Heart of Fire von -Mina- (Haos Suche nach der Vergangenheit) ================================================================================ Kapitel 6: * ~ ^ ~ * -------------------- Written by Earu Erstaunlicherweise schlief das Mädchen die ganze Nacht durch und wurde weder von Alpträumen noch von sonstigen Dingen gestört. Der nächste Morgen begann im Grunde in aller Normalität und ohne jegliche Anzeichen von Hao, der noch einmal versuchte mit Sharia über die Vergangenheit zu reden. Aber dafür hatte sich nun jemand anderes an ihre Fersen geheftet und wartete nur darauf zuzuschlagen. Es war ein hoch gewachsener junger Mann von ungefähr neunzehn oder zwanzig Jahren mit kurzen schwarzen Haaren und einer Narbe, die quer über seine linke Gesichtshälfte verlief. Auch er beobachtete Sharia schon seit geraumer Zeit, war allerdings viel mehr darauf bedacht, nicht erwischt zu werden. Das Gespräch, welches Hao und Sharia am vorherigen Tag geführt hatten, war ihm gerade recht gekommen, denn nun war er sich vollkommen sicher, dass sie die richtige für sein Vorhaben war. Er warf noch einen kurzen Blick durch sein Fernglas auf Sharia und zog sich dann in eine verdreckte Seitenstraße zurück, wo sich garantiert niemand mehr hinverirrte. Dort grinste er breit und zog mit aller Genüsslichkeit ein Handy aus seiner Tasche. Ein Druck auf eine der beiden einzigen Tasten reichte, damit das Gerät eine geheime Nummer wählte, die nicht einmal der Bediener des Telefons kannte. Nach wenigen Momenten des monotonen Tutens, meldete sich eine männliche Stimme. „Ich hätte nicht erwartet, dass du den Auftrag schon so schnell erledigst, Kiru.“, sagte Marko und bemühte sich noch nicht einmal den Hohn in seiner Stimme zu verbergen. „Ihr hättet meine Talente eben nicht anzweifeln sollen, als ich bei euch X-Laws einsteigen wollte.“, antwortete Kiru mit ebenso viel Spott, „Was soll ich nun tun, sie einfach mitnehmen? Hao hat bereits Kontakt zu ihr, es wird ihm nicht entgehen, wenn sie nicht mehr da ist.“ „Das ist dann dein Problem.“, gab Marko zurück, „Vielleicht warst du nicht schnell genug, sie zu finden. Bring sie her oder schlag dir aus dem Kopf, ein X-Law zu werden.“ Tut. Tut. Marko hatte aufgelegt. „Glaub ja nicht, dass ich den Auftrag nicht ganz erfüllen werde.“, murmelte der Mann namens Kiru mit einem selbstgefälligen Grinsen. Dann steckte das Telefon wieder in die Tasche, verließ die Gasse und machte sich auf den Weg zu Sharias Schule. Zur Not würde er eben den ganzen Tag dort warten, nur um Marko zu beweisen, dass er würdig genug für die X-Laws war. Um halb vier hatte seine Warterei dann ein Ende, als Sharia munter schwatzend aus dem Haupteingang heraustrat. Begleitet wurde sie von einem etwas kleineren Mädchen, welches, aus Kirus Sicht, aber kein Problem darstellen dürfte. Als die beiden nur noch wenige Meter von ihm entfernt waren, trat er von seinem Platz vor und sprach sie an: „Sharia, dürfte ich dich kurz sprechen? Es geht um Hao.“ Sharia starrte den jungen Mann verwundert an. Sie kannte ihn nicht, aber durch die letzten paar Tage, war es keine allzu große Überraschung; schließlich schien er Hao zu kennen. Das machte die Situation allerdings auch nicht besser und sie hatte keine Lust weiter über Hao zu diskutieren. „Geht nicht, ich hab noch viel zu tun.