Der Weg zum Glück von Lady_Ocean ================================================================================ Kapitel 7: Wer mit dem Feuer spielt... -------------------------------------- Diesmal hat es ein klein wenig länger gedauert als eingeplant, ich weiß, aber ich war die letzten zwei Tage auf Exkursion und bin damit nur in der Weltgeschichte herumgelaufen/-gefahren, also war da nix mit Computer und allem, was so damit zusammenhängt ^^. Na ja, ihr habt es überlebt, oder *g*? Eine kleine Bitte hätte ich noch, wenn euch Rechtschreibfehler auffallen: Ich bin ziemlich perfektionistisch, daher würde es mich freuen, wenn ihr mir die Sachen konkret sagen könntet, die noch nicht stimmen, falls es euch nicht zu viel Mühe macht. Denn auch bei der Beta geht ja gelegentlich noch das ein oder andere Fehlerchen durch die Lappen. Das wär lieb ^^. Und ansonsten - die meisten haben es inzwischen wahrscheinlich sowieso schon mitbekommen - gibt es zu dieser FF jetzt auch einen Zeichenwettbewerb! Klayr und ich würden uns natürlich freuen, wenn ihr fleißig mitmacht ^^. http://animexx.onlinewelten.com/wettbewerbe/wettbewerb.php?id=29181 Und nun wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen! -~*~- Disclaimer: Die Charas gehören (bis auf wenige Ausnahmen) nicht uns, sondern Clamp. Wir wollen kein Geld damit verdienen, sondern nur unterhalten. Erstschreiber des Kapitels: Klayr_de_Gall Kapitel: 7/26 -~*~- „Die großen Tugenden machen einen Menschen bewundernswert, die kleinen Fehler machen ihn liebenswert.“ (Pearl S. Buck) -~*~- Wer mit dem Feuer spielt… „Papa, Papa, Papa! Kann ich biiiitte noch ein paar Cornflakes haben?“ Fröhlich wippte Tomoyo mit den nackten Füßen, während sie ihrem Vater eifrig die Schüssel so weit wie möglich über den großen Küchentisch entgegenstreckte. Dieser gähnte erst einmal hingebungsvoll. „Du hattest doch schon zwei Schüsseln.“ „Aber wenn sie doch so super lecker sind!“ „Da ist eine halbe Tonne Zucker drin. Wie können die lecker sein?“, kommentierte Kurogane, der skeptisch auf die große Pappverpackung starrte, auf der bunte Flakes in Ringform abgebildet waren. Den süßlichen Geruch nahm er bis hierher war. „Na genau deswegen ja! Bitte!“ Da die Kleine so schnell nicht aufgab, gab sich der Schwarzhaarige bald geschlagen und füllte die Schüssel noch ein weiteres Mal mit diesen Zuckerbomben. So früh am Morgen – wohlgemerkt, acht Uhr war früh! Zumindest am Wochenende brauchte er erst einmal eine anständige Tasse schwarzen Kaffee, um diskussionsfähig zu sein. Und zu Tomoyos Glück hatte er die noch nicht intus, denn die Kaffeemaschine hört gerade erst auf zu gluckern. Brummend erhob der Schwarzhaarige sich und schenkte sich eine große Tasse von dem diesmal recht stark geratenem Getränk ein. Es war wohl bezeichnend für die Essgeschwindigkeit seiner Tochter, dass sie in der Zeit, in der eine Kanne Wasser durch die Maschine lief, zwei Schüsseln voller ungesunder Getreideflockendinger schaffte. Sollte er sich vielleicht Sorgen machen...? „Yummi, war das lecker!“, verkündete Tomoyo schließlich nach kürzester Zeit. „Ich glaube, jetzt bin ich echt satt.“ „Na, das glaub ich. Hast ja auch mehr als genug von diesem komischen Zeug gegessen.“ Nachdem Kurogane sich mitsamt der Kaffeekanne zurück an den Tisch verzogen hatte, angelte er nach der Morgenzeitung und verschwand augenblicklich dahinter. Es war ja nicht so, dass er sich nicht für seine kleine Tochter interessierte, aber deswegen musste er noch lange nicht an allem, was sie sagte oder tat, Interesse zeigen. Und die Vierjährige machte ihm eh mal wieder einen Strich durch die Rechnung und störte seine Ruhepause. Sie schlüpfte einfach unter der Zeitung hindurch und kletterte frech auf seinen Schoß. So hatte sie augenblicklich wieder die volle Aufmerksamkeit ihres grummeligen Vaters. „Aber Papa, wie kannst du sagen, dass es komisch ist? Du hast es doch noch nie gekostet!“ „Hab auch nicht das Bedürfnis. Und jetzt geh spielen.“ Konnte man nicht einmal morgens eine halbe Stunde Ruhe haben? Doch die Kleine dachte natürlich nicht daran, sich schon geschlagen zu geben, und fischte nach der großen Pappverpackung, holte eines der süßen Knusperdinger heraus und hielt es ihrem Vater unter die Nase. „Probier doch mal. Die schmecken wirklich gut.“ Trauherzig sah sie ihn an. Kurogane seufzte gequält. „Ich mag nichts Süßes.“ „Dann später?“ „Ich mag überhaupt nie etwas Süßes!“ Wieso waren Kinder nur so schwer von Begriff? Die Vierjährige blickte ihren Papa verständnislos an. „Aber wieso denn nicht? Dabei schmeckt es doch so gut.“ „Frag nicht nach dem Wieso. Wenn ich so was nicht mag, dann mag ich’s halt nicht, okay?“ „Aber wenn du nicht mal gekostet hast...