Lunatismus von abgemeldet (Ruhmreiche Rumtreiber) ================================================================================ Kapitel 19: - Tränen und Treue - -------------------------------- A.N.: UND WEITER GEHT'S! @ Schwanenfeder: Woher wusstest du nur, dass ich auf Vanillepudding total abfahre?!? @ Bloody Angel: Aww! Die Torte wäre doch nicht nötig gewesen... DANKE! *schmatz* @Decken-Diebin aka Hina-chan: Das Kapitel 'Luna quartadecima' war nicht vorgeschrieben, sondern ist an einem einzigen Morgen am Wochenende entstanden, bevor ich zur Arbeit musste. Nichts mit Vorschreiben. Viele gute Kommentare spornen mich immer zu Höchstleistungen an! ^-^ @ Windy & Lubaya: Wo seid ihr? *heul und Teddy als Ersatz knuddel* FÜR ALLE RL/SB-Liebhaber: JETZT GEHT ES LOOOOOOS! ENJOY! -------------- - Tränen und Treue - Madam Pomfrey hatte auf der Stelle McGonagall benachrichtigt, die ihnen im Morgenrock am Schuleingang entgegenstürmte. Madam Pomfrey brachte Remus in den Krankenflügel, ohne dass seine Freunde Gelegenheit bekamen, etwas zu sagen. „Potter, Black, Pettigrew, Sie kommen mit mir." hatte McGonagall knapp mit erstickter Stimme gesagt, ihr Gesicht erstarrt in einem Ausdruck völligen Entsetzens. Während sie den Weg anführte sagte sie nichts, was für die Professorin absolut ungewöhnlich war. Die drei Rumtreiber hatten eine Standpauke oder dergleichen erwartet, aber als kein Wort über die Lippen der Professorin kam, hielt Sirius es nicht mehr aus. „Professor." sagte er in einem flehenden Tonfall und blieb stehen. „Haben Sie gewusst, dass Remus-" „Ja, habe ich." entgegnete McGonagall und wirkte fast ein wenig forsch. „Ich weiß es, weil ich seine Hauslehrerin bin. Madam Pomfrey weiß es, weil sie Remus versorgt. Und Dumbledore weiß es natürlich auch. Sie hingegen, hätten ihm nicht folgen sollen, um herauszufinden, was mit ihm los ist. Ich habe Ihnen gesagt, dass Remus es Ihnen erzählen wird, wenn er bereit dazu ist. Sie haben sich nicht daran zu gehalten und sich und Remus in große Gefahr gebracht." „Und was wollen Sie machen?" fragte James wagemutig. „Wollen Sie uns einen Vergessenszauber aufhalsen?" McGonagall blickte ihn ernst und gleichzeitig traurig an. „Das habe ich nicht zu entscheiden, Mr.Potter." sagte sie. Daraufhin wandte sie sich um und führte die drei verdutzten, aber nun schweigenden Schüler in den zweiten Stock. Auf dem Weg dorthin warfen sich James und Sirius immer wieder vielsagende Blicke zu. In Sirius' Kopf kreisten tausend Gedanken. Wie würde es weiter gehen? Würde man sie tatsächlich mit einem Obliviate belegen? Würde Dumbledore sie bestrafen, oder gar dem Ministerium übergeben? Aber die meisten seiner Gedanken kreisten um Remus und ob der Junge wohlauf war. Er bekam das Bild des verletzten Remus nicht aus dem Kopf, wie er zusammengekrümmt auf den kalten Dielen lag. Der Lockenkopf blickte hinunter zu seiner rechten Hand. Daran klebte immer noch Remus' Blut. Er versuchte nicht es abzuwischen, sondern ballte eine Faust. Inzwischen waren sie vor einer Statue angekommen, die einen großen Vogel zeigte. „Schokofrosch." sprach McGonagall. Unter den staunenden Augen der drei Rumtreiber schwang die Statue beiseite und gabe den Blick frei auf eine hölzerne Wendeltreppe. „Gehen Sie hinauf. Dumbledore erwartet Sie." Zögerlich schritten die drei Jungen die Holzstufen empor. „Das war's." dachte Peter. „Jetzt werden wir rausgeschmissen." Er versuchte sich vorzustellen, wie seine Mutter auf einen