“, gab sie, wahrheitsgemäß, zur Antwort. „Bitte, es ist ihm wirklich wichtig.“, beteuerte der Kerl, „Deshalb hat er mit auch geschickt.“ Was macht das denn für einen Sinn, fragte sich Sharia, wenn ich ihm wichtig bin, soll er gefälligst selbst kommen. „Er hat einen Fehler gemacht, so mit der Tür ins Haus zu fallen und ich soll nun ein paar Dinge für ihn klären.“, bohrte der Typ weiter nach, „Du wärst doch bestimmt weggelaufen, wenn er persönlich gekommen wäre.“ Da hatte er ausnahmsweise Recht, dachte sich das Mädchen und willigte ein: „Also gut, aber nur kurz.“ „Wir sollten vielleicht ein Stück hier rüber gehen.“, schlug der Mann vor, „Es soll ja nicht gleich jeder wissen, was wir hier bereden.“ Dabei fiel sein Blick auf Kana, die bisher interessiert zugehört hatte; schließlich kannte sie die Geschichte. „O- okay, Kana, du musst nicht auf mich warten, wir sehen uns dann morgen.“ Total überrumpelt brachte Kana nur noch ein „Tschüss“ hervor, bevor sie von ihrer Freundin und dem jungen Mann allein gelassen wurde. Sharia folgte dem Kerl eine kleinere und nicht so volle Straße entlang, bis er in einen verlassenen Hinterhof einbog und dort Halt machte. Er lächelte zwar immer noch sehr freundlich, wie auch Hao es des Öfteren tat, aber irgendetwas versteckte sich dahinter; etwas böses. Eine Pause entstand, in der Sharia diesen seltsamen Kerl einmal von oben bis unten musterte. Außer dem Lächeln war in seinem Gesicht nur eine lange Narbe zu entdecken, die sich von der Stirn über sein linkes Auge zog und bis fast zum Kinn wanderte. Der Rest war von einer verspiegelten Sonnenbrille verdeckt. Dass sie ihm nicht in die Augen sehen konnte, beunruhigte Sharia ein wenig, aber es war schließlich nicht zu ändern. Ansonsten machte der Typ einen ganz normalen Eindruck. Denn, anders als Hao, trug er gewöhnliche Bluejeans und ein schwarz-weißes T-Shirt mit Querstreifen. „Ich sollte mich erst einmal vorstellen.“, sagte der Kerl und beendete so das Schweigen, „Mein Name ist Kiru. Wie gesagt, soll ich dringend mit dir reden und dir schöne Grüße von den X-Laws bestellen!“ „X-Laws?“, murmelte Sharia fragend, doch die Antwort blieb aus. Kiru hatte sich blitzschnell ein Taschentuch aus der Tasche gezogen und es dem Mädchen vor Mund und Nase gehalten. Ein beißender Geruch strömte von dem Stück Stoff aus und alles um sie herum wurde schwarz. Ein letzter Gedanke drang in ihr Bewusstsein: Kiru hatte gelogen, er kam nicht von Hao ... „Meister Hao? Erlaubt mir die Störung, es ist etwas geschehen.“, piepste Opacho mit zitternder Stimme. „Jetzt nicht, Opacho.“, gab Hao niedergeschlagen zurück, „Ich muss nachdenken.“ Und das musste er wirklich. Er hatte sie überrumpelt, hatte zu schnell gehandelt und nicht richtig auf sie geachtet. Es wunderte ihn, dass er einmal solche Gefühle hegen würde, aber da waren sie: kalte, quälende Schuldgefühle. Er schloss die Augen und wollte einfach nur seine Ruhe vor der Welt haben, doch Opacho gab ihm diese Ruhe nicht: „Meister es ist wirklich wichtig. Sharia, sie wurde angegriffen.“ „Was?!“, Hao war auf einmal wieder vollkommen da, „Von wem und warum?“ Das ‚warum’ konnte er sich denken. Weil sie mit mir zusammen war, raste es durch seinen Kopf. „Die X-Laws, Meister.