“ Oh Mann! Woher hatte sie diese Logik? Aus dem Kindergarten oder von Soma? Von ihm jedenfalls nicht, so viel stand fest, denn dann wäre er ja schön dämlich. Aber innerlich grinsen musste Kurogane schon. Sie würde mal genau so ein Dickkopf werden wie ihr Vater. Jetzt tippte sie mit dem gezuckerten Getreideflockenring gegen die Lippen. „Mach ‚Ahhh~’!“ „Ich hab doch gesagt, dass ich nicht wi-“ Aber Tomoyo nutzte die Chance und schob dem Schwarzhaarigen den Kringel in den Mund. Kurogane musste erschrocken husten und verzog sofort das Gesicht. „Bäh! Ist das eklig süß!“ Kichernd flüchtete seine Tochter schnell aus seiner Reichweite. Nicht, dass er sie noch zu fassen bekam und schimpfte. „Gar nicht! Das ist lecker! „Mach das ja nie wieder!“ Natürlich regte Kurogane sich darüber auf. So ließ er sich ungern behandeln, selbst von seiner Tochter nicht. Aber die Dunkelhaarige war schneller und darauf vorbereitet gewesen, immerhin konnte sie doch langsam ein wenig einschätzen, wie ihr Vater reagierte, und lief immer noch kichernd zur Küchentür. „Ich geh spielen!“ Und husch - war sie weg. Etwas angesäuert blickte der Schwarzhaarige ihr nach und nahm erst einmal einen großen Schluck Kaffee, um den Zuckergeschmack los zu werden. Widerlich!!! Kinder dachten auch echt, die durften sich alles erlauben! Nachdem der Tag so blendend begonnen hatte, verging der Rest des Vormittags dann aber doch noch friedlich. Tomoyo beschäftigte sich die meiste Zeit über allein, also konnte ihr Vater in alle Ruhe weiterlesen und schließlich den Frühstückstisch abdecken. Über Zeitung und Kaffee schnell die Zeit vergessend, war es schon bald nach Zwölf und nachdem beide zum Mittag eine leichte Nudelsuppe gegessen hatten, ging die Vierjährig ohne Protest in ihr Bett, Mittagschlaf machen. Nachdem sie sich im Schlafanzug noch ein „Schlaf-Schön-Küsschen“ von ihrem Papa abgeholt hatte, ließ sie keinen Ton mehr verlauten und kuschelte sich ein, war schon bald im Land der Träume versunken. Kinder in dem Alter brauchten halt wirklich noch ihren Mittagschlaf. „Papa~?“ Es waren etwas mehr als zwei Stunden vergangen, bis Tomoyo schließlich ihren vom Schlaf verwuschelten Schopf zur Wohnzimmertür hereinsteckte. Kaum hatte sie ihren Vater entdeckt, der gelangweilt auf der Couch lag, kam sie auch schon zu ihm hinüber und kletterte ebenfalls hoch, um es sich auf seinem Bauch für einen Moment gemütlich zu machen. Das Mädchen teilte die Ansicht vieler kleiner Kinder: Väter waren die bequemste Matratze der Welt! Kurogane ließ sie gewähren. „Was gibt’s?“ Dass die Kleine sich schon wieder umgezogen hatte, registrierte er mit Zufriedenheit. „Ich bin wieder wach“, erklärte sie ihm, als ob er es noch nicht selbst gemerkt hätte. „Und auch gar nicht mehr müde!“ Lächelnd wuschelte er ihr durch die dunklen Locken und brachte sie nur noch mehr durcheinender. „Und, gut geschlafen?“ „Japp! Hast du auch geschlafen, Papa?“ „Nein, fern gesehen.“ Nachdenklich und neugierig blickte sie in das markante Gesicht ihres Vaters, der recht desinteressiert für einen Moment auf die Mattscheibe sah, wo gerade Werbung für ein Medikament lief. „Warum müssen Erwachsene keinen Mittagschlaf machen?“, erkundigte sie sich dann todernst. Das war eine der Fragen, die ein Kind wirklich beschäftigten. Kurogane verdrehte die Augen. „Ist halt so. Ihr macht doch im Kindergarten auch Mittagschlaf, oder?“ Sie nickte. „Dann frag doch mal dort, warum ihr das macht.“ „Hm...du, Papa?“ Jetzt sah sie ihn ganz groß an. „Gestern im Kindergarten...das Backen hat soooo viel Spaß gemacht! Können wir heute nicht auch backen?“ Vor Schreck wäre der Schwarzhaarige fast von der Couch gefallen. Um Gottes Willen, bloß nicht!!! Ihm war der gestrige Tag nur zu gut in Erinnerung geblieben, mit all den grausigen und nervigen Kindern, dem Geschrei und dem herumfliegenden Mehl. Und allen voran dieser ewig grinsende Vollidiot! Okay, weder der noch die anderen Kindergartenkinder waren hier, aber trotzdem! Nein, Danke! „Kommt nicht in Frage!“ Tomoyo zog bei seinem rüden Ton einen Schmollmund. Sie hatte doch nicht ernsthaft erwartet, er würde zusagen? Doch noch wollte sie keinen Rückzieher machen. „Aber es macht doch Spaß!“ „Ich sagte nein! Ich bin doch nicht lebensmüde, das hat mir gestern vollkommen gereicht!“ Er wurde schon wieder eine Spur zu laut, aber wenn er nun einmal „nein“ sagte, regte es ihn erst recht auf, dass sie immer weiter bettelte! Hatte Soma dem Kind keine Manieren beigebracht oder was? Okay, unterm Strich sollte ER sich darüber nicht aufregen, denn es wäre seine Aufgabe gewesen, das Mädchen zu erziehen, und nicht die irgendeiner eigentlich fremden Frau. Aber das war jetzt nicht der Knackpunkt. Der Punkt war- „Hat es dir denn gestern gar nicht gefallen, Papa?