Schulverweis reagieren würde und erschauderte bei dem Gedanken an Nachtischverbot und Taschengeldkürzung. James hingegen schluckte den Kloß in seinem Hals. Gleich würden sie dem Häuptling Rauschebart höchst persönlich gegenübertreten und ihm Rede und Antwort stehen müssen. Am Absatz der Wendeltreppe angekommen, gelangten sie in einen runden Raum. An den Wänden hingen auf jedem Zentimeter, der nicht mit Bücherregalen verdeckt war, Gemälde von der ehemaligen Schulleiter. Professor Dippet, letzter Schulleiter vor Albus Dumbledore, begrüßte sie, als die drei Jungen eintraten. Überall im Raum auf den Tischen und dem Boden verteilt standen oder lagen seltsame Gegenstände aus Silber und Bronze aus denen es ständig wild zischte oder hübsche Wölkchen aus hellrotem Dampf aufstiegen. Um eine Metallkugel vor dem Pult rechts neben einer weiteren Treppe, die nach oben führte, kreiste in einer eliptischen Umlaufbahn ein sternenähnliches Gebilde. Der Schreibtisch des Schulleiters war über und über beladen mit dicken Büchern und Pergamentrollen, einige mit dem offiziellen Siegel des Ministers für Zauberei, einige andere schienen private Korrespondenzen zu sein. Das Beeindruckeste jedoch war Fawkes, der in all seiner Pracht auf einer Sitzstange neben dem Schreibtisch saß und sich das Gefieder säuberte. „Nehmen Sie doch Platz." Die drei Jungen fuhren erschrocken herum. Dumbledore hatte die ganze Zeit über an einem Bücherregal in der Nähe der Tür gestanden. Die Jungen hatten ihn einfach nicht bemerkt. „Bitte, nehmen Sie Platz." wiederholte Dumbledore lächelnd und wies den Rumtreibern an, sich an den Schreibtisch zu setzen. Pflichtbewusst und still taten sie, wie ihnen geheißen, während der weißbärtige Schulleiter ihnen gegenüber Platz nahm. Mit seinem durchdringenden Blick musterte er die drei Gryffindors über die Ränder seiner halbmondförmigen Brille hinweg. „Brausebonbon?" fragte er schließlich und schob ihnen eine kleine Glasschale zu, in der etwa der Inhalt aus zwei Tüten bester Zitronenbrausebonbons lagen. James und Sirius schüttelten zögerlich mit dem Kopf und nuschelten ein leises 'Nein Danke'. James war wegen der unangenehmen Situation übel und im Übrigen hielt er es für taktlos, auf einem Bonbon rumzulutschen, während Dumbledore sie zusammenfalten würde. Sirius hingegen war so voller Sorge um Remus, dass ihm alles andere so ziemlich egal war, einschließlich der vom Schulleiter zu geliebten Brausebonbons. Noch immer hielt der junge Black seine Hand zu einer Faust geballt im Schoß. Peter hätte fast zugegriffen, denn nachdem der schlimmste Schreck über ihr nächtliches Abenteuer abgeklungen war, hatte ihn ein irrsinniger Hunger überfallen. Aber nachdem seine Freunde abgelehnt hatten, schwieg er lieber ebenfalls und griff nicht nach den Bonbons, schielte aber immer wieder auf die Glasschale vor seiner Nase. „Nicht? Nun gut, dann bleibt mehr für mich." flötete Dumbledore, der in bester Laune zu sein schien und warf sich einen Brausedrop in den Mund. Das Knacken des Bonbons in Dumbledores Mund ließ Sirius leicht zusammenfahren. Er musste an brechende Knochen denken. Gespannt warteten die Rumtreiber nun darauf, dass ihr Schulleiter zu sprechen anfangen, ihnen sagen würde, wie enttäuscht er von ihnen war und wie dumm sie gehandelt hatten und wieviel Ärger sie ihm machten, um sie dann sang- und klanglos der Schule zu verweisen. Umso erstaunter waren sie darüber, was der Schulleiter tatsächlich sagte. „Was Sie Drei in der