscht. "Hey!", protestiere ich, "Ich muss mich noch umziehen!" "Und das kannst du nicht im Dunkeln?" Können schon, aber ich will nicht. Ich kann förmlich hören wie er – schon wieder! – die Augen verdreht. Irgendwann wird ihm nochmal schwindlig davon... "Mach doch einfach die Stehlampe an." Stehlampe? Ich sehe mich im Halbdunkel um und entdecke tatsächlich das Objekt meiner Begierde. Direkt neben dem Sofa. "Oh..." Ich mache sie an und er schaltet seine aus, um sich hinzulegen. Rasch ziehe ich mich um und verteile dabei meine Klamotten achtlos auf dem Boden, dann lege auch ich mich hin und schalte die Lampe wieder aus. Ich mache es mir gemütlich und stelle zu meinem Unmut fest, dass seine popelige Couch viel bequemer ist als mein Bett. Unfair! Okay, mein Bett ist über zehn Jahre alt und ich habe es damals von meiner Oma geerbt, aber trotzdem! Ich gähne genüsslich. Vielleicht sollte ich einfach öfter bei Kaiba übernachten... "Nacht, Kaiba, träum was Schönes." "Hn. Mit dir hier werde ich vermutlich nur Alpträume haben." Es klingt nicht einmal böse, viel eher amüsiert. Ich hoffe wirklich, dass wir beide, er und ich, irgendwann, irgendwie, so etwas Ähnliches wie Freunde werden... ------------------------------------------------------------------------------- Lob? Kritik? Morddrohungen? Heiratsanträge? Alles her damit! x3 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)