“ DA! Sie versuchte es schon wieder! „Kein Stück! Wie sollte es auch - bei den Plagegeistern!“ „Das sind keine Plagegeister, das sind meine Freunde!“ Jetzt wurde auch Tomoyo langsam böse. Sie hatte ihren Papa lieber als alle anderen, aber wenn er so böse Sachen sagte, dann mochte sie ihn gar nicht mehr. Und jetzt beleidigte er auch noch ihre Freunde! „Tze! Die sind genauso nervig und frech wie alle anderen kleinen Kinder!“ Mit einem empörten Schnauben rutschte Tomoyo vom Sofa und blickte ihren Vater strafend an. „Papa, du bist gemein!“ Dann drehte sie sich um und stampfte beleidigt aus der Stube. „Jetzt schmoll nicht auch noch rum wie ein zickiges Kleinkind!“, beschwerte sich Kurogane lauthals, bekam aber keine Antwort. Immerhin WAR sie ein Kleinkind! Und im Moment auch noch ein recht nerviges! Von dem eigentlich eindeutigen Verbot ihres Vaters nahm Tomoyo nur zur Kenntnis, dass er nicht mitmachen wollte. Immer noch schmollend darüber, was er gesagt hatte, setzte sie sich in der Küche auf einen Stuhl und sah sich um. Moment...wofür brauchte sie denn ihren Papa zum Backen? Die Idee, die ihr kam, gefiel ihr auf Anhieb fabelhaft und sie sprang auf. Wäre doch gelacht, wenn sie das nicht allein konnte! Schließlich war sie schon groß! Und sie wusste ja nun, wie das ging! Mit fröhlichem Gekicher lief sie zum Herd. Da würde ihr Paps aber Augen machen, wenn sie ihm schließlich ihre tollen Plätzchen präsentierte! Neugierig betrachtete sie die Knöpfe am Bedienfeld. Ärgerlich, dass die alle gleich aussahen. Aber dennoch drehte sie aufs Geratewohl einfach mal an allen etwas herum. Der richtige würde schon dabei sein. Dann tänzelte sie zum Stuhl und schob ihn mit Müh und Not bis zu der Anrichte, genau unter den Hängeschrank, den Soma immer als „Bäckerschrank“ bezeichnet hatte. Da war alles drin. Mehl, Zucker und...ähm, alles, was man halt noch so gebrauchen konnte. Auch der scharfe Chili von ihrem Papa. Es war gar nicht so leicht für die Vierjährige, auf den Stuhl zu klettern, und schließlich auch noch auf die Arbeitsfläche, denn nur von da aus kam sie an den Schrank heran. Hier gab es echt viele Sachen... Tomoyo betrachtete alles staunend. Die Packung Mehl erkannte sie an dem Bild, das darauf abgebildet war, und musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um nach ihr zu angeln. Aber die schwere Packung entglitt ihren kleinen Fingern und fiel neben ihr auf die Anrichte, platzte mit einem lautem PUFF auf und verstreute das ganze Mehl über den Boden, die Platte und ihre Füße. Tomoyo kicherte. „Oh-oh. Jetzt ist sie explodiert.“ Aber immerhin hatte sie das Mehl nun draußen! Nachdem sie auch noch den Zucker – diesen bei weitem sicherer und im Ganzen – aus dem Schrank genommen hatte, tappte sie über die Anrichte weiter, kletterte durch die Spüle und nahm aus einem Schrank auf der anderen Seite eine große Schüssel heraus. Über die weißen Mehlfußabdrücke, die sie hinterließ, musste die Kleine glucksen. Schließlich kletterte sie wieder wohlbehalten hinunter und nachdem sie alles zum Tisch getragen und ihren Zutaten auch noch Milch aus dem Kühlschrank hinzugefügt hatte, erklomm sie den nächsten Stuhl und machte sich munter ans Teigmischen. So schüttete Tomoyo das Mehl und den Zucker zusammen, um dann alles mit Milch zu verrühren, und sang nebenher ein Kinderlied. Backe, backe Kuchen, der Bäcker hat gerufen. Wer will schönen Kuchen backen, der muss haben sieben Sachen, Zucker und Salz, Eier und Schmalz, Milch und Mehl, ... Schließlich stoppte sie abrupt und sah auf ihre verklebten Hände. „Eier! Die fehlen noch!“ Begeistert von ihrem Einfall und in der Hoffnung, dass der suppige Teig dadurch besser werden würde, lief sie zum Kühlschrank und nahm zwei Eier heraus, zögerte, tat sie wieder rein und nahm dann statt der braunen die weißen. Eier sollten schon weiß sein, sonst waren es keine Eier. Aber diese entglitten ihren klebrigen Fingern und zermatschten laut auf dem Boden. Auf das leise, aber dennoch alarmierende Geräusch, dass etwas zerbrochen war, hob Kurogane seinen Blick von dem Buch, in dem er gerade las. Bis eben hatte er noch stur alles ignoriert, was er gehört hatte, zumal durch die geschlossene Küchentür eh kaum etwas nach draußen dringen konnte. Aber nun fragte sich der schwarzhaarige Mann zum ersten Mal ernsthaft, was seine Tochter da eigentlich tat. Er hatte angenommen, sie spielte in ihrem Zimmer, denn von der Küche aus gelangte sie auch dorthin, ohne durchs Wohnzimmer gehen zu müssen, aber anscheinend hatte er sich getäuscht. Aufgestanden und zur Tür gegangen war er schnell, aber kaum dass er dieser geöffnet hatte, erstarrte er mitten in der Bewegung. Dass in der Küche ein heilloses Chaos herrschte, nahm er gar nicht wirklich wahr, seine ganze entsetze Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf Tomoyo, die sich mit einer Hand am Herd festhielt und sich nach den darüber hängenden Küchentüchern ausstreckte. Und ihre Hand lag nur wenige Zentimeter neben der rot leuchtenden Herdplatte. Während sie wackelig auf Zehenspitzen stand, rutschte ihre Hand noch näher an den glühenden Kreis. So schnell war der Schwarzhaarige noch nie durch die Küche gesprintet. „TOMOYO!!! Was fällt dir ein?!