Hütte getan haben, war sehr mutig." Verblüfft sahen James, Sirius und Peter zeitgleich auf und sahen dem gütig lächelnden Schulleiter ins Gesicht. „Unüberlegt? Ja." fuhr er fort. „Gefährlich? Auch das. Aber definitiv mutig. Godric Gryffindor, hätte er Sie noch erlebt, wäre sehr stolz gewesen." „A-aber wir haben die Regeln gebrochen." sagte James, vor Verwirrung stotternd. „Das ist korrekt, Mr.Potter." erwiderte Dumbledore. „Sie haben gegen eine Menge Regeln verstoßen: Sie haben die Nachtsperre für Schüler nicht beachtet, waren unbefugt auf dem Gelände unterwegs, haben ohne Erlaubnis Hogsmeade aufgesucht und die Anweisungen einer Lehrkraft missachtet." Er beugte sich ein wenig vor, so dass die drei Jungen noch viel besseren Blick auf seine Hakennase und die glänzenden, blauen Augen hatten. „Aber Sie haben die wichtigste Regel im Leben befolgt und das allein ist wichtig." „Und welche Regel ist das?" fragte Peter neugierig. Dumbledore lächelte noch etwas mehr. „Einem Freund in Not zu helfen." Sein durchdringender Blick fixierte die Drei, während er seine Finger auf dem Tisch faltete. „Hinzu kommt, dass ich sie für verdammt clever halte. Remus' Geheimnis zu entschlüsseln, war sicherlich nicht einfach. Was hat Sie auf seine Spur gebracht?" „Spielt das eine Rolle?" Sirius senkte seinen Blick wieder auf seine Hand, die er nun lockerte, um sich seine Finger anzusehen. Das Blut war mittlerweile getrocknet und klebte in dunklem Rot an seiner Haut. „Sie wussten die ganze Zeit über, was mit ihm los ist." sagte er ruhig, ohne aufzublicken. Dumbledore nickte. „Warum haben Sie es uns nicht erzählt? Warum hat er es nicht getan?" Dumbledore schaute den in der Mitte zwischen seinen Freunden sitzenden jungen Black mit entspannten Gesichtszügen, aber mit gewichtigem Blick an. „Warum glauben Sie, haben weder Mr.Lupin noch ich ein Wort darüber verloren?" Sirius schwieg. Er betrachtete noch immer die roten Schlieren auf seiner Hand. Es kam ihm alles so unecht vor, surreal. So, als wäre er im falschen Film. Dumbledore beugte sich noch etwas weiter vor, seine Augen wanderten über jedes einzelne Gesicht. „Remus hat fürchterliche Angst." sprach er. „Angst davor, einen anderen Menschen zu verletzen, Angst vor dem Wolf, Angst vor sich selbst. Aber am meisten Angst hat er davor, die Menschen zu verlieren, die er am meisten liebt Können Sie sich vorstellen, wie schrecklich sich das anfühlen muss, einen Menschen den man liebt zu verlieren, weil man anders ist?" Peter dachte an seine Mutter und an seinen Knuddelmuff Boing. James musste an Lily denken. Sirius begann mit dem Finger seiner linken Hand sacht über die rote Blutspur auf seinem rechten Handteller zu fahren. „Ein Werwolf ist eine gefährliche Kreatur." sprach Dumbledore. „Das Ministerium versucht die Werwölfe zu kontrolliert, registriert jeden von ihnen und leider schaffen die Zuständigen auch viele Hindernisse für sie. Deshalb hätte Remus wahrscheinlich nie eine Schule besuchen dürfen, obwohl er ein ganz bemerkenswerter Zauberer ist, wie ihr sicher bereits gemerkt habt. Ich habe mich mit den betreffenden Kollegen darauf verständigt, dass Remus zur Schule kommen soll. Es war sogar der ausdrückliche Wunsch einiger Lehrkräfte ihn aufzunehmen, aber dafür mussten bestimmte Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden. Deshalb die Peitschende Weide und die Heulende Hütte. Es ist der einzige sichere Ort in Hogwarts, an dem Remus sich verwandeln kann, ohne von jemandem