“, fuhr der kleine Schamane fort, „Sie haben eine Nachricht geschickt, dass Ihr Euch ergeben sollt.“ „Gib her!“, grollte Hao und schnappte seinem Diener einen reich verzierten Brief aus der Hand. In seinen Augen loderte das Feuer der Wut; er würde diese Typen nicht ungestraft davonkommen lassen. Konzentriert starrte Hao auf das Blatt, bis es sich nach wenigen Augenblick wie von selbst entzündete. „Sunshine Sixty.“, waren seine letzten Worte, bevor er in einem Wirbel aus Flammen verschwand. Als Sharia erwachte, fand sie sich auf dem Dach eines Hochhauses wieder, gefesselt an einen Metallpfeiler. Ihr Kopf schmerzte und mit Mühe erinnerte sie sich, was geschehen war: Dieser seltsame Kerl, der mit ihr sprechen wollte und dann das Betäubungsmittel. „Na, ist unser Prinzesschen aufgewacht?“, höhnte die Stimme eines jungen Mannes ganz in der Nähe. Kurz darauf trat Kiru in ihr Blickfeld und grinste sie an. Er hatte die Sonnenbrille abgenommen und Sharia konnte nun in seine Augen sehen: Sie waren von sturmgrauer Farbe und wirkten kalt wie Eis. So hätte sie ihm niemals über den Weg getraut, kein Wunder, dass er diese Brille trug. „Du brauchst dich nicht zu fürchten.“, sagte er, in einem nicht gerade überzeugenden Tonfall, „Sobald Hao sich den X-Laws ergibt kommst du frei und ich werde endlich als richtiges Mitglied aufgenommen. Du bist sozusagen meine Eintrittskarte.“ „Aber warum?“, schrie Sharia, „Was wollt ihr von Hao?“ „Das weißt du nicht?“, spottete Kiru, „Du bist ja noch naiver, als ich gedacht habe. Das grenzt ja an Dummheit. Ich drücke es mal freundlich aus: Er ist für diese Narbe verantwortlich.“, dabei deutete er auf sein Gesicht, „Und auch für noch viel grausamere Taten.“ „Das glaube ich dir nicht!“, protestierte das Mädchen, „Du lügst!“ „Denk von mir was du willst, aber dein geliebter Hao ist nicht das, was er ...“, mit einem gewaltigen Ruck flog Kiru nach vorne und verfehlte dabei knapp den Pfosten, an den Sharia gebunden war. Der Auslöser dieses Freifluges war ein wohlbekanntes, männliches Wesen mit langen, braunen Haaren und einem Poncho. „Hao!“, rief Sharia erleichtert, „Ich ...“, doch da schoss etwas Violettes an ihr vorbei und direkt auf den Jungen zu. Er konnte zwar ausweichen, aber Kiru setzte schon wieder zu einer neuen Attacke an. „Yarso!“, brüllte er, „Faustschlagkanone!“ Auch diesem Angriff wich Hao spielend aus und ein Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit: „Nur ein Narr glaubt, dass sein Oversoul es mit meinem aufnehmen kann.“ Sharia traute ihren Augen kaum: Kiru stand da mit einem Schlagring in der rechten Hand, der seltsam violett leuchtete. Und im nächsten Moment wurde es sogar noch seltsamer, als sich eine wutverzerrte Fratze aus dem lilafarbenen Leuchten herauslöste. Abermals brüllte Kiru dem Ding einen Befehl zu: „Yarso! Spiralhieb!