“ Kurogane packte sie am Arm und zog sie mit einem Ruck vom Herd weg, drehte alle Platten aus. Nicht nur, dass man die zum Backen gar nicht brauchte...! „Das ist kein Kinderspielzeug!!! Ohne die Aufsicht eines Erwachsenen hast du da nicht ranzugehen, hast du verstanden?!“ „Aber...“ „HAST DU VERSTANDEN??!“ Tomoyo schluchzte auf, als ihr Vater sie plötzlich so anschrie, denn sie verstand nicht warum, sie wollte doch nur backen... „Ja...aber du hast...du wolltest...“ „Nichts, ich! Wie dumm bist du eigentlich, am Herd herumzuspielen! Den hast du nicht anzufassen, da kann sonst was passieren!“ „Ich bin nicht dumm!!!“, heulte sie. „Doch, verdammt! Dumm und leichtsinnig und ein Sturkopf! Was hast du dir dabei gedacht?!“ „Ich wollte doch nur Plätzchen backen.“ „Und ich hab gesagt, wir backen keine! Geht das nicht in deinen Dickschädel oder was?!“ Wild schüttelte sie ihren Kopf, so dass die lange, dunkle Mähne von einer Seite auf die andere flog. „Ich hab dich nicht mehr lieb!!!“ Dann drehte sich Tomoyo heulend um und stürmte in ihr Zimmer. Auch auf das „Hier geblieben, du freches Biest!“ von ihrem Vater reagierte sie nicht. Ihre Kinderzimmertür krachte laut ins Schloss. Verdammte Göre!!! Als ob sie auch noch ein Recht darauf hatte, ihm nun eine Szene zu machen! Was dachte sie, wer sie war? Vielleicht die Queen? Noch nicht mal die durfte sich alles erlauben! Und so eine kreuzgefährliche Aktion schon gar nicht! Kurogane spürte immer noch, dass sich sein Herz noch nicht ganz dazu durchringen konnte, wieder normal und regelmäßig zu schlagen, aber wenigstens war Tomoyo nichts Schlimmes passiert. Sie heulte zwar jetzt wie ein Schlosshund und hasste ihn wahrscheinlich dafür, aber ihre Finger waren noch dran und das war die Hauptsache. Wenn sie sich beruhigt hatte, würde er versuchen, es ihr noch einmal in Ruhe zu erklären. Mit einem gereizten Knurren besah er sich das Chaos, das sie angerichtet hatte, verspürte aber wenig Lust, es zu beseitigen. Das würde die Kleine dann schön selber machen, vorher würde er sich rigoros weigern, etwas zum Abendbrot zuzubereiten! Schweigend verließ Kurogane die Küche und betrat sein Arbeitszimmer. Ablenkung. Das war es, was er jetzt brauchte. Irgendwo hier müssten eigentlich noch Berichte herumliegen, die es fertig zu schreiben galt, Suspendierung hin oder her. So richtig frei hatte man halt nicht mal dann, wenn man zwangsbeurlaubt war. Leise vor sich hinfluchend wühlte er die Unterlagen auf seinem Schreibtisch durch. Der Schwarzhaarige führte hier ein System nach dem Motto: „Nur ein Kleingeist schafft Ordnung, ein Genie überblickt das Chaos“, was sich in einer Regelmäßigkeit von drei Tagen darin äußerte, dass sich ein gut zwanzig Zentimeter hoher Berg an Schreibzeug dort auftürmte und immer weiter anzuwachsen pflegte, bis entweder alles einfach in den Müll flog, egal ob es wichtig war oder nicht, oder er die Muse hatte aufzuräumen. Wohlgemerkt, die hatte er recht selten. Desinteressiert begann Kurogane, in dem Berg aus Blättern, Berichten und Arbeitszeug herumzustochern. Etwas geriet hier und da ins Rutschen, mit Ach und Krach bewahrte er seinen Laptop davor, auf den Boden zu scheppern und ein paar Stifte klapperten hinter dem Schreibtisch herunter, wo er sie nur wieder würde hervorholen können, wenn er das ganze Mobiliar verschob. Der Schwarzhaarige fluchte leiste, aber nur halbherzig. In Gedanken war er immer noch bei den Folgen, die Tomoyos Abenteuer hätte haben können, wenn er nicht im letzten Moment dazwischen gegangen wäre. Nach ein paar Minuten hatte er endlich gefunden, was er suchte, und zog den schwarzen Schnellhefter aus einem wackligen Turm von beruflichen und persönlichen Unterlagen, der sich dadurch gefährlich verschob und nach einigen kritischen Sekunden zur Seite kippte. Laut klatschten die Hefter und Broschüren auf den Teppich. „Verdammte Scheiße!