A moment of reflection and deceit von Yusuri (Sparrington) ================================================================================ Prolog: -------- PROLOG --- Die eine Seite --- Es war einmal... Es war einmal ein Mann – ein feiner, ein aufrichtiger Gentleman, war er, so sprachen jene, die sich über ihn zu urteilen anmaßen wollten – den hatte das Leben manch harte, manch bittere Lektion gelehrt. Die Abenteuer, in denen er sich beweisen musste, sind zahllos, die Schlachten, in denen er focht, haben Narben zurückgelassen, in Fleisch und Seele. Er kreuzte die Klinge mit Geistern und befahl über Dämonen, er warf sich fort und erfand sich neu, irgendwo zwischen Verrat und Heldentum. Er ist ein Kämpfer, und ein Träumer, auf seine ureigene Weise: dem Recht sein Leben zu weihen, das war sein Ziel, denn er war unerschütterlich in seinem Glauben an Ordnung und Sicherheit und Zivilisation, ja an das Gute an sich. Dieser Mann bin ich, und dass ich heute den Unterschied zwischen der guten und der rechten Tat begreife, macht es mir nicht einfacher, all jene Versatzstücke meiner selbst zu einer Persönlichkeit zusammenzufügen, mit der ich mich immer noch identifizieren kann. Die Wahrheit ist, seit jener Entschluss gefasst war, dass zumindest in jenem einen, bitteren, entscheidenden Fall das objektive Recht über subjektive Moralvorstellungen steht, meine ich auf mich selbst wie aus weiter Ferne herabzusehen, einem erstaunten, doch passiven Beobachter gleich, der die Handlungen eines Fremden, der da mein Antlitz und meinen Namen trägt, keineswegs billigen kann. Sehr ruhig steht besagter Fremder im Säulengang des Innhofes von Fort Charles, den Blick gesenkt, flankiert von seinen Offizieren, die – oh glückliche Fügung – einmal mehr das Dunkelblau der Royal Navy kleidet, anstelle der Farben der East India Trading Company. Der Großteil der Offiziere ist erschreckend jung, und sie versuchen Haltung zu bewahren, auch wenn sie das Schauspiel, welches sich ihnen wird bieten, im Grunde nicht mit ansehen wollen, ganz im Gegenteil zum versammelten Pöbel, beinahe kann man ihn riechen, den Gestank von Blutgier und Erregung und Schweiß und Angst. Sie warten. Wir warten. Ich warte. Ich warte auf ein Wunder, das niemals wird eintreffen, da all jene, die mich einst an Wunder glauben lehrten, sehr weit fort sind, nicht wiederkehren werden, aus dem einen, dem endgütigen, oder all den anderen möglichen Gründen. Ich warte auf mich selbst. Darauf, dass es mir gelingt, die Stimme der Vernunft zum Verstummen zu bringen und jene der Menschlichkeit zu Wort kommen zu lassen. Ein „Haltet ein“ würde genügen. Doch die Vernunft regiert und diktiert. Sie sagt: Der bedauerliche Umstand, dass auch ein Verbrecher zu Liebe und Hingabe fähig ist, macht ihn gewiss nicht zu einem besseren Menschen. Sie sagt: Man darf niemals Egoismus mit Mitgefühl, Begehren mit Menschlichkeit, verwechseln. Sie sagt: Es war einmal ein Mann, der stand auch im Augenblick größten Zweifels zu seiner Entscheidung, denn er wusste tief in sich, dass er das Richtige tat, wenn nicht für sich selbst, so doch für die Welt, in der er lebte. Sie sagt: Wir belügen uns selbst, wenn wir uns glauben machen, dass alle Märchen glücklich enden. --- Die andere Seite --- Die Sonne steht hoch, an diesem tiefblauen Himmel. Es ist ein schöner Tag. Schon seltsam, dass es der Tag ist, an dem ich sterben werde. Die Würfel sind unwiderruflich gefallen. Diesmal gibt es keinen Papagei, der mir zeigt, dass die Pearl im Hafen von Port Royal vor Anker gegangen ist. Es gibt auch keinen Turner, der mich doch noch in letzter Sekunde rettet und sich schützend zwischen mich und James… Admiral Norrington stellt. Zwischen uns stehen nur wir selber. Nun endlich, macht sich in mir ein Gefühl breit, auf das ich die letzten Tage vergebens gewartet habe. Es bitterlich herbei gesehnt habe. Angst. Da war nur Wut, Wut und Trauer… Nun ist die Wut der Angst gewichen. Ich zwinge mich zu einem trotzigen Lächeln, als der Advokat meine 'Verbrechen’ verliest. Ich lache allen ins Gesicht, der gesamten Aristokratie, den Offizieren und dem einfachem Volk. Und ihm. Ich werde niemandem die Genugtuung geben, mich zusammen brechen zu sehen. Auch ihm nicht, nicht noch einmal. In den letzten Tagen hatte ich mir immer wieder eingeredet, war fast davon überzeugt, dass ich stark genug sein werde. Dem Galgen mit erhobenem Haupt entgegen zu treten. Jetzt allerdings, bin ich gar nicht mehr so sicher. Ich sehe in die verlogenen Gesichter der Masse, die es kaum erwarten kann, dass mich der Schafrichter endlich in die Hölle schickt. Die sonst so braven Bürger… Ich persönlich konnte dem Töten noch nie etwas abgewinnen, aber hier ist es anscheinend so etwas wie ein Vergnügen, böse Piraten hängen zu sehen. Wie auch immer… Endlich sehe ich zu James. Ein Gefühl von Triumph überkommt mich durch die Tatsache, dass er mir nicht in die Augen sehen kann. Mir nicht in die Augen sehen will. Ihm habe ich das alles zu verdanken. Glückwunsch, Schätzchen. Dir ist es wirklich gelungen, Captain Jack Sparrow zu schnappen. All das erscheint gerade so kleinlich. Eine Frage steht allerdings noch unbeantwortet im Raum. Nicht, warum er MIR das antut, sondern warum er SICH das antut. Die rauen Hanfseile reiben schmerzend an meinen Gelenken und meine Hände sind schon fast taub, sind die Fesseln doch viel zu eng. Ich muss mich zusammen reisen. Langsam aber sicher überkommt mich pure Panik. Verdammt! James! Ich will nicht sterben. Nicht hier, nicht jetzt und vor allem nicht so. Kurz werfe ich ihm einen vorwurfsvollen, fast flehenden Blick zu, doch er würdigt mich nicht mal eines Blickes, versteckt sich stattdessen hinter einer Maske aus Eis. Ich muss mich jetzt zusammen reisen! Er wird nichts tun und ich bin allein. Doch ich weiß, dass auch er es nicht will. Neben der Erfüllung seiner Pflicht, räumt er auch noch die 'Versuchung' bei Seite. Wirklich clever. Kurz überkommt mich ein Lächeln und mein Blick wird fester, während ich nur darauf warte, dass seine Augen auf meine treffen. Er schuldet es mir… Der Notar hat seinen Monolog zu meinem Bedauern inzwischen beendet und erst jetzt werden mir meine weichen, zittrigen Knie bewusst. Ich schlucke schwer. Dass ist also das Ende. Aus den Augenwinkeln bemerke ich, wie der Henker hinter mich tritt, doch eigentlich gibt es gerade nur uns beide. James und mich. Im Stillen formen sich auf meinen Lippen drei kleine Worte, unhörbar und unlesbar für alle, denen sie nicht gewidmet sind. Ich liebe dich. _ _ _ Tbc? 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