bemerkt zu werden, oder jemanden zu verletzen. Damit Remus weiterhin hier bleiben darf, muss aber gewährleistet sein, dass niemand sonst erfährt, was er ist." Sirius blickte auf. „Warum? Wenn doch einige Lehrer bescheid wissen, warum soll dann nicht jeder wissen dürfen, was mit Remus los ist? Es ist doch furchtbar verstecken zu müssen, wer man ist." „Ihr wisst, dass Werwölfe in dieser Gesellschaft nicht von jedem akzeptiert werden. Die Vorurteile gegenüber Lycantrophen sind zahlreich und es wird viele Ignoranten nicht interessieren, dass Remus die meiste Zeit des Monats über kein einziges Werwolf-Klischee bedient. Niemand möchte, dass er noch mehr Zurückweisung erfährt, als er ohnehin schon erlebt hat." Wieder schaute er die drei Rumtreiber über seine Brillengläser hinweg an. „Ich hoffe, dass Sie sein kleines Geheimnis für sich behalten. Werden Sie das?" Jetzt war es James, der den Schulleiter pikiert anschaute. „Natürlich." sagte er gereizt. „Remus ist unser Freund. Haben Sie etwa geglaubt, wir würden ihn hängen lassen?" Auf dem Gesicht des Schulleiters zeichnete sich ein zufriedenes Lächeln ab. „Keinesfalls, Mr.Potter." antwortete er. „Aber ich denke, Sie sollten das ihren Freund auch wissen lassen." ~*~ Sirius, James und Peter liefen die Korridore entlang, in denen sich mittlerweile Schüler tummelten, die zum Frühstück in die Große Halle gehen wollten, oder bereits von dort zurückkamen. Da es Sonntag war, war niemand groß in Eile und gerade deshalb fielen die drei rasenden Gryffindors so unheimlich auf. „Hey! Auf den Fluren ist rennen verboten!" schrie Filch ihnen hinterher, als sie ihn in einer Kurve fast umgerannt hatten, aber sie hörten nicht auf ihn, sondern setzten ihren Weg unbeirrt fort. Peter fiel immer weiter zurück. Er war einfach kein Sportler und Dauerläufe waren ihm ein Graus. Für kurze Sprints war er eigentlich immer zu haben, aber der Weg von Dumbledores Büro bis zum Krankenflügel war eine Tortour für ihn. James platzte fast vor Glück. Sein natürlicher Optimismus war gerade angepeitscht worden und alles was er wollte, war schnell zu Remus zu gelangen. Sie hatten eine Begegnung mit einem Werwolf überlebt, einem Freund geholfen und hatten keinen Schulverweis bekommen. Für James, war das das perfekte Ende für ein perfektes Abenteuer. Jetzt mussten sie nur noch Remus die guten Neuigkeiten erzählen und alles würde gut werden. Sirius hingegen war voller Sorge. Dumbledore hatte ihn nachdenklich gestimmt. Remus hatte Angst vor sich selbst und würde sich sicherlich große Vorwürfe machen, wenn Madam Pomfrey ihm von den Vorfällen der letzten Nacht berichtet hatte. Seiner Ratio konnte er zwar nicht immer trauen, aber Sirius' Bauchgefühl hatte ihn bisher noch nie fehlgeleitet und so war ihm klar, dass gar nichts gut war, so lange Remus nicht alles wusste. Sie erreichten den Krankenflügel und stürzten ohne anzuklopfen hinein, Peter zehn Schritte hinterher, schnaufend und prustend. „Ihr..." Er keuchte. „Seid einfach... zu schnell..." Madam Pomfrey sah sie erschrocken an. „Wo ist Remus?" fragte Sirius ohne Umschweife. Alle Betten waren leer. Madam Pomfrey blickte wütend drein. „Ich hab' ihm gesagt, er soll noch liegen bleiben, aber er wollte partout nicht auf mich hören. Er wollte unbedingt in den Gemeinschaftsraum und-" Doch in diesem Moment stürmte Sirius schon wieder hinaus, James dicht hinter ihm. „Jungs!" jammerte Peter, der immer noch schnaufend im Türrahmen stand und ihnen nun erneut hinterherhasten