“ Mies gelaunt trat Kurogane den Blätterhaufen und einzelne Seiten flatterten durchs Zimmer. Gerade als er erneute zutreten wollte, fiel sein Blick auf eine bunte Mappe, an die er sich nicht erinnern konnte, sie je besessen zu haben. Was tat dieses widerwärtig bunte Ding auf seinem Schreibtisch? Das gehörte bestimmt Tomoyo. Aber warum war es dann hier? Wenn die Kleine eins begriffen hatte, dann dass das Arbeitszimmer ihres Vaters für sie und vor allem für ihre Spielsachen Tabu war, denn er neigte zu Wutanfällen, wenn er hier auch nur ein Kuscheltier oder sonst etwas Buntes vorfand. Auch beim Anblick dieser Pappmappe stieg sofort die Wut in ihm wieder hoch, aber er schluckte sie herunter. Sie hatte etwas von bitterer Galle. Statt die Mappe wieder wegzuschmeißen, wie er es ursprünglich wollte, ließ er sich auf seinem Schreibtisch nieder, wodurch erneut irgendwelche Dinge zu Boden segelten. Es störte ihn wenig. Stattdessen schlug er neugierig geworden seinen Fund auf. Im nächsten Augenblick fühlte er sich wie ins Gesicht geschlagen. Was er hier vor sich hatte, war eine Kinderzeichnung, zweifellos. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelang es ihm, das, was er früher schnell als sinnloses Gekritzel abgestempelt hätte, zu erkennen. Bald war Kurogane klar, dass die beiden Strichmännchen auf dem Blatt ihn und Tomoyo darstellen sollten. Unbeholfen und doch liebevoll hingemalt mit vielfarbigen Wachsstiften. ... Seit wann lag das wohl hier? Wieso hatte seine Tochter ihm das nicht direkt gegeben? Plötzlich fühlte sich Kurogane nur noch mies, seine Kleine so angeschrieen zu haben. Seine Wut war mit einem Mal verraucht. Natürlich hatte sie eine große Dummheit begangen, das stand außer Frage, aber wie sollte man da noch sauer sein können, wo sie es doch so lieb gemeint hatte...? Eine böse Absicht hatte auf keinen Fall dahinter gesteckt, das war ihm klar, nur die Folgen - das, was hätte passieren können - hatten ihn so aus der Fassung gebracht. Aber er hatte überreagiert. Das merkte er jetzt, wo sich sein überhitztes Gemüt wieder abgekühlt hatte. Seufzend verließ er sein Arbeitszimmer und ging den Flur hinunter, klopfte an Tomoyos verschlossene Tür. „Tomoyo? Kleines...darf ich reinkommen?“ Kurogane schwieg betreten, als eine Antwort ausblieb und seufzte schwer. Oh, was hatte er da nur wieder angerichtet? Wieso musste er sich nur immer so vergessen? Dabei hatte er doch nichts Böses gewollt... Er warf einen Blick auf die Mappe, die er noch immer in der Hand hielt, und fasste einen Entschluss. „Ich komm jetzt rein.“ Doch kaum dass er die Kinderzimmertür geöffnet hatte, wurde er von einem Kuscheltier an der Schulter getroffen. Mit verheultem Gesicht blickte ihm seine kleine Tochter vom Bett aus griesgrämig an. „Geh weg!!!“ „Tomoyo, ich...“ Dem nächsten Flugobjekt konnte er gerade so ausweichen. „Du bist ungerecht! Geh weg, weg, WEG!!!“ Er hatte sie wirklich schwer verletzt mit seinem Gebrüll vorhin. Um Tomoyo nicht noch mehr Gründe zum Aufregen zu geben, verließ der Schwarzhaarige das Zimmer wieder und lehnte sich an die Wand. Auch wenn sie ihn nun nicht mehr sah, hören konnte sie ihn weiterhin durch die offen stehende Tür. „Hör zu, Kleines. Es tut mir leid, dass ich dich angeschrieen habe“, begann er nun ruhig und hoffte, dass sie ihm Gehör schenkte. „Lass uns reden. Lass mich dir erklären, warum ich so reagiert habe, okay?“ Das Geräusch leiser Schritte wurde hörbar und er wusste, dass Tomoyo jetzt am Türrahmen stand. Sie mussten sich beide überwinden, die beiden Dickköpfe. „Es tut mir wirklich leid, glaub mir bitte.“ „... Na gut...“ Unsicher schniefend lugte sie um die Ecke und sah mit rot geweinten Augen zu ihm auf. Ein Anblick, bei dem sich Kuroganes Magen verkrampfte. Und das alles nur seinetwegen... „Danke, Schatz.“ Langsam ging er vor ihr in die Hocke und strich behutsam ein paar Tränen von den hellen Wangen. Mit einem lauten Schluchzer drückte das kleine Mädchen sich fest an ihren Vater und die nächsten Tränen kullerten unaufhaltsam, sickerten in den Stoff seines schwarzen Hemdes. Sanft nahm Kurogane sie in den Arm. „Shh~shhhh~.“ Ach, was hatte er nur angestellt? Er kam sich so mies vor, seine Kleine dermaßen zum Weinen gebracht zu haben. Natürlich war es sein Recht gewesen, mit ihr zu schimpfen, immerhin hatte sie die Küche in ein Schlachtfeld verwandelt und sich obendrein noch selbst gefährdet, aber er war wirklich viel zu laut geworden. „Ist ja gut, Liebes...ist ja gut.“ So richtig konnte sie sich noch nicht beruhigen und so nahm der Schwarzhaarige sie auf den Arm und ging wieder in das Kinderzimmer, nahm mit Tomoyo auf dem Schoß auf dem Bett Platz. Sie klammerte sich noch immer an ihn, das Gesicht in seiner Brust vergraben. „Hör zu, Tomoyo... Es war nicht böse gemeint, das musst du mir glauben.“ Beruhigend strich er durch die langen, weichen Locken. „Ich wollte nicht so gemein werden. Ich bin nur so wahnsinnig erschrocken, als ich in die Küche gekommen bin. Was alles hätte passieren können... Du hast dir fast die Hand verbrannt - und das hätte sehr, sehr weh getan.“ Schon allein bei der Erinnerung daran, wie ihm bei dem Anblick fast das Herz stehen geblieben wäre, schüttelte ihn etwas. „Deswegen bin ich auch so wütend geworden. Ich hatte Angst, dass du dir weh tust.