“ Der Auswuchs drehte eine enge Schraube genau auf Hao zu, vor dem sich jedoch im letzten Moment eine Feuerwand aufbaute. Yarso prallte daran ab, machte eine Kurve und krachte in den Betonboden, wo er einen Krater hinterließ. Die Angst machte sich in Sharia breit, wenn dieses Teil Hao treffen sollte, würde er nicht nur mit blauen Flecken davonkommen. Diese Sorge schien der Junge allerdings nicht zu teilen, ganz im Gegenteil: Je öfter Kiru angriff, desto besser wurde seine Laune. Auch sein Gegner schien die zu bemerken, denn plötzlich änderte er sein Ziel. Er ging nun nicht mehr auf den Schamanen, sondern auf Sharia los. Hao stand der Schreck ins Gesicht geschrieben. Er bemerkte die Attacke gerade noch rechtzeitig, um vor Sharia einen Schutz aufzubauen, der Yarso einmal mehr abwehrte. Doch nun reichte es: Es war eine Sache, ihn anzugreifen, sich gegen Sharia zu richten, war eine Andere. Abermals flammte Feuer in seinen Augen auf und mit einem Schrei beschwor er seinen mächtigen Geist, den Spirit of Fire. Sharia kam aus dem staunen nicht mehr heraus. Vor ihr wuchs ein riesiges, rotes Wesen empor und wurde immer größer. Selbst sie, die nichts von Schamanenkämpfen verstand, wusste, dass Hao damit niemals verlieren könnte. Doch noch ein anderes Gefühl machte sich in ihr breit: Vertrautheit. Der Spirit of Fire hob, ohne dass sein Meister etwas sagen musste, eine seiner mächtigen Klauen und fegte Kiru mit solcher Wucht nieder, dass dieser nicht wieder aufstehen würde. Gleichzeitig zuckte ein blendend heller Blitz durch Sharias Gedanken und mit einem mal wurde ihr alles klar: Sie kannte dieses Wesen, den Spirit of Fire. Sie wusste, dass Hao ihn den Patscheen gestohlen hatte. Sie wusste auf einmal wieder alles, oder besser gesagt: Sie erinnerte sich daran. Und noch etwas kroch schmerzlich in ihr Bewusstsein: Hao hatte sich mehr für den Spirit of Fire interessiert, als für sie und Yori, seine kleine Tochter. Tränen schossen ihr in die Augen und sie begann bitterlich zu weinen. Für einen Moment hatte Hao Sharia vergessen und es hätte ihr fast das Leben gekostet, doch nun würde er sie beschützen, zur Not mit seinem eigenen Leben. Er lief eilig zu ihr, um sie von den Fesseln zu befreien und bemerkte, dass sie leise schluchzte. Schützend nahm er sie in die Arme und strich mit der Hand über ihren Hinterkopf. „Ganz ruhig.“, sagte er tröstend, „Er ist fort, ich habe ihn besiegt. Du brauchst keine Angst mehr zu haben, ich bin da.“ Eigentlich sollten diese Worte beruhigend auf Sharia wirken, aber der Junge bemerkte zu spät, dass sie es nicht taten. Sie stieß ihn hart von sich weg und sah ihn zornig an. „Ich habe keine Angst, du Idiot!“, rief sie wütend, „Und es ist mir egal, ob du JETZT für mich da bist, DAMALS, als ich dich wirklich gebraucht habe, warst du es nicht! Du hast mich ... uns verlassen, ohne mit der Wimper zu zucken und jetzt kommst du wieder angeschlichen!“ „Du ... du erinnerst dich?!“, fragte Hao entsetzt. „Ja, ich erinnere mich, an alles.“, antwortete Sharia nun ruhiger, aber mit viel Bitterkeit in der Stimme, „Und ich habe genug davon. Ich wünschte, ich würde alles wieder vergessen.“ Kurz blickte sie zu Boden, als ob sie nicht wusste, was sie nun tun sollte, doch das täusche. Sie ging einige Schritte auf Hao zu, holte aus und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige. Mit einem letzten verachtenden Blick lief sie zu dem kleinen Treppenhaus, was auf dem Dach stand und verschwand. Hao hingegen blieb reglos stehen und starrte geschockt ins Leere. Seine schmerzende Wange, die von dem Schlag ganz rot war, kümmerte ihn nicht. Sharias letzter Satz tat sehr viel mehr weh: Ich wünschte, ich würde alles wieder vergessen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)