musste. „Sirius!" rief James und holte ihn ein. „Warum rennst du so fürchterlich? Du tust so, als würde dich eine Horde Werw-" Er biss sich hart auf die Zunge. Das war definitiv das falsche Wortspiel zur falschen Zeit, aber zu seinem Glück hatte Sirius dem kaum Beachtung geschenkt. „Das ist so nicht in Ordnung." antwortete Sirius. „Remus weiß nicht, wie wir darüber denken. Er macht sich bestimmt Vorwürfe." James begriff und nickte, während sie die letzten Stufen zum Portrait der Fetten Dame heraufrannten. Peter keuchte dicht hinter ihnen (auf den letzten paar Metern hatte er aufholen können - er hatte die Kurve für seine Verhältnisse ganz unglaublich genommen). "Manticor!" rief James bereits einige Meter, bevor sie das Bildnis erreicht hatten. „Ich wünsche Ihnen auch einen guten Morgen!" antwortete die Fette Dame brüskiert, gab aber dennoch ohne weiteren Kommentar den Weg zum Gemeinschaftsraum frei. Die drei Jungen stürmten an den Sesseln vorbei und rannten auf ihrem Weg in den Schlafsaal zwei Erstklässler über den Haufen. Mit einem Ruck öffnete Sirius die Tür zu ihrem Schlafsaal. James stand direkt neben ihm, hinter ihm schnaufte der rotgesichtige Peter wie ein allergiegeplagter Esel mit verstopften Nüstern. Remus hatte hastig alle seine Sachen zusammengeräumt und war dabei gewesen seinen Koffer zu packen, als plötzlich seine Freunde in der Tür standen. Er hatte gehofft, Dumbledore würde sie eine Weile beschäftigen, damit er ihnen vor seiner Abreise nicht mehr begegnen musste. Was war er nur für ein Gryffindor? Traute sich nicht einmal seinen Freunden in die Augen zu schauen. Seinen ehemaligen Freuden. Sirius schaute Remus mit ausdruckslosem Gesicht an. Die Handgelenke des Jungen waren in Mull eingewickelt, aber ansonsten hatte Madam Pomfrey mit ihren Heiltränken gute Arbeit geleistet. Den Kratzer an Remus' Wange hatte sie allerdings übersehen oder für nicht so wichtig befunden. Sirius blickte auf den Koffer auf Remus' Bett und die gepackten Sachen darin. Dann schaute er den Jungen erneut an. Remus hatte die Bücher in seinem Arm vor Schreck bei ihrem Eintritt in den Raum fallen lassen und stand nun stocksteif und mit gesenktem Blick neben seinem Bett. „Was machst du da, Remus?" fragte James, da Sirius allem Anschein nach aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage war zu sprechen, Remus auch keinen Ton von sich gab und Peter immer noch damit beschäftigt war, seine Lunge wiederzufinden. „Ich packe." Remus presste die Lippen aufeinander. Er wusste, dass dieser Moment irgendwann hatte kommen müssen. Aber er hatte sich gewünscht, dass es noch etwas dauern würde. Nun war die schönste Zeit seines Lebens vorbei und das zu akzeptieren, war für ihn ungeheuerlich schwer. Seine Hände zitterten und obwohl es wehtat, umklammerte er mit beiden Armen seinen Oberkörper. Wie verschaffte man sich sonst Halt, wenn es niemanden gab, an dem man sich hätte festhalten können? „Ich bin ein Monster. Es ist meine Schuld, dass ihr in Gefahr geraten seid. Ich hätte überhaupt nicht hierher kommen sollen. Es ist alles meine Schuld." Die drei Jungen standen fassungslos in der Tür und konnten sich nicht rühren. James verstand es am aller wenigsten. Es war doch nichts passiert, allen ging es den Umständen entsprechend gut, Remus hatte niemanden außer sich selbst verletzt. Wieso wollte er also gehen? „Remus, wir-" „Ist schon gut, James." schnitt ihm der Werwolf das Wort ab. Seine Stimme zitterte kaum merklich