“ Dunkle, wässrige Augen sahen scheu zu ihm auf. „Hast du...mich denn jetzt noch lieb, Papa...?“ „Aber natürlich, Kleines. Wie könnte ich nicht? Ich hatte nur Angst um dich in dem Moment. Und deshalb bin ich etwas zu laut geworden. Das tut mir leid.“ Es war fast schon seltsam, aber es fiel ihm nicht halb so schwer wie angenommen, sich so ernsthaft bei seiner Tochter zu entschuldigen. „Ist schon gut Papa.“ Tomoyo umarmte ihn ganz fest. „Ich bin ja auch Schuld...und ich hab dich immer noch genauso doll lieb wie immer!“ „Da bin ich aber erleichtert!“ So schnell konnte man also so groß gemachte Probleme aus der Welt schaffen. Zufrieden kuschelte sich Tomoyo an ihn, während nun endlich auch die letzten Tränen trockneten. „Du...Papa?“, flüsterte sie irgendwann schüchtern und da er sich schon denken konnte, was sie wollte, seufzte er schwer. „Okay, dann lass uns halt zusammen backen. Es kann ja nicht so schwer sein.“ Keine zehn Minuten später, als sie endlich zusammen in der ohnehin schon verwüsteten Küche standen, sah das mit dem Schwierigkeitsgrad dann aber ganz anders aus. „Papa, ich denke, Zucker muss auf jeden Fall rein!“ „Wieso das denn? Dann wird es doch süß.“ Schon bei der Vorstellung wurde Kurogane etwas anders und er verzog demonstrativ das Gesicht. „Lieber sollten wir Salz rein tun, das gehört in jedes anständige Gericht.“ „Igitt!!! Man kann doch nicht überall Salz reintun!“ „Doch, ich kann das.“ „Du tust auch überall Chili rein, Papa!“, rief Tomoyo vorwurfsvoll. Im nächsten Moment war sie entsetzt, denn ihr Vater schien das auch noch für eine gute Idee zu halten. „Warum eigentlich nicht?“ Er war schon auf halbem Weg zu dem Schrank, in dem er das Chilipulver aufbewahrte, da packte ihn Tomoyo um die Knie und brachte ihn beinahe zu Fall. „Nicht, Papa! Kein Chili! Ich mag es doch nicht, wenn es scharf ist!“ Somit war diese Zutat schon einmal abgehakt und sie wandten sich anderen Sachen zu. Da Tomoyo sich zu erinnern meinte, sie hätten auf jeden Fall Mehl genommen und auch Milch und Eier, waren diese drei Dinge die Grundlage ihres Teiges. Aber selbst mit viel Fantasie hatte sich die glitschige weiße Masse nicht als Plätzchenteig identifizieren lassen, und so waren sie – schon über und über mit Mehl beschmiert – zu dem Schluss gekommen, dass das nicht alles gewesen sein konnte, dass noch irgendwas Wichtiges fehlte. „Wie wär’s damit?“ Die Vierjährig zog ein Glas aus dem Kühlschrank, was ihr Vater kritisch in Augenschein nahm. „Majonaise?“ „Ich finde, sie sieht lecker aus! Können wir was davon rein tun, Papa? Bittebitte!“ „Na meinetwegen.“ Der Schwarzhaarige sah zwar nicht unbedingt überzeugt aus, aber es konnte ja nicht mehr schlimmer werden. Mit der Zeit gesellten sich noch Cornflakes, eine handvoll Weintrauben und ein beherzter Schwapp Speiseöl zu ihrem „Experiment“, bis sie schließlich aber einsehen mussten, das hier irgendetwas gehörig schief gelaufen war. Die Masse – Kurogane sah seit etwa einer halben Stunde davon ab, es noch „Teig“ zu nennen – war zähflüssig und gelblich braun und roch grauenhaft! „Also, Papa...“, begann Tomoyo, die auf einem Stuhl stand und skeptisch in die Schüssel blickte. „Ich glaube, wir haben etwas falsch gemacht.“ „So, glaubst du? Und wie kommst du darauf?“ Der Sarkasmus in Kuroganes Stimme war deutlich hörbar, aber da die Kleine nichts damit anfangen könnte, überging sie den Ton. „Irgendwie sah der Teig gestern ganz anders aus. Tun wir ihn trotzdem in den Ofen?“ „Wenn du darauf bestehst.“ Und das tat sie. Also portionierten sie das klebrige Zeug mit Löffeln zu kleinen Haufen und schoben es dann in den Backofen, wobei Tomoyo lieber aus sicherer Entfernung zusah, damit sie nicht aus Versehen etwas Falsches tun und ihren Papa reizen konnte. Nachdem Vater und Tochter sich nach kurzer Beratung auf die höchste Temperatur und eine halbe Stunde Backzeit geeinigt hatten – schließlich war ihre Kreation wesentlich flüssiger als die vom Vortag – hieß es nur noch warten. Als das Telefon im Flur klingelte, war Fye gerade fertig mit Abwaschen und wechselte einen überraschten Blick mit Chii. Das blonde Mädchen lächelte kurz und ging dann aus der Küche um abzunehmen, denn ihr blonder Mitbewohner hatte noch immer nasse Hände. „Hallo? Hier bei Flourite, was kann ich für Sie tun?“ „Hallo!“, meldete sich eine helle Kinderstimme am anderen Ende. „Hallo, hallo? Hörst du mich, du da?“ Ein „Tomoyo, bitte“, war im Hintergrund zu hören, offensichtlich ihr Vater, denn die Kleine nannte ihn auch kichernd „Papa“, bevor sie wieder in den Hörer sprach. Chii hielt nachdenklich den Kopf schief. Diese Männerstimme...irgendwoher... „Hallo? Hier ist Tomoyo“, fing das kleine Mädchen schließlich noch einmal an. „Ist Nii-chan da?