und ein leises Klopfen war zu vernehmen, als zwei einsame Tränen auf den Dielen vor seinen Schuhen landeten. „Du musst nichts erklären. Monster wissen, dass sie nirgendwo erwünscht sind." Sirius ging so schnellen und festen Schrittes zu Remus hinüber, dass die drei anderen Jungen im ersten Moment dachten, er würde den Werwolf schlagen wollen. Remus kniff die Augen fest zusammen. Hatte er es nicht verdient? Er hatte seine Freunde in Gefahr gebracht. Er hatte es verdient. Aber Sirius schlug ihn nicht. Stattdessen schlang er seine Arme um den Kleineren und drückte ihn fest an sich. „Sag das nie wieder." sprach Sirius mit leiser Stimme. „Ich will das nie wieder hören." James konnte vielleicht nicht verstehen, warum Remus so heftig auf die Geschehnisse der Nacht reagierte, aber James war anders groß geworden. Seine Eltern liebten ihn und ließen ihn das in jeder Hinsicht spüren. Er hatte das unbekümmerte Lachen eines Jungen, dem es nie an Liebe oder Aufmerksamkeit gefehlt hatte. Sirius aber verstand, wie es war anders zu sein, wie es sich anfühlte, ein Ausgestoßener zu sein, wie es war, wenn man behandelt wurde wie ein rostiges Zahnrad in einem perfekten, goldenen Uhrwerk. Remus war absolut geschockt, denn das war nicht das, was er erwartet hatte. „Das ist nicht das, was ich verdient habe." dachte er. Zaghaft drückte Remus seine flachen Hände gegen die Brust des Größeren und versuchte Sirius von sich weg zu schieben, aber seine Versuche waren halbherzig und Sirius hielt ihn so fest, als hinge sein Leben an ihm. „Ich lass' dich nicht los." Unfähig und auch unwillig sich noch weiter gegen seinen Freund zur Wehr zu setzen, presste Remus sein Gesicht fest in Sirius' Pullover. Sein Freund roch nach der Erde des Geheimgangs und nach dem Staub der Heulenden Hütte, aber am meisten nach Sirius selbst. Eine neue Welle aus Schuldgefühlen überkam Remus, als er daran dachte was passiert wäre, wenn der Wolf seine Attacke hätte beenden können. Vor seinem geistigen Auge sah er seine Freunde tot auf dem Boden in der Hütte liegen, zerfleischt von der grässlichen Kreatur, die in ihm wohnte. Remus begann heftig zu zittern und versuchte mit aller Macht seine Angstgefühle zu unterdrücken und den nahenden Tränenkrampf abzuwenden und irgendwie gelang es ihm, aber den Knoten in seiner Brust konnte er nicht lösen. Sirius spürte wie Remus immer schwächer in seinen Armen wurde und dass er kurz davor war vor Erschöpfung in die Knie zu gehen. Er entließ Remus nur zögerlich aus seiner Umarmung, um den Koffer von Remus Bett zu schubsen und den kleineren Jungen darauf zu setzen. James und Peter hatten die ganze Zeit über in der Tür gestanden und der Szene mit Verblüffung und Anteilnahme zugeschaut. Jetzt endlich konnte sich James aus seiner Starre befreien und ging zu Remus und Sirius hinüber. James trat näher und setzte sich zu Remus' Rechten auf das Bett, während Sirius den Werwolf von der anderen Seite mit einem sorgenvollen Blick versah. „Remus," sagte James ruhig und nahm die Hand seines Freundes, der es nicht wagte aufzusehen. James konnte die Kratzspuren des Wolfes auf dessen Handrücken fühlen. „Remus, wir lassen dich nicht im Stich und wir wollen nicht, dass du gehst. Du bist unser Freund, du gehörst zu uns." Remus entzog James seine Hand. „Ihr versteht das nicht." Remus war so leise, dass seine Freunde ihn kaum hören konnten. „Ich bin gefährlich und sobald ihr das begriffen habt, werdet ihr nicht mehr bei mir sein wollen. Ich will nicht, dass ihr euch an Versprechen gebunden fühlt, die ihr nicht halten wollt." Nachdem Madam Pomfrey ihm von den Ereignissen erzählt hatte, die sich in der Heulenden Hütte abgespielt hatten, hatte Remus gewusst, dass es so kommen würde. Seine Freunde verstanden das Ausmaß dieser Sache einfach nicht und die Gewissheit, dass sie ihn früher oder später verlassen und vielleicht sogar für immer verachten würden, stärkte seinen Glauben darin, absolut wertlos zu sein. „Remus, unsere Freundschaft ist kein Angebot, das wir zurückziehen wollen, nicht heute und nicht in zwanzig Jahren." sprach James. „Es ist eine Gegebenheit. Wir wollen es nicht ändern und auch, wenn du uns nicht glaubst: Wir haben die Tragweite dieser Episode verstanden und trotzdem oder vielleicht gerade deswegen wollen wir, dass du bleibst." James senkte den Blick, um mit Remus auf Augenhöhe zu sein. Ihre Blicke trafen sich und James lächelte ihn an. „Wir fürchten uns nicht vor dir. Werwolf oder nicht, wir wissen, dass du ein unglaublicher Mensch bist und ein überragender Zauberer." Auf Remus Gesicht zeigte sich ein gequältes Lächeln. „Remus, du gehörst zu uns, jeder Teil von dir und du wirst uns nicht verlieren. Rumtreiber für immer." Remus schossen erneut die Tränen in die Augen und kullerten still über seine hohen Wangenknochen hinab zu seinem Kinn. Er schaute in die braunen Augen hinter James' Brillengläsern und sah darin absolutes Vertrauen und tiefe Freundschaft, die als einzige Bedingung die Treue des Anderen einforderte und Remus fielen zum ersten Mal in seinem Leben keine Worte ein, die dem Gefühl in seiner Brust Ausdruck verleihen konnten. Er drehte seinen Kopf zur anderen Seite, wo Sirius saß und ihn mit ebenso vertrauensvollen grauen Augen ansah. „James hat Recht." sagte er. „Ohne dich gibt es keine Rumtreiber. Wer soll denn darauf aufpassen, dass wir uns nicht versehentlich selbst in die Luft jagen?" Ein kurzes, ersticktes Lachen entfuhr Remus, während er immer noch stille Tränen weinte. Dann blickte er zu Boden. „Ich danke euch für euer Vertrauen." sprach er und schluckte hart. „Aber zu bleiben wäre unverantwortlich. Mir ist klar geworden, was für einen Fehler ich begangen habe, als ich nach Hogwarts kam. Ich habe euch alle in Gefahr gebracht, obwohl ich es hätte besser wissen müssen. Wenn noch mehr Schüler mein Versteck entdecken, dann passiert vielleicht doch noch ein Unglück und ich will niemand verletzen. Niemand soll sich wegen meiner Gegenwart fürchten müssen." Seine Stimme war brüchig, aber er klang bestimmt und es erschreckte Sirius, wie erwachsen Remus für sein Alter war. Die Verantwortung, die auf den Schultern seines Freundes lastete, wäre für die meisten Anderen viel zu groß gewesen, aber Remus trug sie mit sich, tapfer und trotz aller Leiden, die ihm widerfahren waren, voller Courage und Aufopferung für andere Menschen und deren Probleme. Die Streitereien mit seinen Eltern kamen Sirius angesichts der Bürde, die Remus aufgeladen worden war, völlig belanglos vor. Ein lautes Quieken ließ die drei Jungen ihre Köpfe zur Tür hin wenden, wo Peter noch immer wie angewurzelt stand. Er hatte seine kleinen Fäuste vor die Brust gepresst und hatte ein verzerrtes Gesicht, die Augen wässriger denn je und den Mund zu einem langen Strich zusammengepresst. Er zitterte. Die ganze Zeit über hatte er mit sich gerungen und versucht seine Ambivalenz gegenüber Remus zu überwinden. Einserseits steckte ihm der Terror, den er in der Nacht