“ „Nii-chan?“ Verwirrt runzelte das langhaarige Mädchen die Stirn. „Oh, jemand aus dem Kindergarten?“, kam es aus der Küche und Fyes blonder Schopf tauchte im Türrahmen auf. „Wer ist denn dran?“ Ach so! „Du meinst Fye-san, nicht wahr, Tomoyo-chan?“ Am anderen Ende der Leitung war ein heftiges Rascheln zu hören, gefolgt von einem genervten Seufzen. „Sie sieht doch nicht, dass du nickst.“ „Oh, ach so. Ja. Ja, ich meine Fye-nii-chan!“ Ach, die Kleine war ja goldig! ‚Für dich’, formte Chii lautlos mit den Lippen und der Kindergärtner, der sich das bei der Erwähnung des Namens „Tomoyo“ schon gedacht hatte, beeilte sich, die Hände abzutrocknen. „Gleich.“ „Ja, er ist da, Tomoyo-chan, er kommt gleich.“ „Fein!“ Da die junge Frau Kinder sehr mochte, sprach sie einfach noch etwas mit der Kleinen. Manchmal wünschte sie sich, sie könnte mit ihrem Mitbewohner im Kindergarten arbeiten, aber das ging ja nicht, schließlich musste sie eigentlich in die Schule. „Wie alt bist du denn, kleine Tomoyo?“ „Ich bin schon vier!“, kam es wie aus der Pistole geschossen, was Chii ein wenig kichern lies. Kleine Kinder waren immer so unheimlich stolz auf ihr Alter. Richtig niedlich. „Und du? Bist du Nii-chans Freundin?“ „Aber nicht doch! Ich bin so was wie eine kleine Schwester. Er ist übrigens jetzt fertig, ich geb ihn dir mal, Tomoyo-chan. Hat mich gefreut, dich kennen zu lernen.“ Während Tomoyo noch ein „Tschüß!“ rief, reichte sie Fye, der gerade neben sie getreten war, den Hörer. „Zu süß.“ „Zusammen mit ihrem Vater ist sie noch besser“, zwinkerte er ihr zu und wandte sich dann dem Telefon zu. Chii betrachtete ihn schweigend, überrascht von der letzten Bemerkung. Es gab nicht viele erwachsene Menschen, die Fye als angenehm empfand, weswegen er lieber bei seinen Kindern auf Arbeit war. ‚Zusammen mit ihrem Vater...’ Die Schülerin lächelte sanftmütig in sich hinein. Vielleicht wurde ja nun doch alles gut. Oder zumindest besser. Wenn Fye jemand gefunden hatte, für den er sich ehrlich interessierte... „Hallo, Tomoyo-chan, hier bin ich! Was gibt’s?“ „Nii-chan!!!“ Dass die Kleine sich so freute, ließ den blonden Kindergärtner leicht schmunzeln. Er war gespannt, warum sie anrief, und wartete auf eine Antwort. „Nii-chan, du musst uns bitte unbedingt helfen! Ich und Papa backen nämlich und da wollten wir dich was fragen.“ „Was? Ihr backt? Dein Papa bäckt? Freiwillig?!“ „Ruhe da!“ Die Stimme aus dem Hintergrund erschreckte Fye im ersten Moment, weil er damit nicht gerechnet hatte, dann grinste er aber. Da war wohl die Freisprechanlage an! „Hyuu~! Kuro-rin ist ja auch da! Hallo du Meisterbäcker! Hat es dir gestern doch so viel Spaß gemacht, dass du nicht genug davon bekommst, was?“ Das genervte Gebrummel und Tomoyos Kichern waren Antwort genug, so dass auch er lachen musste. Es tat gut, die beiden zu hören und es heiterte ihn ungemein auf. Allein sich vorzustellen, wie die Vierjährige ihren schwarzhaarigen Griesgrampapa mit großen, treuen Augen anbettelte, dass er doch mit ihr backen möge, war so witzig! Er konnte kaum wieder aufhören zu glucksen. Wie sie ihn wohl rumgekriegt hatte? Das würde er sich am Montag ganz haargenau berichten lassen. Dann hatte er wieder etwas, womit er den lieben Kuro-sama auf die Palme bringen konnte. „Also, wie kann ich euch helfen, Tomo-chan?“, lenkte er schließlich die Gesprächsrichtung wieder auf das eigentliche Ausgangsthema. „Naja...“ Herumdrucksend nuschelte das Mädchen in den Hörer. „So richtig mag der Teig nicht werden... Wir haben nämlich kein Rezept, weißt du, Nii-chan?“ Selbst jetzt, fünf Stunden und etliches Backchaos später, hallte Kurogane noch das haltlose Lachen des Blondschopfes in den Ohren, als dieser sich partout nicht mehr einkriegen wollte, nachdem Tomoyo ihm den Grund ihres Anrufes eröffnet hatte. Was war denn daran bitte so lustig? Sie machten halt zum ersten Mal Plätzchen, woher sollten sie denn bitte wissen, wie es ging, verdammt! Der schwere, süße Duft von frischen Plätzchen schien nun in jedem Zimmer zu hängen. Und es war zum Glück nicht so schlimm, dass man sich nicht zumindest heute damit arrangieren konnte. „Papa, kommst du, ‚Gute Nacht’ sagen?“ Tomoyo blickte treuherzig in die Küche und wuselte bereits voraus ins Bett, nachdem ihr Vater genickt hatte. Sie von dem Plätzchen wegzubekommen hatte ewig gedauert. Hoffentlich würde sie jetzt keine Bauchschmerzen bekommen. Erwartungsvoll blickte ihm die Vierjährige aus dem Bett entgegen, ein dickes Buch auf dem Schoß, was sie ganz fest umklammerte. Kurogane runzelte darüber die Stirn, setzte sich aber auf den Bettrand. „Heute war ein richtig toller Tag, Papa!“ „Bis auf gewisse Kleinigkeiten...