empfunden hatte, als sie dem Wolf begegnet waren, noch immer tief in den Knochen. Er musste immer wieder an die knurrenden Laute der Bestie und das splitternde Geräusch von Holz und Knochen denken. Aber dann fiel ihm ein, was für ein toller Freund Remus war. Er war der einzige, der sich mit Peter zusammen hingesetzt hatte, um mit ihm seine Rechtsschreibung zu verbessern. Peter wusste, dass Remus perfekt schrieb und so gut wie nie einen Fehler beging und dennoch hatte er gelogen und mit Peter gemeinsam üben wollen. Peter war vielleicht nicht der hellste Stern am Firmament, aber er hatte es zu schätzen gewusst, dass Remus ihn nicht wegen seiner vielen Fehler in Verlegenheit hatte bringen wollen. Außerdem hatte sich der andere Junge immer Zeit für Peter genommen, auch wenn dieser wieder einmal absoluten Stuß von sich gegeben hatte und das rechnete ihm der kleine Junge mehr als nur hoch an. Und als Peter das alles erkannte, vergaß er seine Angst. Mit der Wucht eines plötzlichen Faustschlags begann Peter zu heulen und stürzte nach vorne. Er ließ sich vor Remus auf den Boden fallen und umschloss Remus Knie mit beiden Armen, wobei er das Gesicht fest gegen die Beine des erschrockenen Jungen presste. Zwischen mark- und beinerschütternden Schluchzern begann er Remus anzuflehen. „Bitte, Remus! Du musst bleiben! Es tut mir so leid, dass ich Angst vor dir hatte, aber ich hab so was noch nie gesehen! Der Wolf war so groß und furchteinflößend, aber du darfst nicht gehen! Bitte, es tut mir leid! Ich wollte mich wirklich nicht vor dir fürchten!" Erstaunt blickten Remus, James und Sirius auf ihren kleinsten Freund hinab, wie er an Remus' Knien klammerte und sie aus großen, nassen Augen heraus ansah. Remus konnte das kaum begreifen. Er war eine grausame Bestie, er hatte seine Freunde in gewaltige Gefahr gebracht und sie fast zweieinhalb Jahre lang belogen und trotzdem wollten sie immer noch mit ihm befreundet sein, wollten ihn bei sich haben. „Siehst du, Remus?" ergriff Sirius schließlich das Wort. „Wir lassen dich nicht gehen. Rumtreiber für immer." Remus schaute in die treuen Augen seiner Freunde. Er nickte lächelnd, die Wangen immer noch feucht, wegen der vielen Tränen. „Wir müssen es einander schwören." sprach James fest entschlossen mit einem heftigen Glitzern in den Augen. „Wir müssen einander schwören, immer Freunde zu bleiben, immer Rumtreiber zu sein, Tunichtgute für alle Zeit." „Ja!" rief Sirius begeistert und hob die rechte Hand, als wolle er einen Eid sprechen. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut!" Sie hoben ihre Hände gemeinsam und Remus durchflutete ein ungeheures Gefühl der Zusammengehörigkeit. Sie sprachen ihren Eid zusammen und die Vierstimmigkeit verlieh dem ganzen eine Ernsthaftigkeit und Kraft, die Remus beinahe dazu gebracht hätte wieder zu weinen, diesmal vor Glück. „Ich schwöre feierlich, ich bin ein Tunichtgut." Und in diesem Moment erkannte Remus, was dies alles wirklich bedeutete: Er hatte sein Pack gefunden. ------------------- A.N.: Ich hätte nicht gedacht, dass mir das Kapitel am Ende doch noch gefallen würde. Es war zuerst ein verquerer Flickenteppich, weil ich so viel unterbringen musste und ich dachte, es würde absolut zusammenhangslos werden. Aber als ich es am Ende noch einmal durchlas, fügte sich alles auf seltsame Art und Weise zusammen. Jetzt bin ich doch recht zufrieden damit. Was meint ihr dazu? ... to be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)