“ Zum Beispiel die mit dem Herd. „Aber schön, wenn du Spaß hattest.“ Sie strahlte. „Weißt du, wie ich noch mehr Spaß hätte? Liest du mir noch was vor?“ „Muss das sein, du Krümelmonster?“ „Ja~ha!!!“ Tomoyo streckte ihm strahlend das große Buch hin, die gewünschte Geschichte schon aufgeschlagen. Und da ihr Vater heute recht gut gelaunt war, gab er sich mit einem verschmitzten Kopfschütteln geschlagen und nahm es doch entgegen. „Rumpelstilzchen“ stand ganz oben über einem bunten Bild. Kurogane erinnerte sich schemenhaft an die Geschichte, denn er hatte sie als Kind auch ab und an gehört. Soweit er es noch wusste, ging es um eine Bettlerin, die angeblich Stroh zu Gold spinnen konnte und daraufhin sperrte der König sie ein und ließ sie spinnen. Natürlich konnte sie es NICHT! Als sie dann aber ganz verzweifelt war, erschien ein Männlein und half ihr, gegen einen entsprechenden Preis natürlich. Es kam, wie es kommen musste: Als der König sah, dass sie wirklich Gold gesponnen hatte, musste sie am nächsten Tag viel mehr Stroh spinnen und wieder half ihr das Männlein, und beim dritten Mal, nach dem der König sie zu seiner Frau nehmen wollte, ebenfalls. Nur verlangte es diesmal das Erstgeborene der baldigen Königin, sobald es ein Jahr alt sein würde. Natürlich stimmte die Frau zu, bekam ihr Gold, wurde Königin und obendrein auch noch glücklich. Ihr erstes Kind kam zur Welt. Doch kurz vor dessen erstem Geburtstag erschien das Männlein und erinnerte die Königin an ihren Handel. Da sie ihr Kind sehr liebte, flehte sie natürlich um Erbarmen, aber es half nichts. Am Ende lenkte das Männlein ein, dass er ihr das Kind nur lassen würde, wenn sie seinen Namen erriet. Dann verschwand es wieder. Daraufhin sandte die verzweifelte Königin Männer und Boten ins ganze Land aus, ob nicht jemand den Namen wusste, jedoch ohne Erfolg. So wurde sie immer trauriger und verzweifelter. Aber am letzten Tag vor Ablauf der Frist beobachtete der Jäger im Wald, wie ein altes Männlein um ein Feuer tanzte und rief: „Oh wie gut, dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß’!“ Und natürlich eilte er sofort zu seiner Herrin, um das Gehörte zu berichten. So erfuhr sie von dem Namen und konnte ihr Kind behalten und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage. Während Kurogane die Geschichte erzählt hatte, klebte Tomoyo förmlich an seinen Lippen. Sie war nämlich der Meinung, ihr Papa war der Meistervorleser schlechthin! Ein richtiger Geschichtenonkel! Als das Märchen schließlich zu Ende war, schwieg sie andächtig. „Die Königin muss ihr Baby wirklich gern gehabt haben, nicht wahr, Papa?“ „Hmm, kann schon sein.“ „Alle Mamas haben ihre Kinder gern, oder?“, fragte sie weiter und der Schwarzhaarige zuckte wieder mit den Schultern, sah nicht von dem Buch auf. Ihm lag es auf der Zunge, ihr zu sagen, das ihre Mutter sie vielleicht gar nicht so gern gehabt hatte, denn immerhin war sie ohne ein Wort abgehauen, aber er wollte die Kleine nicht damit belasten. „Sakura-chan hat gesagt, dass mich meine Mama auch ganz doll lieb hat. Ganz bestimmt.“ Kurogane schluckte. Der Kloß in seinem Hals, der zusammen mit seiner Wut plötzlich hochkam, schnürte ihm jedes Wort ab. War es nicht das gewesen, was er irgendwann befürchtet hatte? Er kümmerte sich nicht sehr gut um seine Tochter, das wusste er selbst, hatte ihr kaum etwas zu bieten, weil er mit Kindern keine Erfahrung hatte; aber verdammt noch mal, er gab sich Mühe!!! Und sie? Sie sprach von ihrer Mutter, die abgehauen war, als sie noch nicht mal ein Jahr alt gewesen war, an die sie sich nicht einmal erinnern konnte! Wieso? Natürlich, sie war nur ein kleines Kind. Sie konnte all das noch nicht verstehen. Aber trotzdem... Der Schwarzhaarige kam sich plötzlich ungerecht behandelt vor. Es machte ihn wütend, aber noch viel mehr machte es ihn traurig. Das war einfach ungerecht... Schweigend stand Kurogane auf und deckte die Kleine zu. Er wollte sich nicht aufregen. Es war Tomoyos Recht zu lieben, wen sie wollte, sie schuldete ihm nichts, wie konnte er nur so denken. „Gute Nacht, Kleines.“ Als der große Mann sich noch einmal hinunterbeugte, um sie auf die Stirn zu küssen, legten sich plötzlich dünne Ärmchen um seinen Hals und er wäre fast zu ihr aufs Bett gefallen. Die Vierjährige kicherte leise. „Ich hab dich ganz doll lieb! Ich brauch keine Mama, denn ich hab doch den besten Papa der Welt!“ Für einen Moment schloss er die Augen und ließ die Umarmung zu, spürte, wie ihm ganz warm bei den Worten wurde. Ob Kinder vielleicht instinktiv wussten, wenn ihre Eltern traurig waren? „Danke, Tomoyo. Aber wenn das ein Versuch war, länger wach bleiben zu dürfen, muss ich dich leider enttäuschen.“ Er grinste. „Papa!“ TBC... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)